Beginn (Allgemein)
Sakem, Sonntag, 29.06.2008, 09:54 (vor 6388 Tagen)
Hallo,
diesmal beschäftigt mich eine Frage, die mit der Vergangenheit zu tun hat
und Auswirkungen bis in die Gegenwart hat.
Wann hat der Mess begonnen?
Gab es einen Auslöser?
Verlusterfahrungen? Trennungen? Ablehnung? Kränkung?
Einen Ortswechsel oder Beziehungsabbrüche?
Oder war man schon immer Messie?
Ist man erst, auf Grund der Umstände, einer geworden?
Gab es Zeiten der Überlastung, in denen man einfach nicht mehr
hinterher kam? Eine Krankheit, Arbeitslosigkeit, Tod, Geburt
Kam es plötzlich oder war es eher schleichend?
Wann habt ihr gemerkt und wann habt ihr euch selbst eingestanden,
dass ihr ein Messie seid?
Wann kam das Outing?
Und wann der Wendepunkt zurück ins Leben? Zurück zur Freiheit und Genesung?
O.K. Keine leichte Aufgabe und Frage.
Aber heute ist Sonntag und vielleicht Zeit um inne zu halten und
nachzudenken.
Aber ich will euch nicht das Finale verderben.
Viel Spaß beim Endspiel
wünscht euch von der Fanmeile
Sakem
Re: Beginn
Mira, Montag, 30.06.2008, 03:33 (vor 6387 Tagen) @ Sakem
Hallo,
diesmal beschäftigt mich eine Frage, die mit der Vergangenheit zu tun hat
und Auswirkungen bis in die Gegenwart hat.
Wann hat der Mess begonnen?
Hm, also etwas Chaos hatte ich schon immer um mich. Aber so schlimm, dass ich z.B. keinen spontanen Besuch mehr empfangen kann, ist es, seitdem ich mit meinem Mann zusammen bin. (Das gibt mir gerade zu denken.) Richtig krass wurde es dann so vor knapp 1,5 Jahren. Das war nicht mehr nur Chaos, das war wirklich heftig in meinen Augen.
Gab es einen Auslöser?
Verlusterfahrungen? Trennungen? Ablehnung? Kränkung?
Einen Ortswechsel oder Beziehungsabbrüche?
Das es so schlimm wurde? Vielleicht. Ich erfuhr, dass mein Bruder bald sterben wird. Wir sind aus der Stadt weggezogen, in der ich mich erstmals nach über zehn Jahren wieder irgendwo zu Hause gefühlt habe. Ich wurde wieder schwanger. Mein Bruder hat den Kampf gegen Krebs verloren und starb. Mein drittes Kind kam zur Welt und ich glaube, ich hatte zum ersten Mal sowas wie den Babyblues. Irgendwie wurde alles zuviel. Außerdem hatte ich immernoch an seelischen Altlasten zu knabbern.
Oder war man schon immer Messie?
Weiß nicht genau. Ich war auf jeden Fall schon immer unpünktlich und konnte nur schwer Ordnung halten.
Ist man erst, auf Grund der Umstände, einer geworden?
Sie haben das ganze sicher mit verstärkt und die negative Entwicklung begünstigt.
Gab es Zeiten der Überlastung, in denen man einfach nicht mehr
hinterher kam? Eine Krankheit, Arbeitslosigkeit, Tod, Geburt
Ja! Ich war psychisch ziemlich am Ende und mir wurde der Haushalt mit drei Kindern dann einfach zuviel.
Kam es plötzlich oder war es eher schleichend?
Das große Chaos kam schleichend.
Wann habt ihr gemerkt und wann habt ihr euch selbst eingestanden,
dass ihr ein Messie seid?
Auf der Suche danach, was mir den Alltag so unendlich schwer erscheinen lässt, kam ich drauf, dass mich das Chaos so belastet. Da gab es zwar auch viele andere Dinge, die mich belasteten. Die konnte ich aber nicht so konkret bearbeiten. Und das Chaos hat mich im täglichen Leben einfach wirklich behindert, mich eingeschränkt und mich nur noch krank gemacht. Mir fiel es dann wie Schuppen von den Augen, dass es nicht normal ist, dass unsere Küche so gut wie unbenutzbar war und dass wir das schmutzige Geschirr im Badezimmer im Waschbecken und auf der Waschmaschine stapelten. Der Begriff Messie geisterte irgendwo im Kopf herum und ich habe dann im WWW recherchiert und die Symptome trafen größtenteils auf mich zu. Das war vor knapp 1,5 Jahren.
Wann kam das Outing?
Outing? Hm, habe dann recht schnell in einem anderen Forum darüber berichtet, weil ich das Bedürfnis hatte, mich jemandem mitzuteilen und Unterstützung im Kampf gegen den Mess zu bekommen. Ein halbes Jahr später habe ich das erste Mal einem Menschen im Real Life davon erzählt, einer Psychologin auf der Kur. Und das tat soooo gut. Danach habe ich ich Freunden und den Eltern gegenüber manchmal erwähnt, dass es bei uns schon fast messiemäßig ist. (Die Softie-Outing-Variante?)
Und wann der Wendepunkt zurück ins Leben? Zurück zur Freiheit und Genesung?
ein richtiger Punkt, an dem plötzlich alles besser wurde, gab es glaube ich nicht. Obwohl, vielleicht der Moment, in dem ich erkannt habe, dass ich Messie bin un dbeschlossen habe, das zu ändern? Der Weg, den ich seitdem gehe ist nicht einfach und man stolpert immer wieder. Man geht auch mal Umwege usw. Aber ich glaube, insgesamt komme ich voran.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich dachte,schneller voranzukommen. Ich dachte, wenn ich erstmal das Problem erkannt habe, ist es auch nicht so schwierig, sich slebst da herauszuholen. Aber es ist verdammt schwer, finde ich.
Aber ich bin sicher, dass es sich lohnt, weiterzugehen. Und eines Tages werde ich spontan Besuch empfangen können. Dann liegt vielleicht auch hier und da noch etwas herum, aber bei weitem nicht mehr soviel. Der Boden ist frei und sauber und ein gemütliches Plätzchen zum setzen und einen Kaffee trinken findet der Besuch dann auch. Über ungeputzte Fenster oder etwas Spiezeug in der Ecke werde ich dann drüber stehen können.
LG, Mira
Re: Beginn
Uschi
, Montag, 30.06.2008, 07:14 (vor 6387 Tagen) @ Mira
Guten Morgen Mira, guten Morgen alle anderen!
Bei mir war es ähnlich wie bei Dir, es war alles so schleichend. Außerdem war es bei mir nach dem fünften Kind. Da hatte ich auch einfach das Gefühl, dass ich die alltägliche Arbeit nicht mehr schaffe. Irgendwie war mir alles zu viel.
Damals kannte ich mich noch nicht am PC aus und konnte auch nicht ins Internet. Erst später konnte ich im Internet suchen, nachdem ich irgendwo (ich weiß nicht mehr ob im Radio oder Fernsehen) den Begriff Messie gehört habe.
Auch ich arbeite daran, den Haushalt und alles andere auf die Reihe zu bekommen. Die Altlasten aufzuarbeiten finde ich am schlimmsten.
So, nun wird die Morgenrunde erledigt. Allen einen schönen Tag und gutes Gelingen, bei allem was wir uns vorgenommen haben.
Liebe Grüße
Uschi
Re: Beginn
Sabine, Donnerstag, 03.07.2008, 02:05 (vor 6384 Tagen) @ Mira
Hallo Mira,
Hm, also etwas Chaos hatte ich schon immer um mich. Aber so schlimm, dass ich z.B. keinen spontanen Besuch mehr empfangen kann, ist es, seitdem ich mit meinem Mann zusammen bin. (Das gibt mir gerade zu denken.)
Da sind wohl die Aufgaben im Haushalt falsch verteilt. Vielleicht sollte Dein Mann ein paar Aufgaben übernehmen.
Gab es einen Auslöser?
Das es so schlimm wurde? Vielleicht. Ich erfuhr, dass mein Bruder bald sterben wird. Wir sind aus der Stadt weggezogen, in der ich mich erstmals nach über zehn Jahren wieder irgendwo zu Hause gefühlt habe. Ich wurde wieder schwanger. Mein Bruder hat den Kampf gegen Krebs verloren und starb. Mein drittes Kind kam zur Welt und ich glaube, ich hatte zum ersten Mal sowas wie den Babyblues. Irgendwie wurde alles zuviel. Außerdem hatte ich immernoch an seelischen Altlasten zu knabbern.
Das tut mir leid für Dich, dass Du so viel trauriges erleben musstest. Krankheit und Tod eines lieben Menschen zu verarbeiten erfordert sehr viel Kraft und Energie. Da ist es völlig normal, dass dann die Wohnung auf der Strecke bleibt.
Da Du ohnehin schon angeschlagen warst, konnte sich bei Dir auch schneller ein Babyblues entwickeln. Wenn dies erstmal passiert ist, kannst Du auf jeden Handgriff, den Du dann überhaupt noch schaffst, sehr stolz sein. Und auch schon ohne Babyblues macht ein Kind sehr viel Arbeit. Bei mir ist ja Unordnung obwohl ich Single bin und keine Kinder habe. Da kannst Du Deine Unordnung viel gelassener nehmen. Du arbeitest daran, dass es besser wird und tust was Du kannst. Und Du machst Fortschritte. Das ist es was zählt.
Das große Chaos kam schleichend.
Bei mir kam des Chaos ebenfalls schleichend.
Auf der Suche danach, was mir den Alltag so unendlich schwer erscheinen lässt, kam ich drauf, dass mich das Chaos so belastet. Da gab es zwar auch viele andere Dinge, die mich belasteten. Die konnte ich aber nicht so konkret bearbeiten. Und das Chaos hat mich im täglichen Leben einfach wirklich behindert, mich eingeschränkt und mich nur noch krank gemacht.
O ja, mich belastet mein Chaos auch. Obwohl es schon viel besser geworden ist. Es ist eben nervig, stundenlang in Stapeln nach Papieren zu suchen, die ich mit einem Griff zur Hand hätte, wenn ich sie seinerzeit sofort in den jeweils richtigen Ordner getan hätte.
Sei nicht zu streng mit Dir. Dieses Überforderungsgefühl liegt nicht nur an der Unordnung selbst. Der Alltag wird auch trotz vieler technischer Erleichterungen immer komplizierter. Das geht vielen Menschen so. Die meisten trauen sich nur nicht, es zu sagen, weil sie Angst haben, sonst in den Augen anderer als schwach und nicht leistungsfähig dazustehen. So stehen wir alle zunehmend unter Druck, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes macht alles noch schlimmer. Und so werden wir, wo wir ohnehin schon oft viel zu perfektionistisch sind, noch weiter in die Perfektionismusfalle getrieben. Da ist die Unordnung oft erst die Folge von Überforderung. Dies kann auch zeitweise in einen Teufelskreis führen: Überforderung führt zu Unordnung führt zu noch mehr Überforderung führt zu noch mehr Unordnung.
Du bist also nicht allein. Es geht vielen so. Aber in einer Gesellschaft wo nur noch meßbarer Erfolg und Leistung zählen, traut sich niemand darüber zu reden.
Entrümpeln bedeutet deshalb nicht nur Beseitigen von Chaos und Ordnen der vorhandenen Gegenstände, sondern auch sich zu fragen was wirklich wichtig im Leben ist. Und da steht an erster Stelle der Mensch.
ein richtiger Punkt, an dem plötzlich alles besser wurde, gab es glaube ich nicht. Obwohl, vielleicht der Moment, in dem ich erkannt habe, dass ich Messie bin und beschlossen habe, das zu ändern? Der Weg, den ich seitdem gehe ist nicht einfach und man stolpert immer wieder. Man geht auch mal Umwege usw. Aber ich glaube, insgesamt komme ich voran.
So ähnlich ist es bei mir auch.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich dachte, schneller voranzukommen. Ich dachte, wenn ich erstmal das Problem erkannt habe, ist es auch nicht so schwierig, sich selbst da herauszuholen. Aber es ist verdammt schwer, finde ich.
Das Chaos hatte ja auch lange Zeit, sich zu entwickeln. Dann ist es auch nicht von heute auf morgen verschwunden. Wenn Du daran arbeitest, das Chaos zu beseitigen, ist dies ja immer zusätzlich zu den aktuellen Aufgaben und zu dem Mess, der aktuell entstanden ist, also dem BB. Und die aktuellen Aufgaben sind ja schon so, dass die den Tag völlig ausfüllen können.
Hinzu kommt, dass man sich beim Altlasten beseitigen und beim BB oft auch neue Gewohnheiten antrainieren muss, das braucht seine Zeit.
Aber ich bin sicher, dass es sich lohnt, weiterzugehen. Und eines Tages werde ich spontan Besuch empfangen können. Dann liegt vielleicht auch hier und da noch etwas herum, aber bei weitem nicht mehr soviel. Der Boden ist frei und sauber und ein gemütliches Plätzchen zum setzen und einen Kaffee trinken findet der Besuch dann auch. Über ungeputzte Fenster oder etwas Spiezeug in der Ecke werde ich dann drüber stehen können.
Ungeputzte Fenster gibt es auch bei Normalis. Kein Mensch guckt danach. Vielleicht kommt in einer ordentlich aussehenden Wohnung auch keiner auf die Idee, genauer hinzugucken, ob die Fenster geputzt sind, weil eben der Gesamteindruck stimmt. Und ansonsten: solange man noch durchgucken kann...
Beim Spielzeug in der Ecke kannst Du ruhig viel gelassener sein. Es ist doch völlig normal, dass in einer Wohnung, in der Kinder leben, nicht nur im Kinderzimmer Spielzeug liegt. Das macht doch eine Wohnung richtig gemütlich und gibt ihr eine freundliche und warme Ausstrahlung. <a href='http://smiliestation.de/' target='_blank' title='Smileys'>[img]'http://smiliestation.de/smileys/Nicht_animiert/451.gif' alt='Smileys' border='0'[/img][/link] <a href='http://smiliestation.de/' target='_blank' title='Smileys'>[img]'http://smiliestation.de/smileys/Nicht_animiert/325.gif' alt='Smileys' border='0'[/img][/link] <a href='http://smiliestation.de/' target='_blank' title='Smileys'>[img]'http://smiliestation.de/smileys/Nicht_animiert/460.gif' alt='Smileys' border='0'[/img][/link] <a href='http://smiliestation.de/' target='_blank' title='Smileys'>[img]'http://smiliestation.de/smileys/Nicht_animiert/4.gif' alt='Smileys' border='0'[/img][/link] <a href='http://smiliestation.de/' target='_blank' title='Smileys'>[img]'http://smiliestation.de/smileys/Nicht_animiert/195.gif' alt='Smileys' border='0'[/img][/link]
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deinen weiteren Aufräumaktionen.
Grüße, ![[image]](http://bilder23.parsimony.net/forum46830/smiley5.gif alt=winke)
Sabine
Re: Beginn... viele Gedanken hierzu, morgen mehr
Sabine, Dienstag, 01.07.2008, 00:08 (vor 6386 Tagen) @ Sakem
Hallo Sakem,
hierzu fällt mir eine ganze Menge ein. Es ist gut, einmal darüber nachzudenken, wie alles begonnen hat und was zur Entstehung des Mess beigetragen hat. Das hilft auch, um zu verstehen, wie man sich langsam wieder aus dem Mess befreien kann. Und zu verstehen, dass man es nicht von heute auf morgen schaffen kann, weil das Chaos eben auch viel Monate oder sogar Jahre Zeit hatte, sich auszubreiten. Morgen werde ich mehr dazu schreiben, jetzt muss ich in die Federn. ![[image]](http://bilder23.parsimony.net/forum46830/bett.gif alt=schnarch)
Grüße, ![[image]](http://bilder23.parsimony.net/forum46830/smiley5.gif alt=winke)
Sabine
Re: Beginn... schleichender Beginn und verschiedene Auslöser (lang)
Sabine, Donnerstag, 03.07.2008, 01:11 (vor 6384 Tagen) @ Sakem
Hallo Sakem
Wann hat der Mess begonnen?
Wann genau kann ich nicht sagen. Als Kind war ich sogar sehr ordentlich. Das war aber auch noch recht einfach, weil man als Kind noch nicht so viele Sorten Sachen hat und auch relativ wenig Verpflichtungen. Als Kind hat man Anziehsachen, Spielsachen und Schulsachen und die einzige Verpflichtung ist der Besuch der Schule incl. Lernen und Hausaufgaben machen. Wenn da mal was schief geht, ist auch kein Drama; das schlimmste was passieren kann ist, dass ein Schuljahr wiederholt werden muss. Als Kind (so war es zumindest bis in die 80er und 90er Jahre) hat man scheinbar unendlich viel Zeit. Wenn man sich dem Schulabschluss nähert, taucht(e) oft zum ersten Mal ein Zeitproblem auf. (Heute haben Kinder ja oft genau so einen vollgestopften Terminkalender wie viele Erwachsene)
Als Erwachsener hat man plötzlich viel mehr Verpflichtungen und auch entsprechend mehr Sachen, die man im Laufe des Tages in die Hände bekommt. Man hat einen eigenen Haushalt mit entsprechend viel Gegenständen und Geräten, die nach dem Benutzen gepflegt und wieder weggeräumt werden müssen. Ein Haushalt bedeutet auch, dass man nie fertig wird, das was man morgens noch sauber gemacht hat ist oft schon abends wieder dreckig. Viele Stunden am Tag sind für Arbeit und Weiterbildung reserviert. Dies bedeutet außerdem zusätzlichen Papiertiger im Haus. Man muss den Formularkram mit Behörden und Versicherungen im Griff haben, das kostet Zeit und Platz. Weil es der Seele auch gut gehen soll, braucht der Mensch ein Hobby, wofür auch wieder Zeit und Platz einkalkuliert werden muss. Eine ganze Menge was wir da täglich schaffen müssen. Und für Messies mit Kindern kommt auch noch die Versorgung und Erziehung der Kinder hinzu. Schließlich sollen die Kids mal nicht so im Mess enden im wir. Bei den vielen Aufgaben wundert es mich nicht, dass da die Wohnung nicht mehr piccobello sein kann.
Es ist aber nicht nur die Zahl der gewachsenen Aufgaben, Gegenstände und Verpflichtungen. Wir haben als Erwachsene sehr viel Verantwortung. Wenn wir unsere Arbeit nicht gut machen, können wir die Stelle verlieren. Wenn man als Schüler zu spät zur Schule kam, gabs einen Eintrag ins Klassenbuch. Mehr auch nicht. Als Erwachsener zu spät zur Arbeit oder wichtigen Terminen kann schon richtig Ärger bringen, bis hin zum Stellenverlust oder bei Behörden zu Bußgeldern. Wenn wir Formulare falsch ausfüllen, können wir uns finanziell schaden oder sogar strafbar machen. Und bei Messies mit Kindern kommt auch noch die Verantwortung für das Wohl der Kinder hinzu. Und überall lauert die Perfektionsmusfalle. Allein die Angst vor einem schlimmen und folgenreichen Fehler kann lähmen oder durch übertriebene Gründlichkeit und Perfektionismus viel Zeit rauben, die dann zum Aufräumen fehlt.
Gab es einen Auslöser?
Verlusterfahrungen? Trennungen? Ablehnung? Kränkung?
Gab es Zeiten der Überlastung, in denen man einfach nicht mehr
hinterher kam? Eine Krankheit, Arbeitslosigkeit, Tod, Geburt>Kam es plötzlich oder war es eher schleichend?
Bei mir kam es eher schleichend. Während meines Studiums habe ich gemerkt, dass mein Wohnheimzimmer und später meine Wohnung oft dem typischen Klischee vom Studentenzimmer entsprachen. Mich hat es sehr gestört, denn es war ungemütlich. Schlimmer noch fand ich aber, dass ich so oft in meinen Papierstapeln nach wichtigen Unterlagen suchen mußte oder dass mein Schreibtisch so mit Papiertiger voll war, dass ich mir erst ein Eckchen freiräumen mußte, bevor ich daran arbeiten konnte.
Ich habe meist auch mehr Seminare besucht als meine Mitstudenten, viel auch zusätzlich gelesen wodurch sich nicht nur meine Papiertiger explosionsartig vermehrten. Oft hatte ich auch gerade nur die Zeit, die Bücher oder Kopien zu lesen. Zeit zum abheften und/oder wegräumen fehlte mir oft. Meine ehrenamtlichen Tätigkeiten haben mein Zeitproblem auch noch verschärft. Und wenn ich dann aufgeräumt hatte, waren da zusätzlich zusätzlich zum aktuellen Chaos die Altlasten. Und genau die sind besonders schlimm, weil man schon gar nicht mehr genau weiß, was man da gerade in der Hand hat und wo es hingehört.
Wann habt ihr gemerkt und wann habt ihr euch selbst eingestanden,
dass ihr ein Messie seid?
Wann kam das Outing?
Und wann der Wendepunkt zurück ins Leben? Zurück zur Freiheit und Genesung?
Es ist schon ein paar Jahre her. Ich kann nicht genau sagen, wie und in welcher Reihenfolge sich genau die Erkenntnis und die Wendung zum Besseren abspielten. Mir viel die Unordnung in meinem Wohnheimzimmer unangenehm auf. Immer wieder habe ich mal mehr, mal weniger geräumt, wenn ich mal Zeit hatte. Ich hatte aber auch so viel Bücher, Kopien und Seminarmitschriften, dass das Wohnheimzimmer zu klein wurde. So zog ich in eine kleine Wohnung (ich mußte sowieso aus dem Wohnheim raus) und hatte viel mehr Platz. Dummerweise fiel der Umzug mit dem Semesterbeginn zusammen (war nicht anders machbar, da kleine und preiswerte Wohnungen sehr schwer zu finden sind). So zog sich das Einräumen hin und während ich die letzten Sachen ausgepackt und eingeäumt habe, gab es schon das Erste aufzuräumen. Auch hier war vieles ein Zeitproblem. Aber oft auch hatte es mit Verschieberli zu tun, denn es gibt nichts schlimmeres als Papiertigeraltlasten.
Irgendwann habe ich mal einen Bericht in der Zeitung gelesen über Messies. Das war noch bevor ich richtig ein Messie war. An diesen Artikel habe ich mich erinnert und ich erkannte, dass ich auch ein Messie bin. Dann gab es erneut einen Artikel in der Zeitung. Schließlich suchte ich auch im Internet und stieß auf dieses Forum. Parallel dazu las ich verschiedene Bücher über Messies. Zuerst die von Sandra Felton. Darin standen nützliche Anregungen und Denkanstöße.
Auch dieses Forum hat mir wichtige Anregungen und Denkanstöße gegeben. Es tut gut zu sehen, dass ich nicht die einzige bin mit dem Problem. Als ich auf dieses Forum stieß, liefen gerade verschiedene Aktionen, wie 'Fly Lady', 'Frühjahrsputz', 'Weg damit' und 'Celestines Heiliges Land'. Bei diesen Aktionen gab es nicht nur wertvolle Tipps, sondern auch Anstöße über unproduktive Angewohnheiten nachzudenken. Und es tat gut zu wissen, wenn ich z.B. mit 'Fly Lady' oder 'Frühjahrsputz' den Spülenunterschrank aufgeräumt habe, dass dann zur gleichen Zeit die anderen Messies im Forum das Gleiche gemacht haben. Ich war beim Aufräumen nicht allein. Und ich mußte auch nicht nachdenken, womit ich anfange. Als dann 'Fly Lady' und 'Frühjahrsputz' eingestellt wurden, habe ich es anfangs vermißt. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich es auch so schaffe, weil ich gelernt habe, dass es reicht, einfach irgendwo anzufangen.
Sehr wichtig ist auch BB, das ist echt einer der wichtigsten Tipps, die ich im Forum bekommen habe. Damit wird die Entstehung von neuen Altlasten verhindert. Durch das Forum habe ich auch gelernt, dass es nützlich ist, todo-Listen zu machen. Dann kann ich viel strukturierter den Tag planen und alles erledigen was zu tun ist. Mal sind die Listen mehr, mal weniger detailliert, wie ich es gerade brauche. So sehe ich auch immmer, was wichtig ist und was ich notfalls auch morgen erledigen kann.
Inzwischen habe ich meine Wohnung meist so, dass Küche und Wohnzimmer mit wenigen Handgriffen besuchstauglich sind. Das Badezimmer war zum Glück nie ein Problem. Im meinem Arbeitszimmer ist der Ordnungszustand sehr schwankend. Mal sieht es dort recht ordentlich aus, mal wachsen die Papierstapel bedenklich zur Zimmermitte. Beim Arbeitszimmer habe ich nicht so strenge Ordnungsmaßstäbe. Denn ein Arbeitszimmer heißt Arbeitszimmer, weil dort gearbeitet wird. Und Arbeiten läßt sich nur selten völlig spurlos erledigen. Rumliegende Bücherstapel und Kopien sind in einem Arbeitszimmer völlig normal. Erst wenn es überhand nimmt, dass ich nicht mehr genug Platz auf dem Schreibtisch habe oder der Zugang zu den Regalen verstellt ist, wird es Zeit aufzuräumen. Mir ist mal bei einer Fernsehsendung aufgefallen, wie ein bekannter Professor interviewt wurde; im Hintergrund sah man sein Arbeitszimmer und seinen von Papierstapeln übersähten Schreibtisch. Völlig normal. Das war echt ein Eyeopener. Ein Schreibtisch von Menschen die viel Papier bewegen kann eben nicht so aussehen, wie bei Cleanie-Tante Berta, die vielleicht einmal im Jahr an ihrem Schreibtisch die Steuererklärung macht und die Weihnachtskarten schreibt.
Dank dieses Forums kann ich auch gelassener mit meinem Mess umgehen. Einmal habe ich sogar einen Heizungsmonteur in die Wohnung gelassen obwohl auf dem Küchentisch ein Riesenberg Chaos lag und auch das Wohnzimmer gerade rümpelig aussah. Ich hatte den Termin mit dem Heizungsmonteur vergessen. Und weil so viel aktuelle Aufgaben anstanden, hatte ich das BB vernachlässigt. Und genau dann schellte es. Panik, Schreck lass nach. Am liebsten hätte ich die Tür gar nicht aufgemacht. Dann dachte ich an die Anfahrtskosten, die ich bezahlen muss, wenn der Heinzungsmonteur unverrichteter Dinge wieder wegfährt. Und so nahm ich allen meinen Mut zusammen, öffnete die Tür, begrüßte den guten Mann freundlich und führte ihm zum Heizkessel. Der Mann sagte kein Wort zu dem Chaos, sondern machte ganz normal seine Arbeit, nämlich den Heizkessel warten. Als er wieder gegangen ist, war ich froh die Situation überstanden zu haben. Es war auch sehr lehrreich für mich, denn ich habe gelernt, dass es halb so schlimm ist, Handwerker in eine unaufgeräumte Wohnung zu lassen. Es ist doch nur dieses Scham- und Schuldgefühl "was sollen die Leute denken", das einem die Eltern gutgemeint anerzogen haben. So habe ich nebenbei entdeckt, dass es eine gute Übung zum Muthaben war, den Heizungsmonteur in die unaufgeräumte Wohnung zu lassen.
Wichtige Buchtipps die ich hier aus dem Forum habe:
Karen Kingston: Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags
Rita Pohle: Weg damit
Thomas Ritter: Endlich aufgeräumt
Dank dem Forum habe ich gelernt, das ich nicht für andere aufräume, sondern dafür dass es mir gut geht. Damit ich mich in meiner Wohnung wohlfühle. Damit ich mich in meinen Papieren zurechtfinde ohne stundenlang zu suchen.
Ich wünsche Euch viel Erfolg bei Euren Aufräum- und Putzakionen.
Grüße, ![[image]](http://bilder23.parsimony.net/forum46830/smiley5.gif alt=winke)
Sabine