Habe meine Kindheit in einem Messie-Haushalt verbracht (Angehörige)

Tanja, Donnerstag, 01.02.2007, 16:15 (vor 6305 Tagen)

Ich bin mit meinen zwei Brüdern und meinem Vater in einem Messie-Haushalt gross geworden und kann alle Angehörigen von Messies sehr gut verstehen. Meine Toleranz Messies gegenüber ist erschöpft. Ich hatte jahrelang die Hoffnung, dass meine Mutter irgendwann aufräumt, weil sie es so oft versichert hat, aber ich weiss inzwischen, das es eine riesige Lüge vor sich selbst ist.

Meine Kindheit und Jugend war geprägt von Ausreden und Lügen, warum keine meiner Freundinnen oder später meiner Freunde bei uns in die Wohnung durfte. Ich bin in einem Dorf mit ca. 4.000 Einwohnern grossgeworden. Alle haben geschwiegen, aber jetzt will sich mein Vater endlich scheiden lassen und meine Mutter muss ausziehen. Niemand glaubt uns, dass meine Mutter ein Messie ist. Ausserhalb der Familie hat sie ein soziales Netz aus Leuten die sie kennt. Alle wundern sich, wieso die Familie nicht zu ihr hält, aber niemand glaubt, dass sie so ist, wie wir heute über sie erzählen. Wir haben einfach zu lange geschwiegen. Das Mass ist heute einfach voll. Sie sieht das Problem einfach nicht bei ihr. Für sie sind immer nur die anderen schuld. Ihre Ehe, ihre Schwiegermutter. Seit 10 Jahren wohne ich nicht mehr daheim, aber ich habe das Gefühl, dass sie mich hasst. Wenn ich ihr von ein paar Jahren noch gesagt habe, dass sie doch mal aufräumen soll, damit wir sie besuchen können, dann hat sie mich angeschrien und ich mit weinend nach Hause gefahren.

Ein Messie sieht sein Problem einfach nicht. Vergangenen September war für meinen Vater auch das Mass voll. Vorher war er immer feige und hatte Angst vor ihr. Meine Mutter ist auf Kegelausflug gefahren und er hat mich gebeten, gemeinsam mit ihm, das Haus aufzuräumen. Mein Mann und einer meiner Brüder haben auch geholfen.

Wir haben 120 Müllsäcke und über 1 Tonne Papier zur Müllhalte gebracht. Weiter sind wir nicht gekommen. Man kann sich das als normalsterblicher Mensch gar nicht vorstellen. Alle Schränke waren voll und darauf, davor und mitten im Raum lagen Zettel, Lebensmittel oder anderer Kram. Meine Mutter hatte Lebensmittel in der Küche, man sollte eher sagen, in dem Raum, der mal irgendwann die Küche war, die waren 1992 abgelaufen. Alle Sachen waren in Frischhaltedosen gepackt, aber nie aufgemacht. Die Kühltruhe war wahrscheinlich 5 oder 7 Jahre nicht geöffnet. Sie hat einfach immer gekauft, gekauft, gekauft... und mein Vater hat bezahlt. Wenn es irgendwo ein Sonderangebot gab, meine Mutter hat´s gekauft. Egal ob sie schon 3 Stück davon hat. Meine Mutter hat mir öfters angeboten, ich könnte doch auch was zu essen mitnehmen, ich habe das irgendwann abgelehnt. Als sie zurückkam ist sie völlig ausgerastet. Hat herumgeschrien usw..... Aber sie hat verloren. Einsichtig ist sie nicht. Seit 5 Monaten weiss meine Mutter, dass sich mein Vater scheiden lassen wird. Meine Mutter bewohnt aktuell noch ein Zimmer in dem Haus und kann die übrigen Räume nutzen, selbst dieses eine Zimmer sieht so aus, wie das ganze Haus vor der Aufräumaktion aussah, aber sie sieht ihr Problem immer noch nicht. Sie konnte noch nicht ausziehn, weil sie angeblich noch keine Wohnung gefunden hat, aber irgendwann hat der Spuck ein Ende und es kehrt Frieden ein. In ihrer neuen Wohnung kann sie sich dann soviel einmüllen wie sie will. Nur dann ist es kein Eigentum mehr, sondern eine Mietswohnung...Beinahe wäre daran die ganze Familie zerbrochen.

Auch wenn es hart klingt: Ich möchte mit meiner Mutter oder irgendwelchen Messies nichts mehr zutun haben. Ich habe 10 Jahre immer wieder versucht mit ihr über das Thema Unordnung, bzw. Aufräumen zu reden. Es hat nichts gebracht. Vor knapp 2 Monaten habe ich geheiratet. Mit Kirche, weissem Kleid und grosser Party, aber meine Mutter habe ich nur zur Kirche eingeladen. Sie hat uns bis heute nicht gratuliert, wird sie wohl auch nicht mehr tun. Mein Haushalt ist aufgeräumt, ich habe die Wäsche im Griff und in der Küche koche ist fast täglich in einer angenehmen Atmosphäre.... ohne Geschirrstapel (nur in der Spülmaschine) oder Essensresten (nur im Biomüll).

Sie ist so wahnsinnig verbittert, aber ändern kann sie sich nicht, weil sie keine fachmännische Hilfe annehmen möchte. Ihrer Ansicht nach ist bei ihr alles o.k.

Irgendwann wird sie einsam und alleine in ihrer Wohnung sitzen und niemanden mehr haben.... nur noch ihren Müll.

Wenn jemand von Euch diesen Artikel liest, der sich wundert, dass ich meiner Mutter gegenüber so "kalt" bin, dann möchte ich dem- oder derjenigen noch mitteilen: Ich habe sehr oft versucht mit ihr zu reden oder ihr gegenüber tolerant zu sein, aber ich habe während einer Therapie in einer Tagesklinik, wo ich psychologisch betreut wurde gelernt, dass ich meine Mutter einfach nicht ändern kann. Sie muss sich Hilfe holen.

...nun konnte auch ich mir alles mal von der Seele schreiben.
Danke


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