Re: Keine Hoffnung auf Besserung - Ratlos (Angehörige)

Violine, Dienstag, 12.05.2009, 15:36 (vor 5497 Tagen) @ Katharina

Hallo Katharina,

ein kleines bisschen muss ich korrigieren, denn das scheint nicht richtig rüber gekommen zu sein.
Ich entwickle keine negative Gefühle gegen meinen Mann. Sein Verhalten beeinträchigt mein Lebensgefühl, meinen Lebensraum. Das Messie-Sein ist eine Krankheit, ein psychologisches Problem. Ich werde ja auch nicht auf jemanden wütend, weil er sich ein Bein gebrochen hat. Und so sehe ich diese Sache. Messies sind ähnlich wie Suchtkranke. Irgendwo wissen sie was los ist, aber sie haben oft keine Kraft, sich dem zu widersetzen und das dann zu überwinden.
Und ich mache keinen aktiven Druck (mehr - früher war das ab und zu mal so; ich habe schon alle möglichen Strategien versucht). Ich sage dann z.B. ganz höflich, aber bestimmt, dass ich es nicht möchte, wenn er auf dem Küchenfußboden etwas repariert (weil in den Räumen, die er dafür hätte, kein Platz mehr ist). Er macht es trotzdem, nur mit dem Unterschied, dass er dann die Spuren (Werkzeug etc.) beseitigt.

Und vom Intellekt her weiss er ganz genau über sich selbst bescheid. Und manchmal nervt es ihn selbst auch gewaltig, weil er eben oft nichts mehr wieder findet. In der Analyse der Angelegenheit gibt es völlige Übereinstimmung.
Was er nicht hinkriegt, ist, in kleinen Schritten zu arbeiten. Also sich selbst vorzunehmen, immer nur eine kleine Ecke auf einmal aufzuräumen, also ein Pensum, das auch realisierbar ist. Er ist eigentlich ein Perfektionist, das ist sein Problem.

Du sagst: "Klar ist es peinlich, eine fremde Person auf das "Chaos" sehen zu lassen".
Kommt darauf an, wen. Beim Schorsteinfeger z.B. ist ihm das völlig egal.
Er will nicht, dass es jemand mitbekommt, vor allem nicht nähere Bekannte. Sein bester Freund weiss bescheid. Aber der ist selbst ein absoluter Messie und übertrifft in diesem Punkt meinen Mann noch bei weitem.
Und er will auch nicht, dass ich mit irgendjemand darüber spreche, da auch wieder vor allem nähere Bekannte.

Wenn ich einfach jemand ins Haus holen würde, so wie Du es vorschlägst, würde er das als absolute Bloßstellung empfinden. Ich glaube, das würde er mir übel nehmen.
Wir haben schon oft miteinander über das Chaos gesprochen. Insofern ist das kein Tabu. Und er ist überzeugt davon, dass er das ohne Hilfe in den Griff bekommt, obwohl er jeden Tag sieht, dass sich nichts zum Besseren verändert.
Angeblich fühlt er sich auch nicht wohl damit, hält sich in den zugestellten Räumen auch nicht gerne auf. Aber es fehlt ihm die Kraft, etwas zu verändern.
Und Du weisst doch wie das mit Suchtkranken ist: Ohne eigene WIRKLICHE Einsicht, kann jemand von außen nicht helfen und nichts tun.

Aber trotzdem ist Dein Tipp mit der Caritas sehr gut und brauchbar. Ich will mal sehen, ob es sowas in erreichbarer Nähe gibt. Doch ich würde meinen Mann vorher darüber einweihen, dass ich diesen Schritt gehe.

Als ich mal sehr verzweifelt war, habe ich mich mit der Telefonseelsorge in Verbindung gesetzt. Die sind überhaupt nicht auf mein Anliegen eingegangen und ich wurde mit ganz banalen Aussagen "vertröstet".
Das habe ich schon hie und da erlebt. Er müllt alles zu aber es wird so getan, als hätte ICH das Problem, würde übertreiben, sei überpenibel usw. Eigentlich finde ich das ganz schön ... verletzend. Ich bin wahrhaftig nicht die Super-Hausfrau und bin froh, wenn ich das ganz normale Pesum geschafft bekomme. Putzen gehört nicht zu meinen Lieblings-Tätigkeiten. Wer noch nie eine Messie Wohnung gesehen hat, kann sich wahrscheinlich auch kein realistisches Bild davon machen. Und es ist ja auch nicht immer so reißerisch wie in manchen Sendungen im Fernsehen. Mein Mann sammelt keine leeren Lebensmittelverpackungen, oder Sachen, die vergammeln könnten. Und darüber bin ich froh. (Sein Freund tut das nämlich, leere, nicht ausgespülte Katzenfutterdosen ansammeln und dergleichen. Der Gestank in seinem Haus ist ... enorm, um es freundlich auszudrücken) Mein Mann hat seinem Freund in dessen Haus schon gelegentlich beim Aufräumen geholfen - das ist schon "schräg". Dort kann er das, bei sich selbst nicht. Er hat dort sogar Fenster geputzt, das hat er hier bei uns noch nie getan.

Ich habe auch schon gelegentlich vorgeschlagen, dass wir uns Hilfe von außen holen. Das will er nicht. Dagegen mauert er. Er kriegt das alleine hin.....sagt er.

Ich befinde mich in der zweiten Lebenshälfte, sozusagen. Die Vorstellung, dass ich bis an mein Lebensende in solchen Zuständen hausen muss, wohnen kann man das nicht nennen, macht mich verrückt.

Ich danke Dir für Deine Anteilnahme und Dein offenes Ohr!

LG


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