Re: Messie? Trennung? (Angehörige)

isa, Mittwoch, 03.08.2011, 23:08 (vor 4661 Tagen) @ Mata Hari

liebe mata hari,

ich habe mich - nun schon vor 2einhalb jahren - nach einer 20jährigen beziehung mit einem messie getrennt - und bin immer noch dabei mein leben aufzuräumen. ich habe mich erst in den letzten tagen intensiver mit den themen "messie" und "co-abhängigkeit" beschäftigt und einiges im internet dazu gelesen. wenn du nach messie und angehörige suchst, wirst du auch einige tipps finden - ich fand diese, verglichen mit meinen erfahrungen nur teilweise hilfreich.

ich bin froh, dass ich den absprung geschafft habe. sein "messie-sein" war bei weitem nicht das einzige problem, doch vieles, so habe ich erst jetzt erfahren, hing damit zusammen, was ich damals so nicht erkannt habe. z.b. die völlige ablehnung, mir im haushalt, im alltag zur seite zu stehen, verantwortung zu übernehmen, im gegenteil aggressives verhalten, erniedrigungen, wenn ich für ein klein wenig ordnung und behaglichkeit in unserem zuhause sorgen wollte. dabei hätte ich es natürlich sehen können, denn seine wohnungen zuvor waren regelrecht verwahrlost, stinkender müll, schimmliges geschirr - das volle programm.

aber ich dachte, wie so viele, das wird besser, wenn wir zusammen ziehen. das wurde es auch, weil ich für 2 geschuftet habe, um die wohnung in einem einigermaßen erträglichen zustand zu halten, was mir nicht immer gelang, denn mit der zeit vermüllt man mit, weil man garnicht so schnell aufräumen kann, der partner sich nie an vereinbarte regeln hält (deine sachen - dein zimmer) und man oftmals einfach resigniert.

ich war übrigens diejenige, die den part übernommen hat, dass es mir zu peinlich wurde, freunde nach hause einzuladen, was meinem expartner überhaupt nicht gefiel, ihm war das ganze, im gegensatz zu den schilderungen, die ich über messies gelesen habe, überhaupt nicht peinlich. er hat das völlig anders wahrgenommen wie ich. beispielweise wurde er mir gegenüber mehr als einmal aggressiv, warum wir nie zum essen gemeinsam am esstisch sitzen würden. nun, sowohl der tisch, als auch sämtlich stühle waren übersäht mit seinem papierkram und seiner kleidung und ich durfte davon nichts anfassen oder wegräumen.... er beschwerte sich, dass ich seine kleidung nicht gewaschen hätte, die überall in der wohnung rumlag, wenn ich etwas in die wäsche tat, war dies ein fehler, denn das war ja noch sauber - außerdem ermahnte er mich regelmäßig, dass ich seine shirts beim einräumen nach farben sortieren solle (ich könnte noch endlose beispiele auflisten ...) ja, klar hab ich ihm einen vogel gezeigt und er durfte daraufhin nicht nur seine shirts selbst sortieren, sondern diese auch selbst zusammenfalten und einräumen.

klar, wehrt man sich, aber es ist ein ständiger, meist erfolgloser kampf. also, meine antwort wäre: nein - das kriegt man nicht wieder hin! das gibt sich nicht einfach so, und du wachst morgens auf und die wohnung ist reinlich und es stehen blumen auf dem tisch und dein liebevoller partner hat schon kaffee gekocht.

nach allem, was ich gelesen habe, geht es anderen angehörigen genau so wie mir, der leidensdruck ist bei ihnen meist viel höher als beim messie selbst. denn der hat seine gefühlswelt bereits sehr stark abgeblockt.

da du auch ein kind hast, das unter dieser situation mit leidet, würde ich dir raten, dir eine selbsthilfegruppe für angehörige zu suchen. deinen partner kannst du nicht überreden, hilfe anzunehmen, er müsste erstmal bereit sein, einzugestehen, dass er ein problem hat und von sich aus eine bereitschaft entwickeln,hilfe zu wollen. aber das muss dich nicht davon abhalten, unterstützung, rat und gespräche mit anderen betroffenen zu suchen - es gibt in vielen städten gruppen, in denen sich agehörige treffen. und obwohl ich es hinter mir habe, überlege ich, selbst mal zu einer gruppe zu gehen, denn man trainiert sich selbst im laufe der beziehung mit einem messie verhaltensweisen an, die einen selbst blockieren und die man für die zukunft einfach loswerden will. ich konnte anfangs ohne schlechtes gewissen selbst nichts wegwerfen, wenn es in einem zusammenhang mit ihm stand. von meinem eigenen überflüssigen dingen konnte ich mich problemlos trennen, aber dinge, denen etwas gemeinsames anhaftete, blieben ewig an mir kleben, weil mich ein schlechtes gewissen plagte, mich endlich von dem überflüssigen müll zu befreien. ganz schön doof ... war aber leider noch bis vor 2 wochen so, jetzt hab ich es geschafft, mich auch davon zu befreien.

so, das war jetzt auch ein kleiner roman! ich wünsche dir ganz viel kraft und such dir und deiner tochter zuliebe hilfe bei anderen betroffenen!
liebe grüsse,
isa
p.s. habe mir jetzt einen skurillen und hoffentlich trotz des ernsten themas lustigen film bestellt: sieben mulden und eine leiche. bin gerade dabei die humoristische seite dieser 20 mülljahre zu suchen, denn freunde sagen mir immer, ich dürfe sie nicht als totalverlust sehen, was ich zz noch tue


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