Re: Onkel und Tante im Pflegeheim gelandet (Angehörige)

Sabine, Montag, 17.09.2012, 17:18 (vor 4250 Tagen) @ silas

Hallo Silas,

Das tut mir leid für Deine Tante und Deinen Onkel. Und auch für Dich, denn Du wirst die beiden sicher sehr mögen und Du hast bisher alles gegeben um ihnen das Pflegeheim zu ersparen.

Kann so ein Hausarzt überhaupt mal eben so seine Patienten irgendwohin zwangseinweisen? Gilt es nicht, vorher nach anderen Lösungen zu suchen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen?

Noch ist es wahrscheinlich nicht zu spät. Wenn Du irgendeine Lösungsmöglichkeit realisieren kannst, versuche die beiden aus dem Pflegeheim wieder rauszuholen. Denn es ist bekannt, das Menschen mit einer Demenzerkrankung in einem Plegeheim viel schneller geistig und seelisch abbauen.

Es gibt Beratungsstellen für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen. Schau Dich mal im Internet danach um. Außerdem nach Rechtsberatung und wie das ist mit Patientenvollmachten und Vorsorgevollmachten. Solange Deine Tante und Dein Onkel noch als geschäftsfähig gelten, können sie Dir eine Vorsorgevollmacht erteilen. Formulare gibt es im Internet oder bei Krankenkassen. Mit so einer Vollmacht kannst Du eine Zwangseinweisung leichter verhindern oder rückgängig machen.

Vielleicht besuchst Du die beiden erstmal im Heim. Auch wenn sie zwangseingewiesen sind, darfst Du mit ihnen draußen spazieren gehen. Also die Gelegenheit, um mit der Tante und dem Onkel zum Haus zu fahren und gemeinsam zu entscheiden, was weggeworfen und was aufgeräumt wird. Mit dem Ziel, dass die beiden dort wieder wohnen können.
Denn das ist weiterhin möglich! Wenn jeden Tag eine Pflegerin ins Haus kommt, die den Onkel wäscht und anzieht, ist dies schon mal eine große Erleichterung für die Tante und es hat jemand ein Auge auf die Situation. Vielleicht kann dann auch zweimal die Woche oder öfter eine Putzfrau kommen. Oder vielleicht sogar eine Haushaltshilfe. Frag mal die Krankenkasse und Demenzberatungsstellen was alles möglich ist. Für die Krankenkassen ist es nämlich günstiger, Pflegedienste und Haushaltshilfen zu finnzieren als einen Heimaufenthalt.

Pass auf mit der Pflegestufe. Solange die beiden noch (mit Hilfe) zu Hause leben können, mag zwar eine hohe Pflegestufe günstiger zu sein, weil mehr erstattet wird. Sobald die beiden aber ins Heim kommen, weil es sich beim besten Willen nicht mehr vermeiden läßt, ist eine niedrigere Plegestufe besser, weil man je höher die Pflegestufe ist, auch entsprechend mehr zuzahlen muss.

Wenn Deine Tante Termine vergißt, kann sie Vertrauenspersonen bitten, sie an diese Termine zu erinnern. Vielleicht findet sich jemand, der Deine Tante zu den Arztterminen bis ins Wartezimmer begleitet. Und vielleicht kann der Hausarzt ja auch zu Deiner Tante ins Haus kommen (wenn es besser aufgeräumt ist), denn er heißt doch Hausarzt. Für fast jedes Problem das das Alter oder die Demenz mit sich bringt kannst Du (soweit es die finanziellen Mittel erlauben) Assistenskräfte einstellen. Evtl. als 400-Euro-Job. Einerseits werden zwar Pflegebedürftige und ihre Angehörigen trotz Pflegeversicherung ziemlich im Regen stehen gelassen, aber andererseits läßt sich eine ganze Menge machen. Schau mal nach Seiten im Internet zu pflegenden Angehörigen. Da sind viele mit vergleichbaren Problemen wo Du Anregungen für Lösungsmöglichkeiten finden kannst.

Vielen Angehörigen bleibt nichts anderes übrig, als zu illegalen Lösungen zu greifen. Ich kann das voll verstehen, denn die machen es ja genau deshalb, weil sie sich kümmern wollen und keine andere Lösung möglich ist.

Wenn wirklich irgendwann der Punkt erreicht ist, wo sich ein Pflegeheim nicht mehr vermeiden läßt, suche es sehr sorgfältig aus, möglichst zusammen mit Tante und Onkel. Im Internet gibt es Informationen, worauf Du achten musst und es gibt Pflegeheimbewertungsportale. Schau Dir mögliche Heime gut an. Sind die Pflegekräfte für den Umgang mit Dementen ausgebildet und ist das Heim dafür ausgestattet? So gibt es Heime, die zwar mit einer Dementenstation werben, die sich jedoch irgendwo weit abseits im Keller oder im Hauswirtschaftstrakt befindet.


Zu aktueller Post und Bankangelegenheiten: nimm die Briefe aus dem Briefkasten mit zu Deiner Tante und Deinem Onkel, wenn Du sie besuchst. Dann können sie sich (mit oder ohne Deine Hilfe) selbst drum kümmern. Wenn geklärt ist, ob die beiden zurück in ihr Haus können oder doch in einem Pflegeheim leben müssen, versuche sie schrittweise vorsichtig zu überzeugen, Dir eine Bankvollmacht zu geben. Denn sonst kann es passieren, dass sie einen offiziellen Betreuer zugewiesen bekommen. Die machen das oft gewerblich und handeln nicht immer im Sinne der Betroffenen.

Ich wünsche Dir, Deiner Tante und Deinem Onkel alles alles Gute und dass es Dir gelingt, eine Lösung zu finden, mit der die beiden noch lange zu Hause wohnen bleiben können.

Grüße,
Sabine


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