Mein Mann ist Messie (Angehörige)

Ulla, Donnerstag, 09.01.2003, 15:59 (vor 7768 Tagen)

Ich (42) bin heute zum ersten Mal auf dieser Seite, habe aber schon einen langen Leidensweg als Ehefrau eines Messies hinter mir. Es dauerte viele Jahre, bis ich überhaupt auf diesen Begriff "Messie" gestoßen bin, aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, was mit meinem Mann los ist. Das war zwar der erste Schritt, aber von der Erkenntnis bis zu Veränderungen ist es noch ein weiter Weg. Am schwersten empfinde ich es, dass mein Mann (46) es nicht nachvollziehen und nachempfinden kann, wie sehr mich das Chaos stört, das er mir zumutet. Fast wäre unsere Ehe schon gescheitert. Auch unsere beiden Kinder (12 und 15) sehen das Verhalten ihres Vaters immer kritischer. Mein Mann merkt den Druck, der jetzt mittlerweile nicht mehr nur von mir kommt, immer stärker und hat auch die besten Absichten, mit den Bergen im Haus zurecht zu kommen, aber es klappt natürlich nicht. Allmählich komme ich dahinter, dass es nicht nur eine Frage der Aufräumtechnik ist, sondern eine Frage des psychischen Zustands, in dem er sich befindet (kaum Zugang zu seinen Gefühlen, Ableugnen eigener Verantwortung usw.). Ich habe das Problem und auch das Wort "Messie" schon bei einer Paartherapeutin angesprochen, aber merkwürdigerweise reagierte sie nicht darauf, sie schien den Begriff nicht ernst zu nehmen. Mein Mann war jetzt auf mein Drängen hin zweimal bei einem Verhaltenstherapeuten, der ihm Tips zum Aufräumen gibt (z, B. eine Garage anmieten, um im Haus Luft zu schaffen), aber die zugrundeliegenden Probleme wurden meines Wissens bisher nicht angesprochen. Auch der Begriff "Messie" ist nicht gefallen. Ist dieser Begriff in Fachkreisen überhaupt anerkannt? Soll ich mein u. a. im Internet angelesenes Wissen über Messies ungefragt diesem Therapeuten weitergeben? Ich denke, er müsste doch der Fachmann sein. Durch die Störung meines Mannes leben wir in einer dauernden Anspannung, die sich schädlich auf Ehe, Familie und Gesundheit auswirkt. Wer kann mir Tips geben? Ich bin froh um Antworten, da ich sonst keine Messies und ihre Angehörigen kenne. Ich weiß ja selbst, dass man dieses Problem am liebsten vor Verwandten und Bekannten verschweigt, und so habe ich bisher niemanden zum Reden, der dieses Problem selbst kennt. Danke

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Re: Mein Mann .. gelesen , aber (noch) ohne Antwort dsw. ohne Text ... (o.T.)

Micha @, Freitag, 10.01.2003, 03:50 (vor 7768 Tagen) @ Ulla

- kein Text -

Re: Mein Mann ist Messie

Rennie, Sonntag, 12.01.2003, 12:10 (vor 7765 Tagen) @ Ulla

Ich habe das Problem und auch das Wort "Messie" schon bei einer Paartherapeutin angesprochen, aber merkwürdigerweise reagierte sie nicht darauf, sie schien den Begriff nicht ernst zu nehmen.

Die Beobachtung habe ich auch schon gemacht, daß etliche Therapeuten mit dem Begriff (und möglicherweise auch mit dem Phänomen) nichts bis wenig anfangen können. Erst eine Umschreibung "wie Vermüllungssyndom, aber nicht ganz so schlimm" bis "sich selbst nicht strukturieren zu können" brachte ein Lichtlein des Verständnisses in die Augen des Gegenübers. Ich schließe daraus, daß es nicht als eigenständiges Leiden betrachtet wird. Ich vermute, daß es als ein Symptom von vielen gilt von anderen Leiden wie z.B. Depression.


Auch der Begriff "Messie" ist nicht gefallen. Ist dieser Begriff in Fachkreisen überhaupt anerkannt?

Es gibt hier einen Artikel, der m.E. das Phänomen und den gegenwärtigen Stand der Erkenntnis sehr treffend beschreibt.
http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/SUCHT/Messie.shtml

Durch die Störung meines Mannes leben wir in einer dauernden Anspannung, die sich schädlich auf Ehe, Familie und Gesundheit auswirkt.

Du bist ja bereits sehr gut informiert über die Möglichkeiten, die offenstehen, von Eheberatung bis Therapie. Wie sieht das denn Dein Mann, erkennt er das Problem als seines an, leidet er selbst darunter? Oder geht er "nur" Dir zuliebe zum Verhaltenstherapeuten? Denn um etwas zu verändern, muß ja Selbsterkenntnis, Leidensdruck und der Wille zur Veränderung vorliegen.

Wer kann mir Tips geben? Ich bin froh um Antworten, da ich sonst keine Messies und ihre Angehörigen kenne.

Tips fallen mir jetzt keine ein, leider ... Dein Mann muß etwas verändern wollen. Ich denke aber, daß Ihr mit der Paar-Therapie schon auf dem richtigen Wege seid.


Auf dieses Link bist Du bei Deinen Recherchen vielleicht auch schon gestoßen?
http://members.aol.com/messies/fangeh.html


Ich weiß ja selbst, dass man dieses Problem am liebsten vor Verwandten und Bekannten verschweigt, und so habe ich bisher niemanden zum Reden, der dieses Problem selbst kennt.

Wie geht Ihr im Freundes-/Bekanntenkreis damit um? Ich nehme an, daß Du immer dafür sorgst, daß es gut aussieht, sodaß niemand auf die Idee kommt, daß da ein Messie-Problem vorliegt? Und Dich davon allmählig überfordert fühlst?

War es eigentlich immer so (denn Eure Ehe währt ja wohl schon 15+ Jahre?), und Du fühlst Dich jetzt erst damit überfordert? Was hat sich für Dich verändert?
Oder hat sich die Problemzone erst im Laufe der Jahre entwickelt? Was könnte dann der Grund dafür sein?


Nur als Denkanstoß: könntest Du Dir vorstellen, nicht mehr so verzweifelt gegen seine Chaostendenzen anzuarbeiten, sondern eine lockerere Haltung einzunehmen, und auch ein Stück auf ihn zuzugehen? In Konflikten ist es oft so, daß beide Seiten sich immer mehr verhärten und die Situation eskaliert. Druck erzeugt Gegendruck.
Zur De-Eskalation ist es dann hilfreich, innerlich mal eine andere Haltung einzunehmen, d.h. zu versuchen, sich ehrlich (!) und aufrichtig (!) in den anderen hineinzudenken. Und sei es nur im stillen Kämmerlein, probehalber, Du mußt es ihm ja nicht gleich sagen ;-). Nach meiner Erfahrung entspannt das oftmals die Situation, denn Dein Gegenüber spürt das Nachlassen des Drucks bei Dir, und kann dann auch mit dem Gegendruck nachlassen. Das öffnet den Weg für Kompromisse.

Ich weiß zuwenig über Eure Situation, vielleicht kannst Du mit dem Denkanstoß was anfangen.
Es wäre auch sehr interessant, wenn Du zurückkämest, um über den Fortgang Deiner Bemühungen hier berichtest.

Viel Erfolg,
Rennie

Re: Mein Mann ist Messie

Ulla, Montag, 13.01.2003, 17:57 (vor 7764 Tagen) @ Rennie

Liebe(r) Rennie,

vielen Dank für Deine Antwort! Ich habe sie gleich "verschlungen", und es sind wertvolle Denkanstöße darin. Die Internet-Seite über das Vermüllungssyndrom finde ich eine gute Zusammenfassung der Problematik. Besonders wichtig fand ich deinen Hinweis auf das Nachlassen von Druck. Wir sind inzwischen wirklich in einer schlimmen Druck-Gegendruck-Situation, weil ich es im Alltag nicht fertigbringe, mein angelesenes "Wissen" über Messies (dass z. B. Druck machen nichts hilft) umzusetzen, da ja auch mein direktes Lebensumfeld betroffen ist. So versuche ich, mal mit mehr Druck, mal mit weniger Druck (Bitten), meinen Mann zu einer Verhaltensänderung zu bringen. Das alles ist aber nicht konsequent.

Warum ich erst in den letzten Jahren so schwer unter dem Verhalten leide? Mein Mann und ich waren in den ersten Jahren mit Jobsuche, Umzügen (die chaotisch waren), Kinderkriegen und leider auch einer schweren Krankheit eines unserer Kinder so gefordert und auch "abgelenkt", dass ich mich zwar oft über die Unordnung geärgert habe, die Krankheit aber immer noch schlimmer schien als das Chaos. Erst jetzt, wo alles gut läuft, die Kinder größer werden und ich mehr Zeit für mich selbst habe, vielleicht auch besser weiß, was ich will, ist das Dauerproblem meines Mannes (das mit jedem Umzug, mit jeder Veränderung auch schlimmer wurde) für mich fast unerträglich geworden. Andererseits hält uns auch vieles zusammen. Deine Frage hat mich dazu gebracht, mal genauer darüber nachzudenken. Danke!

Noch eine Frage: Bist Du Messie oder Angehörige(r) oder sonstwie betroffen?

Ich werde gern weiter berichten, ob und wenn ja wie wir weitergekommen sind.

Bis dahin herzliche Grüße

Re: Mein Mann ist Messie

LaLoba, Mittwoch, 15.01.2003, 10:24 (vor 7762 Tagen) @ Ulla

Hallo Ulla

Ich bin auf der Seite hier noch neu, aber Dein Beitrag oben erinnert mich an mich. (steht was über mich im anderen Forum drinne)Hm, kann es sein das Dein Mann mit Existenzängsten und Verlustängsten zu kämpfen hat?
Ohne das er selbst weiß von seinen Ängsten (ein Mann darf ja keine Ängste haben...altes Klische/Erziehung und so).
Ich kam darauf weil Du schriebst das es mit jedem Umzug, mit jeder Veränderung schlimmer wurde...und auch die schwere Krankheit eines Eurer Kinder hat vielleicht Verlustangst bei ihm ausgelöst und so.

Und das er deswegen alles "hortet"?

Alles Liebe,
LaLoba
P.S. ob ich selbst Messie bin...ich tue mich schwer damit. Aber meine Schwiegermutter ist, ich sag immer Kriegsmessie (sie ist fast 90ig) und hat den Krieg noch miterlebt...sie leidet unter solchen Ängsten (ich auch aber aus anderem Grund)

Re: Mein Mann ist Messie

Rennie, Donnerstag, 16.01.2003, 07:54 (vor 7762 Tagen) @ Ulla

Hallo, Ulla,
es würde mich sehr freuen, wenn mein Beitrag Dir Anregungen geben konnte.

Wir sind inzwischen wirklich in einer schlimmen Druck-Gegendruck-Situation, weil ich es im Alltag nicht fertigbringe, mein angelesenes "Wissen" über Messies (dass z. B. Druck machen nichts hilft) umzusetzen, da ja auch mein direktes Lebensumfeld betroffen ist.

Ich habe diese Druck-Gegensituation mit einer Kollegin gerade erlebt, und die verblüffende Erfahrung gemacht, daß schon allein mein eigenes *Denken* Einfluß auf die Situation nehmen kann. Denn natürlich, wenn ich anders denke, strahle ich auch andere Signale aus. Jedenfalls ist es eine große Erleichterung, wenn man spürt, wie der (Gegen)Druck nachläßt.

Aber das ist sicherlich schwieriger umzusetzen in einer Familie, wo Nähe, Gefühle, gemeinsame Erfahrungen, Rund-um-die-Uhr-Beisammensein die Regel sind, und andere Familienmitglieder auch noch mitmischen. Oder vielleicht auch nicht...


So versuche ich, mal mit mehr Druck, mal mit weniger Druck (Bitten), meinen Mann zu einer Verhaltensänderung zu bringen.

Ich hoffe, es gelingt Dir, ihm Deinen Standpunkt verständlich zu machen und ihn zur Kooperation in Deinem Interesse zu bewegen, wenn schon nicht aus eigenem Interesse.

Noch eine Frage: Bist Du Messie oder Angehörige(r) oder sonstwie betroffen?

Ich bin selbst Messie. Genesende Messie, auf gut 2/3 des Weges, würde ich sagen. ;-) Da ich allein lebe, müssen keine Angehörigen unter meinem chaotischen Lebensstil leiden, aber ich selbst leide (litt) schwer darunter.

Meine Hauptprobleme sind
* Aufschieberitis (m.E. der Kern der meisten Messie-Verhaltensweisen)
* Perfektionismus (Alles-oder-nichts-Denken, "es lohnt sich nicht")
* Denkstruktur nicht linear gegliedert, sondern netzartig, d.h. "Alles hängt mit allem Zusammen", was zur extremen Verlangsamung, und schließlich zu Blockierung und Entscheidungsunfähigkeit führt.

Vielleicht erkennst Du ja die eine oder andere Verhaltensweise wieder...
Im Laufe der Zeit, indem ich mich meinem Messiesein auseinandersetzte, habe ich auch gelernt, die entsprechenden Strukturen bei anderen Menschen zu erkennen. Sehr interessant, auch bei Nicht-Messies. ;-)


Auf bald!
(die) Rennie

Re: Mein Mann ist Messie

Ulla, Samstag, 18.01.2003, 18:43 (vor 7759 Tagen) @ Rennie

Hallo Rennie,
es ist für mich sehr interessant, mal die Innenansicht einer Messie kennen zu lernen, dann entwickle ich vielleicht auch mehr Verständnis für meinen Mann

Ich bin selbst Messie. Genesende Messie, auf gut 2/3 des Weges, würde ich sagen. ;-) Da ich allein lebe, müssen keine Angehörigen unter meinem chaotischen Lebensstil leiden, aber ich selbst leide (litt) schwer darunter.

Wie hast Du es geschafft, genesende Messie zu werden? Mit HIlfe einer Therapie, mit Büchern oder alleine? Ich bewundere Dich dafür!

Meine Hauptprobleme sind
* Aufschieberitis (m.E. der Kern der meisten Messie-Verhaltensweisen)
* Perfektionismus (Alles-oder-nichts-Denken, "es lohnt sich nicht")
* Denkstruktur nicht linear gegliedert, sondern netzartig, d.h. "Alles hängt mit allem Zusammen", was zur extremen Verlangsamung, und schließlich zu Blockierung und Entscheidungsunfähigkeit führt.
Vielleicht erkennst Du ja die eine oder andere Verhaltensweise wieder...

Ich erkenne diese Verhaltensweisen alle wieder, und es ist ja nicht so, dass Nicht-Messies das nicht kennen würden. Ich kenne das Gefühl: Vielleicht kann ich das ja noch brauchen, sollte ich aufheben... Aber irgendwie schaffe ich es, mich doch von Unnützem zu trennen. Auch schiebe ich ungeliebte Tätigkeiten gerne vor mir her, doch irgendwann werden sie doch erledigt. Die Grenzen zwischen Messie und Nicht-Messie sind sicher fließend, und ein bisschen steckt in jedem von uns. Schwierig wird es, wenn der Betroffene selbst und seine Umgebung darunter leiden müssen.
Zwei Fragen an Dich :
Können die Hauptprobleme wie Aufschieberitis und Perfektionismus richtig "geheilt" werden, oder geht es darum, zu lernen, besser damit zu leben?
Und welches Verhalten der Umgebung ist hilfreich für Dich: Rücksichtnahme auf das Problemverhalten oder Ignorieren und ganz "normale" Anforderungen stellen?(z.B. dass er akzeptiert, dass ich bei der Sperrmüllabfuhr was rausstelle- Horrorvorstellung für meinen Mann, habe ich deshalb seit Jahren nicht gemacht)

Deine Ansicht dazu interessiert mich sehr.

Herzliche Grüße, Ulla

Re: Mein Mann ist Messie

Rennie, Sonntag, 19.01.2003, 23:48 (vor 7758 Tagen) @ Ulla

Wie hast Du es geschafft, genesende Messie zu werden? Mit HIlfe einer Therapie, mit Büchern oder alleine?

Hallo, Ulla!
Ja, vorausgegangen ist eine Gesprächstherapie, im Wesentlichen wegen Depressionen. Die Therapie hat mir geholfen, mein Selbstwertgefühl aufzumöbeln, und aus der Verstrickung des "Alles oder Nichts" und "Alles-hängt-mit-allem-zusammen" herauszukommen. Und vor allem, meine Be- und Abwertungen meiner selbst und anderer mal auf den Prüfstand zu stellen. .

Ansonsten habe ich auch hunderte Bücher gelesen, aus allen möglichen Richtungen. Oftmals sehr interessant und lehrreich, aber kein Ersatz zu einer Therapie! Das verhält sich in etwa so wie ein toller Bildband zu einer wirklichen Reise.

Nach der Entwirrung meiner Gefühlsverstrickungen war es mir dann möglich, nach und nach die notwendigen Schritte zu erkennen und zu unternehmen, um andere Problemzonen zu entschärfen. Besonders hilfreich bei der Lösung meines Chaos-Problems waren dann anfangs die konkreten Ratschläge in einem Buch von Sandra Felton und hier im Messie-Forum mitzulesen, -denken und -schreiben.

Ich erkenne diese Verhaltensweisen alle wieder, und es ist ja nicht so, dass Nicht-Messies das nicht kennen würden. ....
Zwei Fragen an Dich :
[quote]Können die Hauptprobleme wie Aufschieberitis und Perfektionismus richtig "geheilt" werden, oder geht es darum, zu lernen, besser damit zu leben?
[/quote]

Letzteres würde ich sagen. Du sagst ja selbst, daß diese Verhaltensweisen auch bei Nicht-Messies vorkommen, und die Grenzen fließend sind. Aber "Heilung" in dem Sinne ist m.E. auch gar nicht notwendig - es würde ja reichen, Verhaltensweisen zu erlernen, um mit seinen Mitmenschen konfliktarm zurechtzukommen.

Und welches Verhalten der Umgebung ist hilfreich für Dich: Rücksichtnahme auf das Problemverhalten oder Ignorieren und ganz "normale" Anforderungen stellen?(z.B. dass er akzeptiert, dass ich bei der Sperrmüllabfuhr was rausstelle- Horrorvorstellung für meinen Mann, habe ich deshalb seit Jahren nicht gemacht)

Also, bei zuviel Sonderbehandlung käme ich mir blöd vor...
Ich denke, daß Du das Recht hast, für Dich "normale" Anforderungen zu stellen, genauso aber finde ich Verständnis und Rücksichtnahme bei der Durchsetzung wichtig.

Deshalb, vielleicht eine Kombination aus beidem? Rücksichtnahme auf seine Ängste, aber Einfordern seiner Beteiligung am gemeinsamen "Projekt Lebensraum". Das heißt, er muß Dir Vertrauen können, daß Du nichts hinter seinem Rücken wegwirfst, aber er muß sich bemühen, sich von etwas zu trennen. Da müßtet Ihr vielleicht die Bedingungen aushandeln, die ihr beide als gerecht empfindet.
Praktische Anregungen dazu gibt es im Net zuhauf: z.B. 3 Stück von jeder Sache sind genug... mal sehen, ob ich das Link wiederfinde.


Ich glaube, es ist wichtig (für ihn), zu verstehen, welche Gefühle das Loslassen eines Gegenstandes in ihm auslöst. So klein und lapidar dieser Satz hier steht, so schwierig ist er umzusetzen.

Ich kämpfe immer wieder den Kampf mit irgendwelchen blöden Gegenständen, die ich nicht loslassen kann, und verstehe selbst nicht, warum nicht, weil da so eine undeutliche Gefühls-Gemengelage von rationalen Argumenten, Verwirrung, Nervosität, Panik, und Vermeidung herrscht. Es kostet unglaubliche Überwindung, selbst genau anzuschauen, was da vor sich geht. Da ist es leichter, man verschiebt das auf später... womit wir wieder bei der Verschieberitis sind.

Ulla, danke übrigens, daß Du mir durch Deine Frage die Gelegenheit gibst, mich in diese spezielle Sicht "reinzuarbeiten" - darüber schreiben hilft unheimlich beim Denken. ;-)

So, und jetzt muß ich aber aufs Ohr, gute Nacht!

Grüße
Rennie

Re: Mein Mann ist Messie - ein paar Links

Renate, Montag, 20.01.2003, 21:29 (vor 7757 Tagen) @ Rennie

Praktische Anregungen dazu gibt es im Net zuhauf: z.B. 3 Stück von jeder Sache sind genug... mal sehen, ob ich das Link wiederfinde.

Hier ist das Link, das ich meinte, und das mit den "3 Stück" ist etwas mißverständlich. 3 Stück potentielle Versandkartons in verschiedenen Größen sind sinnvoll, 3 kaputte Fernseher nicht ;-).
Es ist allerdings in Englisch:
http://www.thecleanteam.com/Rules-Clutter/6.cfm

Hier sind die 10 Clutter-Rules in der Übersicht.
http://www.thecleanteam.com/Rules-Clutter/

Hier ist eine deutsche Seite, mit ähnlichen Merksätzen, die hilfreich sind, weil sie so kurz und leicht zu merken sind.
http://www.praxilogie.de/chaos.html
http://www.praxilogie.de/unordnung.html

Ja, ich weiß, das hast Du alles nicht gefragt. ;-) Aber vielleicht bietet es doch einen Ansatz, sich in das Thema einzulesen, sowohl für Messies wie auch Nicht-Messies.
Allerdings - das Ganze nützt nur wenig, wenn nur *Du* es liest....


Es gibt von Sandra Felton auch ein Buch für Angehörige, aber das scheint vergriffen zu sein:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3870676760/qid=1043094021/sr=1-11/ref=sr_1_3_11/302-0119671-1100878


Ciao
Rennie

Re: Mein Mann ist Messie

Ulla, Donnerstag, 23.01.2003, 14:32 (vor 7754 Tagen) @ Rennie

Hallo Rennie,

danke für Deine Antwort! Mit am wichtigsten erscheint mir als Angehörige dieser Teil:

Ich glaube, es ist wichtig (für ihn), zu verstehen, welche Gefühle das Loslassen eines Gegenstandes in ihm auslöst. So klein und lapidar dieser Satz hier steht, so schwierig ist er umzusetzen.
[quote]Ich kämpfe immer wieder den Kampf mit irgendwelchen blöden Gegenständen, die ich nicht loslassen kann, und verstehe selbst nicht, warum nicht, weil da so eine undeutliche Gefühls-Gemengelage von rationalen Argumenten, Verwirrung, Nervosität, Panik, und Vermeidung herrscht. Es kostet unglaubliche Überwindung, selbst genau anzuschauen, was da vor sich geht. Da ist es leichter, man verschiebt das auf später... womit wir wieder bei der Verschieberitis sind.
[/quote]

Es kommt mir so vor, dass Du schon ziemlich weit bist auf dem Weg der Genesung. Du erkennst dieses Gefühlsdurcheinander und bist Dir bewusst, dass Du dagegen ankämpfen kannst. Also schon ein wichtiger Schritt! Dass der Weg ein sehr langer sein kann, verstehe ich.
Ich glaube, es ist auch entscheidend, ob ein Messie bereit ist, dahinterzukommen, warum er dieses Verhalten hat, also mal ein bisschen in die eigene Seele zu blicken (fällt meinem Mann sehr schwer).
Für mich ist es derzeit sehr schwierig, immer noch mehr Geduld aufzubringen. Es kann mir nach den vielen Jahren nicht schnell genug gehen, und mein Mann fühlt sich von meiner Eile erst recht unter Druck gesetzt. Nächste Woche hat er wieder einen Termin beim Verhaltenstherapeuten, aber ich verspreche mir irgendwie keine Wunder mehr davon ..Doch eines habe ich in den Jahren gelernt: Ich muss Grenzen setzen. Erst seit ich das seit etwa einem Jahr tue, bewegt sich bei meinem Mann was, wenn es auch nur wenig ist. Dafür muss ich viele Missstimmungen in Kauf nehmen, doch die sind mir im Augenblick immer noch lieber als der Stillstand davor.

Jetzt gucke ich mal in die Links mit praktischen Ratschlägen rein. Danke!


Herzliche Grüße Ulla

Re: Mein Mann ist Messie

FEM e. V., Sonntag, 12.01.2003, 19:39 (vor 7765 Tagen) @ Ulla

Sehen Sie sich einmal unsere Homepage an: www.femmessies.de

Vielleicht finden Sie dort für Sie interessante und nützliche Hinweise.

Liebe Grüße

Marianne Bönigk-Schulz

Re: Mein Mann ist Messie

rutzi, Montag, 13.01.2003, 23:28 (vor 7764 Tagen) @ Ulla

Hallo Ulla,

ich bin selber "Messie" und lebe mit meinem Partner zusammen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie belastend dies oftmals für den Partner sein kann. Aber ich denke, Du bist auf dem richtigen Weg. Versuche herauszufinden, welche Probleme bei Euch vorherrschen und wie Ihr gemeinsam daran arbeiten könnt, Euer Chaos Stück für Stück in den Griff zu bekommen. Und wenn Du oder Dein Mann Hilfe braucht, seid Ihr im Forum sicherlich jederzeit willkommen. So wie Euch geht es vielen Menschen
LG, Rutzi

Re: Mein Mann ist Messie

Beate, Dienstag, 28.01.2003, 21:45 (vor 7749 Tagen) @ Ulla

Liebe Ulla,
ich kan Dich gut verstehen in Deinem Kummer und für mich brinst Du die Problematik mit einem Satz auf den Punkt:

Allmählich komme ich dahinter, dass es nicht nur eine Frage der Aufräumtechnik ist, sondern eine Frage des psychischen Zustands, in dem er sich befindet (kaum Zugang zu seinen Gefühlen, Ableugnen eigener Verantwortung usw.).

Und dann noch ... ja, leider
Durch die Störung meines Mannes leben wir in einer dauernden Anspannung, die sich schädlich auf Ehe, Familie und Gesundheit auswirkt.

Ich habe keine Lösung gefunden bis jetzt. Zum Glück leben wir nicht in einer gemeinsamen Wohnung! Soalnge es bei ihm nicht Klick macht, passiert nix und ändern kannst Du ihn nicht!!!

Ich bringe es nicht fertig, mich von ihm zu trennen und zusammen leben können wir auch nicht. Ich schau halt, daß ich für mich genug positives in mein Leben bringe, um nicht krank zu werden.

Außer ihn so zu aktzeptieren, wie er ist, fäält mir nichte ein, was ich dir antworten könnte.

Liebe Grüße

Beate

Re: Mein Mann ist Messie

Anne, Montag, 21.04.2003, 18:35 (vor 7666 Tagen) @ Ulla

Hallo Ulla,

ich bin das erste mal auf dieser seite und erstaunt, wie viele "Leidensgenossen" ich habe..Mein Mann (46) ist ebenfalls ein Messie- und was für einer, es vergeht kaum ein Tag an dem er nichts neues ins Haus schmuggelt..meist so schnell, dass wir es gar nicht mitbekommen. Er erdrückt uns regelrecht...Meine Kinder (26,22) sind schon ausgezogen, weil sie sich hier nicht mehr wohlfühlen. Langsam habe ich das Gefühl, dass mein jüngster Sohn (15) auch so "einer" wirdAuch ich bin ausgezogen, vor ca. einem vietel Jahr habe ich Sack und Pack geschnappt und bin in eine eigene Wohnung gezogen. Endlich ORDNUNG !! Dummerweise zieht es mich aber immer noch zurück ins vormals eheliche Haus..Der Anblick der vielen Sachen bricht mir jedes Mal das Herz. Meine Kinder meckern schon mit mir, weil ich nicht loslassen kann und trotzdem noch für Ordnung sorge.
Am meisten belastet mich aber auch, dass er es hinnimmt, dass alle ausziehen und sich von ihm abwenden..er wird sich sicherlich denken: menschen gehen, meine sachen bleiben... Er sieht nicht ein, dass er ein Problem hat und reagiert bei Ansprache dieses Themas richtig wütend und gereizt auf all meine Argumente..

Hast du ein paar Tipps für mich?

@ Anne: Mein Mann ist Messie

Ulla, Sonntag, 27.04.2003, 00:14 (vor 7661 Tagen) @ Anne

Hallo Anne,

bis jetzt hatte ich den Eindruck, dass sich hier wesentlich mehr Kinder von Messies als Ehepartner melden - vielleicht, weil die Ehe von vielen früher oder später in die Brüche geht, was auch oft verständlich ist.

Wie ist das bei dir? Lebt ihr nur in getrennten Wohnungen oder hast du dich richtig von deinem Mann getrennt? Dass du ausgezogen bist, kann ich gut verstehen! Es gab Situationen in meiner Ehe, wo mir dies als die einzige Lösung erschienen ist.

Dein Mann scheint nicht einzusehen, dass er ein Problem hat. Das ist in meinen Augen der springende Punkt. Wenn ihm seine Sachen wichtiger sind, als seine Familie in seiner Nähe zu behalten, kannst du dir die Zähne ausbeißen an ihm, aber du wirst ihn nicht ändern. Das Sammeln ist ein Zwang, eine Sucht.

Du könntest ihm Infos aus dem Internet oder Literatur zum Thema Messie geben und ihn darauf hinweisen, dass es ja auch professionelle Hilfe geben könnte.

Ohne Einsicht des Messies geht leider gar nichts vorwärts, und selbst wenn sie da ist, auch nur sehr langsam. Solange dein Mann nicht bereit ist, sich mit seinem Problem zu befassen, kann ich dir nur raten, dich auf dein eigenes Leben zu konzentrieren, Dinge zu tun, die dir Freude machen und dir zu sagen, dass dein Mann die Verantwortung für sein Leben selbst hat. Dass dies sehr schwer fällt, weiß ich.

Schreib doch mal, wie es bei dir weiterging!

Herzlichen Gruß

Ulla

Re: @ Anne: Mein Mann ist Messie

claudia, Sonntag, 04.05.2003, 00:40 (vor 7654 Tagen) @ Ulla

Hallo Anne, hallo Ulla und andere Leidengenossinen,

es kann ja nicht anders sein: auch mein Mann ist Messie. Rein dem Namen nach ist es mir schon länger klar aber erst seit ich im Internet die Seiten über Messies lese, habe ich Zugang zu detaillierteren Informationen zu diesem Thema.
Tipps kann ich euch leider keine geben; ich brauche eher welche.
Mein Mann ist sich seiner Probleme wohl schon bewusst, aber nach einer - schon vor längeren - abgebrochenen Therapie, meint er, da könnte man "halt nichts machen". Solange er sich keiner Selbsthilfegruppe anschließt oder keinen Therpeuten findet, der sich in der Problematik auskennt, hat er sicher recht.
Meine Fragen:
- Nützen Therapie und/oder Besuch einer Selbsthilfegruppe tatsächlich, wenn der Betroffene etwas ändern möchte? Falls ja, kennt jemand eine Selbsthilfegruppe oder /und einen in dieser Symptomatik erfahrenen Therapeuten im Raum Leonberg/Böblingen??

Ich habe mich schon vor längerem emotional zurückgezogen, wäre auch gerne weggezogen, um wieder atmen zu können und ein normales Leben ohne Stress und Streit zu führen. (Nach diesen langen Jahren weiß ich eigentlich gar nicht mehr, was ein "normales" Leben ist!!) Den Kindern (3) wird die Situation zunehmend bewusst und nachdem ich im Forum die Diskussionsbeiträge von Kindern von Messies gelesen habe, ist mir klar wie sehr auch sie unter einem Messie-Elternteil leiden, wenn sie älter werden.
Doch leider ist Ausziehen nicht möglich, da das Haus aus den bekannten Gründen nicht verkäuflich ist. Nun schwebt mir eine räumliche Trennung in Form einer Einliegerwohnung für meinen Mann vor.
Hat vielleicht jemand Tipps oder bereits Erfahrungen mit dieser Lebensform mit einem Messie-Mann/Frau??

Liebe Grüße von Claudia

@Claudia: Mein Mann ist Messie

Ulla, Mittwoch, 07.05.2003, 12:25 (vor 7650 Tagen) @ claudia

Liebe Claudia,

ich bin froh, dass du dich gemeldet hast, da wir sicherlich ganz ähnliche Probleme haben.

Ich habe mich schon vor längerem emotional zurückgezogen, wäre auch gerne weggezogen, um wieder atmen zu können und ein normales Leben ohne Stress und Streit zu führen. (Nach diesen langen Jahren weiß ich eigentlich gar nicht mehr, was ein "normales" Leben ist!!)

Diese Gefühle kenne ich auch nur zu gut. Ein bisschen besser geht es mir, seit ich mehr über diese Störung "Messie" weiß und auch erkenne, dass mein Mann nicht mit Absicht und um mich zu ärgern unseren gemeinsamen Wohnraum zustellen will, sondern weil er eine Krankheit hat. Gegen diese anzukämpfen, ist allerdings stressig! Einerseits will ich ein gewisses Verständnis haben und ihm helfen, andererseits muss ich mein eigenes Bedürfnis und das der Kinder nach einem einigermaßen wohnlichen Zuhause gegen ihn verteidigen. Die Auseinandersetzungen darüber arten schnell in eheliche Machtkämpfe aus, die Stimmung sinkt unter Null, usw., usw. Angehörige können keine Therapeuten sein.

- Nützen Therapie und/oder Besuch einer Selbsthilfegruppe tatsächlich, wenn der Betroffene etwas ändern möchte?

Es ist schwierig, einen guten Therapeuten zu finden, auch mein Mann hat nach ein paar Gesprächen einen Therapieversuch abgebrochen und macht im Moment keine Versuche, jemand anderen zu finden. In deinem Wohngebiet kenne ich mich leider nicht aus und kann dir niemanden empfehlen. Eine Selbsthilfegruppe könnte dein Mann über das Landratsamt finden, in dem es sicher eine Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen gibt. So eine Gruppe bringt aber erst dann was, wenn jemand wirklich bereit ist, über sein Problem zu reden und sich mit anderen auszutauschen. Auf diesem Gebiet haben wir leider keine Erfahrungen.

Doch leider ist Ausziehen nicht möglich, da das Haus aus den bekannten Gründen nicht verkäuflich ist. Nun schwebt mir eine räumliche Trennung in Form einer Einliegerwohnung für meinen Mann vor.

Solche Gedanken haben wir uns auch schon gemacht, nämlich die Bereiche von meinem Mann einerseits und der Familie andererseits unter einem Dach zu trennen. So eine räumliche Aufteilung ist das Eingeständnis, dass das Zusammenleben, wie es mal geplant war, nicht klappt, und das ist uns beiden nicht leichtgefallen. Bei uns sieht das so aus, dass mein Mann seinen Krempel auf einen eigenen (großen) Raum und einen eigenen Kellerraum begrenzen muss, in den anderen Räumen muss er unsere Bedürfnisse nach Bewohnbarkeit respektieren. Theoretisch sind auch alle damit einverstanden, mit der Umsetzung hapert es allerdings noch.
Im Augenblick befinden wir uns auf einem mühevollen, von Kompromissen und ständigem Aufschieben der notwendigen Schritte geprägten Weg. Aber der ist besser als der Zustand vorher, als wir nur noch gestritten haben. Ein Ziel vor Augen ist allemal besser. Deshalb kann ich dich nur bestärken, diesen Plan weiter zu verfolgen.

Noch ein Tip: Gib deinem Mann die Infos zu lesen, die du aus dem Internet hast, vielleicht kann ihm das helfen, Hilfe zu suchen. Und vor allem sollte ihm klar sein, was er seiner Familie zumutet. Dann ist ein Gespräch darüber leichter.

Bleib am Ball, liebe Claudia!
Wenn du willst, gib doch mal deine Email-Adresse an, vielleicht können wir uns mal mailen!

Grüße
Ulla

Re: @Claudia: Mein Mann ist Messie

claudia, Freitag, 09.05.2003, 00:26 (vor 7649 Tagen) @ Ulla

Liebe Ulla,

es tut einfach gut so eine Anwort zu erhalten, ja überhaupt hier im Forum zu lesen.
Wir haben die Räumlichkeiten schon länger aufgeteilt und da es ein großes Haus ist, hat mein Mann 7 (!) Räume (incl. Garage, Keller und unterm Dach) voll gestellt! Obwohl er diese Einteilung akzeptiert, ist es trotzdem schwierig unser Terrain zu verteidigen d.h. es ordentlich und aufgeräumt zu halten.

An ein Aufräumen, damit das Auto wieder in die Garage gefahren und die Fahrräder ordentlich abgestellt werden können, ist gar nicht zu denken.

"Im Augenblick befinden wir uns auf einem mühevollen, von Kompromissen und ständigem Aufschieben der notwendigen Schritte geprägten Weg. Aber der ist besser als der Zustand vorher, als wir nur noch gestritten haben."

Dies ist eine prima Beschreibung auch unseres Zustands. Allerdings sind meine Nerven in einem sehr schlechten Zustand (hatte vor einiger Zeit starke Depressionen), da wir schon ziemlich lange zusammen sind. Ich habe auch den Eindruck, die Schwierigkeiten nehmen mit dem Älterwerden (Mitte 40)zu.
Vermutlich ist nur mit Hilfe eines erfahrenen Therapeuten eine Verhaltensänderung zu erreichen.
Von einer Bekannten erfuhr ich gestern von einem Dr. Faust in Weingarten, der Spezialist bei Erwachsenen mit ADS ist. Da ja die meisten Messies ADSler sind, müsste er da ja Erfahrung haben. Ich werde in den nächsten Tagen einmal dort anrufen, vielleicht kennt er einen Spezialisten hier in der Gegend. Ich denke (oder hoffe ich es nur?), dass mein Mann dann noch einen Versuch wagen würde.

Liebe Ulla, weiß dein Mann denn, was er seiner Familie antut oder verdrängt er das. Ich habe den Eindruck, ihr könnt noch miteinander reden und das ist sehr viel wert. Die Bemühungen deines Mannes um eine Therapie zeigt auch seinen Willen, etwas zu ändern. Aber wenn der Therpeut nicht der Richtige war, dauert es glaube ich einige Zeit, bis man wieder einen Anlauf wagt.
Ich bin schon recht entmutigt, hoffe aber nicht, dass sich das auf dich überträgt. Möglicherweise kann man hier im Forum ein Netzwerk mit Tipps, Infos und Adressen aufbauen!!
Bleib stark!
Grüße Claudi

Re: @Claudia: Mein Mann ist Messie

Andi, Freitag, 09.05.2003, 23:44 (vor 7648 Tagen) @ claudia

Hallo,
ich habe mit Interesse Eure Beiträge gelesen. Endlich finde ich auch Angehörige von Messies. Wie es aussieht, ist mein Mann auch Messie, zusätzlich mit workaholicersymptomen. Im Haushalt bin ich diejenige, die ihm alles wegräumt und versucht Ordnung zu halten. Bevor ich ihn kennenlernte: Geschirrtürme in der Spüle, verschimmeltes Geschirr, Schränke leer, alles wurde irgendwo abgestellt, ein Motorrad zum reparieren (Motor ausgebaut, Motorteile einzeln neben der Maschine)im Wohnzimmer! Er hatte seine Ausreden, hätte viele Schulden, müsse viel arbeiten, hätte jetzt gerade keine Zeit zum Aufräumen. Ich war damals noch zu blauäugig. Mitlerweile mache ich sein Chaos 10 Jahre mit, 3 Kinder sind in der Zwischenzeit da, wir alle leiden unter seinem Chaos. Dann hat er eine Sammelleidenschaft für Maschinen (Unimogs, Motorräder, Drehbänke, Säulenbohrmaschinen, Steinsägen etc.), die 1000 DM Anschaffungspreis nie unterschreiten, alt und defekt sind, die er reparieren muß, aber nie Zeit dazu hat. Das sammelt sich im Garten.
Hinzu kommt auch seine Unkoordiniertheit im Arbeitsbereich oder Zukunftsplanung. Er beginnt Arbeiten, (reißt z.B. Mauern im Haus ein, um Räume zu vergrößern) die dann aber nie vollendet werden, oder will noch ein Studium anfangen, obwohl die finanzielle Lage nicht rosig aussieht und er etliche Baustellen hat, die er erst beenden müßte.
Ich versuche nun, mich aus diesem Sog zu entziehen, mein Wunsch ist aber, die Familie zu erhalten. Die Kinder leiden unter dieser Situation erheblich. Weggehen ist keine Lösung, das habe ich auch schon versucht. Mir ist klar geworden, daß ich auch lange beigetragen habe, sein System zu erhalten. Ich habe immer wieder ihm hinterher geräumt, bei seinen sinnlosen Arbeiten mitgeholfen, damit die Stimmung in der Familie nicht unter den Nullpunkt fällt. Je mehr ich von meiner Meinung ihm mitteile, mehr von meinen Wünschen und Bedürfnissen an ein Familienleben einbringe, um so mehr eskaliert die Situation. Leidtragende sind vor allem die Kinder, ich fühle mich dann verantwortlich. Einsicht ist bei ihm nicht zu erwarten, er ist von sich überzeugt, in seinen Augen bin ich die Nervenschwache, das "Weichei".
Für Kontakte und Austausch im Umgang mit angehörigen Messies bin ich dankbar, da in unserer Gegend zu diesem Thema selbst Leute vom Gesundheitsamt ratlos waren.
Gruß Andi

Re: @Claudia: Mein Mann ist Messie

claudia, Dienstag, 13.05.2003, 23:00 (vor 7644 Tagen) @ Andi

Hallo Andi,

als ich deinen Beitag las, musste ich lachen. Wegen der vielen Parallelen zum Verhalten meines Mannes und meiner eigenen Situation. (Humor hilft manchmal - aber leider immer nur vorübergehend!) Wir bauen schon seit 10 Jahren, aber ein Ende ist nicht in Sicht.
Die "Jungs" sind ja auch Klasse im Argumentieren und sich selbst was vormachen, obwohl sie schon wissen, dass es nicht so klappt, wie erwünscht.
Ich mache das Ganze schon 25 Jahre mit. (Früher waren die Symtome nicht ganz so ausgeprägt.)
Wir haben das Haus schon länger in Räume für die Familie aufgeteilt (die ich ordentlich und sauber halte) und dann gibt es noch für meinen Mann Räume. Dann muss ich sehr konsequent sein und "Übergriffe" auf unsere Zimmer zu verhindern. Z. B. ist die Waschküche mein Areal und er lagert nun mehrere verschiedene Säcke Zement darin. Meine Aufforderung, sie wegzuräumen hat er natürlich ignoriert und viele Ausreden gefunden. Werde ich massiver, wird er stinksauer.
Was auch mir sehr zu denken gibt, sind die Kinder:
- sie wachsen bei Eltern auf, die extrem häufig streiten
- sie sehen irgendwann, dass mit ihrem Vater was nicht stimmt
- sie sind jeden Tag mit dem Chaos konfrontiert
- die Zukunftsplanung ihrer Eltern funktioniert nicht wie bei andern
Eltern
- hier im Forum schreiben mehr Kinder von Messies, als Partner (sind
wahrscheinlich schon lange geflohen) und fühlen sich für ihr Messie-
Elternteil verantwortlich und schämen sich.

Die andere Seite ist, 3 Kinder alleine zu erziehen und sie einer Scheidung auszusetzen. Was ist schlimmer?
Leider hat noch keiner hier geschrieben, dass sich sein Messie-Partner durch irgendwelche Maßnahmen gebessert hat.
Sehr konstruktiv ist mein Beitrag nicht, aber mir hilft dieser Austausch, um manches etwas klarer zu sehen.

Grüße von Claudi

Hallo,
ich habe mit Interesse Eure Beiträge gelesen. Endlich finde ich auch Angehörige von Messies. Wie es aussieht, ist mein Mann auch Messie, zusätzlich mit workaholicersymptomen. Im Haushalt bin ich diejenige, die ihm alles wegräumt und versucht Ordnung zu halten. Bevor ich ihn kennenlernte: Geschirrtürme in der Spüle, verschimmeltes Geschirr, Schränke leer, alles wurde irgendwo abgestellt, ein Motorrad zum reparieren (Motor ausgebaut, Motorteile einzeln neben der Maschine)im Wohnzimmer! Er hatte seine Ausreden, hätte viele Schulden, müsse viel arbeiten, hätte jetzt gerade keine Zeit zum Aufräumen. Ich war damals noch zu blauäugig. Mitlerweile mache ich sein Chaos 10 Jahre mit, 3 Kinder sind in der Zwischenzeit da, wir alle leiden unter seinem Chaos. Dann hat er eine Sammelleidenschaft für Maschinen (Unimogs, Motorräder, Drehbänke, Säulenbohrmaschinen, Steinsägen etc.), die 1000 DM Anschaffungspreis nie unterschreiten, alt und defekt sind, die er reparieren muß, aber nie Zeit dazu hat. Das sammelt sich im Garten.
Hinzu kommt auch seine Unkoordiniertheit im Arbeitsbereich oder Zukunftsplanung. Er beginnt Arbeiten, (reißt z.B. Mauern im Haus ein, um Räume zu vergrößern) die dann aber nie vollendet werden, oder will noch ein Studium anfangen, obwohl die finanzielle Lage nicht rosig aussieht und er etliche Baustellen hat, die er erst beenden müßte.
Ich versuche nun, mich aus diesem Sog zu entziehen, mein Wunsch ist aber, die Familie zu erhalten. Die Kinder leiden unter dieser Situation erheblich. Weggehen ist keine Lösung, das habe ich auch schon versucht. Mir ist klar geworden, daß ich auch lange beigetragen habe, sein System zu erhalten. Ich habe immer wieder ihm hinterher geräumt, bei seinen sinnlosen Arbeiten mitgeholfen, damit die Stimmung in der Familie nicht unter den Nullpunkt fällt. Je mehr ich von meiner Meinung ihm mitteile, mehr von meinen Wünschen und Bedürfnissen an ein Familienleben einbringe, um so mehr eskaliert die Situation. Leidtragende sind vor allem die Kinder, ich fühle mich dann verantwortlich. Einsicht ist bei ihm nicht zu erwarten, er ist von sich überzeugt, in seinen Augen bin ich die Nervenschwache, das "Weichei".
Für Kontakte und Austausch im Umgang mit angehörigen Messies bin ich dankbar, da in unserer Gegend zu diesem Thema selbst Leute vom Gesundheitsamt ratlos waren.
Gruß Andi

Wie kommen unsere Kinder zurecht?

Ulla, Dienstag, 13.05.2003, 23:56 (vor 7644 Tagen) @ claudia

Hallo Claudia, Andi und andere Messie-Partnerinnen,

die Sorgen, wie unsere Kinder mit der Situation (Vater ist Messie) zurechtkommen, mache ich mir auch oft. Wir haben in dieser Hinsicht turbulente Zeiten, da beide jetzt in einem Alter sind, wo sie ihren Vater durchaus kritisch sehen und bei den vielen Auseinandersetzungen, die wir haben, ja auch irgendwie Stellung beziehen müssen.

Ich selbst befinde mich da in einer komischen Situation. Einerseits verstehe ich ihren Ärger über die Verhältnisse bei uns, andererseits will ich ja nicht schlecht über ihren Vater reden. Ein Zwiespalt für mich, aus dem ich oft nicht rauskomme. Trotzdem versuche ich, ihren Standpunkt zu stärken, ihnen klarzumachen, dass sie später anders leben können; auch reden wir seit kurzem darüber, dass ihr Vater eine Krankheit hat (es hat mich erleichtert, die Sache endlich beim Namen nennen zu können!) Allerdings erleben sie leider bisher keine "Heilung", eher bekommen sie mit, dass alles so bleibt, dass er machtlos dagegen ist. Das macht mir schon Kummer. Aber er ist nun mal ihr Vater, und diese Störung (Messie) gehört zu ihm, und damit müssen sie als seine Kinder leben, so wie andere vielleicht damit leben müssen, dass ihr Vater Alkoholiker ist.

Den Wohnbereich halte ich mit großer Mühe bewohnbar, und so können sich beide wenigstens in einem Teil der Wohnung wohlfühlen und auch mal Besuch haben. Die Berichte von Messie-Kindern, die niemanden in die Wohnung lassen konnten, haben mich schon sehr erschreckt, und so etwas soll meinen Kindern erspart werden, was ich dazu tun kann.

Beim Lesen eurer Berichte habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, warum gerade wir - und sicher noch viele andere Frauen - an solche Messie-Männer geraten sind und warum wir so lange in dieser Situation aushalten. Vielleicht gibt es irgendwelche ähnlichen psychischen Voraussetzungen, die wir haben? Wer hat eine Idee dazu? Ich glaube nämlich, wenn wir uns selbst besser verstehen, haben wir auch bessere Möglichkeiten, mit dem Ganzen fertig zu werden. Vielleicht kann uns ein Austausch darüber helfen.

Herzliche Grüße

Ulla

gebessert

Anneliese, Mittwoch, 14.05.2003, 18:07 (vor 7643 Tagen) @ claudia

Leider hat noch keiner hier geschrieben, dass sich sein Messie-Partner durch irgendwelche Maßnahmen gebessert hat.

Schade, dass mein Mann nicht ins Forum reinschaut....sonst konnte er dir bestätigen, dass ich mich gebessert habe.

Anneliese

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