Was macht man mit völlig uneinsichtigen Messies? (Angehörige)

hilde, Dienstag, 14.01.2003, 10:11 (vor 7745 Tagen)

Mein Vater ist 66, alleinstehend, und Messie. Das Problem ist: Einerseits sagt er, er hasse seine Wohung (was mich betroffen macht, es klang für mich, als wolle er sagen, er hasse sich selbst oder sein Leben). Andererseits ist er komplett uneinsichtig und läßt sich nicht im Geringsten helfen. Schuld haben immer die anderen, die schlecht geschnittene Wohnung, der Hausmeister etc. Nie im Leben würde er sich als Messie bezeichnen oder sein Problem als solches anerkennen. Es heißt immer, nur der Messie selbst kann seine Situation ändern.

Aber bitte: WAS, WENN ER ES NICHT TUT UND IM DRECK ERSTICKT?

Soll man zusehen? Bei ihm kommt hinzu, daß er auch sonst nichts geregelt kriegt, immer kurz davor steht, wegen irgendwelcher Schulden (womit er sich auch bis zur letzten Sekunde nicht auseinandersetzt) ins Gefängnis gesteckt zu werden, etc. Er hat null Disziplin, ist extrem perfektionistisch und zugleich extrem langsam in allem, was er tut. Ach ja - und hat Null Komma Null Selbstkritik. Er meint, nur er kann alles am besten. Und das Problem ist, daß es stimmt: Er hat so viele Talente, daß er komplett überfordert ist. Er kocht so gut, daß er ein Restaurant eröffnen könnte. Er schreibt Bücher und Artikel, repariert Getriebe, baut Betten, macht Detektiv- oder Rechtsanwaltsarbeiten etc.etc. Nur kriegt er nie was zuende, weil er immer heillos überfordert ist und dabei extrem langsam und disziplinlos.

Momentan ist er für einige Monate weggefahren und bat mich eindringlich, in seiner Wohnung NICHT aufzuräumen, was ich letztes Jahr mit unglaublichem Energieaufwand getan habe. Er beschwerte sich nicht, bemerkte allerdings unglaublicherweise auch fast nichts.
Was soll ich machen? Zusehen, wie er in jeder Hinsicht im Dreck und Chaos erstickt? WEnn ich warte, bis er einsichtig wird und Hilfe sucht, kann ich bis zum jüngsten Tag warten. Irgendwie deprimiert mich der Zustand seiner Wohnung, ich identifiziere mich gewissermaßen damit. Bei ihm habe ich das Gefühl, er verdrängt seine Depressionen, flüchtet in Aktivität oder in die Welt der Glotze.

Soll ich nur saubermachen?
Soll ich auch wegschmeißen?
Soll ich gar nichts machen?
Ist es ein schlimmer Vertrauensbruch, wenn ich trotzdem minimal aufräume?

akzeptieren

Peggy Babenberg (=Laura), Dienstag, 14.01.2003, 16:40 (vor 7745 Tagen) @ hilde

Es sehr schwer, anderen zuzusehen, wie sie so ganz anders leben als man selbst glücklich wäre.

Aber wo ist das Problem?

DU hast ein Problem mit der Wohnung von deinem Vater.

Überlegst, versprechen zu brechen (Aufräumen)
Eine Privatsphäre einzudringen, und Grenzen zu verletzten.
Denn das ist es.

Stell dir vor, du bittest jemanden, deine Wohnung in Ruhe zu lassen, und du kommst vom Urlaub zurück und diese Person hat dann zB die Möbel umgestellt, dein Lieblingsgeschirr weggeworfen, weil es ihr nicht gefällt, und ein neues gekauft (ein gräßliches) und deine Zuckerwürfelsammlung ausgepackt und so weiter. So ist das nämlich, wenn du aufräumst.


Und Versprechen solltest du schon halten.


Was bringt es dir, die Wohnung deines Vaters aufzuräumen?


Nutz die Zeit lieber deine eigene Wohnung zu pflegen oder sonst was zu tun.


Es gibt halt Leute die anders leben als du (vielleicht ist hier auch ein bißchen Selbstkritik deinerseits angebracht) auch wenn es dein Vater ist, du kannst andere nicht ändern, nur akzeptieren.

Liebe Grüße
Peggy, Messie

Soll ich nur saubermachen?
Soll ich auch wegschmeißen?
Soll ich gar nichts machen?
Ist es ein schlimmer Vertrauensbruch, wenn ich trotzdem minimal aufräume?

JA, ich würd dir den Schlüssel gar nicht geben.
Wieso hast du den überhaupt???

tschuldigung, war veilleicht ein bissel zu extrem...

Peggy Babenberg, Dienstag, 14.01.2003, 16:51 (vor 7744 Tagen) @ Peggy Babenberg (=Laura)

ich habs ein bissel zu persönlich genommen, ich finde es soo derart verletztend und mißbrauchend, ein Versprechen zu brechen, und ungewünscht aufzuräumen.

Meine Mutter und Großmutter haben immer, wenn ich verreist war, meine Wohnung auf den Kopf gestellt, und Sachen weggeworfen, die ihnen nicht gefallen haben (die ich aber unbedingt behalten wollte!!!) meine ganze Wäsche war weg und ich mußte sie persönlich abholen
Ich halt so was einfach nicht aus.


Dein Fall ist ein bissel anders, ich sehs jetzt.

Peggy

Re: tschuldigung, war veilleicht ein bissel zu extrem...

Hilde, Dienstag, 14.01.2003, 19:14 (vor 7744 Tagen) @ Peggy Babenberg

Na, gottseidank kam der Zusatz... Es ist auf keinen Fall so, daß ich seine Lebensform nicht akzeptieren würde, wenn er nicht selbst sagen würde, er haßt diese Wohnung, und mich das betroffen macht,und ich ansonsten auch seine latente Depression spüre, wenn ich diese Wohnung betrete. Übrigens verstehe ich unter aufräumen auch nicht, Lieblingsgeschirr wegzuschmeißen, sondern z.B. drei Jahre alte Tages(!)-Zeitungen zu entsorgen, die stoßweise rumliegen. UNd ansonsten die Fettschicht in der Küche abzukratzen. Oder hat man zu der als Messie auch eine persönlcihe Beziehung (Entschuldige, aber ganz kann ich mir den sarkasmus doch nicht verkneifen, wenn mans wirklich gut meint, und sone Antwort kriegt)

ich habs ein bissel zu persönlich genommen, ich finde es soo derart verletztend und mißbrauchend, ein Versprechen zu brechen, und ungewünscht aufzuräumen.
Meine Mutter und Großmutter haben immer, wenn ich verreist war, meine Wohnung auf den Kopf gestellt, und Sachen weggeworfen, die ihnen nicht gefallen haben (die ich aber unbedingt behalten wollte!!!) meine ganze Wäsche war weg und ich mußte sie persönlich abholen>Ich halt so was einfach nicht aus.

Dein Fall ist ein bissel anders, ich sehs jetzt.
Peggy

Re: tschuldigung, war veilleicht ein bissel zu extrem...

Peggy Babenberg, Mittwoch, 15.01.2003, 11:03 (vor 7744 Tagen) @ Hilde

sondern z.B. drei Jahre alte Tages(!)-Zeitungen zu entsorgen,

***die sind erst richtig interessant!!!!
;-)
Ja, wirklich!!! Ich mein das ernst, du kannst den Wert nicht erkennen, den ein Gegenstand für andere hat.
Übrigens: mache Leute kaufen (!!!) sogar ganz alte Zeitungen für teures Geld (ch 100 Euro schätz ich einmal so)und schenken sie wem zum Geburtstag, nur weil die Zeitung schon 3 mal so alt ist wie der (bei Zeitungen zählen die Jahre dreifach *ggg*)


<die stoßweise rumliegen. UNd ansonsten die Fettschicht in der Küche abzukratzen. Oder hat man zu der als Messie auch eine persönlcihe Beziehung >

***Kann schon sein.
Ich persönlich finde es ok, wenn wer in meiner Küche herumräumt oder so, aber ich kann nicht garantieren, daß es bei anderen auch so ist.
Wenns aber dann genau die getrockneten Tomaten sind (leider schon ein bissel verschimmelt) die die letzte große Liebe vor 5 Monaten eingekauft hat(und es das einzige war, was er mir je geschenkt hat *schmacht und schmerz*)...dann hm, naja, tuts schon weh, wenn jemand nur Müll darin sehen kannUnd es dann einfach eines Tagen weg ist *heul*

(Entschuldige, aber ganz kann ich mir den sarkasmus doch nicht verkneifen, wenn mans wirklich gut meint, und sone Antwort kriegt)


***Ja, klar, kein Problem, ich verstehs schon
*muß aufhören, eine Freundin ist gerade gekommen*
Peggy

Re: tschuldigung, war veilleicht ein bissel zu extrem...

Hilde, Donnerstag, 16.01.2003, 11:32 (vor 7743 Tagen) @ Peggy Babenberg

Ja, eigentlich brauchst Du mir sowas nicht zu erklären. Ich kenn das - ich bewahre z.B. die halbversschimmelten Nabelschnurreste von meinen Kindern auf. AUs nostalgischen Gründen. Klar ist es sscheiße, wenn jemand anders die eigene Wohnung aufräumt, das geht nicht-Messies wohl ähnlich, mir jedenfalls, und die persönliche Bindung an Gegenstände kenn ich auch. Das Ding ist nur - manchmal muß man Prioritäten setzen, und manchmal braucht man auch Hilfe dabei. Bevor man in seinem Dreck erstickt, muß man eben auch mal was wegschmeißen (lassen). Daß da n psychisches Problem hinter steht, ist mir auch klar. Nur: Das hat er schon seit dreißig Jahren, und da ändert sich auch nichts dran. Ich mach lieber ab und zu - möglichst vorsichtig - seine Wohung sauber, als daß ich ihn eines Tages irgendwo einweisen lasse oder gar warte, bis es andere machen. Das ist mein Gedanke, du verstehst? (Im übrigen frag ich mal: Ist es eigentlich KEIN psychisches Problem, überhautp keine Bindung an GEgenstände zu haben, und ständig wegzuschmeißen und neu zu kaufen?? Das find ich eigentlich noch kränker, obwohl es gesellschaftlich akzeptiert ist. Vielleicht sind Messies einfach irgendwie weniger bindungsunfähig als heutige Normalos.)

Ein Gesichtspunkt allerdings, den du nanntest, hat mich überzeugt: Und zwar, daß mein Motiv nicht die Tatsache sein sollte, daß ICH das Chaos unerträglich finde. Das ist schon ein Aspekt, muß ich sagen. Wenn ich mich mit ihm identifiziere, habe ICH ein Problem. Daran muß ich arbeiten - tu ich auch. Aber: Er hat AUCH ein Problem, und ich denke, es ist schon okay, wenn ich da für ihn gewisse Entscheidungen treffe und minimal aufräume und saubermache. Zumal er sich letztes Mal nicht beschwert hat, vielmehr praktisch ncihts gemerkt - also keine wichtigen Dinge vermißt o.ä. - Du mußt wissen: Manche Dinge liegen da einfach, weil er sie vergessen hat oder meint, sie KÖNNTEN vielleicht interessant sein, und überhaupt noch nich t reingeguckt hat. Bevor sie für ihn dann interessant werden und nostalgischen Wert entwickeln, entsorge ich sie einfach. Nur solche Dinge, versteht sich. Keine Artikel, die er extra ausgeschnitten hat oder so. Ich denk auch, er kommt wirklich klar damit)

Das alte Zeitungen geil sind - keine Frage!!! Und uralte Bücher erst mal -traumhaft. Ich versteh das ja alles!

Danke übrigens, daß Du jetzt freundlciher zu mir bist, ich hatte schon richtig schíß, hier wieder herzukommen (heul... i ch bin nämlich auch sensibel Vielleicht bin ich auch ein verhinderter Messie - ich laß es nur nicht so weit kommen wie mein Vater - aus Schaden wird man klug...)

sondern z.B. drei Jahre alte Tages(!)-Zeitungen zu entsorgen,
***die sind erst richtig interessant!!!!
;-)
Ja, wirklich!!! Ich mein das ernst, du kannst den Wert nicht erkennen, den ein Gegenstand für andere hat.
Übrigens: mache Leute kaufen (!!!) sogar ganz alte Zeitungen für teures Geld (ch 100 Euro schätz ich einmal so)und schenken sie wem zum Geburtstag, nur weil die Zeitung schon 3 mal so alt ist wie der (bei Zeitungen zählen die Jahre dreifach *ggg*)

<die stoßweise rumliegen. UNd ansonsten die Fettschicht in der Küche abzukratzen. Oder hat man zu der als Messie auch eine persönlcihe Beziehung >
***Kann schon sein.
Ich persönlich finde es ok, wenn wer in meiner Küche herumräumt oder so, aber ich kann nicht garantieren, daß es bei anderen auch so ist.
Wenns aber dann genau die getrockneten Tomaten sind (leider schon ein bissel verschimmelt) die die letzte große Liebe vor 5 Monaten eingekauft hat(und es das einzige war, was er mir je geschenkt hat *schmacht und schmerz*)...dann hm, naja, tuts schon weh, wenn jemand nur Müll darin sehen kann>Und es dann einfach eines Tagen weg ist *heul*
(Entschuldige, aber ganz kann ich mir den sarkasmus doch nicht verkneifen, wenn mans wirklich gut meint, und sone Antwort kriegt)

***Ja, klar, kein Problem, ich verstehs schon>*muß aufhören, eine Freundin ist gerade gekommen*
Peggy

Schön, daß du da bist!

Peggy Babenberg, Donnerstag, 16.01.2003, 11:45 (vor 7743 Tagen) @ Hilde

Ja, eigentlich brauchst Du mir sowas nicht zu erklären. Ich kenn das - ich bewahre z.B. die halbversschimmelten Nabelschnurreste von meinen Kindern auf.

**Du hast die noch?.ich hab die ganze Nabelschnur im Backofen getrocknet und die Plazenta dazu. Aber irgendwann hat jemand bei mir aufgeräumt und das ganze weggeschmissen *heul*
Ich vertehs ja, so braune Klümpchen in einem Plastikbeutel...naja, ich hätts in ein schönes Glas geben sollen, und beschriften. Alles eine Sache des Stils, wie vermittel ich "cleanies" das es wertvoll ist

Ein Gesichtspunkt allerdings, den du nanntest, hat mich überzeugt: Und zwar, daß mein Motiv nicht die Tatsache sein sollte, daß ICH das Chaos unerträglich finde.


***wow, gratuliere! Das ist echt mutig, sich das einzugestehen. Und ich hab dich ja mit der Nase voran hineingeschmissen

Danke übrigens, daß Du jetzt freundlicher zu mir bist, ich hatte schon richtig schíß, hier wieder herzukommen (heul... i ch bin nämlich auch sensibel


***Schön, daß du geblieben bist.
Ich war auch nicht böse, nur einfach so verletzt, wegen der Zwangs-um-räumung, da hab ich ein persönliches Problem damit, und gleich ohne zu denken, losgeschlagen, Tut mir leid, hat nicht dich treffen sllen, ich hoffe du hast dich erholt inzwischen.

noch was...

Peggy Babenberg, Mittwoch, 15.01.2003, 14:16 (vor 7744 Tagen) @ Hilde

Übrigens verstehe ich unter aufräumen auch nicht, Lieblingsgeschirr wegzuschmeißen, sondern z.B. drei Jahre alte Tages(!)-Zeitungen zu entsorgen, die stoßweise rumliegen. UNd ansonsten die Fettschicht in der Küche abzukratzen.


***naja, ich weiß schon, daß du es gut meinst, und nichts wegwirfst, was du für wetvoll hältst. Eh klar.
Und wie ist es aber, wenn gerade diese Zeitungen für ihn so viel bedeuten, wie für dich das Lieblingsgeschirr? So hab ichs nämlich gemeint.

Oder hat man zu der als Messie auch eine persönlcihe Beziehung <zu der Fettschicht in der Küche>


*Ja, kann sein-.da kommt dann die Tomatengeschichte aud dem letzten POsting. Hab dort die Vorgeschichte irrtümlich gelöscht.

*hoffentlich war das jetzt nicht zu chaotisch, mit Info in 2 Postings verteilt. Kennst du dich aus?*
Peggy

Re: Was macht man mit völlig uneinsichtigen Messies?

rutzi, Dienstag, 14.01.2003, 22:07 (vor 7744 Tagen) @ hilde

Hallo Hilde,

wenn Du nicht das Vertrauen Deines Vaters verlieren willst - lass es mit dem Aufräumen! Nur wenn sein "Leidensdruck" groß genug ist und er Dich um Hilfe bittet, solltest Du ihm Deine Hilfe geben.

Vieles, was Du erzählst (dass Dein Vater alles perfekt machen will, alles besser kann und alles betont langsam macht), erinnert vielleicht auch an eine Zwangserkrankung Deines Vaters. Hast Du ihn vielleicht mal darauf angesprochen, ob er bei den Dingen, die er tut, bestimmten "Gedankenzwängen" ausgesetzt ist ?

Vielleicht erzählst Du ihm, dass es viele Leute gibt, die aus unterschiedlichen
Gründen Probleme haben, Ihre Wohnung in Ordnung zu halten. Eine "Aufräumaktion" von Dir wäre nur ein kurzfristiger Zustand und behebt nicht das eigentliche Problem.

Gruß, Rutzi

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