Betreuer mit Wohnungangelegenheiten (Angehörige)

Claudia, Dienstag, 22.07.2003, 19:57 (vor 7584 Tagen)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin seit kurzem die rechtliche Betreuerin einer jungen Frau, die Messie ist. Sie läßt mich nicht in ihre Wohnung, aus Beschreibungen kenne ich jedoch den ungefähren Umfang des Chaos (Toilette nur eingeschränkt benutzbar, Ungeziefer....). Von Seiten des Vermieters steht wegen Mietschulden eine Zwangsräumung an. Ich wüßte gern, ob jemand Erfahrungen damit hat, wie man einem Messie eine Räumung erträglich machen kann. Sollte ich versuchen Zeit zu gewinnen, damit sie selbst mit Entrümpeln beginnen kann? Nehme ich ihr die Chance bei einer Fremdentrüpelung ihre Probleme selbst zu erkennen und in den Griff zu bekommen?
Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar. Mit freundlichen Grüßen C. Reiß

Ein Fall aus der Praxis

Karlchen, Mittwoch, 23.07.2003, 11:01 (vor 7584 Tagen) @ Claudia

Hallo Claudia

Ihre Anfrage oder ein Verweis darauf wäre vielleicht im Messieforum besser aufgehoben, da die mehrheitlich sehr sensiblen Damen Messies (die weniger Herren lasse ich mal unter den Tisch bzw. hinter Hempels Sofa fallen) selbst am besten sagen könnten, wie sie behandelt werden möchten und welche Motivationshilfen Erfolg versprechend bzw. zum Scheitern verurteilt wären.

Ich kann nur ganz emotionslos einen selbst erlebten Fall beisteuern:

Eine Dame (Messie mittleren Grades, kein Vermüllungssyndrom oder Hygieneprobleme) wurde wegen Mietschulden zwangsgeräumt.
Ihr wurde eine Wohnung zugewiesen, in der sie jedoch nicht zu bleiben gedachte. Sie schaffte es tatsächlich, eine ihr zusagende Wohnung anzumieten. Zum Umzug erbat sie meine Hilfe.
Als der „Umzug“ bzw. der von mir dabei zu leistende Part anstand, beschränkten sich die mir möglichen Aktivitäten auf einige Stunden Warten vor der alten Wohnung. („Du darfst aber nicht hineinsehen!“)
Nach dieser Zeit erschien sie mit einigen Plastiktüten und Kartons vor der Tür und meinte: „Den Rest muß ich erst noch sichten!“ Ein Blick durch den Türspalt bot einen ähnlichen Anblick wie Ground Zero.
Nach einem Jahr (!!!) teilte sie mir mit, dass sie nun die alte Wohnung übergeben hat.

Die neue Wohnung hat sie bis jetzt halten können, zwar ohne Strom und Telefon, aber immerhin eine erstaunliche Leistung. Beim Bezug war sie in einem vertretbaren Zustand, wie es jetzt (nach 3 Jahren) aussieht, weiß ich nicht.

Früher war ihr Hauptproblem die fehlende Zeit wegen Berufstätigkeit. Langjährige Arbeitslosigkeit änderte jedoch an diesem Zeitproblem nichts. („Wenn man arbeitet, hat man viel mehr Zeit, als wenn man zu Hause ist“ – Tochter erwachsen und aus dem Haus).

Dies als Fall aus der Praxis zum Thema „Zeit geben“.

Viel Erfolg wünscht

Karlchen

(das Pseudonym habe ich zum Schutz der Privatsphäre der erwähnten Personen gewechselt)

Re: Ein Fall aus der Praxis

Claudia, Mittwoch, 23.07.2003, 19:12 (vor 7583 Tagen) @ Karlchen

Vielen Dank für die schnelle Antwort und den Rat, werde meine Frage nochmal direkt im Messieforum einstellen. Claudia

Re: Betreuer mit Wohnungangelegenheiten

Lilly, Samstag, 06.12.2003, 03:06 (vor 7448 Tagen) @ Claudia

Hallo Claudia, den Beitrag erst nach Monaten gelesen. Ich kenne das Problem als Angehörige selbst. Auch meine Tochter hat eine Betreuerin, die sie monateleang nicht in die Whg. lies. Leider hatte die Betreuerin, obwohl Whg.-Angelegenheiten auch ihre Sache war, sich nicht durchsetzen können mit Zutritt zur Whg., obwohl meine Tochter total psychotisch war. Sie wollte mir die Entscheidung überlassen von Ordnungsamt, Polizei, etc. Das habe ich nicht fertiggebracht. Sie ließ mich nur etwa 3 Wochen lang nicht in ihre Whg., das Chaos war nicht zu übersehen. Sie ist zwischenzeitlich in der Psychiatrie. Das war jedes Mal so, ihr total psychotischer Zustand, der mit der versauten Whg. gipfelte, und dann Psychiatrie. Wir habs gerichtet, alles entrümpelt, putzen lassen usw. Sie hat derart viele Dinge weggeworfen vor der Klinik, leider auch gute Dinge, wie Fotoapparate, Küchengeräte, Klamotten.
Wenns unerträglich ist wegen Räumung, dann eben Gesundheitsamt einschalten. Du bist doch Betreuerin und kennst doch das Ding "Gefahr im Verzug" und nach PsychG. Ich denke, keinem Vermieter oder Nachbarn kann zugemutet werden, dass noch Ungeziefer entsteht. Übrigens: Küchenschaben etc. schleppt sie auch in die neue Whg. mit., Was wurde aus der Räumung, ist ja schon länger her, Gruss Lilly

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