Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter? (Angehörige)

Brigitte, Montag, 05.12.2005, 11:27 (vor 6723 Tagen)

Hallo allerseits,

bin ich froh, dieses Forum gefunden zu haben!!!
Ich versuche, möglichst kurz zusammenzufassen:
Meine jetzt 22jährige Tochter hat seit 5 Jahren eine eigene Wohnung (sie ist damals mit 17 für ihre Ausbildung zur Krankenschwester in ein Schwesternwohnheim gezogen). Dieses Appartment war schon damals das Chaos. Aber ich habe es entschuldigt (sie ist zu jung, zu unerfahren, zu überfordert) u. hier u. da mal selber mit Hand angepackt bzw. ihr gesagt, sie möge doch Ordnung machen.
Dann ist sie vor 1 1/2 Jahren in eine 2-Zimmer-Wohnung gezogen - frisch renoviert, neue schöne Möbel. Ich hatte gehofft, hier würde sie einen neuen Anfang finden.
Diese Hoffnung zerschlug sich bereits nach wenigen Monaten, denn es sah nach kurzer Zeit genau aus wie in ihrem ersten Appartment. Inzwischen hat sie sich einen überdimensionalen Vogelkäfig gebaut u. hält darin 7 Wellensittiche.
Nun liegt sie zurzeit wegen einer Knie-OP im Krankenhaus u. bat mich, die Vögel zu füttern. Das war gestern.
Seitdem bin ich am Boden zerstört. Ich habe jahrelang mehr oder weniger erfolgreich versucht, den Zustand ihrer Wohnung zu verdrängen, aber ich kann die Augen vor dem Ausmaß der Katastrophe nicht mehr verschließen.
Es geht nicht nur um Unordnung u. Dreck, sondern ich mache mir auch Sorgen um gesundheitliche Folgen. Denn die Vögel leben in einem total verdreckten Käfig (im Wohnzimmer), überall, auch außerhalb des Käfigs, verstreute Federn, Kot u. Futterreste. Dazwischen auf dem Tisch z.B. eine offene Pralinenschachtel, ungespültes Geschirr in der Küche (die OP war geplant u. kam nicht überraschend), kurz, kein sauberes Fleckchen in der gesamten Wohnung, überall Krempel, Müll u. Dreck.
Jetzt könnte ich sagen: Es geht mich nichts an. Aber es geht um meine Tochter u. ich habe Mitleid mit ihr, denn mir kann keiner erzählen, dass sie sich in dem Saustall wohlfühlt.
Und aus noch einem Grund geht es mich etwas an. Denn sie hat zum 31.12. diese Wohnung gekündigt u. zieht im Lauf des Monats in eine 3-Zimmer-Wohnung u. in diesem Haus wohnt dann auch der Eigentümer. Es ist jetzt schon abzusehen, dass sie über kurz oder lang da rausfliegt, wenn der Eigentümer mitbekommt, das los ist.
Darüber hinaus sollen mein Mann u. ich ihr beim Umzug helfen. Aber schon die Vorstellung, mit diesem Müll u. diesen verdreckten Möbeln in das neue Haus zu marschieren, bereitet mir Magenschmerzen u. mein Mann (er ist der Stiefvater meiner Tochter) hat mir schon gesagt, er weigert sich, auch nur einen Handschlag zu tun, wenn er in diesem Chaos arbeiten soll.
Für mich steht fest, dass ich endlich mit meiner Tochter reden muss (u. will), aber ich weiß nicht, wie u. was ich sagen soll. Vor allem, ich muss JETZT mit ihr reden, denn der Umzug steht ja kurz bevor u. sie ist letzlich auf Hilfe angewiesen, weil sie noch bis Ende der Woche im Krankenhaus u. auch danach noch nicht voll einsatzfähig ist.
WAS SOLL ICH TUN?? Kann mir jemand Tipps zur "Erstversorgung" geben?
Herzlichen Dank im voraus!

Liebe Grüße
Brigitte

Re: Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter? (o.T.)

Jenny, Montag, 05.12.2005, 18:30 (vor 6723 Tagen) @ Brigitte

- kein Text -

Re: Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter?

Jenny, Montag, 05.12.2005, 18:57 (vor 6723 Tagen) @ Brigitte

Grüß dich, Brigitte,
ich habe wohl zu schnell geklickt. Dies ist der 2. Versuch. Deine Frage macht mich betroffen, da ich auch Kinder im Alter deiner Tochter habe. Ich habe mich gefragt, was ich machen würde.
Da deine Tochter den Umzug so schnell nach der OP geplant hat, verläßt sie sich wohl auf deine Hilfe. Wenn dein Mann nicht helfen will, kann ich das gut verstehen und ich würde ihn nicht dazu drängen. Er muß, besonders als Stiefvater, da selber entscheiden.Als Mutter würde ich helfen wollen. Beim Umzug tät ich den Müll meinem Kind überlassen und nur bei den brauchbaren Dingen mithelfen. Vor dem Reintragen in die neue Wohnung würde ich aber alles gründlich sauber machen. Das als akute Hilfe.
Was dann in der neuen Wohnung abgeht, mit 7 Sittichen und einem Vermieter im Haus, ist Sache deiner Tochter. Vielleicht bekommt sie unter Druck von außen ihr Chaos in den Griff. Sie muß ja nicht unbedingt an ADS leiden. Vielleicht läuft es auch darauf hinaus, daß sie sich Hilfe bei einer psychologischen Beratung sucht. Wenn nicht, kannst du aber nichts machen. Vielleicht kannst du sie auf dieses Forum hinweisen und es hilft ihr, wenn sie Kontakt mit anderen Betroffenen hat.
Was ihre Vögel betrifft, findest du nicht irgendeinen Vorwand, sie dem örtlichen Tierschutzverein anzuvertrauen? Den Vögeln täte es sicher gut, etwas mehr gepflegt zu werden. Der Tierschutzverein pflegt in solchen Fällen sich auch um die Betreuung zu Hause zu kümmern. Vielleicht erhält sie durch den daraus entstehenden Kontakt ein gewisses Feedback, was ihr Chaos betrifft, denn da du das eine lange Zeit verdrängt hast, hat sie es vielleicht auch getan.
Vielleicht helfen dir meine Gedanken ein bischen

Liebe Grüße, Jenny

Re: Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter?

almut, Dienstag, 06.12.2005, 21:48 (vor 6721 Tagen) @ Brigitte

hallo brigitte,

es tut mir leid um dich, dass du in so einer zwickmühle bist: helfen zu wollen, aber auch restlos überfordert zu sein. ich habe den eindruck, als würde deine geduld und gutmütigkeit und hilfsbereitschaft arg ausgenutzt! deine tochter hätte nicht unbedingt - wie jenny schon schreibt- op-termin und umzug in den selben monat legen müssen.

aus verständlichen gründen hast du wahrscheinlich zu oft für sie die kohlen aus dem feuer geholt.

zeig unbedingt grenzen und gebe ihr nicht mehr alle hilfe.denn es läuft ja praktisch darauf hinaus, dass du mitten im winter, den umzug fast alleine machst. sie soll bekannte und freunde fragen oder versuchen, den umzugstermin in den januar zu legen, falls das noch geht. notfalls muss sie dann eben einen monat doppelt miete zahlen.vielleicht gibt es auch noch andere (bezahlte) hilfen.

die idee mit dem tierschutzverein finde ich auch gut.

was ist, wenn du selber krank wirst? dann kannst du auch nicht helfen.

ich wünsche dir viel kraft bei der richtigen entscheidung.

almut

Re: Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter?

Brigitte, Mittwoch, 07.12.2005, 08:50 (vor 6721 Tagen) @ Brigitte

Hallo Jenny, hallo Almut,

danke für eure Antworten!
Ich habe inzwischen vorgestern mit meiner Tochter gesprochen, habe ihr gesagt, dass das, was ich ihr zu sagen habe, nicht als Abwertung für sie als Mensch gedacht ist u. auch nichts an meiner Zuneigung zu ihr ändert.
Aber ich habe ihr auch in sehr deutlichen Worten gesagt, dass ich geschockt war darüber, wie sie haust u. dass ich ihre Wohnung als Saustall empfinde, in dem es kein einziges sauberes Eckchen gibt.
Ich äußerte den Verdacht, dass sie Probleme hat (Richtung Messie), mit denen sie vielleicht allein nicht zurechtkommt u. dass ich bereit bin, ihr zu helfen.
Sie reagierte zwar beschämt, aber andererseits meinte sie sehr pragmatisch, nein, sie sei nicht krank, sie wäre auch kein Messie, sie sei ganz einfach nur faul u. hätte keine Lust, irgendwas zu tun, wenn sie von der Arbeit käme.
Immer dann, wenn sie den Dreh kriege, würde sie durchaus auch stundenlang putzen u. aufräumen.
Ich sagte ihr dann, dass ich ihre Einstellung akzeptiere, schließlich sei sie fast 23 u. hätte ein Recht auf eigene Entscheidungen, aber dann müsse sie im Gegenzug auch akezptieren, dass ich einen Horror davor hätte, beim Umzug durch den Müll zu waten bzw. verdrecktes Zeug zu schleppen u. ich mich deshalb entscheiden würde, nicht beim Umzug zu helfen, wenn Ende des Monats ihre Bude noch genauso aussehen würde.
Sie hat geschluckt, fand das aber ok. Und als ich sie gestern wieder besucht habe, war sie guter Dinge u. hat das Gespräch mit keinem Wort erwähnt.
Nun liegt es wohl an ihr, zu entscheiden, ob sie was ändert. Natürlich fühle ich mich absolut nicht wohl bei der Vorstellung, sie im Stich zu lassen, aber wenn ich jetzt nachgebe, ändert sich vielleicht nie was.
Jenny, du schreibst, ich soll alles abwaschen. Ehrlich gesagt, habe ich dazu weder Zeit noch Lust. Ich werde in ein paar Monaten 50, bin voll berufstätig u. habe selber ein Haus mit 160 qm sauber zu halten. Ich habe ab morgen Urlaub u. wollte es mir mit meinem Mann mal ein bisschen gemütlich machen
Liebe Grüße
Brigitte

Re: Wie verhalte ich mich beim Umzug meiner Tochter?

Jenny, Mittwoch, 07.12.2005, 13:07 (vor 6721 Tagen) @ Brigitte

Hallo Brigitte,
das mit dem Abwaschen war keine Aufforderung, sondern nur, was ich in deinem Fall täte. Ich kann mir allerdings auch für sowas Zeit nehmen. Dir und deinem Mann wünsche ich schöne erholsame Urlaubstage.
Liebe Grüße,
Jenny

Re: ich finde es toll, wie das gelöst hast und wünsche euch

almut, Sonntag, 11.12.2005, 00:11 (vor 6717 Tagen) @ Brigitte

allen, dass ihr bei euren vorsätzen bleiben könnt (tochter beim aufräumen, du beim standhaftbleiben) und dass alles gut über die bühne geht.

schöne urlaubs-und vorweihnachtszeit erstmal! [[smile]]

almut

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