Messie in der WG (Angehörige)

tom, Sonntag, 29.01.2006, 19:06 (vor 6668 Tagen)

Hallo miteinander,

es ist mir ein dringendes Bedürfnis, eines vorweg klarzustellen: ich weiß, was ein Messie ist und es geht in meinem Fall nicht um etwas Unordnung oder unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung sondern um ein ernstes Problem.
Ich lebe in einer großen WG mit sieben weiteren Mitbewohnern, zu Zeit drei Mädels und fünf Jungs, angefangen von 20 bis 29 Jahren. Und wir haben ein Problem: eine Mitbewohnerin ist ein Messie. Das äußert sich folgender Maßen: horten des rießigen Geschirrbestandes, auf dem Essensreste schimmeln und sich in Tassen Madenkulturen entwickeln; der Bewegungsraum in ihrem Zimmer umfasst einen fussbreiten Gang zwischen Kleidung, Papiermüll und sonstigem Unrat von ihrer Zimmertür zum Bett mit Fernseher; verschimmeltes Müsli und Obst wird mit Decken zugedeckt; Zugang zu den Fenstern ist nicht möglich: kein Lüften-> es stinkt vermodernd; sie bringt Dinge nicht zu ende: spülen und saubermachen in den allg. Wohnräumen; sie bezahlt Rechnungen erst kurz vor Drohung mit Anwalt; sie ernährt sich von Schokolade und sonstigem Fett, kocht eigentlich nie Reis/Nudeln/Kartoffeln, sondern Crepè oder Hähnchenschenkel ohne alles; das alles liese sich noch bis ins kleinste weiter ausführen, aber das hilft ja nichts.
Meine Frage ist: was hilft? Wir sind alle völlig ratlos, auf ihr Problem angesprochen funktioniert zumindest der allg. WG-Teil für ein paar Tage, dann wieder das alte Spiel. Diese Krankheit hat sich in dieser großen WG perfekt eingerichtet, viel Geschirr, großer Gemeinschaftsbereich, die Küche putzen alle; wir sind und einig, dass sie alleine keinen Haushalt führen könnte (vor allem keine Küche!).
Nur in ihrem Beruf ist sie wohl nicht schlecht: Dipl. Soziologin (FH) und staatlich geprüfte Kinderbetreuerin. Ausgerechnet!
Was können wir also tun? Sie hat Angstzustände und Depressionen, die mit Fresssucht kompensiert werden. Dann summt sie wieder den ganzen Tag. Sie sucht sich Menschen mit noch größeren Problemen um denen zu helfen, nur um sich von sich selbst abzulenken, ihre Freundinnen sind also auch keine Hilfen. Sie hat sogar leicht S/M Anwandlungen und sucht üble Kicks per Anzeige.
Wir sind alle total ratlos, wir wissen nicht, wie reagieren und wieviel Druck wir ausüben können. Ihre eigene Familie ist total gestört, deshalb ist sie in einem Heim groß geworden, wir können sie also nicht einfach irgendwo abliefern oder uns von ihrer Familie Hilfe holen. Die Situation wird noch verschäft, denn im September bekommen wir WG-Zuwachs. Kann man mit einem Schimmel-Messie in der Wohnung ein Kind großziehen?
Ich hoffe sehr, dass dies ein Mensch liest, der uns helfen kann, sonst ist schlimmstes zu befürchten. Was, wenn einem von uns der Kragen platzt und sie am nächsten Tag in der Badewanne liegt?

Ich muss jetzt diesen Brief beenden, sonst nimmt das kein Ende und wer will schon so viel lesen. Für Kontakt per E-Mail wäre ich dankbar, vielleicht gibt es ja einen Weg.

Viele Grüße
tom

Re: Messie in der WG

almut, Sonntag, 29.01.2006, 21:15 (vor 6668 Tagen) @ tom

hallo tom,

was du beschreibst, erfordert tatsächlich ein eingreifen von außen.

"Nur in ihrem Beruf ist sie wohl nicht schlecht: Dipl. Soziologin (FH) und staatlich geprüfte Kinderbetreuerin. Ausgerechnet!"

woraus schließt du, dass sie in ihrem beruf nicht schlecht ist? ich kann mir nicht vorstellen, dass diese frau bei diesem maß an selbstvernachlässigung noch in der lage ist, kinder zu betreuen. oder arbeitet sie als soziologin?

"Was können wir also tun?"

auf keinen fall solltet ihr diesen zustand mittragen und ausgleichen oder gar ein kind in dieser ungesunden umgebung aufwachsen lassen.(nicht nur der schimmel, auch die gegenwart dieser psychisch kranken person ist kein geeignetes umfeld für ein kleines kind.)

ich würde mich auf jeden fall an den sozialpsychiatrischen dienst eurer stadt wenden und rat und hilfe von dort holen. vielleicht könnte sie eine zeitlang in ein betreutes wohnen gehen.

habt ihr schon mit kündigung gedroht? dies wäre eine alternative, falls sie jede hilfe von außen ablehnt. damit wäre wenigstens euch geholfen, denn so, wie es jetzt läuft, unterstützt ihr ja geradezu ihr fehlverhalten, da sie die konsequenzen nicht so schnell tragen muss als wenn sie alleine leben müsste.

almut

Re: Messie in der WG

Paladin, Sonntag, 29.01.2006, 21:49 (vor 6667 Tagen) @ tom

Hallo miteinander,
es ist mir ein dringendes Bedürfnis, eines vorweg klarzustellen: ich weiß, was ein Messie ist und es geht in meinem Fall nicht um etwas Unordnung oder unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung sondern um ein ernstes Problem.
Ich lebe in einer großen WG mit sieben weiteren Mitbewohnern, zu Zeit drei Mädels und fünf Jungs, angefangen von 20 bis 29 Jahren. Und wir haben ein Problem: eine Mitbewohnerin ist ein Messie. Das äußert sich folgender Maßen: horten des rießigen Geschirrbestandes, auf dem Essensreste schimmeln und sich in Tassen Madenkulturen entwickeln; der Bewegungsraum in ihrem Zimmer umfasst einen fussbreiten Gang zwischen Kleidung, Papiermüll und sonstigem Unrat von ihrer Zimmertür zum Bett mit Fernseher; verschimmeltes Müsli und Obst wird mit Decken zugedeckt; Zugang zu den Fenstern ist nicht möglich: kein Lüften-> es stinkt vermodernd; sie bringt Dinge nicht zu ende: spülen und saubermachen in den allg. Wohnräumen; sie bezahlt Rechnungen erst kurz vor Drohung mit Anwalt; sie ernährt sich von Schokolade und sonstigem Fett, kocht eigentlich nie Reis/Nudeln/Kartoffeln, sondern Crepè oder Hähnchenschenkel ohne alles; das alles liese sich noch bis ins kleinste weiter ausführen, aber das hilft ja nichts.
Meine Frage ist: was hilft? Wir sind alle völlig ratlos, auf ihr Problem angesprochen funktioniert zumindest der allg. WG-Teil für ein paar Tage, dann wieder das alte Spiel. Diese Krankheit hat sich in dieser großen WG perfekt eingerichtet, viel Geschirr, großer Gemeinschaftsbereich, die Küche putzen alle; wir sind und einig, dass sie alleine keinen Haushalt führen könnte (vor allem keine Küche!).
Nur in ihrem Beruf ist sie wohl nicht schlecht: Dipl. Soziologin (FH) und staatlich geprüfte Kinderbetreuerin. Ausgerechnet!
Was können wir also tun? Sie hat Angstzustände und Depressionen, die mit Fresssucht kompensiert werden. Dann summt sie wieder den ganzen Tag. Sie sucht sich Menschen mit noch größeren Problemen um denen zu helfen, nur um sich von sich selbst abzulenken, ihre Freundinnen sind also auch keine Hilfen. Sie hat sogar leicht S/M Anwandlungen und sucht üble Kicks per Anzeige.
Wir sind alle total ratlos, wir wissen nicht, wie reagieren und wieviel Druck wir ausüben können. Ihre eigene Familie ist total gestört, deshalb ist sie in einem Heim groß geworden, wir können sie also nicht einfach irgendwo abliefern oder uns von ihrer Familie Hilfe holen. Die Situation wird noch verschäft, denn im September bekommen wir WG-Zuwachs. Kann man mit einem Schimmel-Messie in der Wohnung ein Kind großziehen?
Ich hoffe sehr, dass dies ein Mensch liest, der uns helfen kann, sonst ist schlimmstes zu befürchten. Was, wenn einem von uns der Kragen platzt und sie am nächsten Tag in der Badewanne liegt?
Ich muss jetzt diesen Brief beenden, sonst nimmt das kein Ende und wer will schon so viel lesen. Für Kontakt per E-Mail wäre ich dankbar, vielleicht gibt es ja einen Weg.
Viele Grüße
tom


Moin Tom,

eine ähnliche Situation kenne ich aus meiner Studentenzeit. Da hatten wir auch einen Mitbewohner, der auch überall sein Ramsch rumstehen ließ. Sein Zimmer hätte einer Mülldeponie alle Ehre gemacht.

Aus dieser Erfahrung kann ich zumindest den Tip geben, daß ihr euch für die Gemeinschaftsräume eine Putzfrau besorgt und die Kosten umlagig verteilt. Bei uns in der WG beschränkte sich danach das Chaos nur noch auf das Zimmer des Mitbewohners.

Für den eigentlichen Problemfall fällt mir ad hoc jetzt auch nix ein, aber da haben vielleicht andere User eine Idee
Gruß

Paladin

Re: Messie in der WG

Jenny, Montag, 30.01.2006, 13:26 (vor 6667 Tagen) @ tom

Hallo Tom,

wenn jemand sich absolut nicht in eine Gemeinschaft einfügen will oder kann, würd ich schauen, daß derjenige die Gemeinschaft verläßt. Auch wenn die Person in einem Heim aufgewachsen ist, spricht nichts dagegen, daß sie sich ein eigenes Zimmer sucht. Das ist für Erwachsene normal. Ihr seid nicht verantwortlich für ihre Erlebnisse in der Kindheit und auch nicht für ihre Familie, sondern für euch selber und das gute Zusammenleben in der Gemeinschaft. Hilfe kann sie sich auch holen, wenn sie nicht mehr bei euch wohnt.

LG von Jenny

Re: Messie in der WG

tom, Sonntag, 05.02.2006, 13:05 (vor 6661 Tagen) @ tom

Hi, danke für eure Vorschläge!
Wir haben uns in den letzten Tagen viele Gedanken bewusst gemacht, diese ganze Sache schwelt ja bei einigen, die schon länger in der WG mit ihr wohnen, schon seit Jahren. Und dabei ist viel herausgekommen. Ich möchte jetzt nicht alles aufzählen was wir noch herausgefunden haben, man kann sich ja zum Beispiel vorstellen, dass der Umgang mit WG-Geld (Stromabrechnung usw.) für diese Person für alle zum Nachteil wurde.
Tatsache ist, dass wir uns zusammengesetzt haben, ihr in einem Gespräch versuchten klarzulegen, dass wir ihren Auszug wollen. Auch, wenn ich nicht glaube, dass diese Entscheidung bei ihr schon angekommen ist, so ist das für alle das beste. Das Versteck-Spielen ist vorbei, für uns wie für sie; ich hoffe, dass diese Befreiung
ihr einen guten Abschied aus der WG und eine helfende Erleichterung für einen Neuanfang sein kann. Ich weiß, dass ich zwischen Person und Krankheit trennen muss, ich weiss, dass die Betroffene das nicht kann, deshalb hat die WG dieser Krankheit gezeigt: STOP, nicht mit uns. Vielleicht gelingt der Person das auch. Wir haben ein Beipiel gegeben und werden versuchen, sie in eine Betreuung zu geben, die ihr helfen kann, die Krankheit zu besiegen, nicht die hilft, die Krankheit zu verstecken und zu verdrängen.

Endlich mit einem lohnenden Ziel vor Augen
tom

Re: Messie in der WG

Pure, Montag, 13.02.2006, 13:10 (vor 6653 Tagen) @ tom

Lieber Tom!

Oje...ich kenne das nur zu gut! Auch ich habe in einer WG gelebt und wir hatten da auch einen Messie. Es ist genau so, wie Du es beschrieben hast! Es brodelt, die Luft wird dick und irgendwann explodiert man!

Seit einiger Zeit wohnen mein Freund und ich nun nicht mehr dort. Wir sind umgezogen. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie erleichternd das war/ist!

Alles ist hier jetzt ordentlich und aufgeräumt! Niemand mehr, dem man tausendmal sagen muss: "Man, räum` doch mal Deinen Sch*** auf!" Es ging auch immer nur für kurze Zeit gut...danach wieder das alte Verhalten
Weißt Du, es war gut, dass Ihr endlich darüber geredet habt. es bereinigt die Luft. Außerdem seid Ihr wirklich nicht für jem. anderen verantwortlich.

Noch etwas: Kurz nachdem wir ausgezogen sind, hat unser alter Mitbewohner einen Job gefunden und fängt bald eine Ausbildung an. Ich glaube, dass es ihm sogar sehr gut tat, dass er auf sich alleine gestellt war! Er hat zwar neue Mitbewohner, aber er hatte sich "damals" immer nur auf uns verlassen... Er hat wohl einfach gemerkt, dass es so nicht weitergehen konnte.

Weißt Du, meine Mama hat immer gesagt: So, wie es um einen herum aussieht, so sieht es auch in der Seele aus. Ich denke sie hat recht.

Manchmal ist ein völliger Wandel das Beste und ein neuer Anfang für beide Seiten!

Beste Grüße!

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