Onkel und Tante im Pflegeheim gelandet (Angehörige)

silas, Sonntag, 16.09.2012, 21:51 (vor 4252 Tagen)

meine Tante und mein Onkel, beide über 80, leben seit Jahren in einem Messiehaus.Ich bin ihr einziger verwandschaftlicher Kontakt ( die anderen Neffen und Nichten melden sich nicht mehr) und habe versucht das Haus soweit es meine Tante zuließ, in Ordnung zu halten. Das heißt ich durfte zb Altpapier, leere Flaschen etc entsorgen, aber nicht aufräumen. Tat ich es doch, gab es Ärger. Meine Tante vermutete sofort, ich wolle ihr irgendwelche Dinge entwenden, um diese dann selber zu behalten.Dabei gibt es dort nichts Kostbares in dem Sinne.Da ich auch nicht gerade um die Ecke wohne, habe ich mich einmal pro Woche gemeldet und bin regelmässig hingefahren. Zusätzlich kümmerte sich ein Pastorenehepaar um die beiden, die einfach ab und zu bei den beiden vorbeigegangen sind und nach dem Rechten geschaut haben. Die Zustände waren auch dem sozial medizinischen Dienst bekannt, aber da meine Tante noch recht fit war und das Haus "nur" unordentlich, griff niemand ein, denn meine Tante wollte bis zum Ende in dem Haus bleiben. Den Alltag bewältigte sie noch ausreichend, also gerade so würde ich sagen. Essen ließen sich beide liefern und einmal am Tag unternahmen sie einen Spaziergang. Das größere Problem war mein Onkel, der sich kaum noch selber waschen konnte und auch schon recht wackelig auf den Beinen war. Meine Tante bekam gesundheitliche Probleme und musste deshalb einmal die Woche zu ihrem Hausarzt zur Kontrolle. Da sie immer vergesslicher wurde, was sich in den letzten Monaten immer mehr zuspitzte, nahm sie diese Termine allerdings wohl nicht mehr war, wie ich jetzt erst erfahren habe.Jedenfalls bekam ich von dem Pastorenehepaar heute einen Anruf, die beiden wären ( wohl von ihrem Hausarzt veranlasst) in ein Pflegeheim zwangseingewiesen worden. Morgen kann ich anrufen um genaueres zu erfahren. Nun wollte ich wissen, wie das ganze evt weitergehen wird, denn alleine wohnen können sie ja nicht mehr. Aber wie geht es nun weiter? Bleiben die beiden einfach dort, auch gegen ihren Willen? Kann oder soll ich mich jetzt um die Post meiner Tante kümmern, ihr vermülltes Haus selber aufräumen? Soll/muss ich mich um die Bankangelegenheiten kümmern oder wie gehe ich da am besten vor? Eine Bankvollmacht etc habe ich nicht.

Re: Onkel und Tante im Pflegeheim gelandet

Sabine, Montag, 17.09.2012, 17:18 (vor 4251 Tagen) @ silas

Hallo Silas,

Das tut mir leid für Deine Tante und Deinen Onkel. Und auch für Dich, denn Du wirst die beiden sicher sehr mögen und Du hast bisher alles gegeben um ihnen das Pflegeheim zu ersparen.

Kann so ein Hausarzt überhaupt mal eben so seine Patienten irgendwohin zwangseinweisen? Gilt es nicht, vorher nach anderen Lösungen zu suchen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen?

Noch ist es wahrscheinlich nicht zu spät. Wenn Du irgendeine Lösungsmöglichkeit realisieren kannst, versuche die beiden aus dem Pflegeheim wieder rauszuholen. Denn es ist bekannt, das Menschen mit einer Demenzerkrankung in einem Plegeheim viel schneller geistig und seelisch abbauen.

Es gibt Beratungsstellen für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen. Schau Dich mal im Internet danach um. Außerdem nach Rechtsberatung und wie das ist mit Patientenvollmachten und Vorsorgevollmachten. Solange Deine Tante und Dein Onkel noch als geschäftsfähig gelten, können sie Dir eine Vorsorgevollmacht erteilen. Formulare gibt es im Internet oder bei Krankenkassen. Mit so einer Vollmacht kannst Du eine Zwangseinweisung leichter verhindern oder rückgängig machen.

Vielleicht besuchst Du die beiden erstmal im Heim. Auch wenn sie zwangseingewiesen sind, darfst Du mit ihnen draußen spazieren gehen. Also die Gelegenheit, um mit der Tante und dem Onkel zum Haus zu fahren und gemeinsam zu entscheiden, was weggeworfen und was aufgeräumt wird. Mit dem Ziel, dass die beiden dort wieder wohnen können.
Denn das ist weiterhin möglich! Wenn jeden Tag eine Pflegerin ins Haus kommt, die den Onkel wäscht und anzieht, ist dies schon mal eine große Erleichterung für die Tante und es hat jemand ein Auge auf die Situation. Vielleicht kann dann auch zweimal die Woche oder öfter eine Putzfrau kommen. Oder vielleicht sogar eine Haushaltshilfe. Frag mal die Krankenkasse und Demenzberatungsstellen was alles möglich ist. Für die Krankenkassen ist es nämlich günstiger, Pflegedienste und Haushaltshilfen zu finnzieren als einen Heimaufenthalt.

Pass auf mit der Pflegestufe. Solange die beiden noch (mit Hilfe) zu Hause leben können, mag zwar eine hohe Pflegestufe günstiger zu sein, weil mehr erstattet wird. Sobald die beiden aber ins Heim kommen, weil es sich beim besten Willen nicht mehr vermeiden läßt, ist eine niedrigere Plegestufe besser, weil man je höher die Pflegestufe ist, auch entsprechend mehr zuzahlen muss.

Wenn Deine Tante Termine vergißt, kann sie Vertrauenspersonen bitten, sie an diese Termine zu erinnern. Vielleicht findet sich jemand, der Deine Tante zu den Arztterminen bis ins Wartezimmer begleitet. Und vielleicht kann der Hausarzt ja auch zu Deiner Tante ins Haus kommen (wenn es besser aufgeräumt ist), denn er heißt doch Hausarzt. Für fast jedes Problem das das Alter oder die Demenz mit sich bringt kannst Du (soweit es die finanziellen Mittel erlauben) Assistenskräfte einstellen. Evtl. als 400-Euro-Job. Einerseits werden zwar Pflegebedürftige und ihre Angehörigen trotz Pflegeversicherung ziemlich im Regen stehen gelassen, aber andererseits läßt sich eine ganze Menge machen. Schau mal nach Seiten im Internet zu pflegenden Angehörigen. Da sind viele mit vergleichbaren Problemen wo Du Anregungen für Lösungsmöglichkeiten finden kannst.

Vielen Angehörigen bleibt nichts anderes übrig, als zu illegalen Lösungen zu greifen. Ich kann das voll verstehen, denn die machen es ja genau deshalb, weil sie sich kümmern wollen und keine andere Lösung möglich ist.

Wenn wirklich irgendwann der Punkt erreicht ist, wo sich ein Pflegeheim nicht mehr vermeiden läßt, suche es sehr sorgfältig aus, möglichst zusammen mit Tante und Onkel. Im Internet gibt es Informationen, worauf Du achten musst und es gibt Pflegeheimbewertungsportale. Schau Dir mögliche Heime gut an. Sind die Pflegekräfte für den Umgang mit Dementen ausgebildet und ist das Heim dafür ausgestattet? So gibt es Heime, die zwar mit einer Dementenstation werben, die sich jedoch irgendwo weit abseits im Keller oder im Hauswirtschaftstrakt befindet.


Zu aktueller Post und Bankangelegenheiten: nimm die Briefe aus dem Briefkasten mit zu Deiner Tante und Deinem Onkel, wenn Du sie besuchst. Dann können sie sich (mit oder ohne Deine Hilfe) selbst drum kümmern. Wenn geklärt ist, ob die beiden zurück in ihr Haus können oder doch in einem Pflegeheim leben müssen, versuche sie schrittweise vorsichtig zu überzeugen, Dir eine Bankvollmacht zu geben. Denn sonst kann es passieren, dass sie einen offiziellen Betreuer zugewiesen bekommen. Die machen das oft gewerblich und handeln nicht immer im Sinne der Betroffenen.

Ich wünsche Dir, Deiner Tante und Deinem Onkel alles alles Gute und dass es Dir gelingt, eine Lösung zu finden, mit der die beiden noch lange zu Hause wohnen bleiben können.

Grüße,
Sabine

Re: Onkel und Tante im Pflegeheim gelandet

silas, Dienstag, 18.09.2012, 21:13 (vor 4250 Tagen) @ Sabine

hallo Sabine,

erstmal vielen Dank das du immer so schnell und vor allem so ausführlich antwortest, das ist eine große Hilfe! Danke!

ich habe nun mit der Frau vom sozial med. Dienst gesprochen, die für die Sache zuständig ist. Mein Onkel soll wohl auf einem Spaziergang zusammengeklappt und zum Arzt gebracht worden sein. Dort wurde festgestellt, das er erstens unterernährt und zweitens schon fast ausgetrocknet ist! Und das, obwohl die beiden täglich Essen nach Hause geliefert bekamen, meist sogar 2 mal täglich und genug Getränke im Haus sind. Scheinbar hat mein Onkel so gut wie nichts mehr getrunken (vielleicht seit Wochen nur noch gegessen) und da er ja dement ist, auch nie dran gedacht bzw wenn er wirklich Durst bekam sofort wieder vergessen hat, danach zu fragen oder sich etwas zu holen. Meine Tante hat uns immer gesagt, er würde trinken und alles, und das sagte sie auch in völlig klarem Zustand. Meine Tante hat eine Entzündung am Fuß, die behandelt werden muss, das hat sie allerdings einige Zeit nicht mehr behandeln lassen und nun wurden sie; zu ihrer eigenen Sicherheit- erstmal in ein Pflegeheim gebracht. Dort stellte sich nun noch schlimmeres heraus. Mein Onkel trug wohl seit Monaten dieselbe Unterwäsche- seine Fußnägel waren mit den Socken verwachsen(!) und ein Pfleger soll sich angeblich sogar übergeben haben, vor allem auch als man ihn waschen musste. Die äußere Kleidung war nicht auffällig, immer wenn wir da waren, trug er, zumindest oberflächlich, saubere fleckenfreie Kleidung. Seinen Bart, Haare und Fingernägel ließ er sich von meinem Mann schneiden( meine Tante fand ihn allerdings mit langen Nägeln und Zottelbart besser und war sogar leicht wütend, wenn wir Hand anlegten, scheinbar hat sie da schon eine völlig abstrakte Sichtweise gehabt).

Meine Tante hatte den Pflegedienst die letzten male wohl gar nicht mehr ins Haus gelassen und schliesslich sagte die Frau vom sozialen Dienst, sie käme vom Gericht und sie soll die Tür aufmachen und sie reinlassen.Da bekam meine Tante dann Angst und ließ sie rein- dann hat sie sie ins Heim gebracht. Sie dachte auch, das sich niemand mehr um die beiden gekümmert hat, da das Haus und die beiden selber ja völlig verwahrlost seien.....sie meinte zu mir, die beiden könnten wieder ins Haus zurück wenn es ihnen besser gehen würde, für sie eine Pflegestufe bestimmt sei und das Haus bewohnbar und sauber wäre. Ich bot dann an, das Haus zu putzen, sie meinte aber es müsste zuerst ein Kammerjäger rein, das sie Mäusekot gefunden hatte ( meine Tante hatte öfter mal eine Maus im Haus, aber das war auch früher schon der Fall, als das Haus noch sauber war, da sie einfach durch die offene Terassentür ins Haus kommen, meine Tante hatte deshalb immer Mausefallen aufgestellt.) Aber natürlich ist es schwer den Überblick über die Mäuse zu behalten, wenn alles vollgestellt ist und sie sich überall verstecken und vermehren können.Da wir auf den ersten Blick keinen Mäusekot bemerkt haben, muss die Dame sich schon recht gründlich im Haus umgesehen haben, auch hat sie die Kontoauszüge durchgesehen, was sie uns auch so sagte...Davon ausgehend das sie der Meinung war, das sich niemand kümmert, wohl Routine, um das ganze finanziell abzusichern, nehme ich an.

Ferner wurden im Haus bereits die Rolläden repariert, die ja alle mehr oder weniger defekt waren. Sie hat auch eine Firma beauftragt, die das ganze Haus komplett reinigt.Sie ist somit schon einige Tage im Haus tätig gewesen und zur Zeit hat sie halt den Schlüssel. Ich selber habe keinen. Die Frau will auch die Schlösser austauschen lassen; das Schloss meiner Tante ist ein Sicherheitsschloss das man von innen verriegeln kann. Das hat meine Tante wohl getan, so das der Pflegedienst, der auch einen Schlüssel hat, nicht mehr ins Haus kam- was im Notfall natürlich fatal ist...
Einerseits bin ich froh, das jetzt endlich was passiert- andererseits bin ich skeptisch. Solche Dinge kosten Geld und ich schätze mal, meine Tante hat bereits eine Bankvollmacht erteilt.....so hat man ja auch neue Kleidungsstücke angeschafft, weil man im Schlafzimmer nichts sauberes zum Anziehen gefunden hat- das Schlafzimmer muss auch komplett neu möbliert werden- die Matratzen sind voller Urin, mein Onkel hat einfach nur noch ins Bett gemacht, weil er nicht mehr dran dachte aufs Klo zu gehen und die Bettwäsche wurde natürlich auch nie gewechselt- von einem Matratzenschoner ganz zu schweigen- warum der Schrank weg soll weiß ich nicht. Die Frau meint der Schrank wäre unbrauchbar und zu unpraktisch. Genaueres konnte sie mir noch nicht sagen, sie meinte nur die Kleidung in dem Schrank wäre von Motten zerfressen. Wenn man meiner Tante gut zuredet und ihr das alles "kindgerecht" erklärt, unterschreibt sie im Grunde alles, sie ist dann nur froh das alle ja soooo nett zu ihr sind und sich kümmern und 1 Min. später hat sie längst wieder vergessen, das sie etwas unterschrieben hat.

Ich werde nicht schlau draus. Einerseits macht die Frau einen kompetenten Eindruck auf mich, sie ist auch offen und sagt was sie gemacht hat und vor hat etc, ferner hat sie den Kontakt zu mir auch begrüsst und auch gesucht- andererseits spiele ich im Grunde gar keine Rolle in diesem Spiel- frei nach dem Motte "wenn das Haus fertig ist und ihre Tante und Onkel wieder dort sind freuen sich beide wenn sie sie weiterhin regelmässig besuchen....."alles andere entscheidet sie im Grunde alleine. Zu welchem Zweck, frage ich mich- einfach damit jetzt endlich Nägel mit Köpfen gemacht wird- ohne wenn und aber??

liebe Grüße Silas

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