wo fängt Messie an und wo ist noch Normalität (Angehörige)

Rainer, Mittwoch, 17.10.2012, 17:04 (vor 4221 Tagen)

Hallo zusammen,
nach längerer Zeit des (ja, ich gebe es zu) 'mitlesens' bin ich mir mitterlweile nicht sicher, ob meine Partnerin (kennen uns seit 2009) nun eine Messie ist oder nicht.
Bislang war der Begriff für mich immer verbunden mit großen Müllhalden, Unrat, Gestank und Ungezieferbefall. So kenne ich es unter anderem noch von meiner Zivildienststelle. (Damals 1988-1990)
Nun Frage ich mich, ob ich mittlerweile überreagiere oder ob ich, ich sag mal, schleichend in einen Messie-Haushalt abgleite.
Wie gesagt, wir kennen uns seit Mitte 2009 und sind - weil einfach dieses hin-und-her zwischen zwei Haushalten mehr als unpraktisch wurde - im Mai 2010 zusammengezogen.
"Unpraktisch" war dieser Zustand auch deshalb, weil in der Wohnung meiner LG z. B. kein eigener Staubsauger vorhanden ist oder auch Wischeimer für die Fußböden im Bad etc. Wenn ein Staubsager benötigt wurde, dann wurde der immer von Ihren Eltern geholt. (Deren Haushalt ist übrigens ein kompletter Messie-Haushalt, wie ich zwischenzeitlich feststellen durfte. Selbst, wenn Renovierungen vorgenommen wurden, wie neue Bäder etc. waren diese mehr als schnell wieder verdreckt. Z. B. sind die Üblichen Handwerkerspuren, wie Schleifstaub oder die Reste vom Verfugen der Fliesen immer noch nach zwei Jahren vorhanden. Nun ja, aber das ist ein anderes Thema).
Meine LG hat in Ihrer Wohnung z. T. immer noch unausgepackte Umzugskisten von 2007, sowie z. B. die Spülmaschine (vom Vermieter gestellt) mit allerlei Kram belegt. Zuerst dachte ich, na ja, die genannte Arbeitsbelastung ist die Hauptursache für diese fehlende Kraft, mal wieder klar zu kommen. Sie ist Oberärztin der Neuroradiologie in einem Krankenhaus hier; Stellenmäßig total unterbesetzt. VOn 7 Stellen sind nur 2 besetzt, aber die Arbeit wird - ist ja immer im Sinne der Patienten - trotzdem irgendwie geschafft. Sprich mit 10-14-Stunden-Arbeitstagen. (Klar, wäre ich Chef und die Arbeit wird trotzdem geleistet, würde ich mir auch die noch 5 fehlenden Kräfte und Kosten einsparen.)
Aber so stapeln sich nun Zeitschriften, Briefe, Schriftwechsel, Fachliteratur über Fachliteratur zunächst auf dem Schreibtisch. Und nachdem die Stapel wg. des Fensterputzers mal beiseite geräumt werden mussten, liegen diese nun im Wohnzimmer unter dem Schrankt, und aus den ursprünglichen 5 Stapeln à 30 cm sinds in den letzten vier Monaten 14 geworden.
Begleitet von Medikamenten-Depots in den Küchenschränken, in unzähligen Plastiktüten in allen Zimmern. Und damit alles "geschützt" ist und nicht verstaubt, immer jeweils in drei bis vier Plastiktüten mehrfach eingepackt. Der Kleiderschrank quilt über voll voller Tüten (soll ja sauber bleiben).
Zwischenzeitlich weiß ich nicht mehr, wie ich dieser Flut Herr werden soll. Ich finde in den Unterlagen Werbebriefe von 2009, zum GLück (noch) keine unbezahlten Rechnungen. Wenn wir bei Ihren Eltern sind, dann ist dort im 'Computerzimmer' (verdient den Namen nicht mehr) und ihrem ehem. eigenen Zimmer überall Berge von Unterlagen, Briefen und Fachliteratur. Briefe vom Stromversorger, Werbepost von Payback etc. , zum Teil mit Datum 1996.
Der - von Ihr auch mehrfach - bestätigte WUnsch, aus den zwei WOhnungen eine zu machen und uns auf eine Haus- oder WOhungssuche zu begeben, hatten wir Ende 2010 begonnen. Allerdings sucht Sie nicht mit, sondern wartet, was ich über div. Portale finde. Zwischenzeitlich habe ich mich wieder abgemeldet und warte nun drauf, ob sie was merkt bzw. sich mal beteiligt. Div. Gespräche dazu verliefen immer mit den Antworten 'Wann soll ich das tun, ich arbeite doch bis spät' etc. etc. Meist endet alles mit einem "Ja, ich versprechs, ich kümmer mich drum." Diese Aussagen verlaufen allerdings - wie ich in den letzten 2 bis 2,5 Jahren feststellen musste - immer im leeren.
Mittlerweile komme ich mir eher vor, statt einer Partnerin als Gleichwertig gegenüber zu haben, selbst als Lebensberatung tätig zu sein. Da lässt sich die bislang (noch?) vorhandene Liebe schwer aufrecht erhalten.
Fast wäre es schon mal zur Trennung gekommen. I. R. der Wulff-Affäre durfte ich mir fast regelmäßig anhören, dass a) die Wessis 'uns' alles genommen haben, und denen sollte man auch mal alles wegnehmen (Sie Berlinerin aus Köpenick, ich aus NRW) bis hin zu b) die Banker sind alles Verbrecher, die sollten in den Knast, schließlich sind diese ja Schuld an der Staatsverschuldung. (als Mitarbeiter einer Sparkasse kommt das gut bei mir an.)
Ich kämpfe aktuell sehr mit mir, möchte aber nicht jemanden einfach so wegstoßen. Noch dazu, da ihr damaliger Freund vor 14 Jahren an Krebs verstorben ist, was bei einer Ärztin natürlich doppelt schlimm ist, nicht helfen zu können.

Tja, nun hab ich doch deutlich mehr geschrieben, als ich überhaupt vor hatte. Vielleicht ist ja auch mal ein rauslassen gut. Aber die Frage für mich bleibt, ob ich zu 'eng' denke und zu penibel bin, oder ob - und wenn ja wie - ich gegen dieses Verkramen und langsames Vermüllen angehen kann.
Grüße aus Berlin, R.

P.S.: Die bisherige eigene WOhnung hat sie übrigens immer noch behalten. Es wird zwar dauerhaft über überhöhte GEZ-Gebühren geschimpft, die vierteljährlich zu zahlen sind und mit der staatlichen-kapitalistischen Abzocke verglichen, aber die 470 € pro Monate Miete für eine 'leere'=ungenutzte Wohnung werden immer als, "ja, ich kümmer mich bald drum, aber Du siehst doch wieviel ich arbeiten muss" abgetan.

Danke für's mitlesen.

Re: wo fängt Messie an und wo ist noch Normalität

anna, Montag, 29.10.2012, 10:58 (vor 4209 Tagen) @ Rainer

hallo Rainer,

also ich finde auf jeden Fall, dass du es zu eng siehst. Du schreibst nur was nicht funktioniert, aber du solltest dich auch mal fragen, ob du deine Partnerin überhaupt noch liebst. Ich finde es ganz normal, das in einer guten Partnerschaft die Aufgaben verteilt werden, und zwar danach wieviel Zeit der jeweilige Partner zu Hause verbringt und was ihm liegt und Spaß macht. Mein Mann zb hat keinen Spaß daran, Papiere wegzuheften, ich dagegen habe damit keine Probleme und mir macht es Freude das Ordnungssystem bei den Papieren immer mal wieder zu optimieren. Also verwalte ich unseren ganzen Papierkram. Wenn ich nun 10 Std außer Haus bin weil ich arbeite und mein Mann ist früher zu Hause, ist es selbstverständlich für ihn, das er wichtige Aufgaben mit übernimmt. Wenn er mehr Zeit hätte, würde er nach Wohnungen schauen und überall anrufen, und wenn ich mehr Zeit hätte würde ich das tun. Man muss ja nicht alles gemeinsam machen. Ich übernehme zb sämtliche Telefonate mit Behörden und eben allem was anliegt, weil mein Mann nicht gerne telefoniert. Ich kaufe nicht gerne ein und mein Mann hat Spass daran ( obwohl es ja meist andersrum ist)- also kauft er ein. Und so machen wir das mit allem. Mein Mann ist jemand, der eine einzelne Aufgabe besser und schneller bewältigen kann als ich , weil er körperlich fitter ist. So putzt er das komplette Bad schneller und gründlicher, ich würde dafür den ganzen Tag brauchen und schnell aufgeben. Oder er macht unser Grundstück an einem Tag picobello. Was ich auch nicht könnte. Dafür ist er wieder jemand, der gerne alles liegen lässt und dem man alles hinterher räumen muss. Er nimmt zT gar nicht wahr, wenn es unordentlich ist oder wird. Daher räume ich jeden Tag alles auf, weil ich damit widerum keine Probleme habe und es auch meistens gerne tue. Es ist, wie du siehst, also ein nehmen und geben. Wenn deiner Freundin die Papiere nicht liegen, dann biete ihr doch an, dich darum zu kümmern und ein System zu erstellen, alles einmal richtig abzuheften, so das man alles schnell wiederfindet.Ich weiß ja nicht ob und wie lange du arbeitest. Aber bei einem 10-14 Std Tag kann man einfach nicht mehr, da fehlt auch die Motivation sich auch noch um den Haushalt zu kümmern, das kann ich absolut verstehen. Und ich finde, ihr solltet euch gegenseitig Arbeiten abnehmen statt immer nur in "deine Sachen" und "meine Sachen" aufzuteilen.Ich bin jetzt 22 Jahre mit meinem Mann zusammen, es gab immer Höhen und Tiefen. Und natürlich haben wir auch viel Zeit mit dem Streitthema "Haushalt" verschwendet. Das ist ein langer Lernprozess, das man die Schwächen des Partners akzeptieren lernt und einfach mal die Unordnung mit wegräumt. Dafür macht der Partner dann wieder andere Dinge, die dem anderen widerum nicht so liegen und ihn entlasten.Und wir haben wirklich viel durch, auch Schicksalschläge. Meinungsverschiedenheiten wegen unterschiedlichen politischen oder sonstigen Meinungen? Das ist lächerlich. Wegen sowas trennt man sich doch nicht. Die Basis ist immer noch Liebe und alles andere findet sich.

Re: wo fängt Messie an und wo ist noch Normalität

Violine, Freitag, 30.11.2012, 19:22 (vor 4177 Tagen) @ anna

Hallo Anna,

ich will Dir nicht zu nahe treten. aber ich glaube, Du weisst nicht, wie ein Messie tickt.
Ich will es mal so sagen: Ein Raum (analog Wohnung/Haus) hat eine feste Größe/Kubikmeter Rauminhalt.
Es gibt in den üblichen Haushalten irgendwo einen Stauraum für Gerödel oder Sachen, die man nur selten braucht.
Der große Rest ist der Ort, wo man wohnt und sich hoffentlich wohl fühlt.
Bei einem Messie gibt es aber irgendwann keinen Wohnraum mehr, aller Platz wird für die vielen sich ansammelnden Sachen gebraucht.
Und die schiere Masse verhindert, dass man das noch irgendwie verwalten oder in Ordnung halten kann. Und von "wohnen" oder gar sich wohl fühlen kann man dann nicht mehr reden.

Dass man sich in einer Partnerschaft die Aufgaben teilt und jeder das tut, was er/sie gut kann, halte ich für selbstverständlich.

Ein Messie schafft es so schnell, Unordnung zu machen, alles liegen zu lassen, dass man kaum noch zu was anderem kommt, wenn man das in Ordnung halten will.
Ich nenne das Zusammenleben mit meinem Mann mittlerweile "betreutes Wohnen".

LG

Re: wo fängt Messie an und wo ist noch Normalität

anja, Mittwoch, 26.12.2012, 20:50 (vor 4151 Tagen) @ Rainer

Hallo, Rainer,
um festzustellen, ob sie ein Messie ist,
biete ihr an,
ihre liegengebliebene Post für sie/mit ihr durchzugehen,
und dabei veraltete Werbebriefe und ähnliches wegzuwerfen.
Wenn sie die Hilfe annimmt,
und tatsächlich einiges ins Altpapier wandert,
und die Verbesserung einige Zeit sichtbar bleibt,
ist sie nur überlastet, schlecht organisiert, unordentlich.
Das wird sie aber vermutlich bleiben.
Solche Arbeitszeiten sind in dem Bereich üblich.
(Neiiin, das sind keine Arbeitszeiten, sondern bloß Dienste und Hintergrunddienste und Rufbereitschaften...)
Gruß, anja

Re: wo fängt Messie an und wo ist noch Normalität

Bea, Donnerstag, 10.01.2013, 00:29 (vor 4136 Tagen) @ Rainer

Hi Rainer, bist Du noch in diesem Forum? Ich habe ein änliches Problem mit meinem Freund. Auch wenn es "richtig schlimme" Messies gibt, so verstehe ich, dass das von Dir geschilderte Ausmaß an Unordnung und Stapeleien bzw. das Verhalten deiner LG auch belastend für Dich ist. Grüße Bea

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