Wie gegen die Hilflosigkeit ankämpfen? (Angehörige)

Sirius, Freitag, 11.01.2013, 20:23 (vor 4134 Tagen)

Ich hab hier lange ihm Forum gelesen und auch auf anderen Seiten und bin irgendwie zu der ernüchternden Erkenntnis gelangt, dass man einem Messie nicht helfen kann. Auch wenn er sich selbst nicht wohl fühlt.

Wenn eine geliebte Person ein Problem äußert, dann ist es normal helfen zu wollen. Bei vielen Problemen hilft Zuhören, guter Zuspruch oder eine konkrete Hilfestellung. Oft hilft es auch, wenn die Aufgaben der betroffenen Person löst, wenn sich diese nicht Imstande fühlt.
Bei vielen Messies ist es aber so, dass solche Versuche als Bevormundung verstanden werden und/oder mit Wut und Scham verbunden sind. Aber was kann man tun um einen - sich unwohl fühlenden - Messie zu unterstützen?

Zu meiner Geschichte:
Meine Mutter ist ein Messie, als Kind dachte ich, sie wäre nur ein wenig unordentlich und damals gab es nur ein "Wurfzimmer" in dem eben Unordnung herrschte. Jedoch wurde das alles schlimmer während meine Mutter (alleinerziehend und voll berufstätig) sich um ihren schwer kranken Bruder kümmerte. Nachdem er gestorben war, hatte die Unordnung schon lange Überhand genommen und sich mittlerweile auf alle Räum des Hauses ausgebreitet. Ein Raum ist gar nicht mehr zu begehen, die anderen sind mit Trampelpfaden (mit einigen Hürden) verbunden.
Wärend meiner Teenager-Zeit habe ich mehrere alleinige Ausmist-Versuche unternommen, die immer in einem gewaltigen Streit geendet haben. Nur um die "wer entscheidet was wichtig ist" Frage gleich aus dem Weg zu räumen, muss ich sagen, dass ich immer versucht habe den Kühlschrank von abgelaufenen Lebensmittel zu befreien - und nicht mit einer "oh einen Tag drüber" - Mentalität. Also wirklich seit Monaten abgelaufen.

Vor ein paar Jahren wurde das Problem noch größer, als sich meine Mutter eine Wohnung kaufte. Leider haben die Vorbesitzer ihr ganzen Hab und Gut dort zurück gelassen und meine Mutter ist auch nicht in der Lage, diese Dinge zu entsorgen. Sie würde sich auch nicht mit den Vorbesitzern oder zB. einer Wohlfahrtsorganisation in Verbindung setzen um die Wohnung räumen zu lassen. Mit der Zeit wurde auch die Wohnung als weiterer Stauraum wahrgenommen und so wird sie von meiner Mutter weiter zu gestellt. Oft sagt sie, sie hätte keine Zeit um etwas zu entsorgen und darum packt sie es erstmal in eine Kiste, damit sie irgendwo - vorübergehend - aus dem Weg ist. Dadurch findet umso mehr, nicht mehr zu verwendende und unsortierte Utensilien weg in die neue Wohnung. Bis heute ist meine Mutter nicht in die Wohnung gezogen und bewohnt immer noch das Haus.

Vor einigen Monaten war ein erster Erfolg, als meine Mutter die Tageszeitung abgemeldet und sich nur für die Wochenendausgabe entschieden hat (auch wenn sie diese genau so wenig liest, häuft sich der Papierstapel nicht so an). Auch im Bad hat zumindest eine "Ordnungs"-Aktion statt gefunden, auch wenn die gefüllten Säcke nie den Weg aus dem Haus gefunden haben. Es ist schon seltsam wenn man sich über solche Dinge freut
Aber mittlerweile halte ich es einfach nicht mehr aus, ich würde mir wünschen, dass sie einen Weg in ein ordentlicheres Leben findet, da sie selbst sagt, sie sei unzufrieden. Aber öfter kommen jetzt Sätze hinzu wie, bei meiner Kollegin sieht es auch so aus, da kann man nirgendwo sitzen. Auf mich wirkt es, als würde sie ihr Chaos dadurch als erträglicher erachten, weil anderen eben auch die gleichen Probleme haben.
Ich wohne zwar nicht mehr wirklich zuhause, aber ich empfinde die Unordnung als sehr belastend. Auch möchte ich mich nach gut 15 Jahren Messie-tum (davor Unordnung) nicht mehr über jeden kleinen entsorgten Schnickschnack freuen müssen (also als positive Verstärkung - nicht wirklich empfundene Freude), da mehr Zeugs rein kommt, als verschwindet. Da meine Mutter auch gerne einkauft und öfters vergisst für bestimmte Anlässe schon etwas gekauft zu haben. Auf der einen Seite möchte ich mich dem nicht mehr aussetzen, weniger vielleicht der Unordnung, als der Weigerung etwas dagegen zu tun und alles zu vermeiden was in diese Richtung ginge. Ich finde die Hilflosigkeit und Abwärtsspirale als sehr erschöpfend. Auf der anderen Seite möchte ich natürlich meine Mutter nicht verlieren - da sie außer mir keine Familie mehr hat und auch soziale Kontakte teilweise unter ihrer Situation gelitten haben. Also einfach ganz Ausziehen und mich nur mehr von ihr besuchen lassen und sie alleine in ihrem Chaos versinken zu lassen sehe ich nicht als Option.

Hat jemand von euch Erfahrungen was man sich als Messie von seinen Angehörigen wünscht?
Habt ihr selber Erfahrungen gemacht, die euch einen Schritt näher zu einem ordentlichen Leben geführt haben?

PS: Ich weiß schon was die typischen Fehler sind, auch wenn ich viele davon immer mal wieder gemacht habe und noch mache. Aber ich bin auch nur ein Mensch und mir wird ja auch eine Lebenssituation aufgezwungen die ich nicht verändern und auch nicht wirklich verlassen kann. (Da auch durch eine räumliche Trennung sich das ganze auf meine Psyche auswirkt).

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