Hilfe - mein Mann ist ein .... Messi (Angehörige)

Kathrin, Dienstag, 18.02.2014, 10:08 (vor 3732 Tagen)

Ich kann es noch gar nicht richtig aussprechen, aber es muß wohl ein Messie sein. Ich bin seit 9 Jahren mit ihm zusammen. Mittlerweile liegen meine Nerven blank. Ich komme nicht hinterher mit dem Aufräumen, dem Erinnern, dem Motivieren dem, heute hab ich ein Neues Wort kreiert: DAS MUT-IEVIEREN. Ich rede und rede, ich mache und tue, ich ignoriere und schlucke, ich schreie und weine, ich verliere sie Kraft, den MUT weiter zu machen. Ich liebe meinen Mann und möchte gerne mit ihm zusammenbleiben, aber er macht es mir immer schwerer. Ich habe bestimmt auch miene Eigenarten und schlechten Seiten, mit denen er auch leben will kann muß, aber .... ich habe keine Kraft mehr dazu. Was kann, was muß ich tun, was für Möglichkeiten habe ich, ihm weiterzuhelfen ??? Er macht zu, versteckt sich hinter Ausreden, Erklärungen, fadenscheinige Erklärungen, die mich nur noch wütender machen und mich zum schreien oder weinen bringen. Er gibt es nicht zu, dass er ein Messi ist. Ja ich weiß, natürlich nicht, weil er noch nicht so weit ist und sich nicht für einen hält. Bei ihm sieht es ja noch lange nicht so aus, wie bei den Messies im Fernsehen. Also ist er auch keiner. Oh man. ICH WEISS NICHT MEHR WEITER. Habt ihr für mich Tips ???

Re: Hilfe - mein Mann ist ein .... Messi

Wolfram, Samstag, 22.02.2014, 21:15 (vor 3728 Tagen) @ Kathrin

mir fällt dabei ein, warum er Ausreden erfinden muß. Fühlt er sich überfordert, sind die Ansprüche zu hoch? Erklärungen gebe ich auch gerne, damit mein Gegenüber die Gründe kennenlernt. Mir scheint da ein Kommunikationsproblem vorzuliegen. Warum mußt Du immer alles wegräumen? Ist das Deine Aufgabe und fühlst Dich überfordert oder machst Du das freiwillig und überforderst Dich damit selbst? Warum kannst Du die Sachen nicht einfach liegenlassen? Womit hast Du da ein Problem?

viele Grüße
Wolfram (Messie)

Re: Hilfe - mein Mann ist ein .... Messi

Violine, Freitag, 02.05.2014, 19:08 (vor 3659 Tagen) @ Wolfram

Also Wolframs Antworten sind wenig hilfreich. Anscheinend hat er den Punkt immer noch nicht verstanden. (Nix für ungut...)
Mit Struktur lebt es sich leichter. Die Dinge haben ihren Platz, wo man sie jederzeit wiederfindet, keine Sucherei. Man kann freien Schrittes durch die Wohnung gehen, ohne über etwas drübersteigen zu müssen oder an was anzustoßen. Vor allem dann, wenn man z.B. mit einem vollen, schweren Wäschekorb durch die Gegend läuft und den Fußboden nicht sehen kann, seinen Weg also quasi blind finden muss. Ich bin schon etliche Male gestürzt, weil plötzlich Dinge auf dem Boden lagen, die Stunden oder Tage zuvor noch nicht dort lagen - mitten im Weg. Reine Glückssache, dass ich mich noch nie ernsthaft dabei verletzt habe. Zugespitzt könnte man sagen, Messietum ist versuchte oder tatsächliche Körperverletzung an anderen.
Das Auge (und die Aufmerksamkeit) werden nicht abgelenkt von SACHEN (Kram, Zeug). Wenn ein Messie meint, dass der Partner halt auch aufpassen muss, dann ist er nicht reif für eine Beziehung, sondern gehört ins betreute Wohnen.
Solange ein Messie vor sich alleine hinwest, ist das allein sein Problem. Aber wenn eine Beziehung ins Spiel kommt, ändern sich die Bedingungen grundlgend. (Es sei denn, man trifft auf einen anderen Messie.)

Aufräumen und putzen alleine nützen überhaupt nichts, diese Freude währt nur sehr kurz. Ein Messie muss ergründen, wo (im seelischen, in der Vergangenheit) das Chaos herkommt, muss sich mit den Ursachen konfrontieren (schmerzhaft, meistens). Vorher ist keine Änderung möglich.

Liebe Kathrin, Du kannst wenig bis gar nichts tun. Du musst Dich innerlich und äußerlich abgrenzen. Zum Selbstschutz! Das kann eine räumliche Trennung bedeuten. Oder mach es wie ich/wir. Mein Mann hat im Haus einige Räume für sich, die sind das Grauen. Eigentlich völlig unmöglich, weil unbenutzbar (die Begriffe "wohnen" und "leben" will ich erst gar nicht dafür benutzen).
Wenn er in den anderen, gemeinsamen Räumen Sachen rumliegen lässt, schaue ich mir das eine Weile an. Bitte ihn höflich und ohne Vorwürfe, eben ganz normal, darum, die Sachen wegzuräumen. Das wiederhole ich alle paar Tage. Und irgendwann kann ich es nicht mehr sehen. Dann nehme ich mir eine leere Kiste (Karton), sammle alles ein und schaffe die Kiste in die Chaosräume. Irgendwann werden die Räume bis zur Decke vollgestapelt sein, dann muss man überlegen, wie es weitergehen kann. Aber stelle Dir jetzt keine Stapel von Kisten vor. In den Kammern des Schreckens liegt alles kreuz und quer, dann kippt auch schon mal ein Karton um und der Inhalt liegt auf dem Boden oder sonstwo und das bleibt dann auch so. Man müsste eigentlich ein Wort erfinden, das noch stärker ist, als "Chaos". Es ist einfach unbeschreiblich. Und ich denke mir, die Beklemmungen, die man bekommt, wenn man sich das so von außen anschaut, dieser völlig überfordernde Zustand, so ähnlich muss sich der Messie innerlich fühlen. Manchmal möchte man einfach nur noch laut schreiend und/oder verzweifelt davonlaufen.
Ein "normaler" Mensch ist Herr über seine Dinge, beim Messie ist es umgekehrt.

Und: Um eine Ausrede ist ein Messie nie verlegen, selbst wenn sie noch so absurd ist. Es bringt überhaupt nichts, mit so einem Menschen zu argumentieren. Man kann nur handeln.

So bitter es ist - ich denke, dass ein Messie im Zweifelsfall, wenn er vor die Wahl gestellt würde, seinen Gegenständen (und deren chaotische Ansammlung) den Vorzug vor jedem anderen Menschen geben würde. Er trennt sich lieber von seinen Freunden, Bekannten, Ehepartnern, als von seiner Krankheit. Und das ist keine Übertreibung. Mach Dir also keine Illusion. Erst kommen die Dinge und deren Anhäufung und Menschen kommen erst lange danach. Wenn Du damit leben kannst (also noch ein anderes, eigenes Leben hast), wenn Du noch etwas anderes hast, was Dich trägt, irgend ein soziales Netz, kannst Du mit Deinem Mann weiter leben. Wenn nicht, musst Du eigene Wege gehen, oder dich zumindest räumlich trennen.
Ich weiss, man hofft als Partner immer, dass es irgendetwas gibt, einen psychologischen Kniff oder so, der die Situation verändern könnte. Das gibt es aber nicht. Nur der Messie selbst kann etwas ändern. Und wenn er das nicht will, bleibt Dir nur die Kapitulation. Das ist hart. Wenn ein Messie einsieht, dass er ein Problem hat, heisst das noch gar nichts. Mein Mann spricht das ganz offen aus. Er ist einsichtig. Aber das ändert trotzdem erstmal nichts, muss nichts heissen.
Bedauernd, Dir nicht helfen zu können, sende ich Dir liebe Grüße

Re: Hilfe - mein Mann ist ein .... Messi

Suter Groß Sandra, Mittwoch, 07.05.2014, 15:42 (vor 3654 Tagen) @ Violine

Hallo, in Antwort zu diesem sehr guten Beitrag:
mein Mann ist auch ein Messie und wir sind seit 21 Jahren verheiratet. 10 Jahre lang haben wir zusammen gelebt und ich habe mehr oder wenig es geschafft den Garten und unsere Räume (das Zimmer meiner drei Kinder, mein Zimmer, Küche, Badezimmer und W-C)ungefähr sauber und ordentlich zu halten aber es war ein Dauer- Marathon. Die Zimmer meines Mannes wurden immer voller,wa soviel bedeutet wie, dass er ein Zimmer nach dem anderen voll gestopft hat und als eins voll war hat er das Nächste bezogen.

Sein Haus ist nicht klein (9 Zimmer) aber irgendwann fühlte er sich in die Enge gedrängt, wir 4 in 2 Zimmern nahmen ihm zu viel Platz weg und er begann gewaltätig zu werden, nicht aus Bosheit sondern, weil ihm einfach Platz fehlte.
Ich bin dann mit den drei Kindern umgezogen, dann gab es mal Ruhe.
Er konnte seinen Reich allein in Besitz nehmen und nach 13 Jahren Trennung ist sein Haus vom Keller bis zum Dachboden, Badezimmer, Küche, W-C so voll, dass er selber kaum durchkommt.

Nicht einmal die Probleme, die er nach seinem Schlaganfall allein zu bewältigen hatte, haben seine Einstellung und seine Gewohnheiten ändern können. Auch Geldprobleme übersieht er genauso wie seine "Super-Ordnung".

Zerrissen zwischen ihn für alle Ewigkeiten in seiner Hölle schmorren zu lassen und einfach weiter da sein, weil er sonst keinen Kontakt zu seinen Kindern haben kann (bis auf telefonische Gespräche), frage ich mich jeden Tag was zum Teufel einen Mensch so weit treiben kann, sich in seinen eigenen angesammelten Müll einzugraben.

Natürlich zählt er auf unsere Liebe und es ist auch für ihn selbstverständlich, dass wir ihn so annhemen wie er ist. Alles andere ist undenkbar. Das Einzige was mich persönlich hilft, ist immer wieder seine guten Seiten zu sehen und hervorzuheben. Trotz dieser Lage hat er ein paar Freunde, die ihn regelmäßig besuchen (Hut ab).

Für seine Kinder ist es natürlich nicht leicht aber sie sehen auch seine Stärken und halten Distanz zu seinen Schwächen (bzw.besuchen ihn selten in seinem goldenen Palast). Wenn die Liebe stärker ist, kann man ziemlich alles überleben aber wenn die Zweifel die Oberhand nehmen soll man wirklich immer mehr Distanz nehmen um wieder zu sich zu finden. Wenn ein Angehörige eine andere Krankheit hat, macht man das ja auch.

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