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Liebe Vici,

tatsächlich haben Deine Essie-Tagebücher mich sehr ermutigt, hier mitzuschreiben.

Wenn ich in mir einen Widerstand dagegen spüre, mir genau anzugucken, was ich mit dem Essen gerade mache, wenn ich das Essen und/oder Nicht-Essen und/oder Wiegen und/oder Kalorienzählen benutze, um meinen Kopf beschäftigt zu halten, damit meine Gedanken und Gefühle sich nicht in Bereiche verirren, wo das Weitergehen extrem schmerzhaft wird ... genau dann muss ich der Beschäftigung mit dem Essen Zügel anlegen.

Ein klarer Essplan (in maximal 15 min erstellt) und feste Mahlzeiten helfen mir dann, die Gedanken und Gefühle vom Essen fern zu halten und meine Aufmerksamkeit dahin zu lenken, wo ich wirklich drauf achten, etwas sagen oder tun sollte. Wenn dann wieder Essgedanken in mein Hirn schleichen, kann ich sie mit einem Blick auf die Uhr verscheuchen: "Jetzt nicht!" Hochinteressant ist dann der letzte oder vorletzte Gedanke, den ich vor dem Impuls, mein Gewicht zu prüfen, etwas zu essen oder über einen neuen (genialen perfekten ...) Essplan nachzudenken, hatte. Da geht's dann nämlich wirklich lang ...

Die Esssucht ist dabei, ebenso wie das Chaos, ein höchst wertvoller Befindlichkeitsseismograf für mich. Wenn meine Gewicht steigt, wenn ich erschrecke beim Anblick meiner häuslichen Umgebung und ganz besonders: Wenn ich mich schäme, wie ich aussehe oder wie es hier aussieht - dann stimmt etwas nicht. Und dafür, was dann wirklich anliegt, bekomme ich am besten den Blick frei, wenn ich mir für's Essen ebenso wie für's Chaos einen Plan mache: 1 Stunde BB plus 20 Minuten ALA als Tagesziel haben sich bei mir ebenso bewährt, wie der Vorsatz: 3 Mahlzeiten am Tag plus eine halbe Stunde freudige Bewegung. Beides wirkt ... hier wie da ...

Ach ja, und noch eine Methode habe ich bei mir identifiziert, die mich vom sehen und tun, was bei mir gerade wirklich dran ist, abhält: Das nutzlose Grübeln über die Vergangeheit: Nichts, niemand, keine Macht der Erde kann ändern, was vor einer Minute, gestern, vorige Woche oder vor einem Jahr passiert ist. Gedanken wie "Hätte ich doch ..." oder "Ich hätte tun (lassen, wissen, verhindern, sagen, verschweigen ...) sollen ..." sind bei mir eine Einbahnstraße in die Depri. Mein Leben ist, wie es ist. Aus den Fehlern der Vergangenheit kann ich lernen, wenn sie überhaupt für etwas gut sein sollen. Die meisten Fehler, die ich gemacht habe, waren einfach nur ärgerlich und sie waren fast immer unvermeidbar - ohne das Wissen und die Erfahrung, die ich heute habe.

Für meine Gegenwart und Zukunft heisst das: Ich darf neue Fehler machen, aus denen ich lernen kann - aus den alten Fehlern habe ich bereits gelernt. Die darf ich jetzt loslassen. Wenn es so aussieht, als machte ich immer wieder denselben Fehler, habe ich vielleicht noch nicht das Wichtigste für mich daraus gelernt. "Was kann ich in Zukunft tun, wenn ich wieder in eine ähnliche Situation komme?" oder "Wie kann ich in Zukunft vermeiden, immer wieder in solche Situationen zu geraten?" sind sinnvolle Gedanken, wenn ich sie ab und zu denke und mich tatsächlich ernsthaft bemühe, meine neuen, anderen Verhaltensweisen auch zu nutzen.

Die enorme Energie, die bei mir frei wird, wenn ich meine Gedanken und Gefühle, die (mit der Vergangenheit, meiner Unzulänglichkeit, meinem Essen, Körpergewicht oder dem nicht enden wollenden Chaos) beschäftigt, sinnlos im Kreis liefen, zielstrebig für mich und meine aktuellen und wahren Bedürfnisse und Ziele einsetze, verblüfft mich immer wieder. Mit "60 + 20, BB + ALA" bzw "3 x täglich + 30 Minuten" weiß ich, dass ich genug tue, um meinen Gesundheitszustand und meine Umgebung dauerhaft zu verbessern. Mehr brauche ich an den allermeisten Tagen nicht zu tun. Mehr darf ich auf diesen Gebieten gar nicht tun, denn wenn diese Gebiete dauerhaft mehr Zeit, Kraft und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, diente das bisher stets der Ablenkung.

Dafür kann ich Dir und allen anderen, die sich hier und im Messie-Forum immer wieder gegenseitig so ausdauernd gegenseitig unterstützen, gar nicht genug danken! Es tut mir gut, zu lesen, dass Du Dich mit mir freust!

Eine wohltuende Woche wünscht Dir und allen Mit-(M)Essies herzlichst

Schlumpfine (heute mit BMI 43,2)