WHO empfiehlt max. 10% der Nahrungsenergie in Form von Zucker zuzuführen ((M)Essies)

Schlumpfine, Mittwoch, 29.12.2004, 11:29 (vor 7068 Tagen)

Diese Empfehlung haben die internationalen Lebenmittelkonzerne damit beantwortet, dass sie die US-Regierung dazu bringen wollte, der WHO (World Health Organisation = Weltgesundheitsorganisatin, eine Einrichtung der UNO wie Unicef u. a.)die Mittel zu streichen. Diese und andere "Nettigkeiten" beschreibt Marion Nestle, 68, eine Ernährungswissenschaftlerin an der New York University in Manhattan in ihrem Buch <a href=http://www.buch.de/buch/04407/263_food_politics.html>Food Politics[/link].

Es tut gut, nun auch von seriösen Wissenschaftlern zu lesen, was mir zuvor nur in polemischer Filmform bekannt war - und was ich am eigenen Leibe als zutreffend spüre.

"Iss weniger, beweg Dich mehr und verzehre viel Obst und Gemüse!" fasst Frau Nestle ihren Ratschlag für Menschen, die schlank werden bzw. bleiben wollen, knapp zusammen. Aber sie leugnet auch nicht den Einfluss der Gene auf das individuelle Körpergewicht:

"Dass ich immer noch so wenig wie in der High School wiege, liegt zum Teil an meinen Genen und zum Teil daran, dass ich mitten in New York lebe. Ich habe kein Auto und gehe überallhin zu Fuß. Aber eines ist ganz entscheidend: Wenn ich nicht hungrig bin, dann esse ich einfach nicht. Ich probiere alles und esse nur das, was mir schmeckt - aber eben nicht zu viel. Und ich kontrolliere mein Gewicht ziemlich genau mit der Waage." ist ihr Schlusswort in dem Kurzinterview aus dem SPIEGEL vom 27.12.2004: <a href=http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,334298,00.html>"Angriff der Zuckerlobby"[/link].

Interessant auch die Reaktion der <a href=http://www.ernaehrgesund.de/news/lobbyweizen.html>Weizenlobby[/link] auf die geänderte Nahrungspyramide: Ein sog. "Bildungsprogramm" für Ärzte und Ernährungsberater mit dem Inhalt, dass nicht der Verzehr von Kellogs Produkten zur Fettleibigkeit führe, sondern Überessen und Bewegungsmangel.

Diese "Belehrungen" - mit denen Du, liebe Krimhild uns hier ja auch schon beglückt hast - entbehren nicht einer gewissen Logik, lassen jedoch die suchterzeugenden Eigenschaften leichtverdaulicher Kohlenhydrate und die suchttypische vollkommene Unfähigkeit, das als richtig erkannte (wer würde Frau Nestles Tipp, weniger zu essen, sich mehr zu bewegen und mehr Obst und Gemüse zu essen, ernsthaft widersprechen wollen) auch tatsächlich zu tun, völlig außer Acht.

Gesunde Menschen, die keine manifeste Sucht kennen, tolerieren sicherlich geringe Mengen Alkohol, Zucker o. ä.

Für Alkoholkranke und/oder Zuckersüchtige (Tablettenabhängige, Heroinsüchtige etc.) gibt es keine Toleranzgrenzen. Das Suchtgedächtnis arbeitet so präzise, wie das Immunsystem: Wer als Kleinkind Masern hatte, dessen Körper wird auf jeden weiteren Kontakt mit den Erregern eine Reaktion zeigen, die anders ist, als die eines Menschen ohne frühere Erfahrungen (Erkrankung oder Impfung). Was im Umgang mit Krankheitserregern hilfreich ist, ist im Umgang mit potenziell suchtauslösenden Stoffen unter Umständen gefährlich. Doppelt gefährlich, wenn die Gefahren von speziell "gebildeten" Fachleuten geleugnet und/oder verharmlost werden. Und geradezu kriminell, wenn die Urheber solcher "Schulungen" wider besseres Wissen - und nicht arglos im guten Glauben, wie man es den "Belehrten" unterstellen darf - handeln.

Ich gönne jedem Gesunden sein Dessert und/oder den Zucker im Kaffee. Über Geschmack kann man nicht streiten. Aber ich ärgere mich, wenn geleugnet wird, dass "Zucker im Kaffee" oder "Eis zum Nachtisch" durchaus vergleichbar ist mit dem gewohnheitsmäßigen "Cognac im Kaffee" bzw. der unverzichtbaren "Zigarette zum Kaffee" oder dem/der regelmäßigen "Schnaps bzw. Zigarette nach dem Essen". Dass harmlose Speisen und Getränke durch das Hinzufügen von Alkohol ihre Harmlosigkeit einbüßen und - ebenso wie das passive oder aktive Zigarettenrauchen - für Kinder ungeeignet sind, hat sich bis in weite Bevölkerungskreise herumgesprochen.

Wer jedoch versucht, Kindern (oder Erwachsenen) die nachgewiesenen Gefahren von Süßwaren nahezubringen, steht als Spinner und ideologischer Kinderquäler am Pranger, der den lieben Kleinen harmlose, selbstverständliche und unverzichtbare Wohltaten (vergleichbar so natürlichen Erfahrungen wie schmutzig werden, mit Tieren oder im Wasser spielen, mit anderen Kindern laut lachen und schreien, Ballspielen, Schaukeln Rutschen, auf Bäume klettern o. ä.) vorenthalten will.

Der Schokoladenpudding als Menschenrecht sozusagen.
Die Weihnachtsbäckerei und Geburtstagskaffeetafeln als sinnstiftende Familienereignisse.
Weißbrot, Cornflakes und Schokoladen-Nougat-Creme als unverzichtbare und frei verfügbare Grundnahrungsmittel - vergleichbar Obst und Trinkwasser.
Gummibärchen als Belohnung für besondere Tapferkeit - nicht nur beim Kinderarzt, sogar beim Zahnarzt.
Schon im Kindergarten stark gezuckerte Milchmixgetränke (nicht nur Kakao) zum Pausenfrühstück, mittags Pasta, Pizza und Fritiertes, denn das ist leicht zu bevorraten und fast alle Kinder sind an den Geschmack gewöhnt. Knackiges Gemüse und saftiges Obst stellt die Verantwortlichen für das Angebot und die Lagerhaltung vor Probleme, mit denen weder Kindertagestätten noch Schulen (und auch immer weniger Erwachsene in Privathaushalten) sich befassen möchten.

Die Antworten der Lebensmittelindustrie (nicht nur der Fast Food Konzerne) dienen nur in zweiter Linie der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Kunden - in erster Linie geht es um unkomplizierte, kaum fehleranfällige Handhabung und Profitmaximierung. Das ist keine Schande - so funktioniert industrielle Fertigung, ganz gleich ob bei Schuhen oder Waschmaschinen. Gefährlich wird es erst, wenn wir anfangen zu glauben, was die Werbung uns suggerieren will.

Wenige Menschen sind so naiv zu glauben, dass dieses Waschpulver oder jenes Haarshampoo sie gesund und glücklich machen wird. Bei Cornflakes, Joghurts, Schokoriegeln oder Fertigsaucen sieht das schon anders aus
Niemand ausser uns selbst hat ein Interesse daran, dass wir gesund werden und/oder bleiben. Wenige, die behaupten, sie hätten ein Interesse daran (Krankenkassen, Hausärzte oder Apotheker), sind frei von wirtschaftlichen Eigeninteressen, die dem entgegenstehen. Günstigstenfalls sind sie sich dieses Konflikts bewusst. Die Industrie (ganz gleich, ob sie Autos, Medikamente oder Lebensmittel herstellt) ist in dieser Hinsicht bestenfalls gleichgültig (d. h. es stört sie nicht, wenn wir gesund werden und bleiben), solange wir nur in ausreichendem Umfang ihre Produkte kaufen. Einige Konzerne (wie die Fastfood- und Tabakindustrie sowie die Hersteller dieser unsäglichen Alkopops) nehmen sogar bewusst in Kauf, dass der Konsum ihrer Produkte Menschen krank macht und tötet.

Ich weiß, wovon ich rede und schreibe. Ich stecke wieder mitten in der Sucht. Die Weihnachtsplätzchen meiner Mutter waren der Anfang. Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Die Geburtstags und Festsaison fängt in meiner Familie am 22. 12. an und endet am 10. 01..

Dem lieb gemeinten Gastgeschenk meiner Eltern an Heiligabend (das eigentlich nur für meinen Mann und unser Kind gedacht war) konnte ich nicht widerstehen. Meine Sucht nutzte meine frühkindliche Prägung auf "Weihnachtsbäckerei als sinnstiftendes Familienereignis", meine Wachsamkeit war von der erfreulich harmonischen, friedlichen Festtagsstimmung eingelullt - und so fiel ich in Mutters Keksdose, die so verführerisch nach mütterlicher Liebe und familiärem Frieden duftete. Seitdem ringe ich um die Erkenntnis, wann ich satt bin und regelmäßige, angemessene Mahlzeiten. Es ist ein mühsames Ringen - und völlig frei [image] von der Leichtigkeit des Gesundessens, die ich zuvor genießen durfte. Auf die Waage traue ich mich derzeit nicht.

Verkaterte Grüße von

[image] Schlumpfine

Oh nein, bitte nicht!

Helga-Maria, Mittwoch, 29.12.2004, 13:53 (vor 7067 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumfine,

danke für Deinen schönen Beitrag. Habe ich Dir eigentlich schon gesagt, daß ich alle Deine Postings bislang unglaublich klug und wohlangemessen gefunden habe?

Wenn nicht, so sage ich es Dir hiermit: Du bist wunderbar!!! [image]

Umso mehr mache ich mir Sorgen um Dich, denn zu lesen, daß Du wieder in der Sucht steckst, tut mir weh! [image]

Rückfälle sind unvermeidlich und solange sie Ausnahme bleiben, nichts Dramatisches. Denk immer daran: Du kannst immer wieder einen Neuanfang machen, vergiß die blöden Kekse, mach Dich nicht fertig deswegen, aber bitte sei es Dir wert, ab jetzt wieder Nahrung zu Dir zu nehmen, die Dir wirklich gut tut, körperlich und seelisch!

Wenn Du willst, können wir uns für heute Abend im Messiechat verabreden, wir ziehen uns in einen Raum zurück und quatschen mal ganz ungezwungen über dies und das.

Ich wäre in den letzten Tagen auch fast schwach geworden und bin froh, es nicht getan zu haben. Aber es war echt knapp. Aber das kann ich Dir alles am Abend erzählen, kommst Du?

Liebe Grüße,

Helga-Maria

Re: WHO empfiehlt max. 10% der ... und kao

Kao, Mittwoch, 29.12.2004, 13:55 (vor 7067 Tagen) @ Schlumpfine

liebe schlumpfine,

ich danke dir sehr für dein posting, ich habe es sogar ausgedruckt um es immer wieder lesen zu können.

weißt du, wenn du was schreibst, erscheint vor meinem inneren (m)essie-auge ein sonnenstrahl.... wie wahr ist das alles, wie stark hab ich das alles erlebt und erlebe es zur zeit wieder.

sorgen und haltlosigkeit stürzten mich in den letzten wochen nicht nur in ein imenses messie-chaos - nein auch die nächtliche fastfoodfresssucht hat gnadenlos zugeschlagen :-(((((

entsprechend fühle ich mich... aufgedunsen, gestreßt, hoffnungslos... bei mir kommt noch der alk dazu, der mir abends einen abend zum abschalten verschafft und für den nächsten tag ein mieses feeling in körper und seele mindestens bis mittag. dann hab ich mich meistens wieder ein
was habe ich gelernt?
wie innen so außen.... wenn man außen was ändert, ändert sich innen was. wenn man innen was ändert, ändert sich außen was.

ich versuche seit tagen, wieder regelmäßigkeit in meinen tagesablauf zu bekommen, gaang gaaangz langsam gelingt mir das. ich versuche, nur in tagesabschnitten zu leben. so wie ich es in "ein neuer anfang" und "sorge dich nicht, lebe" gelernt habe. die auswirkungen sind noch nicht berauschend, aber es gelingt mir schon öfter, etwas abstand zu allem zu bekommen und mich damit etwas erleichterter, freier zu fühlen.
eben koche ich mir "emjas zwiebelsuppe" [winke], außerdem habe ich viele viele topinambur gekauft. die mag ich zur zeit sehr und ich kann sie gleich so aus dem kühschrank essen. das ist sehr wichtig, denn es kostet mich momentan viel viel kraft, etwas gesundes zu essen für mich zu bereiten. die weihnachtsgans - die ja hauptsächlich für liebe menschen war viel mir dagegen kinderleicht... schon komisch
jetzt hab ich den faden verloren... naja

jedenfalls danke ich dir schlumpfine am teilhabenlassen an deinen höhen und auch tiefen. ich umarme dich herzlich und wünsche uns und allen mitstreitern, dass wir wieder den faden aufnehmen können, dass wir unserem sein und wissen tief in uns erneut vertrauen, dass wir einen erneuten entzug wagen - für uns, ganz allein. denn nur so werden wir überleben. innen und außen.

kao

allen forenlesern und schreibern einen recht guten rutsch! und aus tiefstem herzen noch ein zitat:

Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen,
man muss sie die Treppe hinunterprügeln, Stufe für Stufe
Mark Twain

so geschrieben auf einem wunderschön gestalteten blumenbild von meiner JL für mich zum Weihnachtsfest.

danke, dass ihr da seid.

Re: WHO empfiehlt max. 10% der Nahrungsenergie in Form von Zucker zuzuführen

Krimhild, Mittwoch, 29.12.2004, 14:24 (vor 7067 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,

zuallererst einmal möchte ich Dir mitteilen, wie leid es mir tut, dass Du nach dieser Zeit der Freiheit in den Kreislauf der Sucht zurückgerutscht bist. Ich wünsche Dir, möglichst schnell wieder die Kraft aufzubringen, zu Deiner genesenden Lebensweise zurückzukehren!

Ich kann auch Deine Wut nachvollziehen, die Du auf die (Lebensmittel-)Industrie usw. hast, denen es natürlich zuallererst um Kommerz geht - und Süßes verkauft sich gut, da hilft einfach die genetische Lust darauf.

"Süß = harmlos" will uns unser Geschmack glauben machen und genau wie Du schreibst, gilt das auch tatsächlich - für diejenigen unter uns, die insoweit suchtfrei leben können.

Dass auch einfache Kohlenhydrate süchtig verzehrt werden können, sofern sie auf einen insoweit suchtgeneigten Menschen "treffen", habe ich nie in Frage gestellt. Aber ebenso wie Alkohol ist auch Zucker bei Menschen, die keine Suchtdisposition in dieser Hinsicht haben, in geringen Dosen absolut ungefährlich. Nicht mehr und nicht weniger habe ich versucht, hier darzustellen. Deine Aufassung, es seien als "beglückende Belehrungen" erfolgt, kann ich nur schulterzuckend hinnehmen.

Es tut weh, Deine Verzweiflung zu lesen. Ich bin ebenfalls ("trocken")eßsüchtig und weiß, wie es sich anfühlt, nach einem gesünderen Zeit wieder tief im Morast zu stecken. Auch die Heftigkeit, mit der Du gegen Deine Suchtstoffe und ihren Konsum verbal vorgehst, kann ich gut verstehen.
Schließlich wirken sie bei Dir Deiner Meinung nach sofort suchtauslösend und zwar so, dass Du keine Chance mehr gegen sie zu haben glaubst, weil Du das Gefühl hast, mit dem Konsum von Zucker u.ä. MUSST Du zurück in die Eßsucht rutschen. Du hättest dann, so wie Du es schilderst, überhaupt keine Wahl mehr, sondern wärest dem Zucker hilflos ausgeliefert und müßtest dann immer weiter und immer mehr (fr)essen bis... ja, bis wann eigentlich??

Schlumpfine, Du erscheinst als eine sehr kompetente, intelligente und starke Frau in diesem Forum. Du kannst "damit" aufhören. Du kannst diese Phase jetzt beenden, sofort. Nur eine Frage: WILLST DU???

Alles Liebe
Krimhild

Re: Unsinn, mit Willen hat das nichts zu tun!

almut, Mittwoch, 29.12.2004, 22:33 (vor 7067 Tagen) @ Krimhild

hallo krimhild,

"Schlumpfine, Du erscheinst als eine sehr kompetente, intelligente und starke Frau in diesem Forum. Du kannst "damit" aufhören. Du kannst diese Phase jetzt beenden, sofort. Nur eine Frage: WILLST DU???"


dieses halte ich schlicht für unsinn und zudem für anmaßend, denn damit unterstellst du, dass jemand, hier schlumpfine, nur nicht genug "will". anscheinend hast du keine ahnung von den prozessen, die den sogenannten willen ausmachen. mich ärgert dies, denn nur weil du bedingungen gefunden hast, die es dir mal ermöglichten, etwas zu erreichen, bildest du dir ein, es sei deine willenskraft gewesen! dies ist aber ein großer irrtum. du hast einfach nur glück gehabt, günstige umstände usw.

almut

Re: Unsinn, mit Willen hat das nichts zu tun!

krimhild, Donnerstag, 30.12.2004, 11:04 (vor 7067 Tagen) @ almut

Hallo almut,

nein, das unterstelle ich Schlumpfine damit gerade NICHT!

Vielmehr sollte es ausdrücken, dass ich als Süchtige, die ich (wie auch Schlumpfine) weiß, dass ich für in bestimmten Situationen für bestimmte Dinge anfällig bin, eine Wahl habe.

Und diese Wahlmöglichkeit gibt es immer, auch in der Situation des Rückfalls in die Sucht. Was es so schwer macht, ist, dass es sich in diesen Momenten so ANFÜHLT bzw. man GLAUBT, plötzlich ohne Wahlmöglichkeit zu sein - der Sucht wieder hilflos ausgeliefert.

Aber dieses Gefühl, man könne nur eines tun: immer weiter fressen, saufen usw., ist nicht mehr und nicht weniger als genau das: ein GEFÜHL.

Und ich wünsche Dir, liebe Schlumpfine, dass Du diesem Gefühl, das dich glauben macht, niemals wieder aus dem Rückfall zu finden, so bald wie möglich die rote Karte zeigen kannst. Dass Du es erstmal, um wieder körperlich clean zu werden, Stunde um Stunde aus Deinem Haus wirfst, den Zutritt zu Dir verwehrst, es abblockst.

DU bist die "Herrscherin" Deines körperlichen Hauses, DU bestimmst, wer sich dort niederlassen darf und was über Deine Lippen kommt! Und Du bist es, verflixt nochmal, wert, JETZT und nicht erst irgendwann wieder eine gute Entscheidung für Dich zu treffen!

Und wenn Du dafür jetzt jemanden brauchst, mit dem Du 24 Stunden verbringst, um für Dich eine Hilfe zu haben, wieder einen Anfang zu machen und die körperliche Umstellung nicht allein machen zu müssen - ruf ihn/sie an! Bitte um praktische Hilfe, wenn Du zweifelst, ob Du den Neustart allein schaffst, und wenn die Konsequenz ein stündlicher Chat ist.

Das hat erstmal Vorrang, die Wiedererlangung Deiner Gesundheit ist jetzt erste Priorität!

Nochmal liebe Grüße
krimhild

P.S. @almut: "Dies ist aber ein großer irrtum. du hast einfach nur glück gehabt, günstige umstände usw." Wenn Du wüßtest...

Keine Willensschwäche!

Helga-Maria, Donnerstag, 30.12.2004, 00:18 (vor 7067 Tagen) @ Krimhild

Hallo Krimhild,

Dass auch einfache Kohlenhydrate süchtig verzehrt werden können, sofern sie auf einen insoweit suchtgeneigten Menschen "treffen", habe ich nie in Frage gestellt. Aber ebenso wie Alkohol ist auch Zucker bei Menschen, die keine Suchtdisposition in dieser Hinsicht haben, in geringen Dosen absolut ungefährlich.


Hm, das sehe ich anders. Wer, sagen wir mal, einmal im Monat Alkohol oder Zucker zu sich nimmt, ist gewiß nicht gefährdet. Wer allerdings aus welchem Grund auch immer regelmäßig davon verzehrt, wird meiner Erfahrung nach auf jeden Fall süchtig. Bitte schön, sag doch mal einem Gewohnheitstrinker, er solle aufhören, er wird dies ablehnen mit den Worten, daß er ja nicht abhängig sei und jederzeit aufhören könnte, wenn er nur wollte. Aber er will ja nicht, so seine Meinung.

Mit dem Zucker ist das noch schwieriger: ich möchte behaupten, 99,99% der Bundesdeutschen sind zuckerabhängig. Aus Gewohnheit, weil sie schon als Kind Süßes bekommen haben, weil alle es tun und weil es fast kein Lebensmittel mehr ohne Zuckerzusatz gibt. Sucht bemerkst Du erst, wenn Du versuchst, damit aufzuhören.

Bitte, versuch's doch mal, liebe Krimhild! Ab morgen lebe bitte für 4 Wochen ohne Zucker! Aber nicht fuschen, auch keine Lebensmittel mit Zuckerstoffen, bitte auch keine Ersatzdroge Süßstoff, ganz zuckerfrei bitte!

Traust Du Dir es zu? Klar doch, Duuuu bist ja nicht süchtig, Duuuu bist ja nicht "suchtgeneigt", bitte, warum tust Du es dann nicht? Weil Du nicht willst? Glaub mir, Du tust Deinem Körper nichts Schädliches an, wenn Du ab morgen für 4 Wochen auf Zucker und Zuckerstoffe verzichtest. Also warum willst Du dann nicht?

Ich fordere Dich heraus! Ich mache dieses Experiment seit 5 Wochen. Also, bist Du etwa willensschwächer als ich? Doch wohl kaum, oder? Tu es und Du wirst feststellen, daß es nichts, aber auch gar nichts mit Durchhaltevermögen und Willensstärke zu tun hat, sondern rein körperlich ist. Schlumfine hatte den Entzug schon hinter sich, sie hatte von körperlichen Symtomen berichtet, genau diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Ich hatte tagelang Kopfschmerzen, woran lag das wohl? Daran, daß ich plötzlich mehr Obst und Gemüse aß? Wohl kaum. Kaum war der Entzug vorbei, hatte ich auch kein Bedürfnis mehr nach Zuckerprodukten.

Zugegeben, die Seele spielt schon ein wenig mit. Vor ein paar Tagen wäre ich fast schwach geworden. Aber warum? Weil ich zur Weihnachtszeit gewisse Süßigkeiten mit angenehmen Erinnerungen aus der Kindheit verbinde. So wie Schlumfine die von ihrer Mutter liebevoll gebackenen Plätzchen mit mütterlicher Liebe verbindet. Menschlich. Viele von uns hatten eine Mutter oder Großmutter, die sogar beleidigt gewesen wäre, wenn wir den Teller nicht leer gemacht hätten. Ja, der Spruch, Liebe geht durch den Magen, ist wahrer als man denkt.

Schließlich wirken sie bei Dir Deiner Meinung nach sofort suchtauslösend und zwar so, dass Du keine Chance mehr gegen sie zu haben glaubst, weil Du das Gefühl hast, mit dem Konsum von Zucker u.ä. MUSST Du zurück in die Eßsucht rutschen. Du hättest dann, so wie Du es schilderst, überhaupt keine Wahl mehr, sondern wärest dem Zucker hilflos ausgeliefert und müßtest dann immer weiter und immer mehr (fr)essen bis... ja, bis wann eigentlich??


Warum so viel "Deiner Meinung nach" und die ganzen Konjunktive? Glaubst Du Schlumfine nicht? Nimmst Du sie nicht ernst? Ersetz doch bitte mal den Begriff "Zucker" durch "Alkohol", würdest Du dasselbe einem Alkoholiker sagen, der gerade nach langer Abstinenz ein "Mon chérie" gegessen hat?

Schlumpfine, Du erscheinst als eine sehr kompetente, intelligente und starke Frau in diesem Forum. Du kannst "damit" aufhören. Du kannst diese Phase jetzt beenden, sofort. Nur eine Frage: WILLST DU???


Mit Willensstärke, liebe Krimhild, kannst Du es schaffen, den ersten Schritt nicht zu machen. Aber ist der erste Schritt erst gemacht, folgt der zweite unweigerlich. Und das hat nichts mit Willensschwäche zu tun. Lies bitte einmal in Schlumfines früheren Postings herum, dann wirst Du feststellen, daß sie es erst geschafft hat, dem Zucker zu entsagen, als ihr bewußt wurde, daß sie keineswegs willensschwach ist, sondern der Zucker und die vielen Weißmehlprodukte in ihr (so wie in allen Menschen!)gewisse Prozesse in Gang gesetzt haben. Erst dann wurde ihr bewußt, daß sie einen Feind hat, den sie nicht verniedlichen darf, wie es die Werbung so gerne tut.

Bitte gib ihr nicht das Gefühl, willensschwach zu sein, das braucht sie jetzt überhaupt nicht!

Gruß,

Helga-Maria

Wenn Du nur Recht hättest, Helga-Maria!

krimhild, Donnerstag, 30.12.2004, 19:01 (vor 7066 Tagen) @ Helga-Maria

Hallo Helga-Maria,

ein paar kurze Anmerkungen, weil ich das Gefühl nicht los werde, dass noch immer vieles in einen Topf geworfen wird, was nicht zusammen gehört:

"Wer allerdings aus welchem Grund auch immer regelmäßig davon verzehrt, wird meiner Erfahrung nach auf jeden Fall süchtig."

Regelmäßiger Verzehr allein hat mit Sucht nicht viel zu tun, sonst wären wir z.B. nach jeglicher Nahrung "süchtig", die wir mehr als nur gelegentlich (Deinem posting nach nur 1x im Monat!) verzehren. Hm, da ich täglich Obst und viel Gemüse esse, müßte ich mich nach Deiner Definition wohl zum Veggieaddict erklären?! Und wäre auch noch süchtig nach Joghurt, Käse, Fisch, Reis, Getreide....usw, denn all´das esse ich fast täglich. Nenn´mir den Ausweg aus all´den Süchten! Verhungern?

"Mit dem Zucker ist das noch schwieriger: ich möchte behaupten, 99,99% der Bundesdeutschen sind zuckerabhängig."
Mutige Hypothese - die zu beweisen wäre!

"Sucht bemerkst Du erst, wenn Du versuchst, damit aufzuhören."
Ach??

"Bitte, versuch's doch mal, liebe Krimhild! Ab morgen lebe bitte für 4 Wochen ohne Zucker!" "Klar doch, Duuuu bist ja nicht süchtig, Duuuu bist ja nicht "suchtgeneigt", bitte, warum tust Du es dann nicht? Weil Du nicht willst? Glaub mir, Du tust Deinem Körper nichts Schädliches an, wenn Du ab morgen für 4 Wochen auf Zucker und Zuckerstoffe verzichtest. Also warum willst Du dann nicht? Ich fordere Dich heraus! Ich mache dieses Experiment seit 5 Wochen. Also, bist Du etwa willensschwächer als ich? Doch wohl kaum, oder? Tu es und Du wirst feststellen, daß es nichts, aber auch gar nichts mit Durchhaltevermögen und Willensstärke zu tun hat, sondern rein körperlich ist.

Ooooch, Helga-Maria, hab´ich doch alles schon gemacht. Meinst Du, ich rede wie eine Blinde von der Farbe? Natürlich habe ich schon mal längere Zeit konsequent ohne Zucker gelebt, nachdem mich Menschen genau davon überzeugen wollten: Zucker als das personifizierte Böse, als suchterzeugend per se, als Ursache von Candidainfektionen (letzteres ist nachweislich kompletter Blödsinn, aber ich werde mich hüten, hier noch eine Meinung zum Thema candida-Diät zu schreiben!). Bei mir war es jedenfalls nicht besonders "körperlich", sondern eine Angewohnheit, die sich verfestigt hatte. Es ging auch ohne, nach ein paar Tagen hatte man den Dreh raus und die Nahrungsmitteletiketten fest im Blick. Abgenommen habe ich auch, was nett war. [image]

Trotzdem esse ich jetzt wieder Zucker, denn manche Nahrungsmittel erhalten dadurch für mich ihren Reiz, beispielsweise liebe ich eingelegte Gürkchen, die ohne Zucker eben nur nach Essig (brr)und Gewürzen schmecken würden. Oder auch Rhabarberkompott, Stachelbeerenmarmelade usw.

Daher kann ich nur sagen, dass meine Form der Eßsucht wohl nicht in der Hauptsache durch den Zuckerkonsum bedingt war. Wenn ich auf´m Trip war, war es fast egal, was es war, ob süß, salzig oder würzig, nur schön weich und gut zu schlucken mußte es sein, d.h. am besten mit ausreichend Fett und/oder Feuchtigkeit. Die Menschen sind auch da offenbar unterschiedlich, aber was red´ich hier gegen Wände [image].

"Glaubst Du Schlumfine nicht? Nimmst Du sie nicht ernst? Ersetz doch bitte mal den Begriff "Zucker" durch "Alkohol", würdest Du dasselbe einem Alkoholiker sagen, der gerade nach langer Abstinenz ein "Mon chérie" gegessen hat?"

Und wieder: ich trenne sehr genau zwischen Menschen, für die Zucker ein Suchtstoff geworden ist und denen, bei denen das nicht so ist. Schlumpfine gehört nach ihren Schilderungen zu letzteren, daher käme mir nicht im Traum in den Kopf, ihre Abhängigkeit NICHT ernst zu nehmen. Und: ja, genau das würde ich auch zu einem Alkoholiker sagen! Auch er hat die Wahl. Immer wieder, in jedem Augenblick. Dass diese Wahl immer leicht fällt, habe ich nie behauptet. Nur, dass die Möglichkeit, zu wählen, immer da ist.
Ich kenne viele Alkoholiker, die genau so argumentieren wie Du. Die aus einem Rückfall einen heftigen Absturz "bauen", in der Vorstellung "jetzt hab´ich eh´versagt, jetzt kann ich auch nochmal meine positiven Suchtaspekte genießen, denn den Absprung schaff´ich sowieso erst wieder in X Monaten, so ist das eben!" Und so ist das eben ganz und gar nicht! Denn es gibt auch andere Beispiele, oh ja. Aber es ist einfach leichter, für längeres Rückfälle allein die Biochemie verantwortlich zu machen. So einfach ist das zum Glück auch wieder nicht! Disposition allein bewirkt nicht viel, sie unterstützt aber das "positive Suchtempfinden", macht, dass sich Sucht in dem Moment gut anfühlt.
Und das ist halt das Fatale: es gibt ein winziges Eckchen, in dem (Eß-)Sucht auch trotz tiefster Verzweiflung noch positive Gefühle vermittelt.
Und die wollte ich selbst lange nicht aufgeben, aber sicher ist das wieder nur bei mir allein so - ihr könnt Eurer Abhängigkeit sicher überhaupt nichts Positives abgewinnen, stimmt´s?
Mal die ernsthafte Frage: meint Ihr, wenn Ihr nie wieder Nahrungsmittel mit Zucker/Weißmehl verzehren würdet, wäre Eure Eßsucht beendet?

Gruß,
die sich wie häufig unverstanden fühlende
krimhild

Re: Sucht

eselchen, Donnerstag, 30.12.2004, 20:14 (vor 7066 Tagen) @ krimhild

Hallo Krimhild,

das Thema "Sucht" reizt mich sehr. Ich war nikotinsüchtig, bin immer noch alkoholsüchtig (ich will da nix beschönigen, 1/2 Flasche Wein jeden(!) Abend...) und verspüre immer wieder Heißhunger auf so manch Essbares (und stehe dann vorm Kühlschrank und habe doch keinen Appetit mehr).

Diese "ich muss mich bis oben hin vollfüllen, damit ich nichts mehr spüre"-Manie begleitet mich in zeitweisen Anfällen immer wieder seit ich 12 bin.

Ich habe mich immer dafür geschämt, weil ich mich nicht im Griff hatte. Aber diese Entscheidungsfreiheit, von der Du sprichst oder damals meine Schwester sprach, hatte ich eigentlich nie. Ich fühlte mich wie von einer dunklen Macht getrieben. Das hat sich inzwischen ein wenig verändert; ich könnte aber nicht sagen, warum.

Der Mensch hat - wenn man ein wenig in der Geschichte wühlt - schon immer das Bedürfnis gehabt, sich zu berauschen. Und dieser Rausch war notwendig, um gesund zu bleiben. Davon bin ich überzeugt. Im 18. Jahrhundert wurde Schokolade zu medizinischen Zwecken gereicht und wenn man genau hinschaut, hat jedes Suchtmittel etwas "medizinisches" an sich.

Vielleicht ist es ein guter Schritt nach vorn, wenn man sich selbst ein Suchtmittel zugesteht, in welcher Form auch immer. Im letzten Jahrhundert war eine zeitlang Kokain oder Nikotin eine gesellschaftlich akzeptierte Droge. Das ist nun alles vorbei. Aber irgendeine Droge braucht der Mensch
Ach ja, ich habe ja ganz den Sport vergessen, diese Endorphine mobilisierende Tätigkeit, die noch anerkannt und sogar allgemein geschätzt wird. Ich bin skeptisch, ob das eine Lösung sein kann. Wer nur noch läuft, hat bald nichts anderes mehr im Kopf (bei Mäusen funktioniert nach einer Weile Dauerlauf das Kurzzeitgedächtnis nicht mehr richtig) und übernimmt eventuell keine familiären oder gesellschaftlichen Pflichten mehr.

Fliegenpilz, Stechapfel usw. verursachen auch Hirnschäden, ganz genau wie so viele andere Suchtmittel. Tja, und Zucker oder andere "schnelle" Kohlehydrate hinterlassen eben auch ihre Spuren.

Jedes Suchtmittel ist gefährlich und ich mag trotzdem nicht auf die "meinen" ganz verzichten. Ich denke nicht, das hinter jeder Sucht der Wunsch steckt, sich zu vernichten. Viel eher sehe ich bei mir oder anderen Süchtigen den Wunsch zu leben. Wo da die Zusammenhänge sind, bleibt mir verborgen, aber vielleicht hat ja irgendjemand eine Idee dazu?

Gruß,
eselchen (90 kg [image])

Re: Sucht

Kao, Donnerstag, 30.12.2004, 22:59 (vor 7066 Tagen) @ eselchen

Ich denke nicht, das hinter jeder Sucht der Wunsch steckt, sich zu vernichten. Viel eher sehe ich bei mir oder anderen Süchtigen den Wunsch zu leben. Wo da die Zusammenhänge sind, bleibt mir verborgen, aber vielleicht hat ja irgendjemand eine Idee dazu?


hallo eselchen,

rieke hat da mal was gutes dazu erzählt. und zwar:

wenn man überfordert ist, in problemen steckt, gleich welcher art, kommen die urbedürfnisse ganz stark hoch, nämlich essen und schlafen. und alles schnell schluckbare wie fastfood und süßigkeiten erfüllt rasch das urbedürfnis nach essen...

auch habe ich gelesen:

wenn der körper überlastet ist, gibt er das auch zu verstehen indem er auf verschiedene art "ruft". in unserer heutigen verrückten zeit, in der man mehr augenmerk auf die packungsbeilage eines nahrungsergänzungsmittels als auf die zeichen des eigenen körpers legt, hört man dann nur "ich brauche....". WAS GENAU der körper braucht, hört man nicht mehr, denn flugs hat man nach schnellschluckbaren essen gegriffen und das völlegefühl im magen macht alle hilfeschreie erst mal platt. das der körper vielleicht nur nach wasser ruft, oder schlaf, oder sauerstoff, oder gar gemüse und obst - das genau herauszuhören haben wir verlernt.

*
beide thesen finde ich sehr interessant und denke zur zeit oft darüber nach.

liebe grüße
kao
die grad die andre hälfte des wein trinkt.. :-(

Re: Sucht

Schlumpfine, Sonntag, 02.01.2005, 23:27 (vor 7063 Tagen) @ Kao

>>Ich denke nicht, das hinter jeder Sucht der Wunsch steckt, sich zu vernichten. Viel eher sehe ich bei mir oder anderen Süchtigen den Wunsch zu leben. Wo da die Zusammenhänge sind, bleibt mir verborgen, aber vielleicht hat ja irgendjemand eine Idee dazu?

Liebes Eselchen [image], liebe Kao [image],

ich bewundere Euren Mut, der - mehr oder weniger latenten, bzw, mehr oder weniger exzessiv ausgelebten - Sucht ins Auge zu blicken. Die treuesten Begleiter jedweder Sucht sind - habe ich es am eigenen Leib erfahren - Verleugnung, Verharmlosung, Selbstbetrug, Scham, Verheimlichung und Lügen. Dabei spielt es erstmal keine Rolle, ob ich eine stoffgebundene oder eine nichtstoffliche Sucht leugne und verharmlose.

Tückischerweise hat jede Sucht auch eine (um im Sprachgebrauch der Esssüchte zu bleiben) "anorektische" Seite. Die innere Besessenheit, die Zwanghaftigkeit, die Scham, die selbstschädigenden und andere schädigenden Verhaltensweisen sind absolut vergleichbar - nur das konkret süchtige Verhalten ist an einem jeweils entgegengesetzten Pol angesiedelt.

Die gierige Form der Arbeitssucht z. B. treibt zahlreiche angesehene erwerbstätige Menschen oder überaus fleißige Hausfrauen in eine innere Isolation, aus dem Kontakt zu allen wohltuenden Genüssen, die das Leben für uns bereithält und ganz besonders aus dem Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen und darunter besonders aus dem Kontakt zum eigenen Bedürfnis nach emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe zu anderen Menschen, dass diese Menschen alle Symptome ienr emotionalen Magersucht entwickeln, die sich in Fachkliniken für Psychosomatik vorstellen lassen. Abgesehen davon führt dieser Raubbau mit den eigenen Kräften, das ständige "über die eigenen Grenzen Gehen" zu manifesten körperlichen Beschwerden, Erschöpfungszuständen, Herz-Kreislauf-Problemen, Mangel- bzw. Verschleißerscheinungen als Folge von Fehlernährung und/oder zuviel/zuwenig/falscher Bewegung.

Der anorektische Gegenpol davon ist in unseren Messie-Kreisen weit verbreitet, aber die meisten von uns würden sich eher die Zunge abbeißen, als zuzugeben, dass ihre Faulheit (d. h. die mangelnde innere Bereitschaft, zielstrebig und wirksam zu arbeiten) eine Hauptursache ihrer Probleme ist. Sinnvoller und der Gesundheit sowie dem Wohlbefinden zuträglichere Alternativen werden von Arbeitssüchtigen in beiden Formen der Ausprägung als "unmögliche" zurückgewiesen.

"Ich schaffe es nicht, eine Aufgabe (z. B. die Haushaltsführung) nur für mich selbst so auszuführen, dass ich mich mit dem Ergebnis wohlfühle." bzw. "Ich kann nicht einfach herumsitzen und gar nichts tun!" sind typische Äußerungen von Menschen, die unter dieser weitverbreiteten Sucht leiden und deren gierige Vertreter uns im Berufsleben gerne als Vorbilder dargestellt werden.

Diese Menschen haben jeden Kontakt zu anderen Bedürfnissen verloren und "sättigen" jedes Bedürfnis mit mehr oder minder nutzloser bzw. nützlicher Beschäftigung. Dabei finde ich es sehr interessant, dass die "Faulen" ebensoviel Aufmerksamkeit und Gedanken auf die (nicht erledigte) Arbeit verwenden, wie die "Fleißigen". Diese übermäßige geistige, emotionale (und ggf. auch handelnde) Beschäftigung mit "Arbeit" verdrängt den Blick auf alle anderen Bedürfnisse - besonders auf die - im Falle der Nichterfüllung - extrem riskanten und schmerzhaften Bedürfnisse nach emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe.

Viele übermäßig "Faule" haben ebenso wie viele übermäßig "Fleißigen" wenige, z. T. sehr distanzierte Sozialkontakte. Als Ehe- und/oder Geschäftspartner wählen sie gern Menschen, mit denen jahrzehntelange Beziehungen, die nahezu frei von emotionaler Offenheit in Kombination mit körperlicher Nähe bleiben möglich sind, und die nicht trotzdem sondern gerade deshalb stabil sind und lange halten. Wenn ich Freud' und Leid mit meinem ebenfalls arbeitssüchtigen Kollegen oder Kompagnon teile (den ich selbstverständlich niemals umarmen würde) und körperliche Nähe nur mit Sexualpartnern habe, denen ich mich emotional wenig verbunden fühle, kann ich die Arbeitssucht jahrelang überleben, ohne in unserer Gesellschaft unangenehm aufzufallen.

Erst allmählich spricht sich in Fachkreisen und weiteren Bevölkerungsschichten die gesundheitliche Bedeutung einer ausgewogenen Balance zwischen Arbeit und Privatleben herum. Bis diese Erkenntnisse allgemein anerkannt sind, werden wohl noch Jahrzehnte vergehen.

Noch bis in die 50er und 60er Jahre des 20. Jhdts. waren Alkohol- und Zigarettenkonsum in einem Ausmaß gesellschaftlich nicht nur toleriert, sondern regelrecht anerkannt, die jedem Suchtberater, Mediziner und durchschnittlich gebildeten Menschen heutzutage die Haare zu Berge stehen lassen.

Die Sucht nach leichtverdaulichen Kohlenhydraten ist (da stimme ich Dir zu, liebe Helga-Maria) wahrscheinlich ähnlich weit verbreitet wie die Arbeitssucht - und wird ähnlich übereinstimmend von der Mehrheit der hiesigen Bevölkerung ignoriert bzw. geleugnet. Seitdem extrem gesundheitsgefährdendes Übergewicht in den Industriestaaten zur Massenepidemie wurde, werden vereinzelt Beiträge wie der von Marion Nestle außerhalb der engeren Fachkreise in Massenmedien wie dem SPIEGEL veröffentlicht. Über die sog. "Work-Life-Balance" stand schon vor 5 Jahren etwas in Zeitschriften wie COSMOPOLITAN oder FREUNDIN - Jahre nachdem Fachleuten klargeworden war, dass das "Burnout-Syndrom" keine eingebildete, sondern eine lebensgefährliche Erkrankung ist.

Ich bin zuversichtlich, dass der hemmungslose Verzehr von Substanzen wie Schokolade oder Weißbrot in Zukunft ebenso gesellschaftlich geächtet werden wird, wie das Untergraben der eigenen Gesundheit und die Zerstörung der privaten Bindungen (Scheidungsraten, Anzahl der Singelhaushalte) durch zuviel oder zuwenig Arbeit.

Und dabei werden voraussichtlich weder die hinhaltenden Widerstand leistenden Lebensmittelkonzerne Pleite gehen noch wird die arbeitsteilige, hochspezialisierte Industriegesellschaft zerstört werden.

Der BAYER-Konzern konnte auch weiter existieren, nachdem ihm der Verkauf von heroinhaltigen Hustenbonbons verboten wurde. Der illegale Konsum von Opiaten, die Wachstumsraten und märchenhaften Gewinnspannen in diesem Bereich der prganisierten Kriminalität zeigt aber auch, dass staatliche Verbote auf der Angebotsseite wenig bringen, solange jedweder Sucht nicht auf der Nachfrageseite der Boden entzogen wird.

Und an diesem Punkt meiner Überlegungen finde ich mich sehr nahe bei Krimhild, die sagt: "Zucker ist nicht nicht mehr mein Problem, nicht einmal Essucht ist ein schlimmes Problem, seitdem ich mich den Herausforderungen des Lebens anders als zuvor stelle." und bei Walther Lechler, mit seiner Theorie, Süchte würden nicht durch Substanzen (wie Alkohol), sondern durch innere Überzeugungen und entsprechende Äußerungen und Verhaltensweisen ausgelöst.

Diesen Blickwinkel finde ich sehr spannend und schaue jetzt bei mir nochmal genauer hin, welchen Notwendigkeiten ich ausweiche, welche innere und/oder äußere Not ich derzeit wieder mit Essen vor mir selbst und anderen Menschen zu verbergen versuche.

>
[quote]hallo eselchen,
rieke hat da mal was gutes dazu erzählt. und zwar:
wenn man überfordert ist, in problemen steckt, gleich welcher art, kommen die urbedürfnisse ganz stark hoch, nämlich essen und schlafen. und alles schnell schluckbare wie fastfood und süßigkeiten erfüllt rasch das urbedürfnis nach essen...
auch habe ich gelesen:
wenn der körper überlastet ist, gibt er das auch zu verstehen indem er auf verschiedene art "ruft". in unserer heutigen verrückten zeit, in der man mehr augenmerk auf die packungsbeilage eines nahrungsergänzungsmittels als auf die zeichen des eigenen körpers legt, hört man dann nur "ich brauche....". WAS GENAU der körper braucht, hört man nicht mehr, denn flugs hat man nach schnellschluckbaren essen gegriffen und das völlegefühl im magen macht alle hilfeschreie erst mal platt. das der körper vielleicht nur nach wasser ruft, oder schlaf, oder sauerstoff, oder gar gemüse und obst - das genau herauszuhören haben wir verlernt.
*
beide thesen finde ich sehr interessant und denke zur zeit oft darüber nach.
liebe grüße
kao
die grad die andre hälfte des wein trinkt.. :-(
[/quote]

Walther Lechler bezeichnet in seinem Büchlein "Nicht die Droge ist's" jede Sucht als Versuch, einem aus dem Gleichgewicht geratenen Organismus, der (warum auch immer) sich den Aufgaben und Herausforderungen, die das Leben selbst ihm stellt, nicht gewachsen fühlt, einen real nicht existierenden Gleichgewichtszustand vorzugaukeln.

Der Alkohol (die Medikamente, die Eifer-, Arbeits- oder Spielsucht etc.) sei nur "der Kanal" den die Sucht sich suche. Jeder Symptomträger sei Mitglied komplexer, suchtfördernder, psychosozialer Kontexte und Gesellschaften, die es "dem Süchtigen" ermöglichen, "das Notwendige" zu ignorieren bzw. unterlassen und trotzdem keine unmittelbare Not zu leiden

Typischerweise verschärfen alle Suchtformen die ungelösten Probleme - logisch, wenn der Süchtige, statt das Notwendige (das die Not abwenden könnte) zu erkennen und zu tun, dem unter Umständen schwierigen Ringen um Konfliktlösungen und unter Umständen langfristig mühsamen Aufgaben und Anstrengungen ausweicht und kurzfristige Entlastung in der Sucht findet. Logisch auch, dass im Laufe der Zeit immer mehr "Desselben" (Stoffs oder Verhaltensweise) benötigt wird, um die innere und/oder äußere Not auch nur annähernd erträglich zumachen bzw. zu beschönigen.

Die organische Veranlagung für solche "kleinen Fluchten" haben wir in uns. Körperliche Strapazen (wie z. B. eine Geburt oder die Flucht vor einem hungrigen Raubtier) wären bei unseren Vorfahren ohne körpereigene Endorphine vermutlich häufiger schief gegangen. Je besser der Körper diese natürlichen Drogen nutzen kann, desto größer ist seine Belastbarkeit in Grenzsituationen - und desto wahrscheinlicher wird sein Überleben.

Diese hilfreichen natürlichen Mechanismen haben Menschen schon sehr früh durch entsprechende Praktiken (Fasten, sich in Trance tanzen, hyperventilieren, schmerzhafte Initiationsriten) und Substanzen (Tabak, Alkohol, Harze, Pilze etc.) vorsätzlich herbeigeführt - z. B. in religiösen Zusammenhängen. Das Verlassen der Realität wurde als Kontaktmöglichkeit zu höheren Mächten (Göttern, Dämonen u. ä.) angesehen.

So gesehen kann auch der Rausch, die Realitätsflucht ebenso wie zielstrebige Arbeit im Allgemeinen und das Haltbarmachen und arbeitsteilige Zubereiten von Lebensmitteln im Besonderen - in gewissem Umfang als "nützliche Errungenschaft" gesehen werden. Grenzwertig wird es dort, wo diese Errungenschaften dem Einzelnen oder einer Gesellschaft im Ganzen mehr Schaden als Nutzen bringt.

Der Zusammenhang frühkindlicher Traumata (Gewalterfahrungen, psychosoziale Überforderung und/oder Verwahrlosung und/oder medizinisch notwendige, schmerzhafte Eingriffe und Prozeduren und/oder Verlusterfahrungen etc.), die die Belastbarkeit eines Babys oder Kleinkindes "eigentlich" bei weitem überstiegen hätten und einer späteren Tendenz zu süchtigen (und/oder depressiven und/oder selbstschädigenden und/oder für Außenstehende unverständlichen) Verhaltensweisen, Gefühlen und Überzeugungen ist in der Psychologie unbestritten.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass der Unterschied zwischen "schwer" und "leicht oder gar nicht" geschädigten Erwachsenen weniger mit der Stärke und Dauer des Traumas zusammenhängt, als mit der Art und Weise, wie die Umwelt des Kindes darauf reagiert. Mitgefühl, Unterstützung, bestätigende Äußerungen, die die eigene Wahrnehmung und Bewertung des Kindes in schwierigen Lebenslagen im Sinne von "Hier stimmt etwas nicht! Hier passiert gerade etwas Schlimmes!! Ich kann nichts dafür!!!" unterstützen, bekräftigen und bestätigen, sind das hervorstechendste Unterscheidungsmerkmal zwischen hochgradig und leicht bis wenig gestörten Erwachsenen, mit vergleichbar schlimmen Kindheitserlebnissen.

Nicht so sehr das Erlebnis an sich - so schlimm es im Einzelfall auch sein mag, wie z. B. momentan die Folgen der Flutwelle in Asien - beschädigt Kinderseelen, sondern der Grad der Einsamkeit mit seinen Wahrnehmungen und gesunden Einstellungen, die das Kind in solchen Situationen erlebt - oder eben nicht. Je näher der/die parteiische/n, mitfühlende/n, achtsame/n Mensch/en dem Kind steht bzw. stehen, je größer das Vertrauen des Kindes zu dieser/diesen Persone/n und je stärker die Bindung zwischen dem Kind und dieser/diesen Person/en ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind ohne bleibende Schäden schlimme Erfahrungen verkraften kann. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Erwachsene.

Wenn ein Kind in solchen Situationen allein bleibt - köperlich und/oder emotional - dann klammert es sich an Ersatzobjekte (Schnuller, Teddybär, Fläschchen, Schmusedecke etc.) und/oder Ersatzhandlungen, die ihm wenigstens die Illusion von Verlässlichkeit geben. Aus solchen Erfahrungen ist der Weg in die Sucht nicht weit.

Der Unterschied kann hauchfein sein. Hier ein Beispiel:

Eine Mutter hat zwei Kinder. Eins braucht sie SOFORT. Das andere muss warten und ist frustriert. Eine Alltagserfahrung.

Die eine Mutter signalisiert (mit Worten und/oder durch ihre Stimmfärbung, ihre Mimik und Gestik) dem Kind, das noch warten muss: "Ich sehe, dass Du unglücklich bist. Ich kann es nicht ändern. Mir ist nicht egal, wie es Dir jetzt geht, auch wenn ich mich jetzt zuerst um deine/n Schwester/Bruder kümmere. Ich sehe Dich und ich liebe Dich."

Die andere Mutter signalisiert (mit Worten und/oder durch ihre Stimmfärbung, ihre Mimik und Gestik) dem Kind, das noch warten muss: "Hör auf mit der Heulerei. Du hast keinen Grund dich aufzuregen. Lass mich in Ruhe! Mir wird das jetzt alles zuviel!! Dein/e Bruder/Schwester verlangt schon mehr von mir, als ich geben kann und will. Ich will gar nicht wissen, wie es Dir jetzt geht, ich will einfach, dass Du SOFORT aufhörst, Lärm zu machen."

Welches Kind behält wohl den Glauben daran, dass seine Bedürfnisse berechtigt sind und dem Leben dienen? Welches Kind wagt auch in Zukunft offen zu zeigen, was es gerade braucht, was es ablehnt, fürchtet oder vermisst?

Welches Kind wird (bei von außen betrachtet, nahezu identischer Behandlung durch die Mutter) lernen, dass sein Schnuller, sein Teddy, seine Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse weder selbst wahrzunehmen, noch sie zu äußern ihm mehr "bringt" als die Wahrnehmung JETZT und HIER dieses oder jenes zu brauchen, zu verabscheuen, zu fürchten oder zu vermissen?

Und welches Kind wird dann als Erwachsener wohl eher in der Lage sein, selbst die Ver-Antwortung für sein eigenes Wohlbefinden zu übernehmen? Zu spüren, was er oder sie als erwachsene/r Frau bzw. Mann JETZT und HIER braucht; zu erkennen und zu tun, was not-wendig ist, um innere und äußere Not abzuwenden? Wer von beiden wird die innere Sicherheit und den Mut haben, um Unterstützung zu bitten und sich ggf. fachkundige Hilfe zu organisieren, wenn seine eigenen Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen nicht ausreichen, ver-Antwort-ungsvoll und angemessen auf die Herausforderungen und Konflikte zu reagieren, die das Leben für jeden Erwachsenen bereithält?

Ich glaube nicht, dass eine einmalige, barsche Reaktion (s. o.) von ausnahmsweise überforderten und sonst überwiegend einfühlsamen und engagierten Eltern ein Kind sofort und ohne Aussicht auf Genesung in den finsteren Abgrund von Depression, Sucht und ver-Antwortungslosen Denkgewohnheiten, Gefühlen und Verhaltensweisen treibt. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Fähigkeit und innere Bereitschaft, auf die Fragen und Herausforderungen des Lebens als Erwachsene/r öfter mal passende Antworten zu finden (so verstehe ich die Wortfamilie ver-antwort-lich, Ver-antwort-ung, vgl auch engl. und franz. responsability bzw. responsabilite) von der grundlegenden Stimmung in der Umgebung abhängt, in der ein Kind aufwächst.

Wo seine Wahrnehmungen und Bedürfnisse (und seien diese im Augenblick noch so unschön und/oder unerfüllbar) auch von anderen Menschen erkannt und bestätigt werden, wo die grundlegende Berechtigung seiner Bedürfnisse und Gefühle, sowie die subjektive Richtigkeit seiner Wahrnehmungen nicht in Zweifel gezogen wird, hat ein Kind eine Chance seelisch unbeschadet auch größere Entbehrungen (Krieg, Hungersnot, Verbrechen, Unfälle, Trennungen, medizinische Eingriffe etc.) zu überstehen.

Wo seine Gefühle und Bedürfnisse gewohnheitsmäßig übersehen, verleugnet oder als unberechtigt bewertet werden, wo seine Wahrnehmungen als unwichtig oder, schlimmer noch, unrichtig abgewertet werden, können schon kleinere Alltagskränkungen ein Kind in seiner seelischen Gesundheit nachhaltig schädigen und ihm das Heranwachsen zu einer verAntwortungsbewussten, starken, erwachsenen Persönlichkeit erschweren.

Das sind meine derzeitigen Vorstellungen über die Ursachen und für und zugleich über mögliche Auswege aus süchtige/n Verhaltensweisen.

Die Theorie in die Praxis umzusetzen ist wesentlich mühsamer, als sie so herunterzutippen.

Liebe Kao, liebes Eselchen, ich danke Euch für den Anstoß, mir darüber erneut klarzuwerden.

Ich selbst bin für mein Wohlergehen und meine Gesundheit verAntwort-lich und ich kann jederzeit wählen, ob ich weiterhin wie auf Schienen dem (für mich selbst) gewohnten, ausgelatschten Weg der Sucht folgen will oder ob ich abseits der gewohnten Gleise neue Wege suche, innere und äußere Notlagen wirksam und dauerhaft abzuwenden, den Mut aufbringe, das Notwendige zu erkennen und die Ver-Antwort-ung für mein Wohlbefinden wieder anzunehmen.

Genauso habe ich Dein kämpferisches DU KANNST, WENN DU WILLST!!! aufgefasst, liebe Krimhild.

Dass ich selbst für mein Verhalten, meine Äußerungen, meine Gefühle und die Befriedigung meiner Bedürfnisse ver-Antwort-lich bin, heißt nicht, dass ich alles allein schaffen muss - im Gegenteil. Unter anderem deshalb schreibe ich hier und im Messie-Forum.

Die Fähigkeit, Menschen und Organisationen/Gruppen zu erkennen, die reichlich haben und gerne geben, was ich derzeit brauche (Zeit, Wissen, Erfahrung, Fachkenntnisse, technische Ausrüstung u.v.m.) und/oder die nötig brauchen und gerne annehmen, was ich reichlich habe und gerne gebe (Zeit, Wissen, Erfahrung, Fachkenntnisse, technische Ausrüstung u.v.m.), ist ein wesentlicher Bestandteil ver-Antwort-ungsvollen Handelns - ob beim Essen oder auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Partnerwahl.

Auch hier halte ich es übrigens nicht für eine zufällige Übereinstimmung, dass in unserer Sprache handeln bzw. Handlung sich sowohl auf den konkreten Austausch von Produkten, Dienstleistungen, Informationen und Geld bezieht (wie z. B. im Wort Buchhandlung oder Groß- und Einzelhandel) als auch ganz unspezifisch auf das Tun und Lassen in beliebigen, nichtkommerziellen Zusammenhängen.

Jede Handlung, die ich tue oder lasse(! die Unterlassungen auch!!!) hat mittelbare und/oder unmittelbare Auswirkungen auf meine Umgebung und mein eigenes Wohlbefinden jetzt und in Zukunft. Das klingt trivial und ist doch der Punkt, den ich als Süchtige unter Suchtdruck so gerne ignoriere.

Immer noch den schmerzhaften Entzug hinauszögernd grüßt Euch mit mehr innerer Klarheit

[image] Schlumpfine

Re: Sucht

Albatros, Montag, 03.01.2005, 00:41 (vor 7063 Tagen) @ Schlumpfine

Aus solchen Erfahrungen ist der Weg in die Sucht nicht weit.
Der Unterschied kann hauchfein sein. Hier ein Beispiel:
Eine Mutter hat zwei Kinder. Eins braucht sie SOFORT. Das andere muss warten und ist frustriert. Eine Alltagserfahrung.
Die eine Mutter signalisiert (mit Worten und/oder durch ihre Stimmfärbung, ihre Mimik und Gestik) dem Kind, das noch warten muss: "Ich sehe, dass Du unglücklich bist. Ich kann es nicht ändern. Mir ist nicht egal, wie es Dir jetzt geht, auch wenn ich mich jetzt zuerst um deine/n Schwester/Bruder kümmere. Ich sehe Dich und ich liebe Dich."
Die andere Mutter signalisiert (mit Worten und/oder durch ihre Stimmfärbung, ihre Mimik und Gestik) dem Kind, das noch warten muss: "Hör auf mit der Heulerei. Du hast keinen Grund dich aufzuregen. Lass mich in Ruhe! Mir wird das jetzt alles zuviel!! Dein/e Bruder/Schwester verlangt schon mehr von mir, als ich geben kann und will. Ich will gar nicht wissen, wie es Dir jetzt geht, ich will einfach, dass Du SOFORT aufhörst, Lärm zu machen."
Welches Kind behält wohl den Glauben daran, dass seine Bedürfnisse berechtigt sind und dem Leben dienen? Welches Kind wagt auch in Zukunft offen zu zeigen, was es gerade braucht, was es ablehnt, fürchtet oder vermisst?
Welches Kind wird (bei von außen betrachtet, nahezu identischer Behandlung durch die Mutter) lernen, dass sein Schnuller, sein Teddy, seine Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse weder selbst wahrzunehmen, noch sie zu äußern ihm mehr "bringt" als die Wahrnehmung JETZT und HIER dieses oder jenes zu brauchen, zu verabscheuen, zu fürchten oder zu vermissen?
Und welches Kind wird dann als Erwachsener wohl eher in der Lage sein, selbst die Ver-Antwortung für sein eigenes Wohlbefinden zu übernehmen?

Hallo Schlumpfine,

in diesem Zusammenhang, diesem großen Bogen habe ich das noch gar nicht betrachtet.

Aber der Unterschied in dem Beispiel ist gerade NICHT hauchfein, sondern es liegen WELTEN dazwischen. Der Unterschied besteht darin, wie die Botschaft der Mutter beim Kind ankommt: das Kind in der erten Variante erfährt, daß die Mutter ein Problem hat, weil sie eine ICH-Botschaft sendet. Das Kind versteht, daß die Mutter sich nicht um beide Kinder gleichzeitig kümmern kann und wird (zumindest eine Weile) warten können.

Demgegenüber erhält das Kind in der zweiten Variante eine DU-Botschaft, die es zwangsläufig übersetzt in: ICH bin im Weg, ICH bin lästig, ICH bin weniger wert als mein(e) Bruder/Schwester (oder als das Baby). Das sich dann steigert in ein Ich bin NICHTS wert....
Diese Verbindung in, ja, die Art wie mit Kindern umgegangen wird, wie wir überhaupt miteinander umgehen

so, jetzt ist mein Faden gerissen....na ja, viele der Pakete und Päckchen, die wir mit uns rumschleppen und dran zu knacken haben, wurzeln darin.

Leider wissen die wenigsten davon, für vieles muß man Ausbildung und Kurse machen (Führerschein), aber für die Kindererziehung nicht, das kann jeder irgendwie einfach so.... *ha!!*

Eine Bekannte hat mich mal auf die Bücher von Thomas Gordon aufmerksam gemacht, besonders lesenswert: "Familienkonferenz" und "Familienkonferenz in der Praxis". Da arbeitet er u.a. eben diesen wichtigen Unterschied zwischen ICH- und Du-Botschaften heraus.

Ich lese jetzt bewußt nicht noch mal durch, weil ich ins Bett muß, morgen äh, in wenigen Stunden ist die Nacht wieder zuende, wg. Arbeiten gehen.
Wollte trotzdem noch ein gutes Neues Jahr wünschen,

Albatros

Re: Wenn Du nur Recht hättest, Helga-Maria!

Helga-Maria, Donnerstag, 30.12.2004, 21:01 (vor 7066 Tagen) @ krimhild

Hallo Helga-Maria,

ein paar kurze Anmerkungen, weil ich das Gefühl nicht los werde, dass noch immer vieles in einen Topf geworfen wird, was nicht zusammen gehört:

"Wer allerdings aus welchem Grund auch immer regelmäßig davon verzehrt, wird meiner Erfahrung nach auf jeden Fall süchtig."
Regelmäßiger Verzehr allein hat mit Sucht nicht viel zu tun, sonst wären wir z.B. nach jeglicher Nahrung "süchtig", die wir mehr als nur gelegentlich (Deinem posting nach nur 1x im Monat!) verzehren. Hm, da ich täglich Obst und viel Gemüse esse, müßte ich mich nach Deiner Definition wohl zum Veggieaddict erklären?! Und wäre auch noch süchtig nach Joghurt, Käse, Fisch, Reis, Getreide....usw, denn all´das esse ich fast täglich. Nenn´mir den Ausweg aus all´den Süchten! Verhungern?


Richtig lesen hilft! Thema hier oben waren ausschließlich Alkohol und Zucker, nicht andere "Nahrungsmittel"!

"Mit dem Zucker ist das noch schwieriger: ich möchte behaupten, 99,99% der Bundesdeutschen sind zuckerabhängig."
Mutige Hypothese - die zu beweisen wäre!


Wie denn? Wenn alle Bundesbürger regelmäßig Heroin konsumieren würden, käme ja auch keiner auf die Idee, süchtig zu sein, oder? Keine Angst, war jetzt ein Scherz! Aber mal im Ernst: Schau Dich doch mal in den Lebensmittelregalen um, wo bleibt denn da noch die Wahl, sich zuckerfrei zu ernähren? In irgendeiner Form nimmt jeder das Zeug zu sich, oftmals völlig unwissend (Wurst, Gurken, Senf, etc., meist überall Zucker drin!) Man hat uns alle - ohne uns je gefragt zu haben - an den Zuckergeschmack gewöhnt. Erst heute im Bioladen (!) habe ich den Verkäufer gefragt, ob es ein bestimmtes Produkt auch ungesüßt gäbe. Antwort: "Nee, leider nicht, dann kauft es uns keiner mehr ab, die Leute sind doch alle an den Geschmack gewöhnt, die kennen den natürlichen doch gar nicht mehr!"

"Sucht bemerkst Du erst, wenn Du versuchst, damit aufzuhören."
Ach??


Dein unkommentiertes "ach" verstehe ich hier als Zustimmung, entschuldige, wenn ich etwas für Dich Selbstverständliches gesagt habe.

Ooooch, Helga-Maria, hab´ich doch alles schon gemacht.


Tatsächlich?

Trotzdem esse ich jetzt wieder Zucker, denn manche Nahrungsmittel erhalten dadurch für mich ihren Reiz, beispielsweise liebe ich eingelegte Gürkchen, die ohne Zucker eben nur nach Essig (brr)und Gewürzen schmecken würden. Oder auch Rhabarberkompott, Stachelbeerenmarmelade usw.


Dann laß es Dir schmecken, wenn es nicht dazu führt, daß Dein Körper nach mehr verlangt, ist ja nichts dagegen einzuwenden. Gegen bewußtes Essen ist grundsätzlich nichts zu sagen, nur wer tut das schon?

Und: ja, genau das würde ich auch zu einem Alkoholiker sagen! Auch er hat die Wahl. Immer wieder, in jedem Augenblick. Dass diese Wahl immer leicht fällt, habe ich nie behauptet. Nur, dass die Möglichkeit, zu wählen, immer da ist.
Ich kenne viele Alkoholiker, die genau so argumentieren wie Du. Die aus einem Rückfall einen heftigen Absturz "bauen", in der Vorstellung "jetzt hab´ich eh´versagt, jetzt kann ich auch nochmal meine positiven Suchtaspekte genießen, denn den Absprung schaff´ich sowieso erst wieder in X Monaten, so ist das eben!" Und so ist das eben ganz und gar nicht! Denn es gibt auch andere Beispiele, oh ja. Aber es ist einfach leichter, für längeres Rückfälle allein die Biochemie verantwortlich zu machen. So einfach ist das zum Glück auch wieder nicht!


Nun, ich denke nicht, daß Du damit ganz Unrecht hast. In der Theorie. Aber die Praxis sieht leider anders aus. Du wirst keinen Ex-Alkoholiker, der rückfällig geworden ist, von seiner Sucht abbringen können, indem Du ihm vor den Kopf knallst, daß er eine Wahl hat. Sicher hat er die. Aber er hat in diesem Moment einfach nicht die Stärke, seine Wahl zu erkennen und anzuwenden. Er ist in diesem Moment nun mal nicht stark, sonst wäre er auch nicht zum Alkohol zurückgekehrt. Durch solche "Belehrungen", wie er Dein Argument sicher auffassen würde, würden eher innere Widerstände in ihm geweckt und/oder er würde sich durch den versteckten Vorwurf, daß er ja nur willensschwach sein, noch mieser fühlen, was ihn eher wieder zur Sucht zurückführen als davon abbringen würde.

Das ist die seelische Seite. Hinzu kommt noch die körperliche: Sollte es Dir entgangen sein, daß Ex-Alkoholiker, denen heimlich eine geringe Menge Alkohol unter ihr Getränk oder Essen gemischt worden ist und die das nicht bemerkt haben, dennoch wieder süchtig geworden sind?

Der Mensch ist ein Ganzes, nicht nur Körper allein oder nur Seele. Das eine greift in das andere über.

Ich fand Dein Posting an Schlumfine zwar nett gemeint, aber ungeschickt. Durch Deine Konjunktive und Dein "Deiner Meinung nach" auf die körperliche Zuckerabhängigkeit Schlumfines bezogen hat es sich so angehört, als würdest Du ihr die körperliche Sucht nicht ganz abnehmen. Gleichzeitig fragst Du sie, ob sie wieder aufhören "will". Das erweckt den Anschein, als ob sie nur willensschwach sei.

Unverstanden fühlst Du Dich?

Hm, ich glaube schon, daß ich Dich verstanden habe: Du willst verhindern, daß Schlumfine sich jetzt mit Berufung auf die Entdeckung ihrer körperlichen Abhängigkeit gehen läßt und sich quasi damit entschuldigt, daß sie ja nicht anders kann, selbst wenn sie wollte, stimmt's?

Aber vergiß nicht, daß sie erst in dem Moment, als sie ihren körperlichen Feind als solchen erkannte, auch die seelische Kraft aufbringen konnte, gegen ihn anzugehen! Daß sie könnte, wenn sie nur wollte, das haben ihr höchstwahrscheinlich vorher schon viele gesagt, das hat sie aber nicht im geringsten weitergebracht. Im Gegenteil. Durch solche Aussagen wird der "Wille" nicht gerade gestärkt.

[image] Helga-Maria

Re: Wenn Du nur Recht hättest, Helga-Maria!

krimhild, Montag, 03.01.2005, 15:23 (vor 7062 Tagen) @ Helga-Maria

...kurze geduldige Entgegnung:

Ooooch, Helga-Maria, hab´ich doch alles schon gemacht.


Tatsächlich?

Auf diese Erwiderung fällt selbst mir nichts Freundliches mehr ein!

Du wirst keinen Ex-Alkoholiker, der rückfällig geworden ist, von seiner Sucht abbringen können, indem Du ihm vor den Kopf knallst, daß er eine Wahl hat. Sicher hat er die. Aber er hat in diesem Moment einfach nicht die Stärke, seine Wahl zu erkennen und anzuwenden. Er ist in diesem Moment nun mal nicht stark, sonst wäre er auch nicht zum Alkohol zurückgekehrt. Durch solche "Belehrungen", wie er Dein Argument sicher auffassen würde, würden eher innere Widerstände in ihm geweckt und/oder er würde sich durch den versteckten Vorwurf, daß er ja nur willensschwach sein, noch mieser fühlen, was ihn eher wieder zur Sucht zurückführen als davon abbringen würde.

1. Ich weise entscheiden zurück, irgendjemanden, der süchtig ist, überhaupt von seiner / ihrer Sucht "abbringen" zu können!

2. Nach meiner Auffassung gibt es keinen "Ex-Alkoholiker", das Suchtgedächtnis läßt leider niemanden im Stich, wäre nett, wenn es mal eine Art "Suchtdemenz" gäbe
3. Ein "nasser" Alkoholiker findet meiner Meinung nach diverseste Gründe, weitersaufen zu können, Schuld sind selbstverständlich erstmal die anderen bzw. die Umstände. Wie gesagt, ich bestreite nicht, dass es gerade beim Alkohol eine körperliche Abhängigkeit und auch Suchtgeneigtheit gibt. Aber Du wirst niemenden dazu bekommen, zu saufen, der das nicht will. Und keiner hört auf, seiner Sucht zu frönen, allein durch äußere Hilfestellungen.

Das ist die seelische Seite. Hinzu kommt noch die körperliche: Sollte es Dir entgangen sein, daß Ex-Alkoholiker, denen heimlich eine geringe Menge Alkohol unter ihr Getränk oder Essen gemischt worden ist und die das nicht bemerkt haben, dennoch wieder süchtig geworden sind?

Aber sicher, denn bei Alkoholikern funktioniert die "biologische Erinnerung" des Gehirns perfekt, ein sicheres Zeichen für stoffgebundene Abhängigkeit.

Hm, ich glaube schon, daß ich Dich verstanden habe: Du willst verhindern, daß Schlumfine sich jetzt mit Berufung auf die Entdeckung ihrer körperlichen Abhängigkeit gehen läßt und sich quasi damit entschuldigt, daß sie ja nicht anders kann, selbst wenn sie wollte, stimmt's?

"Gehen läßt?" Ich finde nicht, dass dieser Ausdruck in der Beschreibung eines subjektiven Suchtrückfalls etwas verloren hat, ebensowenig habe ich und werde ich behaupten, sie habe sich dafür "entschuldigt, dass sie nicht anders kann". Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass die Gefühle des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit nur ebendies sind: GEFÜHLE. Und damit der der persönlichen Analyse zugänglich!

krimhild

Re: Wenn Du nur Recht hättest, Helga-Maria!

Schlumpfine, Montag, 03.01.2005, 18:43 (vor 7062 Tagen) @ krimhild

>Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass die Gefühle des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit nur ebendies sind: GEFÜHLE. Und damit der der persönlichen Analyse zugänglich!
[quote]krimhild
[/quote]

Liebe Helga-Maria, liebe Krimhild,

danke für Euren klärenden, für mich sehr hifreichen Austausch. Mit diesem Schlusssatz ob kann ich etwas anfangen. Und vielen Dank auch für Eure Angebote, mich im Chat, per e-Mail oder hier weiterhin zu unterstützen.

Danke auch an alle anderen, die mir geantwortet haben, Danke auch für Deine links, lieber 7s.

Meine Freundin Klamotta ist wieder aus der Feiertagsversenkung aufgetaucht, mein Mann, meine Tochter, meine Schwester und meine Eltern wissen jetzt, dass ich mich nicht wohl fühle und die Reaktionen darauf waren wohltuend und ermutigend. Tatsächlich geht es nicht um Schuld ... danke, dass Ihr das so klar formuliert habt.

Ich bin sehr zuversichtlich, nach der Fest- und Feiertagsserie wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen und melde mich dann wieder.

[image] Schlumpfine

Re: Stimme Euch beiden zu

Schlumpfine, Freitag, 31.12.2004, 00:18 (vor 7066 Tagen) @ krimhild

Und: ja, genau das würde ich auch zu einem Alkoholiker sagen! Auch er hat die Wahl. Immer wieder, in jedem Augenblick. Dass diese Wahl immer leicht fällt, habe ich nie behauptet. Nur, dass die Möglichkeit, zu wählen, immer da ist.

Hier stimme ich Dir 100% zu, liebe Krimhild.

>Ich kenne viele Alkoholiker, die genau so argumentieren wie Du. Die aus einem Rückfall einen heftigen Absturz "bauen", in der Vorstellung "jetzt hab´ich eh´versagt, jetzt kann ich auch nochmal meine positiven Suchtaspekte genießen, denn den Absprung schaff´ich sowieso erst wieder in X Monaten, so ist das eben!" Und so ist das eben ganz und gar nicht! Denn es gibt auch andere Beispiele, oh ja. Aber es ist einfach leichter, für längeres Rückfälle allein die Biochemie verantwortlich zu machen. So einfach ist das zum Glück auch wieder nicht!

Stimmt, denn sonst wäre jede Form der Suchttherapie aussichtslos. Exakt das ist das Ziel erfolgreicher Suchtbehandlung: Dem/der Süchtigen zu der Einsicht zu verhelfen, dass er oder sie selbst in jeder Situation die Wahl hat, sich für das Leben, die Gesundheit und die Freiheit - oder dagegen und somit für die Sucht zu entscheiden. Und dass niemand ihm oder ihr diese Entsheidung abnehmen kann. Diese Erfahrung kann kein Mensch einem anderen 'erklären' oder 'beibringen', aber erfahrene Therapeuten können in einer Klinik oder in ambulanter Therapie Menschen, die sich auf die Vorschläge, etwas anderes auszuprobieren und/oder konkrete therapeutische Aufgaben einlassen, Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglichen, die einen Ausweg aus dem kranken Denken der Sucht und der erlernten Hilflosigkeit gegenüber dem Suchtdruck erlauben. Es hängt vom Mut und von der inneren Kraft jedes einzelnen ab, ob er bzw. sie diese erkannten Auswege dann nutzt.

>Disposition allein bewirkt nicht viel, sie unterstützt aber das "positive Suchtempfinden", macht, dass sich Sucht in dem Moment gut anfühlt.

Genauso isses.

>Und das ist halt das Fatale: es gibt ein winziges Eckchen, in dem (Eß-)Sucht auch trotz tiefster Verzweiflung noch positive Gefühle vermittelt.

Klar - sonst wäre der Suchtdruck nicht so verführerisch.

>Und die wollte ich selbst lange nicht aufgeben, aber sicher ist das wieder nur bei mir allein so - ihr könnt Eurer Abhängigkeit sicher überhaupt nichts Positives abgewinnen, stimmt´s?

Doch, da triffst Du eine ganze Serie von wunden Punkten bei mir.

>Mal die ernsthafte Frage: meint Ihr, wenn Ihr nie wieder Nahrungsmittel mit Zucker/Weißmehl verzehren würdet, wäre Eure Eßsucht beendet?

Mein Suchtgedächtnis wird diese Erfahrungen nie mehr vergessen. Ich sehe da wirklich Parallelen zum Alkoholismus: Auch wer 80 Jahre lang "trocken" lebt (d. h. im Sprachgebrauch der Anonymen Alkoholiker, dass jemand keinen Alkohol zu sich nimmt), bleibt er Alkoholiker und somit gefährdeter, als ein Mensch, der diese Disposition nicht hat. Genauso erlebe ich meine Esssucht. Sie bleibt mir latent erhalten - egal wie lange ich die Stoffe vermeide, die bei mir den Essdruck außer Kontrolle geraten lassen. Und es wird in mienem Leben immer Situationen geben, in denen ich gefährdet bin. Mir ist auch klar, dass es meine Entscheidung war, in die Keksdose zu langen - ebenso, wie es vorhin meine Entscheidung war, die Kopfschmerzen nicht länger auszuhalten und sie mit Junk Food rasch und wirksam zu beenden. Ich hätte mich auch entscheiden können, auf die Teilnahme and er Familienfeier zu verzichten, die Schmerzen weiterhin mit viel Wasser, Ruhe, Bewegung an der frischen Luft und Geduld zu ertragen und darauf zu warten, dass sie heute abend, morgen früh, übermorgen oder nächste Woche weggehen und ich meine Freiheit vom Esszwang zurückerhalte. Ich hatte die Wahl und habe sie jeden Tag aufs neue - nur das süchtige, kranke "Jetzt ist es sowieso egal."- bzw. "Alles oder Nichts"-Denken und der "Morgen (Übermorgen, nächste Woche, im Neuen Jahr) werde ich es schaffen."-Selbstbetrug suggerieren mir etwas anderes.

>Gruß,
[quote]die sich wie häufig unverstanden fühlende
krimhild
[/quote]

Liebe Krimhild, ich danke Dir, dass Du nicht aufgibst, Deine Einsichten hier zu vermitteln und wünsche mir von Dir - falls das nicht zu persönlich wird - Deine Erfahrungen beim Weg aus der aktiven in die latente Essucht.

Liebe Helga-Maria, danke dass Du versucht hast, mir beizustehen.

Tatsächlich widerspricht Krimhilds Aussage "Zucker ist nicht die Wurzel allen Übels - Zuckersucht ist "nur eine", nicht "die einzige" Form der Essucht. Die Ursachen süchtiger Verhaltensweisen und stofflicher Abhängigkeiten sind immer vielschichtiger als eine monokausale Erklärung nach dem Muster "Wer zuviel XXX zu sich nimmt, wird zwangsläufig XXX-süchtig. Wieviel XXX zuviel ist, hängt dabei von der genetischen Austattung des einzelnen XXX-Süchtigen bzw. Nicht-XXX-Süchtigen ab."

Es gibt zu diesem Thema einige interessante Bücher - das älteste und dünnste, das ich selbst gelesen habe, heißt "Nicht die Droge ist's" und beschreibt, wie unterschiedliche Deutungen, Denkgewohnheiten, Verhaltensweisen und Annahmen bei unterschiedlichen Menschen zu verschiedenen Wegen führen, das Leben mit seinen Herausforderungen und Genüssen in allen Lebenslagen mehr oder weniger erfolgreich zu bewältigen - mit (bzw. ohne) stoffliche(n) oder nichtstoffliche(n) Abhängigkeiten. Das Problem z. B. des sog. Alkoholikers sei eben nicht die Substanz Alkohol, sondern die Art und Weise, wie der Kranke - im Gegensatz zum Gesunden - diese Substanz missbraucht, um der Realität auszuweichen und die Verantwortung für sich selbst nicht zu übernehmen. Ein sehr, sehr lesenswertes Buch, finde ich - auch wenn ich im Moment Lichtjahre davon entfernt bin, diese Theorie in die Praxis umzusetzen.

Und dass ich so weit davon entfernt ist, liegt nicht nur am Zucker, sondern in erster Linie an meinem kranken Denken und Fühlen "Ich schaffe das sowie nicht." "Es hat eh keinen Zweck." "Jetzt ist es auch egal." "Ich bin ein hoffnungsloser Fall." usw. usf.

Krimhilds Hinweise darauf, dass ich solche biochemischen Wirkungen doch bitte nicht als Vorwand nutzen soll, die Verantwortung für meine Gesundheit und mein Wohlergehen aufzugeben, stehen für mich nicht im Widerspruch zu meinen Aussagen, wie bestimmte Substanzen auf meinen Körper, meine Gefühle und mein Denken wirken.

So wie es im Zustand fortgeschrittener Trunkenheit oft möglich ist, dass ein Teil des Trinkers seine euphorischen oder hirnrissigen oder weinerlichen Ideen als Folgen des Alkoholgenusses erkennt und weiß, dass er im nüchternen Zustand wieder anders darüber denken wird, so haben Krimhilds nüchterne Einwände mir ebenso wie Eure ermutigenden Erinnerungen an das, was ich in der Vergangenheit bereits geschafft habe, klargemacht, dass das kranke Denken ebenso ein Symptom der Sucht ist, wie die Gier nach mehr und ide unvermeidliche Gewichtszunahme - und dass ich gut daran tue, diesen Gedanken nicht mehr Bedeutung zuzugestehen, wie meinen Ideen zur Rettung der Erde, die ich habe, wenn ich mehr als die mir zuträgliche Mengen Alkohol im Blut habe. Für mich ist hier beides hilfreich.

Danke, dass Ihr alle Euch bis jetzt schon soviel Zeit für diesen Austausch genommen habt - in schriftlicher Form kann ich die verschiedenen Argumente besser sortieren, als wenn sie in meinem suchtvernebelten Hirn Karussel (oder Achterbahn???) fahren.

Gute N8!

[image] Schlumpfine

Liebe Schlumpfine....ALLES GUTE IM NEUEN JAHR(ups,lang..)

airam, Freitag, 31.12.2004, 12:16 (vor 7065 Tagen) @ Schlumpfine

... ich fühle mich dir nahe auch wenn virtuell meilenweit entfernt,
sei gegrüßt und --wenn es dir lieb ist-- auch freundschaftlich [image]!!!

Konnte gestern nicht in Ruhe antworten,
ist auch ok., da sich 'die Dinge' auch ohne sofortiges Zutun 'weiter-entwickeln'
Dass mir das Herz wehtut, [image]wenn ich lese, wie es dir im Moment geht,
ist nicht nur daher gesagt.
Auch wenn es dir nicht 'helfen' wird -
dennoch wünsche ich dir, dass du es spüren kannst,
dass du nicht alleine gelassen wirst/bist in dieser deiner aktuellen Krise.

So würde ich es mal bezeichnen.
Auch wenn mich deine ausführlichen Erklärungen darüber belehren,
dass du es sehr viel krasser siehst:

Und dass ich so weit davon entfernt ist, liegt nicht nur am Zucker, sondern in erster Linie an meinem kranken Denken und Fühlen "Ich schaffe das sowie nicht." "Es hat eh keinen Zweck." "Jetzt ist es auch egal." "Ich bin ein hoffnungsloser Fall." usw. usf.

Das ist ein Punkt, der viel tiefer unter der Oberfläche eines dahinplätschernden leichtfertigen 'ich-schaff-das-schon'-Denkens liegt,
als sich das jemand denken kann
--- der nicht selber mal am Boden klebte....
Fest - und ohne Aussicht, aus der Matsche wieder hochzukommen.
Und ohne den Willen dazu.
Und überhaupt..
Wozu?

Deine Ausführungen zu Krimhilds Aussagen re. Zuckersucht und/oder anderer..
finde ich interessant - kann dort aber nicht richtig für mich einen Einstieg finden, der MIR klarmachen kann, welches ein guter Tipp für dich wäre,

----> wieder Mut zu fassen
----> wieder an dich zu glauben
----> deine bisherigen Erfolge als Basis für neuen Anfang zu nehmen..
WAS NÖTIG IST!

Leider (oder: Gottseidank?) habe ich momentan nicht mehr den intensiven Zugang zu allerlei aktuellen und sich widerstreitenden 'Ernährungsschriften',
weil ich dieses Thema nicht mehr so im Mittelpunkt meines Lebens habe - wie zu jener Zeit, als ich noch 'berufsbedingt' als WW-Gruppenleiterin alle Infos aufgesaugt hatte...
Entsprechend meinen JETZTIGEN Erkenntnissen weiß ich, dass ich damals sowieso noch meilenweit entfernt war, zu wissen, was für MICH gut ist ..

Meine Erfahrung HEUTE ist es,
dass ALLE interessengeleiteten Botschaften (Zuckerlobby, Reformhauslobby usw.) [image]IHRE Wahrheit/en haben, ebenso wie anfechtbare Aspekte.
Was hilft mir das? Infos? OK.
MEINE Erkenntnisse, nämlich meine Anfälligkeit/en für oder 'Freiheiten' von Nahrungsstoffe/n, die m e i n e Essgier auslösen (konnten), muss/te ich selber mit mir ausmachen.
Mal in konsequent pingeliger Notierung in meinen 'Wiege-Tagebuch-Heftchen' seit vielen Jahren...
oder mit erstaunlich-hellhörig-demütiger Wahrnehmung, dass mein NICHT -Zuführen von Zucker in Nahrungsmitteln mein 'Gieren' nach MEHR und SÜSSEM Essen abbaute... und zwar rigoros.

Dass ich diese ERKENNTNIS jetzt in zweimaliger Form vorliegen habe, macht sie mir doppelt wertvoll – und zerbrechlich
Das erste Mal hatte ich nach der Michel-Montignac-Methode 2001 ca. 10 kg abgenommen..
Leicht, schnell (schneller, weil bewusst-konsequenter als heute), habe das Gewicht dann auch trotz meines damaligen 3-monatigen psycho-somatischen Krankenhausaufenthaltes gut gehalten, weil ich mich am Büffet immer entsprechend der wirklich simplen Grund-Idee der MM-Methode ernährt habe: Köstlich und ausreichend
Als ich dann 2002 und 2003 ‚wieder’ in altes Ess-Fahrwasser zurückfiel (mal hier ein Küchelchen, dort ein Schokolädchen, da ein lecker Pizzachen u s w ....) nicht zu vergessen, meine damals aufkommende Freude am abendlichen australischen Rotwein.... war es schnell um mich geschehen: Von 86 auf 113 kg. Hart und deutlich. Ohne Beschönigung.
Und es ging mir schlecht. Elend. Innerlich und Äußerlich.
Wen wundert’s??!!

Mein Sommer-Ferien-Aufenthalt 2003[image] in jener Aalener Psycho-Station hatte mir zwar wesentliche und grundlegende Einsichten in MEINE Person und ihre Besonderheit und Schönheit [image] vermittelt.... doch das Schleppen meiner Kilos wurde dadurch noch nicht leichter!!!! Im Gegenteil – gggg – Allgemeine Anerkennung für beispielsweise schickes Kleiden usw. senkte Leidensdruck genauso wie die ehrliche Anerkennung meiner PERSON an sich....(was sicherlich mit gewissen biographischen Aspekten zusammenhängt).

War es vielleicht das FREIWERDEN der Notwendigkeit, abnehmen zu MÜSSEN??
Um anerkannt zu werden? Geliebt zu werden? Ich sein zu dürfen?
Vielleicht für mich ein grundsätzlicher Punkt..
Dennoch-----> Mein ANFANG des anhaltenden Abnahmeerfolges war die ERINNERUNG an den früheren MM-Erfolg (2001) und die schnell erfolgten GUTEN Erfahrungen.Nämlich: (FR)ESS-Gier schwand
Als ich wieder (!!!!!) spürte, dass es mir gelang (leicht sogar!), nach einer SÄTTIGENDEN Mahlzeit eine lange Essenspause einzuhalten (weil ich KEINEN HUNGER hatte!), hätte ich heulen können vor Glück... [image]

Natürlich habe ich mich (und tue es noch bis heute!!) über die schwindenden Pfündchen und Kilos gefreut...
Aber – und das meine ich jetzt wirklich ganz ehrlich:
Meine größte Freude ist der verschwundene DRUCK,
den ich als ZWANG empfunden hatte, essen zu MÜSSEN,
was immer ich an ‚meinen-Suchtmitteln’ sah...
Das waren (s.o.) eine Zeitlang SEHR VIELE Sachen...
Neben diesem tiefen Glück steht die wache Aufmerksamkeit(Angst?!),
dass ich im Nu RÜCKFÄLLIG werden kann/würde,
wenn ich mich ‚leichtfertig’ auf’s Glatteis begebe....

Das, was mir als Kettenraucherin 1972 passierte,
nach einer Rauchpause von 3 Jahrenund mich 1 (!!!) Jahr lang plagte,
bis ich ENDGÜLTIG 1973 Nichtraucherin wurde und bis heute bin.

NIE wieder WÜRDE ICH jetzt EINE ZIGARETTE IN DEN MUND NEHMEN..
Auch nicht in die Hand(Ich weiß, dass mich ‚Erinnerungen’ schwach machen konnten;
warum soll ich etwas riskieren ????)

<font color=magenta>“Mal die ernsthafte Frage: meint Ihr, wenn Ihr nie wieder Nahrungsmittel mit Zucker/Weißmehl verzehren würdet, wäre Eure Eßsucht beendet?“

Mein Suchtgedächtnis wird diese Erfahrungen nie mehr vergessen. Ich sehe da wirklich Parallelen zum Alkoholismus: Auch wer 80 Jahre lang "trocken" lebt (d. h. im Sprachgebrauch der Anonymen Alkoholiker, dass jemand keinen Alkohol zu sich nimmt), bleibt er Alkoholiker und somit gefährdeter, als ein Mensch, der diese Disposition nicht hat. Genauso erlebe ich meine Esssucht. Sie bleibt mir latent erhalten - egal wie lange ich die Stoffe vermeide, die bei mir den Essdruck außer Kontrolle geraten lassen. Und es wird in meinem Leben immer Situationen geben, in denen ich gefährdet bin. </font>
(Hervorhebung von mir)

OK.
Mir ist auch klar, dass ich weiterhin esssüchtig reagieren werde,
wenn ich mich in gewisse ‚Gefahren’ hineinbegebe.
Fragen:
Wie kann ich diese Situationen vermeiden?
Kann ich sie überhaupt vermeiden?
Will ich es?
Wenn ja – warum?
Wenn nein – warum nicht?

Ich spüre gerade,
da gibt es manche Antwort, die mich länger nachdenken lässtLänger als jetzt hier Platz und Zeit ist..

<font color=magenta>Mir ist auch klar, dass es meine Entscheidung war, in die Keksdose zu langen -
ebenso, wie es vorhin meine Entscheidung war, die Kopfschmerzen nicht länger auszuhalten und sie mit Junk Food rasch und wirksam zu beenden. </font>

Hätte es helfen können,
der aktiven Esssucht (muss in die Dose greifen)
mit dem WISSEN um die latente Esssucht
(wahrscheinlich kann ich nicht widerstehen)
vorzubeugen??????

In einem NEUEN Falle sicherlich.
Ich halte dich, liebe Schlumpfine, für so intelligent und überlebenswillig,
dass du nicht den selben Fehler zweimal machen WILLST(Vielleicht einen anderen gggg – aber das ist ok..)[image]

<font size=1>Ich hatte die Wahl und habe sie jeden Tag aufs neue - nur das süchtige, kranke "Jetzt ist es sowieso egal."- bzw. "Alles oder Nichts"-Denken und der "Morgen (Übermorgen, nächste Woche, im Neuen Jahr) werde ich es schaffen."-Selbstbetrug suggerieren mir etwas anderes. </font>

Nix da!!!!
Weg damit--> <font size=4><center>Jeder NEUE Erfolg macht dich stärker !!!</font></center>
Davon bin ich überzeugt.

Sonst würde es auch bei mir nicht wirken!

Ganz liebe Grüße und
Alles Gute für den Rutsch ins Neue Jahr!!

wünscht

<marquee bgcolor="#FFFF00" width="540" behavior="alternate" scrolldelay="70">--==airam [/link] [image]==--</marquee>[/b]</font>
für schnelle Info: [image]eMail[/link]

Re: Liebe Airam....ALLES GUTE IM NEUEN JAHR (ganz kurz ;-) )

Schlumpfine, Sonntag, 02.01.2005, 23:43 (vor 7063 Tagen) @ airam

Liebe Airam,

Deine Worte wärmen meine Seele [image].
Auch Dir alles Gute im Jahr 2005 wünscht

Schlumpfine

@Schlumpfine - so ein Scheibenkleister - wünsche Dir viel Kraft !

Janna, Mittwoch, 29.12.2004, 21:29 (vor 7067 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,

so ein Scheibenkleister! Wenn Du magst, kannst Du mich heute abend noch anrufen, werde wohl bis ca. 23 Uhr wach sein (gehe nachher in die Wanne, nehme aber das Telefon mit). Morgen muss ich ins Büro, aber auf meinem AB sage ich meine Handy-Nr. und wenn Du auf Handy anrufst kann ich Dir dann meine Büro-Nr. durchgeben.

Ich wünsche Dir viel Kraft - ich kann nur sagen: Du hast es schon 2 mal geschafft, Deine Ernährung positiv umzustellen, da ist es ein drittes Mal sicherlich auch wieder möglich.

Trotz allem wünsche ich Dir und Deiner Familie eine schöne Sylvesterfeier und alles erdenklich Gute für das Jahr 2005. Dein Bericht im Messie Forum über die Weihnachtstage hat mich sehr angesprochen und gefreut! Du / Ihr habt dieses Jahr einiges geschafft!

Liebe Grüße
Janna

Re:*Schlumpfine einen Zitrusfruchtsalat mit Vanillepulver drübergestäubt reiche*

emja, Donnerstag, 30.12.2004, 13:57 (vor 7066 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,


hab den Artikel nur überflogen . . .wichtig aber war zu sehn, wie es dir grade geht.
also: ich reiche dir den salat aus frischen ZITRUSFRÜCHTEN - mit Vanillepulver bestäubt zum Glücklichsein - und ich weiß, dass du es kannst und schaffst . . . . du hast es bereist mehrmals geschafft - und du weißt inzwiswchen sehr gut, wie und DASS du das kannst!! :o)


Ich knuddle dich ganz lieb [image] (wenn du magst!) - und bin mir ganz ganz sicher: du findest da raus!!


Ach ja . . . . daß es "einfach ist" hab ich extra NICHT gesagt - denn DAS ist es ganz sicher nicht - aber es ist dir MÖGLICH!! Visualisiere dein Ziel - versuche dein Wohlgefühl in dir zu erahnen... als was GANZ Positives . . .

Ganz liebe Grüße von


emja [image]
(auch 3 Kilo wegen Weihnachten zugenommen habe. . . . aber die gehn ab jetzt auch wieder weg! *zuversichtlichund entschlossenbin*)

Re: Rückfall - Danke@all

Schlumpfine, Donnerstag, 30.12.2004, 23:14 (vor 7066 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Mit-(M)Essies,

vielen Dank für Eure warmherzigen, mitfühlenden, mutmachenden, aufbauenden Worte.

Liebe Krimhild, neulich hast Du in einem anderen <a href=http://f50.parsimony.net/forum202819/messages/2519.htm>Beitrag[/link] an Janna etwas Wichtiges über das nicht-wollen-können im Zusammenhang mit ADS geschrieben. Du hast weiter geschrieben, dass die Erkenntnis als erwachsene Frau an diesem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom zu leiden, Dir geholfen habe, Dinge die Du - warum auch immer - tust oder lässt, anders wahrzunehmen und zu bewerten.

<font color="blue">"Habe meine Grenzen als solche akzeptiert [image] und halte sie nicht mehr für "Charakterschwäche". Ich erwarte jetzt nicht mehr, dass ich einfach stärker wollen muss, um so planvoll leben zu können, wie andere. Und dadurch war es mir möglich, neue Strategien zu entwickeln, um meine Möglichkeiten besser zu verwirklichen. Und das früher allein greifbare Problem Eßsucht verlor´an Stärke, der Zwang ließ nach. Je mehr ich meine Reaktionen als ADS-lerin verstand, umso besser konnte ich die Eßsucht loslassen, denn es gab immer weniger zu kompensieren. Klingt etwas konfus, aber klarer kann ich es noch immer nicht fassen.

Unterm Strich war die Diagnose eine Art Befreiung für mich. Schade, dass man nicht eher mehr darüber wußte, hätte mir wahrscheinlich einiges Leid in Ausbildung und Studium erspart..."</font>

Jetzt schreibst Du - und da stimme ich Dir zu - dass ich mit dem süchtigen Essen wieder aufhören kann, sobald ich es will. Da stimme ich Dir insoweit zu, dass es nach dem ersten Schock im Sommer tatsächlich meine Willenskraft war, die es mir ermöglicht hat, den körperlich quälenden Entzug durchzustehen. Nach meinem ersten Rückfall im Herbst fehlte mir dafür der Mut und ich bekam Gottseidank eine Magen-Darm-Infektion, die mit ihren Symptomen den körperlichen Entzug einerseits begünstigte und anderseits die Entzugssymptome mit den krankheitsspezifischen Beschwerden quasi überdeckte.

Was mir im Moment fehlt, ist die Fähigkeit des Wollen-Könnens. Hast Du als ADS-Frau auf dem Weg der Genesung und Selbstakzeptanz diesbezüglich Erfahrungen gemacht, die mir aus dieser Zwickmühle helfen können?

Liebe Kao, in dem, was Du über Fast-Food und andere Fressexzesse schreibst, habe ich mich deutlich wieder erkannt.

Einerseits erinnere ich mich an die wunderbare Leichtigkeit des Lebens mit genug (d. h. weder zuviel noch zuwenig) hochwertigen Lebensmitteln. Essen war kein Problem, sondern war eine Quelle von Kraft, Freude und Lebensqualität. Jetzt macht mir jede Mahlzeit, jeder Weg durch die Stadt, jeder Einkauf, jedes Alleinsein mit dem Kühlschrank Angst. Ich kämpfe um sauberes Essen - und verliere diesen Kampf wieder und wieder.

Anderseits sehe ich mich völlig außerstande, den körperlichen Entzug bis zu Ende durchzustehen. Heute mittag war es wieder so weit: Vor lauter Kopfschmerzen wusste ich nicht mehr ein noch aus. Mir war schwindelig und übel, ich war hochgradig licht-, lärm- und geruchsempfindlich und konnte kaum aus den Augen gucken. Weder Autogenes Training, noch Spazierengehen im Freien, noch Kaffee, noch starke Medikamente oder Bettruhe hatten geholfen - eine Currywurst mit Pommes und Mayo half sofort. Zwei Cheeseburger eine Stunde später beseitigten die letzten Nachwehen. Nur zwei Stunden danach hatte ich schon wieder quälenden Hunger. Ich beeilte mich, ihn mit Brötchen und Wurst zu stillen. Die Zeit vom Mittagessen gestern um 12 Uhr bis zur Currywurst heute mittag um 13 Uhr war mein dritter Anlauf zum Entzug in den letzten fünf Tagen - spätestens nach 36 Stunden bin ich jedesmal wieder eingeknickt - zuletzt nach 25 Stunden.

Ich fühle mich wie die allerletzte Versagerin, weil ich so dumm war, sehenden Auges in dieses Elend wieder hineinzulaufen und weil ich jetzt nicht den Mumm habe, den Entzug einfach durchzuhalten. Ich habe weder die Kraft noch die Ruhe und derzeit auch keineN UnterstützerIn IRL greifbar.

Liebe Janna, liebe Helga-Maria, danke für Eure Angebote zu chatten bzw. zu telefonieren. Leider ist es heute schon zu spät dafür. Wir drei sind soeben erst von einer Familienfeier zurück nach Hause gekommen. Morgen (Sylvester) ist hier wieder die Bude voll. Wie schon gesagt - so geht das fast pausenlos vom 22.12. bis zum 10.1.. Danach sind sechs Wochen Pause vor der nächsten Feier im Verwandten- und Freundeskreis. Ich halte es momentan für aussichtslos, unter solchen Bedingungen meinen Entzug zu machen. und versuche nur, bis zum 10. Januar nicht völlig die Kontrolle zu verlieren.

Liebe Emja, Zitrusfrüchte haben wir reichlich im Haus. Morgen früh werde ich damit den Tag beginnen. Das ist eine gute Idee, danke dafür.

Danke Euch allen, dass Ihr mir zutraut, aus diesem Sumpf wieder aufzutauchen. Was mir wirklich Mut macht, ist die Tatsache, dass seit letzter Woche die Tage wieder länger und die Nächte kürzer werden. Aus meinem langen Leben wei0 ich, dass in dieser Jahreszeit (erstes Halbjahr, etwa bis zur Sommersonnwende) meine körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte ständig zunehmen - als sei ich von Solarzellen angetrieben. Ich brauche keine Affenhitze (da werde ich eher träge), noch nicht einmal strahlenden Sonnenschein - aber natürliches Tageslicht, das brauche ich. Das Licht tut mir gut, es stärkt mich innerlich und äußerlich. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass ich nach der letzten Familienfeier schon wieder genug Sonne getankt haben werde, um den Entzug durchzustehen.

Möglicherweise ist Fasten ja eine hilfreiche Maßnahme - als ich im Herbst die Magen-Darm-Infektion hatte, haben meine Tochter und ich auch keine feste Nahrung zu uns genommen - sie wäre sowieso postwendend zurückgekehrt. Flüssige Nahrung wie Tee, Saftschorle, Wasser war beim "Rückwärtsessen" einfach weniger schmerzhaft. Appetit hatten wir sowieso nicht. Ja, ich glaube Fasten ist eine gute Idee - weniger zum Abnehmen, als zum zügigen Entgiften.

Ich werde versuchen, mich weiterhin regelmäßig hier zu melden. Eure Unterstützung tut mir sehr gut.

Gute Nacht - und die besten Wünsche für Eure eigenen Vorhaben von

Schlumpfine

die alle angebotenen [image] Umarmungen derzeit gerne annimmt und erwidert.

Re: Rückfall - Danke@all

Helga-Maria, Freitag, 31.12.2004, 00:18 (vor 7066 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumfine, [image]

Ich fühle mich wie die allerletzte Versagerin, weil ich so dumm war, sehenden Auges in dieses Elend wieder hineinzulaufen und weil ich jetzt nicht den Mumm habe, den Entzug einfach durchzuhalten. Ich habe weder die Kraft noch die Ruhe und derzeit auch keineN UnterstützerIn IRL greifbar.

1.) Du bist keine Versagerin, Du bist ein Mensch mit Stärken und Schwächen, und gerade letztere machen uns doch auch sympathisch, oder? [image]

2.) Das Angebot steht: Schreib, wann Du mal im chat bist, dann können wir auch Telefonnummern austauschen. Ich weiß ja nicht, wo Du wohnst, vielleicht ja in der Nähe? Daß Du keine Unterstützung im RL hast, ist eine äußerst schwierige Situation für Dich. Jemand müßte Deinen Verwandten mal klarmachen, was sie Dir antun. Hast Du es Ihnen schon mal deutlich gesagt? Vielleicht ist es ihnen einfach nicht bewußt. Wenn sie Dich wirklich lieben, Mensch, dann sollten sie langsam mal lernen, es auf andere Art und Weise auszudrücken als mit Essen.

Ich habe es da wohl einfacher, am Sonntag z.B. sind wir auf einem Besuch und ich habe vereinbart, daß wir das Essen mitbringen, sozusagen als Gastgeschenk. Auf die Idee muß man erst mal kommen, wäre mir früher nie eingefallen. Und die Familie hat sich inzwischen an das Montignac-Essen gewöhnt, ich zwinge sie auch nicht mitzuessen, koche zur Not zweimal.

Bei mir hat sich die Anschaffung eines Montignac-Kochbuchs wirklich gelohnt. Gewohnte Geschmäcker, da deutsche Küche, motzen tut keiner mehr, im Gegenteil. Inzwischen diätet sogar mein Vater, zwar nicht streng nach Montignac, aber er läßt auch den Zucker weg und ißt viel Vollkornbrot. Sogar unsere Optikerin hat schon Interesse an der Methode bekundet, weil sie gemerkt hat, daß es mir damit gut geht.

Daß ich jetzt schon 5 Wochen "durchhalte" liegt vor allem an den wirklich schmackhaften Rezepten in dem Kochbuch. Ohne würde ich recht phantasielos und einseitig kochen auf die Dauer. Ich freue mich den ganzen Tag auf das Abendessen, da ich - ganz gegen Montignacs Regel, flöt - abends warm koche. Somit fällt es mir relativ leicht, tagsüber auf gewisse Köstlichkeiten zu verzichten, weil ich ja weiß, abends krieg ich was viel Besseres. Ich will keine Werbung machen, aber vielleicht schnappst Du Dir auch mal ein Kochbuch nach Deinem Geschmack und hältst es Deinen Verwandten unter die Nase!?

Einfach mal Klartext reden? Sagen, ich werde mich ab sofort so und so ernähren? Ich möchte, daß Ihr so oder so kocht, ansonsten bringe ich mir was mit? Was meinst Du? Wären deine Verwandten beleidigt? Hätten sie Dich nicht mehr lieb? So schade das wäre: aber da müssen sie durch, es geht um Deine Gesundheit, und sie werden sich irgendwann auch wieder einkriegen! Wenn nicht, dann kannst Du Dich mit Recht fragen, ob da wirkliche Zuneigung im Spiel ist.

Ich halte es momentan für aussichtslos, unter solchen Bedingungen meinen Entzug zu machen. und versuche nur, bis zum 10. Januar nicht völlig die Kontrolle zu verlieren.


Ja, mach das so. Die Umstände sind bei Dir gerade nicht günstig, das sehe ich ein. Schwierig. Alternativ könntest Du auf die Verwandtenbesuche verzichten und Dich krank ins Bett legen, hm, da müßtest Du nicht mal simulieren, denn Dein Entzug ist ja nicht ohne. Mußt Du für Dich entscheiden, was Dir wichtiger ist, wobei es Dir im Endeffekt besser geht. (Ich persönlich würde mich allerdings lieber ins Bett legen, als diese ganzen Plicht-Verwandtenbesuche zu machen, die in dieser Zeit anstehen[image] )


Ich wünsche Dir von Herzen, daß es Dir bald wieder besser geht,


Viel Mut,

Helga-Maria

@Schlumpfine

Anneliese, Freitag, 31.12.2004, 07:37 (vor 7066 Tagen) @ Schlumpfine

Schlumpfine, ich bin beeindruckt, wie bevollmondet du bis jetzt mit Deinem "Rückfall" umgegangen bist.

Anneliese

Re: @Schlumpfine

Schlumpfine, Sonntag, 02.01.2005, 23:40 (vor 7063 Tagen) @ Anneliese

>
[quote]Schlumpfine, ich bin beeindruckt, wie bevollmondet du bis jetzt mit Deinem "Rückfall" umgegangen bist.
Anneliese
[/quote]

Was bitte bedeutet das Wort "bevollmondet", liebe Anneliese? Und wie geht es Dir jetzt weiterhin?

Liebe Grüße

[image] Schlumpfine

Re: Rückfall - Danke@all

airam, Freitag, 31.12.2004, 12:30 (vor 7065 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,

da ich vorhin spontan losgetippt habe und nicht las, was du hier schreibst, fange ich noch mal an *grins* - keine Sorge, nicht so langatmig..
[image][image][image][image][image][image][image][image][image]][image][image][image][image][image][image]
...da ich selber inzwischen weiß, dass es so gut tut, in den Arm genommen zu werden
Wenn ich höre, dass für dich der 'Entzug' solch grässliche Schmerzen verursacht, bin ich schon sehr geschockt und erschrocken -- ist es nicht grauenhaft, welche Macht diese 'ungesunden' Sachen über unser Leben haben????

Ich kann es kaum fassen,
dass die GESUNDHEIT eines Menschen so angegriffen wird/ist,
wenn jemand zum GESUNDEN Essen zurückkehren will
Was sind das eigentlich für URSACHEN?
HAbe ich das überlesen?
brrrrr. *schüttel*
Das macht mir ja noch mehr Horror vor einem 'Ausrutscher' --
oder sagen wir RESPEKT, so dass meine WACHSAMKEIT hoffentlich lange erhalten bleibt.

Helga-Marias [image] guten Ratschläge bzw. ihre Erfahrungen mit MM-Rezepten und Besuchen / EInladungen / Ablehnungen usw.
sind langfristig sicherlich auch für dich machbar.

Wenn wir uns WIE Alkohol-Vermeidende oder Diabetiker 'schützen' wollen/können/müssen ---> warum nicht??!!

Ich habe damit keine Probleme (mehr??!!!!),
MEINE ECHTEN Bedürfisse anzunehmen und zu nennen!!
Jauuu!!

Wünsche dir/euch alles Gute zum Durchhalten und Wieder-Anfangen!!

Eure<marquee bgcolor="#FFFF00" width="540" behavior="alternate" scrolldelay="70">--==airam [/link] [image]==--</marquee>[/b]</font>
für schnelle Info: [image]eMail[/link]

Re: Rückfall - vielleicht ist alles noch viel komplizierter ...

Siebenschläfer, Montag, 03.01.2005, 05:14 (vor 7063 Tagen) @ airam

Liebe Schlumpfine,

ratlos und besorgt habe auch ich deine Verzweiflung in und zwischen den Zeilen wahrgenommen.
Ratlos deshalb, weil auch ich mich wie airam frage, was ist das, was deine körperlichen Entzugsbeschwerden hervorruft ? Ich wage die Behauptung, daß es nach derzeitigem Stand der offiziellen Ernährungswissenschaft und Pathophysiologie keine Erkenntnissgrundlagen über harte Suchtschleifen von leichtverdaulichen KH gibt, die deine Leiden erklären würden ... , insofern gehen deine Vorwürfe an die "Fachwelt" ins Leere
Natürlich möchte ich dich nicht verletzen oder deine Wahrnehmungen in Frage stellen;
außerdem hatte mich der thread mit deiner Beteiligung zum Stichwort "schwarze Psychosomatik" im Messie-Forum ziemlich zum Nachdenken gebracht (und auch innere Widerstände bei mir ausgelöst).

Aber ein "zufällig" gehörter Vortrag über neue Forschungs-Mosaikbausteine zum Thema Übergewicht und Folgekrankheiten hat die Position "harter" biochemischer Grundlagen dazu bestätigt :

=> http://idw-online.de/pages/de/news94553
=> http://www.thieme.de/dmw/dgim2004/inhalt/mi/mihs1515ik_2.html

Insbesondere der Satz aus dem letzten link "...Eine Gewichtsabnahme ist nur möglich, wenn der "Setpoint" vom Gehirn verstellt wird, und dagegen "wehrt" sich das Gehirn mit zentralen Mechanismen vehement, indem es zum Beispiel Neurone, die zuviel Zucker melden, einfach abschaltet "silenced". ..." hat mich ziemlich beeindruckt, als Anhaltspunkt, wie schwer es ist , dem Teufelskreis zu entkommen.
Noch einige vereinfachte ergänzende Aussagen aus dem Vortrag :
- die massiven hormonellen Störsignale (Leptin und andere) aus der gewichtsmäßig "riesigen" Peripherie bringen das Gehirn aus dem Tritt
- ab einem bestimmten BMI (genetisch bedingt) schaltet das Gehirn die Blutzuckerregulation auf einen Notbetrieb "niedrigerer" Ebenen um
- durch eine Erhöhung des Aktivitäts-und Streßpegels *gg* kann die Glukosezuteilung für das Gehirn verbessert werden
- als besten derzeitigen Ausweg im Gegensatz zu den in den links erwähnten, noch unausgegorenen Neurotransmitter-Substitutionsexperimenten sah der Referent Verhaltenstherapie ! (von ihm nicht näher erläutert)

Liebe Schlumpfine, ist es nicht egal, welche biochemischen oder seelischen Sucht-Ursachen und welche beteiligten Moleküle letztlich auschlaggebend sind, wichtig ist die Erfahrung von dir und anderen : - der Mensch ist mehr als die Summe seiner Einzelteile
- Veränderungen sind möglich !

Mit den besten Wünschen, Siebenschläfer

Re: kurze Ergänzung

Siebenschläfer, Dienstag, 04.01.2005, 05:41 (vor 7062 Tagen) @ Siebenschläfer

Liebe Essies,

hier zur Information noch einer der Artikel von 2003, mit dessen Aussagen Schlumpfines Erfahrungen anscheinend korrelieren. => http://www.nutriinfo.de/artikeldetails.php?aid=1378
Es geht also um die Kombination Fett + (versteckte) Zucker (+Salz).
Wäre schon ein Hammer, wenn sich diese auf wenig Resonanz in der Wissenschaftswelt gestoßenen Aussagen bestätigen und durchsetzen würden.

LG, 7s

Re: Kombi FETT & Salz oder &Zucker kenn ich selbst von mir als obermies

emja, Dienstag, 04.01.2005, 12:06 (vor 7062 Tagen) @ Siebenschläfer

Danke für die infos
WIE man da wieder rauskommt? nur durch "Fett absetzen"...... SO kenn ich das von mir..

Also - die 3 Kilos "mehr" - die sind genau durch diese Kombination entstanden: fette&süsse Weihnachtsgebäcke und fette&starkgewürzte Kartoffelchips abends . . *grusel* . . . da nutz es auch wenig, wenn ich die fettreduzierten nehm . . . ist immer noch viel zu viel fett dabei :-/

Und da wieder von wegzukommen - ist gar nicht leicht!!!

Dazu kommt noch der Tageslichtmangel

Aber ich weiß für mich, daß ich es KANN!

Liebe Grüße an alle "Üpf-geplagten"


von


emja
die wieder viel frisches Obst und Gemüse & viiiiel gesunde Flüssigkeit dagegensetzt! Ach ja : Bewegung!! uhhhh . . . . wie schnell man in so nen ekel-unwohlfühl-Trott wieder reinschliddert! Und schlimmer noch: drin klebenzubleibendroht!!! :-( - da hilft nur neues Bewusstmachen.

PS: DANKE dafür, daß ihr mir das hier so vor Augen führt! :o)


@ Schlumpfine:
Also Schlumpfine, ich kann dir das nachempfinden - wenn es bei mir wahrscheinlich auch nicht so KRASS verläuft wie bei dir . . . *liebwinke*
Und die DREI Kilos sind auch nicht das Schlimme dran - - - sondern das Unwohlgefühl und das Erlahmen in jeder Hinsicht dabei.... *mannomann*!!!

Re: Rückfall - geordnetes Chaos von krimhild an Schlumpfine

krimhild, Montag, 03.01.2005, 14:07 (vor 7062 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,

Wie gesagt, ich habe keine klare Erklärung, noch weniger eine einfache Lösung für Dich - lediglich Denk-An-sätze dazu, die ich versuche, zu ordnen.
Ich war lange eßgestört, erst bulimisch, dann binge-eater bzw. (fr-)eßsüchtig. Vor zwei Jahren bekam ich die ADS-Diagnose.

Mir half u.a. sehr, daß mir klar wurde, als ADSlerin immer wieder auf der Suche nach dem Kick, nach Stimulation, zu sein, weil ich mich erst so "richtig" spüren konnte. Aber auch das Gegenteilige traf zu: Essen als Schutz vor Reizüberflutung. Ich habe meine ADS damals offenbar wesentlich mit Essen therapiert. Das Wissen um meine ADS-Veranlagung hat mich meine Abhängigkeiten (auch ich bin alkoholgefährdet *wink´zu den schon "Geouteten"*, jahrelang die halbe bis 3/4 Flasche Wein am Abend, manchmal mehr, scheint häufig bei ADSlern zu sein! Habe inzwischen auch damit aufgehört, im Zuge der Diagnose)in einem neuen Licht sehen lassen.

Was mir im Moment fehlt, ist die Fähigkeit des Wollen-Könnens. Hast Du als ADS-Frau auf dem Weg der Genesung und Selbstakzeptanz diesbezüglich Erfahrungen gemacht, die mir aus dieser Zwickmühle helfen können?

Oje, wie drücke ich es denn nun aus, die Sache mit dem Wollen-können?

Vielleicht so: mir wurde klar, dass mein Willen zwar da ist, aber seine Verfolgung immer wieder Grenzen in der ADS hat.
Für mich heißt das, ich muss mir eine oder mehrere "äußere Sicherungen" einbauen, um meine Ziele zu erreichen. Und immer wieder daran denken, dass mein Abrutschen ins Chaos, wenn ich nicht aufpasse, vorprogrammiert ist.
Konkret: im Beruf brauche ich klare Vorgaben, Pläne, um immer wieder den Blick auf die Prioritäten werfen zu können (und nicht plötzlich festzustellen, dass ich mich im Unwesentlichen verloren habe, weil es gerade sooo spannend war, noch weiterzulesen usw.).

Essen: Der OA-Ansatz hat mir geholfen, diese Art "Commitment" auf 3 (bei mir 4 [image]) Mahlzeiten. Damit bin ich einen Schritt von den ständigen süchtigen Zwangsgedanken weggekommen. Aber das allein reichte nicht aus.

Hilfreich war für mich auch zu merken, dass ich stark dazu neige, mein Leben um ein Problem zu organisieren. Mein Schwerpunkt im Leben war jahrelang meine Eßabhängigkeit - diese Problem ging ich jeden Tag von neuem an, viele andere Dinge mußten warten, weil ich zu "beschäftigt" war, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Hier befand ich mich auf sicherem Terrain, in diesem Problem kannte ich mich aus, während ich mir da beim Rest meines Lebens nicht so sicher war... Ich mochte meine ES vielleicht deshalb auch lange nicht aufgeben, denn worum sollte ich mir dann Sorgen machen, was hätte mein inneres und äußeres Chaos strukturiert?

Ich kämpfe um sauberes Essen - und verliere diesen Kampf wieder und wieder.

Wenn ich das höre, kommt die alte Verzeiflung wieder in mir hoch. Damals wollte ich genau das unbedingt auch: perfektes sauberes Essen, wie ein "trockener" Alkoholiker. Ich bin wieder und wieder gescheitert, habe jedes Scheitern mit Essen kompensiert, jeder Fall war gefühlsmäßig "tiefer" als der davor. Allein die Vorstellung, ein Leben lang ohne "x" und ohne "y" leben zu müssen, reichte, um meinen Rückfall auszuweiten.
Aber auch das ADS, das mich immer wieder feststellen ließ, plötzlich und ohne es zu merken (ehrlich!), mal wieder gegessen zu haben. So aß ich z.B. so nebenbei eine ganze Familienpackung und bemerkte es erst, als die Verpackung leer neben mir lag. Sättigung? Gar nicht wahrgenommen, war zu beschäftigt mit der "Haupttätigkeit" des Lesens.

Die ADS-Diagnose führte dazu, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Ich habe begonnen, "besser" zu mir zu sein, mich nicht länger für alle wirklichen und eingebildeten Unzulänglichkeiten zu bestrafen.
So begann ich auch, besser zu essen, habe mich gefreut, wenn ich freiwillig mehr Obst und Gemüse aß, weil ich es plötzlich mochte, nicht nur "musste", um im Plan zu bleiben. Die Lust auf Süßigkeiten nahmen in dem Maße ab, in dem ich neue Lebensmittel entdeckte, die ich mochte, obwohl sie "gesund" waren.

Bewußtheit gehörte auch dazu, die erfahrende Feststellung, dass Zucker mal ein Gewürz war, und dass Marzipan z.B. einfach nur seeeeehr süüüüß ist und der Wunsch nach Süßem mit immer weniger davon zu befriedigen ist. Aber ganz sicher auch das Ende der Verbote, Süßes zu essen, perfekt sein zu müssen.

Anderseits sehe ich mich völlig außerstande, den körperlichen Entzug bis zu Ende durchzustehen. Heute mittag war es wieder so weit: Vor lauter Kopfschmerzen wusste ich nicht mehr ein noch aus. Mir war schwindelig und übel, ich war hochgradig licht-, lärm- und geruchsempfindlich und konnte kaum aus den Augen gucken.

Entzug: bei mir gab / gibt es diese Symptome auch, allerdings sind sie nicht auf Zucker / Weißmehl beschränkt, sondern erschienen dann, wenn ich nach einer längeren Phase der Völlerei plötzlich kalorisch viel weniger aß. Könnte vielleicht, da Du nach Deiner Schilderung im Rückfall nicht nur viel Zucker, sondern insbesondere viel Fett zu Dir nimmst, auch eine Reaktion der Leber / Bauchspeicheldrüse sein?
Könntest Du für Dich (allein vom Gefühl her) einen langsamen Übergang zur "besseren Selbstbehandlung" akzeptieren? Oder ist das Gefühl, entweder ich entziehe sofort und total oder ich MUSS wieder Zucker / Weißmehl usw. essen, übermächtig? Glaubst Du, nur mit 100%iger Abstinenz geht es weiter?

Ich habe weder die Kraft noch die Ruhe und derzeit auch keineN UnterstützerIn IRL greifbar.

Wie wichtig bist Du für Dich? Wie gut geht es Deinen Lieben, wenn es Dir nicht gut geht? Wie verändert Dich Dein Rückfall im Umgang mit anderen?
Fragen, die keine Posting-Antwort erwarten, sondern nur Deine ganz persönliche Antwort...
Ich kann Dir anbieten, am Tage immer wieder in Mailbriefkasten und/oder Forum zu schauen (DSL-Flatrate macht´s möglich!), wenn Du möchtest.
Wie auch immer Du Dich entscheidest, ob Totalentzug oder langsame Veränderung, biete ich Dir meine Hilfe an.
Ich bin zwar nicht perfekt und werd´s nicht mehr werden, aber vielleicht hilft´s ja trotzdem weiter?

Du bist wichtig jetzt.
Sei für Dich da, o.k.? [[

Lieben Gruß
krimhild

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