Re: Feintuning - Frage zum ´Aufräumen mit Cleanie-Blick´ (Allgemein)

Schlumpfine, Samstag, 10.01.2009, 16:00 (vor 5592 Tagen) @ Odille

Herzlichen Glückwunsch, liebe Odille, zum bewältigten Verschieberle!

Was genau fällt dir auf, wenn du deinen "Cleanie-Blick" einschaltest?
Ich erlebe mich da geradezu als betriebsblind in unseren vier Wänden.

Heute morgen war - ohne Termin - ein Handwerker hier. Ein Nachbar, der mit meinem Vater (=Vermieter) darüber gesprochen hat, abschließende Elektroarbeiten nach der geänderten Wasserzufuhr auszuführen. Da meine Eltern (warum auch immer?!?!?) nicht im Telefonbuch stehen, wollte er zuerst nur deren Telefonnummer.

Panikattacke Nr. 1!

Am Telefon lagen:
- Drei Kugelschreiber, die nicht geschrieben haben und zwei abgebrochen Bleistifte,
- Jede Menge Prospekte und Werbematerial
- Nicht abgelegte, geöffnete Briefe
- Ein MP3-Player, ein USB-Stick und ein Handy (von Kind1)
- Ein Duplo-Müllmann und zwei Matchboxautos (von Kind2)
- Ein gebrauchtes Tempotuch von einem unserer unsichtbaren Mitbewohner Weiß Nicht oder Ich Nicht!

Nicht dort war:
- Ein Stift, der geschrieben hat
- Der neu angeschaffte Notizklotz

Vor dem Telefon, im Eingangsbereich lagen:
- Ein Paar Schlittschuhe
- Drei Paar nasse Schuhe
- Ein Schulranzen
- Ein Wickelrucksack
- Ein Schwimmbeutel
- Zwei Jacken
- Ein Pullover

Über dem Telefon, auf dem Dielenschrank, lagen:
- Bergeweise Mützen, Schals und Handschuhe, die auf der regulären Ablage keinen Platzmehr gefunden hatten (ich erspare Euch und mir, jetzt noch aufzulisten, was dort alles liegt)
- Zwei Schulbücher
- Ein Geldbeutel
- Make Up
- Ein Postpaket, das gestern geliefert und noch nicht ausgepackt wurde
- Verpackungsmaterial für ein Geschenk, das gestern eingepackt wurde,
- darunter: * Eine Schere, die ich in der Küche schon vermisst hatte * Ein Klebestreifenabroller, der in meinem Büro fehlt * Eine Rolle Geschenkpapier, das woanders einen festen Platz hat
- Eine Vase (die dort stehen soll)
- Ein Trockenblumenstrauß (der dort liegen soll)
- Eine Lampe aus demselben Material wie die Vase (die als dekratives Ensemble mit Vase und Trockenblumen als einzige berechtigt ist, dort zu sein).

Panikattacke Nr. 2:

"Darf ich mir den Anschluss mal eben ansehen? Dann weiß ich, welches Material ich bestellen muss." fragte der hilfsbereite Nachbar freundlich. Also ging ich mit ihm 'runter in den Keller, der zum Glück seit der Aktion mit dem Wasseranschluss noch aufgeräumt war. Sogar die Kellertreppe war fast frei!

Die Tür zum Büro habe ich im Vorbeigehen schnell geschlossen, denn hier sieht es wirklich aus wie nach einem Überfall.

An der Außenwand zur Straße fand der Mann sehr schnell alles, was er wissen wollte und fragte dann: "Gibt es hier auch Strom?"

"Nicht in diesem Raum." antwortet ich, woraufhin er sich auf die Suche nach einer Steckdose machte. Sein Haus hat denselben Grundriss wie unseres, also kannte er sich aus.

Zuerst schaute er ins Büro, bevor ich das verhindern konnte.

Dann in den Heizungskeller (wo seit Jahren und Jahrzehnten Berge von Krempel gestapelt liegen)

Zuletzt wurde er in der Waschküche fündig - die ich für meine Zwecke ausreichend sauber finde, wo aber zwei Haufen vorsortierte Wäsche auf dem Boden lagen und ein Korb voll Altkleidern darauf wartet, außer Haus geschafft zu werden.

Die Blicke des Mannes sprachen Bände!!!

Ich bin fast im Boden versunken.

Und dabei war ich vor diesem Kurzbesuch der Auffassung, dass es mit dem Chaos hier Zuhause längst nicht mehr so schlimm ist, wie noch vor vier Wochen oder vor acht Jahren. Aber es ist auch noch weit von dem entfernt, was Menschen aus unsrem Kulturkreis als "normal" ansehen. Das ist mir heute morgen wieder einmal sehr deutlich geworden.

Deshalb interessiert es mich so sehr, was dir, liebe Odille, und anderen MMs auffällt, wenn sie sich in einer Wohnung (es muss ja nicht die eigene sein) "mit eingeschaltetem Cleanie-Blick" umsehen.

Was mir immer sofort auffällt, sind:
- üble Gerüche nach Müll, Exkrementen, schmutziger Wäsche, ungepflegten Haustieren o.ä.
- schmutzige und/oder fleckige und/oder beschädigte Handtücher, Kissen, Decken und andere Textilien
- schmierige und/oder klebrige Lichtschalter, Türklinken, Geländer u.ä.
- schmutzige Badkeramik bzw. -armaturen
- streifige Spiegel und Glasflächen

Was mir erst auffällt, wenn es mir in den Augen hängt oder in die Suppe fällt, sind Staubmäuse und/oder Spinnweben. Die sehe ich von selbst einfach nicht - erst wenn mich jemand mit der Nase drauf stößt.

Auch über "richtiges" Kinderspielzeug und trockene Abfälle (Altpapier, geschlossene, leere Pfandflaschen, Korken o.ä.) kann ich mit großer Ausdauer hinwegsteigen, weil mein Jüngster sie mit noch mehr Ausdauer als Spielmaterial im ganzen Haus herumschleppt. Dass eine leere Klorolle ein Fernrohr sein kann, ist ja wohl völlig klar und dass man mit einem Beutel voller Leergut und leerer Verkaufsverpackungen (Reiskartons, Puddingkartons, mit bunten Bildern, die zeigen, was darin war) ganz wunderbar Einkaufen spielen kann, kann auch sehr gut nachvollziehen. Ihr doch auch, oder? Da bin ich vielleicht nicht streng genug und ziehe die nächste Generation Nachwuchs-Messie heran, aber ich finde es einfach angenehmer, mich mit einem zufrieden spielenden Kleinkind, das voller Hingabe den Inhalt des Altpapiersammelbehälters auf dem Teppich verstreut und dabei sehr kreative, neue Verwendungsmöglichkeiten für die zahllosen Päckchen, Blätter und Röhren findet, in einem Raum aufzuhalten, als jedem Schnipsel hinterherzujagen und dabei ein unzufriedenes Kind zu trösten. Und das Zeug konsequent jeden Abend wegzuräumen, wenn der Kleine schläft, dafür bin ich oft einfach zu müde nach einem langen Tag an der Seite eines unternehmungslustigen kleinen Weltentdeckers.

Dass das Ergebnis solcher Spiele für Cleanies etwas gewöhnungsbedürftig ist, kann ich mir gut vorstellen. Meine Sichtweise ist eben eine andere. Und ich beneide alle, die zwischen dieser und jener Wahrnehmung hin- und her wechseln können.

Wo seid Ihr empfindlich oder blind, liebe MMs? Worauf achtet ihr, oder was überseht ihr immer wieder?

Danke für eure Antworten!

[image] Schlumpfine
(die lieber nicht darüber nachdenkt, was der hilfsbereite Nachbar mit meinem Vermieter (=Vater) am Telefon über uns spricht)


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