Re: Ruhe bewahren (Angehörige)

Gikpsy, Dienstag, 19.09.2006, 23:24 (vor 6439 Tagen) @ luna

Hi Luna,

ich kenn das. Bin auch am verzweifeln. Nur wir haben dazu noch 2 Kleinkinder. Ich raste auch immer wieder mal aus. Mein Mann hat dazu noch schwerwiegendste Depressionen (war auch schon 3 Monate stationär).

Meine Akkus waren jetzt total ausgebrannt (eine der beiden Töchter ist auch noch Modell "Supernanny"). Da wollte ich auf Kur gehen. Aber ich hatte Angst davor, nach 3 Wochen in eine verwahrloste Wohnung zurück zu kehren. Leider gibt es für solche Fälle keine Haushaltshilfe von der Krankenkasse, die wenigstens mal ab und zu nach dem Rechten sieht. Ohne die wäre der Kurerfolg innerhalb von 5 Minuten nach meiner Rückkehr wieder zunichte gewesen. Wir sind dann einfach mit der Diagnose "Messie" für meinen Mann auf Familienkur gegangen. Anders hätte ich es keinen Tag länger ausgehalten.

Das mit den getrennten Zimmern geht bei uns leider nicht. Dazu ist die Wohnung zu klein. Aber ich überlege mir wirklich ernsthaft, ob ich meinen Mann nicht mal für ein halbes Jahr in eine eigene Wohnung schicke, damit er das Haushaltführen erst mal lernt. (Er ist mit 34 Jahren von zu Haus ausgezogen und bis dahin hat ihm seine Mutter so ziemlich alles gemacht. Er mußte bis dorthin niemals einen Teller in die Spülmaschine tun oder die Wäsche in den Wäschekorb...) Ich denke mal, daß der Messie meinem Mann anerzogen wurde. Er war als Kind viel krank und durfte sich nicht bewegen, da sind alle gerannt um den "armen Bub" zu verhätscheln.

Aber ich mache das jetzt wie mit der Erziehung der Kinder (Tipp meiner Kinder- und Jugendpsychologin). Alles was länger als einen Tag unaufgeräumt herumliegt kommt in einen blauen Müllsack und der wird immer freitags entsorg. Und ich bin da so radikal, es ist mir auch egal, ob da Fahrzeugpapiere, Stempelkarten oder Schuhe mit in den Müll gehen. Bis Freitag hat er dann noch die Möglichkeit, diesen blauen Sack auszuräumen, aber ich erinnere ihn daran nicht. Da muß er dann schon selbst dran denken, was bei Messies ja auch schwer ist. Ich halte das Chaos nicht mehr aus.

Mein Mann schafft es innerhalb einer viertel Stunde meiner Abwesenheit, die vorher geputzte Wohnung in Schutt und Asche zu versetzen.

Da heißt es immer, man soll das Verhalten des Messies akzeptieren und nicht verändern, aber wenn ich mich schämen muss, daß bei mir Unordnung herrscht und dadurch niemanden mehr in die Wohnung lasse, ist mir das eindeutig zu viel Auswirkung auf meine Privatsphäre. Und meine Kinder sollen ja auch zur Ordnung erzogen werden. Das geht nicht, wenn sie sehen, der Papa verwüstet alles.

Die Therapeutin aus der Kur meinte, ich solle doch mal einfach ein paar Wochen streiken. Aber dann sind wir wirklich fernsehreif. Und wem hab ich dann eine Lektion erteilt? Doch nur mir, die dann nach dieser Zeit das 10-fache an Chaos zu entfernen hat. Sie wollte meinem Mann dafür die Augen öffnen, daß er vielleicht doch die ein oder andere Verantwortung übernimmt. Das ist schwierig bei einem Menschen, der noch nicht einmal so selbständig ist, nach dem Gang zur Toilette zu spülen, oder der es noch nicht einmal merkt, daß er daneben gepinkelt hat. Der Besuch der sich dann noch zu uns traut wird wohl kaum sagen "ach der arme Familienvater ist Messie, der kann das halt nicht", sondern es wird eher heißen, die faule Mutter hat schlampig geputzt. Denn das Umfeld hält mich für total bescheuert und übertreibend, wenn ich mal unser Problem erwähnen sollte.

Wir haben übrigens auch schon schriftliche Verträge gemacht. Der eine ist für die Ordnung im einen Zimmer zuständig, der andere für das andere. Mein Mann durfte sich die Einteilung sogar aussuchen, um nicht die Ausrede zu haben, er hätte das nicht vereinbart und gewollt. Ebenso ob er wochenweise, tageweise oder zimmerweise mit aufräumen dran ist. Genutzt hat's nichts. Da kamen die tollsten Ausreden. (Keine Zeit, Überstunden im Büro, Was, war da was zum Aufräumen? Hab ich nicht gesehen...) Mit dieser Lösung geb ich Dir nicht viel Hoffnung.

Ich hab ihn jetzt soweit, eine Therpaie anzufangen. Er hatte zwar 2 Jahre lang Therapie wegen der Depression, aber das Thema Messie wurde da nie aufgegriffen. Ich hoffe mal, daß dies was bringt.

Die Psychologen geben mir immer nur den Rat, den ich jetzt mindestens schon 5x gehört hab, ich sollte mich doch einfach scheiden lassen. Aber dann hab ich andere Probleme. Besonders wenn die Kinder dann das Wochenende bei ihrem bis dorthin verwahrlosten Vater verbringen sollen/wollen/dürfen. Und das Problem meines Mannes - nämlich unfähig zu sein, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen - ist ja damit auch nicht behoben.

Ich wünsch Dir viel Erfolg

hallo m. und pure
vielen dank für eure ratschläge :-)
inzwischen habe ich eine lösung gefunden, hoffe ich zumindest.
habe ihm einen langen brief geschrieben und das hat dazu geführt, dass wir endlich reden konnten, was vorher immer unmöglich war.
wir versuchen jetzt gemeinsam eine lösung zu finden.
für die gemeinsamen bereiche wird ein plan gemacht, wer was und wann aufräumt und putzt und im eigenen zimmer kann jeder machen was er will. das wäre eigentlich ursprünglich schon so abgemacht gewesen, hat aber leider bis jetzt nie funktioniert.
falls das trotz meiner unterstützung und motivation nicht funktioneren sollte suchen wir halt zwei wohnungen, wo jeder seine eigene "ordnung" haben kann :-)
lg
luna

Hallo,Luna!
1.Ich empfehle Dir die Bücher von Sandra Felton.
2.Du verläßt ihn nicht , indem Du Dir eine eigene Wohnung nimmst, viele Leute wohnen in 2 Wohnungen, und sind fest zusammen.
Evtl. hilft die eigener- Bereich- Lösung: Du hast ein eigenes Zimmer, er hat ein eigenes Zimmer, wo jeder tut , was er will, und es gibt einen festen gemeinsamen Bereich, für den feste Regeln gelten. Seinen Kram schmeißt Du dann konsequent einfach durch seine Zimmertür.

viele Grüße von
m.


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