Re: ist mein sohn ein messie? (Angehörige)

Andrea, Freitag, 29.08.2008, 03:59 (vor 5743 Tagen) @ Birgit

doch aufräumen wenn er auf arbeit ist
und einen vertrauensbruch riskieren

Falls Du gegen den Willen Deines Sohnes in seine
Wohnung eindringen willst, so planst Du einen
Hausfriedensbruch – also eine Straftat – gegen
Deinen Sohn.

Auch wenn die Wohnung danach erst einmal ein
paar Tage ordentlich sein sollte, ist es nicht
ersichtlich, wie ihm dies mittelfristig helfen
soll, zu lernen, Ordnung zu halten.

Personen, in deren Wohnung eingebrochen wurde,
begeben sich danach teilweise jahrelang in Therapie,
ähnlich wie bei einer Vergewaltigung:

„Ein Einbruch in die eigenen vier Wände verursacht
bei vielen Menschen einen grossen Schock. Dabei
machen den Betroffenen die Verletzung der Privatsphäre,
das verloren gegangene Sicherheitsgefühl und auch
mögliche psychische Folgen, die nach einem Einbruch
auftreten können, häufig mehr zu schaffen als der
materielle Schaden.“

http://www.kapo.sg.ch/etc/medialib/publikationen/kantonspolizei/sicherheitsberatung.Par...

„Waschzwang … Die meisten Opfer beginnen damit,
die Wäsche zu waschen, von der sie vermuten,
dass sie der Täter in der Hand gehalten hat.
Viele stellen die Möbel um oder tapezieren
die ganze Wohnung neu. "Man muss nicht 85 sein,
um durch einen Einbruch traumatisiert zu werden",
erläutert Jesionek. "Das ist auch bei jungen
Menschen oft der Fall." "Ich träume nachts davon,
wie der Mann vor dem Wäschekasten hockt und
jede Unterhose einzeln aus dem Kasten nimmt und
betrachtet", erzählt eine 41-Jährige. Unbekannte
sind über die Terrassentür ihres Einfamilienhauses
eingestiegen. Sie stahlen kaum Nennenswertes.
Viele Opfer stopfen nach einem Einbruch ihre
Wäsche in die Waschmaschine, noch bevor sie mit
den Aufräumarbeiten beginnen. Sie schrubben
den Boden, wischen Möbel ab, waschen das Geschirr.“

http://www.kripo-online.at/krb/show_sel.asp?sel=1&aus=67

Hier ist nicht die Wegnahme von Eigentum der eigentliche
Schaden, sondern die Vorstellung, daß eine andere Person
ohne Einverständnis oder Kontrolle in der eigenen Wohnung
alles Mögliche angefaßt oder betrachtet haben könnte.

Und falls die Persönlichkeit oder der Stil von Eltern
die Ordnungsstörung der Kinder mitverursachen sollte,
dann wird es vielleicht auch nicht weiterhelfen, wenn
dieser Einfluß dann nach einem Auszug fortgesetzt wird.

Schließlich kann sich hinter dem demonstrativen
Helfen-Wollen doch auch ein aggressiver Akt verbergen:
„Wenn Deine Wohnung nicht so aussieht, wie ich es will,
dann werde ich sie mit Gewalt so umformen.“

Damit will ich gar nicht in Abrede stellen, daß Dein
Sohn sich durch Unordnung selber schädigt. Aber es ist
nicht klar, ob eine zu aggressive Einmischung eine Hilfe
darstellt. Es hilft einem Alkoholiker ja auch nicht langfristig,
wenn man alle seine Schnapsvorräte einmal in den Ausguß kippt.
Und es gibt auch kein anderes Patentrezept.

Vielleicht muß Dein Sohn einfach selber erst einmal einen Tiefpunkt
erleben, um zu erkennen, daß er das Thema der Ordnung ernst
nehmen muß.

Es bedarf eigentlich zweier Schritte: Dein Sohn muß Ordnung
halten wollen, und er muß in der Lage sein, dann auch
selber aufzuräumen. Vermutlich wird keiner dieser beiden
dadurch gefördert, wenn jemand anders gegen seinen Willen
einmal oder wiederholt in seiner Wohnung aufräumt.

Natürlich könntest Du Deine Sohn auch vorher fragen, ob er
damit einverstanden wäre, wenn Du bei ihm aufräumst und sauber
machst. Das wird dann vielleicht wiederholt oder dauerhaft
nötig sein. Dann wärst Du seine unbezahlte Putzfrau. Das klingt
auch nicht so wünschenswert.


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