Angst, dass andere dass Chaos sehen (Angehörige)

Sanne, Samstag, 10.09.2005, 16:30 (vor 6809 Tagen)

Hallo an euch alle,

heute bin ich zum ersten Mal auf eurer Homepage. Natürlich hat mich das Interesse und das Selbst-Betroffen-Sein hierher geführt.

In meiner Familie ist es mein Vati, der Messie ist - ein Sammler-Messi. Ich bin damit groß geworden und habe auch immernoch den vielen Kummer im Nacken, den diese Tatsache uns beschert hat. Meiner Mutter und mir war dies all die Jahre immer sehr, sehr unangenehm gegenüber Mitschülern oder Arbeitskollegen. Wir haben immer Dienstreisen oder Krankenhausaufenthalte meines Papas dazu genutzt, einige seiner gesammelten Werke aus dem Hause zu schaffen. Dies hat dann immer Streit mit ihm nach sich gezogen...

Er argumentiert immer so, dass er doch nur an die Zukunft und das Wohl der Familie denke; dass er deswegen bei Wind und Wetter draußen umherzieht, um Dinge heranzuschaffen, die wir ja mal brauchen könnten. Mittlerweile dominieren die vielen Sachen das Einfamilienhaus. 3 Räume sind nur noch "Lagerraum" und das Gartengrundstück sieht auch nicht besser aus.
Von den Nachbarn sind gelegenlich verletzende Äußerungen zu hören. Wenn wir meinen Papa daraufhin ansprechen, doch gemeinschaftlich für Ordnung zu sorgen, dann gibt es meistens einen ordentlichen Streit. Irgendwann sitzt man nur noch resigniert vor dem großen Berg Ärger und Chaos.

Bis vor meinen arbeitsplatzbedingten Auszug vor 7 Jahren, haben ich mich auch aus diesem Grund von Mitmenschen zurückgezogen. Ich habe keine Mitschüler mit nach Hause gebracht, weil ich Angst hatte, mich zu blamieren. Auch bin ich abends wenig ausgegangen, weil ich aus Scham (vorbeugend) keine neuen Kontakte knüpfen wollte.

Das Problem in der elterlichen Wohnung ist natürlich geblieben. Meine Mutti versucht alles, um trotzdem einen "ansehnlichen Schein" zu bewahren - nur macht sie sich dabei seelische und körperlich immer weiter kaputt.

Meinen Freund weiß nach 2 und 1/2 Jahren nicht viel von den Umständen und kennt auch nicht das elterliche Grundstück. Ein wenig musste ich ihm irgendwann natürlich erzählen, weil er nicht verstand, warum wir immer gerade nicht meine Eltern besuchen konnten. Da mein Freund immer wieder seine ernsthaften Absichten bekundet, mit mir eine Familie gründen zu wollen, steht das gegenseitige Kennenlernen der Eltern vor der Tür... Ich darf da garnicht darüber nachdenken... Meine Mutti steht - nochmehr als ich - erhebliche Ängste aus, dass dies eine riesen Blamage wird
...Und mein Papa ist für Gespräche - sein "Problem" betreffend - nicht zugänglich. Man sagt ja, Messies, haben Schäden in der Seele, darum stopfen sie sie auf ihre Weise. Leider lässt er sich nicht helfen, damit es ihm besser geht. Stattdessen wird der Kummerberg bei meiner Mutti und mir immer größer...

Nun wollte ich euch wenigstens wegen der aktuellen Situation fragen: War vielleicht jemand von euch bereits in einer ähnlichen Situation? Also dass ihr euch oder euren betroffenen Angehörigen einem Außenstehenden offenbaren musstet, weil ihr sonst einen geliebten Menschen vor den Kopf verletzen würdet oder weil ihr euch die Zukunft verbauen würdet?

Ein paar Worte aus eurer Erfahrung würden mir gewiss helfen, wieder etwas mehr Land zu sehen
Seid alle herzlich gegrüßt
Sanne

Avatar

Re: ... andere dass Chaos sehen

Micha @, Samstag, 10.09.2005, 17:05 (vor 6809 Tagen) @ Sanne

Hallo an euch alle,

Hallo Sanne !

heute bin ich zum ersten Mal auf eurer Homepage.<
Natürlich hat mich das Interesse und das Selbst-Betroffen-Sein hierher geführt.<

Natürlich - ist es eben leider nicht :-(

In meiner Familie ist es mein Vati, der Messie ist - ein Sammler-Messi. Ich bin damit groß geworden und habe auch immernoch den vielen Kummer im Nacken, den diese Tatsache uns beschert hat. Meiner Mutter und mir war dies all die Jahre immer sehr, sehr unangenehm gegenüber Mitschülern oder Arbeitskollegen. Wir haben immer Dienstreisen oder Krankenhausaufenthalte meines Papas dazu genutzt, einige seiner gesammelten Werke aus dem Hause zu schaffen. Dies hat dann immer Streit mit ihm nach sich gezogen...<

Das ist für mich eher "natürlich" bzw. logisch .
Jeder andere Mensch würde auch danach mit seinen (eben gar nicht so) Lieben streiten

Er argumentiert immer so, dass er doch nur an die Zukunft und das Wohl der Familie denke; dass er deswegen bei Wind und Wetter draußen umherzieht, um Dinge heranzuschaffen, die wir ja mal brauchen könnten. Mittlerweile dominieren die vielen Sachen das Einfamilienhaus. 3 Räume sind nur noch "Lagerraum" und das Gartengrundstück sieht auch nicht besser aus.<

Hat er den eine "geleistete Rettung" als Argument auf seiner Seite ??!
<small>( ich meine - hat er mal jemandem mit etwas aus seinem Fundus helfen könnnen ? </small>

Von den Nachbarn sind gelegenlich verletzende Äußerungen zu hören. Wenn wir meinen Papa daraufhin ansprechen, doch gemeinschaftlich für Ordnung zu sorgen, dann gibt es meistens einen ordentlichen Streit. Irgendwann sitzt man nur noch resigniert vor dem großen Berg Ärger und Chaos.<

Stimmt , du bist ( wie ich ) ausgezogen .
Aber Ehepartner bzw. Minderjährigen können das nicht .

Bis vor meinen arbeitsplatzbedingten Auszug vor 7 Jahren, haben ich mich auch aus diesem Grund von Mitmenschen zurückgezogen. Ich habe keine Mitschüler mit nach Hause gebracht, weil ich Angst hatte, mich zu blamieren. Auch bin ich abends wenig ausgegangen, weil ich aus Scham (vorbeugend) keine neuen Kontakte knüpfen wollte.<

Kenn ich .

Das Problem in der elterlichen Wohnung ist natürlich geblieben. Meine Mutti versucht alles, um trotzdem einen "ansehnlichen Schein" zu bewahren - nur macht sie sich dabei seelische und körperlich immer weiter kaputt.<

Sorry , aber das eine ist deines Vaters Problem und dann hat deine Mutter ein anderes damit = sind zwei paar Schuhe .

Meinen Freund weiß nach 2 und 1/2 Jahren nicht viel von den Umständen und kennt auch nicht das elterliche Grundstück. Ein wenig musste ich ihm irgendwann natürlich erzählen, weil er nicht verstand, warum wir immer gerade nicht meine Eltern besuchen konnten. Da mein Freund immer wieder seine ernsthaften Absichten bekundet, mit mir eine Familie gründen zu wollen, steht das gegenseitige Kennenlernen der Eltern vor der Tür... Ich darf da garnicht darüber nachdenken... Meine Mutti steht - nochmehr als ich - erhebliche Ängste aus, dass dies eine riesen Blamage wird...<

Also ich denke , es ist genauso , wie wenn jemand aus der Familie ne "anerkannte Krankheit" hat .

Ob Alkoholiker , Drogensüchtig , Depressiv oder oder oder Es hat Einfluß auf die "anderen / gesunden" Mitgliedern .
Manchmal ist auch eine "Co-Abhängigkeit" vorhanden .

Im WIKI ( Klicklink ) gibt es "Besonders Lesenswerte Beiträge" ,
es sind 2 Themenblöcke :
<li> TextCopien
<li> PostingsTexte

...Und mein Papa ist für Gespräche - sein "Problem" betreffend - nicht zugänglich. Man sagt ja, Messies, haben Schäden in der Seele, darum stopfen sie sie auf ihre Weise. Leider lässt er sich nicht helfen, damit es ihm besser geht. Stattdessen wird der Kummerberg bei meiner Mutti und mir immer größer...<

Da gibt es mehrere Möglichkeiten .. hier im Forum zb :
eine Vernetzung der Angehörige bzw. Co-Betroffenen d.h. Selbsthilfegruppen
Oder auch Angehörigen-Treffen zb in Böblingen , Hessen ,

Nun wollte ich euch wenigstens wegen der aktuellen Situation fragen: War vielleicht jemand von euch bereits in einer ähnlichen Situation? Also dass ihr euch oder euren betroffenen Angehörigen einem Außenstehenden offenbaren musstet, weil ihr sonst einen geliebten Menschen vor den Kopf verletzen würdet oder weil ihr euch die Zukunft verbauen würdet?

Da hilft dir / ihm vielleicht diese 2 Link
index.php?id=90780
index.php?id=90781

Ein paar Worte aus eurer Erfahrung würden mir gewiss helfen, wieder etwas mehr Land zu sehen...<

Ich hab meine Mutter und meine aktuellen Lebenspartner miteinander bekannt gemacht .
Doch so wie sich jedes Kind von den Eltern abgrenzen will so sage ich auch : ich leb mein Leben - sie ihres . Punkt .
Wer das nicht trennen kann - von dem trenne ich mich .

Seid alle herzlich gegrüßt<

Sanne<

WINKE ~ M i c h a

P.s.: es gibt hier ne Vorschautaste zeigte die dir nicht das deine Umlaute und das "scharfes s" hier "fehlerhaft" ankommen ?
Fühle mich durch solche "Technischen-Probleme" immer etwas "gereizt" - sorry .

Re: ... andere dass Chaos sehen

Sanne, Samstag, 10.09.2005, 19:38 (vor 6809 Tagen) @ Micha

Hallo Micha,

ich danke dir für deinen Beitrag. Erstmal vorne weg: Das mit der falschen Umlautdarstellung tut mir Leid. Die Vorschau war einwandfrei, es wird wohl eher ein anderes Problem dahinterstecken.

Nun zu deiner Frage:

Hat er den eine "geleistete Rettung" als Argument auf seiner Seite ??!
( ich meine - hat er mal jemandem mit etwas aus seinem Fundus helfen könnnen ?

Ja, gewiss hat er mal kleinere oder etwas größere Hilfe leisten können. Die benutzt er auch als Argument. Dies ist ja nicht, was ich verurteilen möchte. Nur wenn die Masse der Dinge, das Lebensumfeld immer mehr einschränken, wenn ich nichts aufräumen darf und man dann noch in Folge von Bekannten angefeindet oder gar beim Arbeitgeber angeschwärzt wird, dann macht es mich traurig und auch ärgerlich.

Ansonsten danke ich dir erstmal sehr herzlich für deine Information.


Mit vielen Grüßen
Sanne

Re: ... andere dass Chaos sehen

c, Montag, 12.09.2005, 20:15 (vor 6807 Tagen) @ Sanne

hallo,
wenn es nicht so traurig wäre würde ich denken ich habe eine schwester. mein vater schließt jetzt im haus räume ab, weil wir (mein bruder und ich) uns erlaubt haben seiner buttermilchbecher zu nummerieren. er meinte ganz sicher, dass es noch keine 100 stück wären- bei 100 haben wir aufgehört- diese 100 becher hat er weggeworfen sehr widerwillig und schließt seitdem sein lager ab. ich habe weiter unten was geschrieben s. unter wut.
gute nerven und noch viel glück. c

Re: ... andere dass Chaos sehen

Jenny, Dienstag, 13.09.2005, 14:20 (vor 6806 Tagen) @ c

Hallo c.,
das fände ich toll, wenn mein Mann sein Lager zuschließen täte damit ich seinen ganzen Müll nicht ständig vor Augen hätte, geht aber nicht, weil die Türen nicht mehr zugehen, es ist bis auf die Türschwelle gestapelt. Drüberhinaus tu ich jeden Tag was anderes wieder entfernen.
Daß du über deine Wut geschrieben hast, fand ich großartig. Hier im Angehörigenforum hört sich vieles so verständnisvoll oder aber total hoffnungslos an. Ich fände es großartig, wenn es jemanden therapeutisch versierten gäbe, der Tips hätte, wie ich meinen Messie dazu bringen könnte, wenigstens mal etwas einzusehen, daß er ein Problem hat bzw. sich mit seinem Verhalten Probleme schafft.Wahrnehmung müßte doch auch geschult werden können. Tja, vielleicht passiert mal ein Wunder.
euch allen viel Kraft, haltet die Ohren steif,Jenny

Re: ... andere dass Chaos sehen

Sanne, Mittwoch, 14.09.2005, 17:15 (vor 6805 Tagen) @ c

Hallo C,

ich kann dich sehr gut verstehen und habe auch sehr ähnliche Gedanken, wenn ich deinen Beitrag "Wut" lese. Zeitweilig versuche ich das Beste aus der Problematik zu machen, aber dann kommt es mir manchmal einfach alles hoch. (Insbesondere dann, wenn die Sammlung meines Vaters wieder mal größer geworden ist.) Dann ergreift mich auch der Blick in die Zukunft, der da bedeutet, dass ich das alles mal in Ordnung bringen "darf"
In jeden Fall: Ich danke dir, Jenny und Birgit für ihre Beiträge und das Mut zu sprechen... es tut gut, einfach mal verstanden zu werden

Re: Angst, dass andere dass Chaos sehen

Jenny, Sonntag, 11.09.2005, 10:53 (vor 6808 Tagen) @ Sanne

Hallo Sanne,
dein Problem besteht sicher bei allen, deren Elternteil irgendeine Sucht haben. Bei mir (Vater Alki) war der Freund von vornherein eingeweiht, und die zukünftigen Schwiegereltern hat er dann vorsichtig eingeweiht, er wußte schließlich am besten, wie er mit seinen Eltern sprechen mußte. Sie kamen erst zur Hocheitsfeier zu uns nach Hause. Bist du eigentlich sicher, daß die Eltern deines Freundes nicht auch irgendeinen kleinen "Makel" haben?
Ich drück die Daumen für das erste Mal.
Liebe Grüße, Jenny

powered by my little forum