Endlich Sonntag! (Allgemein)

Schlumpfine, Sonntag, 04.01.2009, 09:12 (vor 5598 Tagen)

Guten Morgen, liebe MMs!

Ausgeschlafen und endlich frei von Erkältungssymptomen sitze ich heute früh guten Gewissens am PC und freue mich auf einen Tag ohne dringende Arbeiten.

Der Wäschekreislauf läuft wieder rund. Das lag mir nach der langen Krankheit sehr am Herzen.
Die Werkstattordnung in der Küche, in der Waschküche und im Bad (wo ein Großteil der Putzutensilien zuhause ist) ist wieder hergestellt - auch das war mir sehr wichtig.

Das Zitat von Lincoln, das du, liebe Micha <a href=8663.htm>hier[/link] gestern eingestellt hast, spricht mir aus der Seele:

>„ Wenn ich acht Stunden Zeit hätte um einen Baum zu fällen,
[quote]würde ich sechs Stunden die Axt schleifen. ”
Abraham Lincoln
[/quote]

Ich kannte es aus meiner Ausbildungszeit. Mein Ausbilder und seine Mitarbeiter haben stets großen Wert auf tadelloses Werkzeug und eine funktionale Ordnung gelegt. Die Übertragung dieser bewährten Prinzipien auf mein derzeitiges Arbeitsgebiet "Hauswirtschaft" ist mir erst spät gelungen. Ich hatte meinen Ein-Personen-Haushalt sehr lange nicht als Arbeitsbereich, sondern als lästiges Ärgernis wahrgenommen.

Weder war ich - wie im Job - stolz, wenn ich eine Herausforderung gemeistert oder eine Routineaufgabe zügig und professionell erledigt hatte, noch war ich bestrebt, mich weiterzubilden und meine Verantwortung gegenüber Kunden und/oder Kollegen anzunehmen. Ich habe den ganzen Kram verabscheut und mich davor gedrückt, wann immer es möglich war. Kollegen mit so einer inneren Haltung hatte ich auf der Arbeit auch manchmal. Aber nicht lange. Die haben dann von unserem Chef schnell die Chance bekommen, in einer anderen Firma mehr Freude an ihrer neuen Tätigkeit zu finden.

Er ist ein wirklich kluger Mann, mein Ausbilder. Als ich vor mehr als 25 Jahren bei ihm in die Lehre ging, war er der Inhaber einer kleinen Klitsche, die er von seiner verwitweten Mutter geerbt hatte. Er hatte keine zehn Mitarbeiter - uns drei Azubis mit eingerechnet. Heute ist er mehrfacher Millionär und hat aus der Klitsche eine Firma mit mehreren hundert Mitarbeitern gemacht.

Noch so'n Spruch von ihm (wie der von Lincoln) war: "Ich bezahle euch nicht, damit ihr abends müde seid. Ihr sollt euch nicht quälen. Ich bezahle euch,damit ihr 'was schafft. Und ihr könnt nur etwas schaffen, wenn ihr mit der richtigen Einstellung und mit dem richtigen Werkzeug an die Arbeit geht." und "Eigentlich bezahle gar nicht ich euch, sondern unsere (!!!) Kunden. Ist der Kunde zufrieden, bin ich es auch. Denn zufriedene Kunden zahlen gerne und empfehlen unsere Firma weiter. Wenn du beim Kunden bist, ist es deine Aufgabe, ihn zufrieden zu stellen. Dafür bezahlt der Kunde dich. Und verlangt das nächste Mal wieder nach dir. Und genauso sorgst du du für deinen sicheren Arbeitsplatz."

Diese innere Einstellung war so weit entfernt von allem, was ich zuvor über Arbeiten im Allgemeinen und diese Art Arbeit im Besonderen gehört hatte, dass ich mir für mein Berufsleben (das mich später durch viele verschiedene Branchen geführt hat) diese Grundsätze als Credo mitgenommen habe. Was sich auf meinen Gehaltszetteln und in meinen Arbeitszeugnissen stets vorteilhaft bemerkbar gemacht hat und sicher stellte, dass ich immer gerne und mit vollem Einsatz das getan habe, was ich beruflich zu tun hatte.

Seitdem ich keine bezahlte Arbeit mehr habe, war meine Freude daran, gut und gerne und mit einer professionellen Herangehensweise das zu tun, was der zahlende Kunde von mir erwartet, aus meinem Leben verschwunden. Die Hauswirtschaft war diesbezüglich keine Herausforderung für mich. Was da zu tun war und jeden Tag wieder zu tun ist, ist mit den interessanten Dingen, die ich beruflich gemacht habe, überhaupt nicht zu vergleichen. Und so quäle ich mich widerwillig durch die Tage, und mache mir das Leben durch Aufschieben, Lustlosigkeit und unprofessionelles Gefummel mit miserablem Werkzeug und einer noch miserableren inneren Einstellung selbst schwer.

Mein Single-Haushalt in der 27m²-Ein-Zimmer-Wohnung war - im Vergleich zu den beruflichen Anforderungen, denen ich mich als junge Frau gestellt habe - wirklich nur ein kleines, lästiges Ärgernis.

Unser Vier-Personen-Haushalt über drei Etagen, mit Garten und Garage und zwei Autos und drei Fahrrädern ist kein lästiges, kleines Ärgernis, das irgendwie nebenbei mitlaufen kann. Das Zusammenleben von vier ganz verschiedenen Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen so zu organisieren, dass alle satt und sauber werden können und sich in dem gemeinsamen Zuhause wohlfühlen können ist eine echte Herausforderung. Und was Rieke <a href=8645.htm>hier[/link] gestern schrieb:

>Irgendwie ist "Ordnung haben" wohl eher ein ständig laufender Prozess und
[quote]nicht ein statischer Zustand, der einmal auf den Punkt gebracht, sich dort hält.
[/quote]

ist eine Einsicht, die mir persönlich auch erst eingegangen ist, als ich längere Zeit krank war, und diese Ordnung - wieder mal - völlig verloren ging.

Seit ich wieder gesund bin, arbeite ich montags bis freitags etwa acht bis neun Stunden täglich. Wenn ich bei der Großen Vokabeln abhöre, mit ihr über eine allgemein verträgliche Lautstärke für Musik und eine passende Uhrzeit für's Nachhausekommen verhandle und den Kleinen bespaße oder hinter ihm aufräume, nachdem er mir 'geholfen' hat oder ihn bade, abtrockne, eincreme und anziehe, zähle ich die so verbrachte Zeit ebenfalls als meine Arbeitszeit. Ich versuche kollegial und freundlich meine Mitbewohner dazu zu motivieren, den Tisch zu decken, die Spülmaschine auszuräumen oder den Müll 'rauszubringen. Nicht verärgert oder unterwürfig. Einfach so, wie ich im Job auch mit Kollginnen und Kollegen zusammengearbeitet habe.

Vor allem aber sehe ich mich in der Verantwortung dafür, dass alles klappt. Denn dese habe ich de facto. Ob es mir passt oder nicht. Das heißt, dass Dinge, die ich nicht für wichtig halten, einfach liegenbleiben. Das heißt aber nicht, dass ich alles alleine tun muss. Oft reicht es schon, die anderen daran zu erinnern: "Morgen wird die blaue Tonne abgefahren. Wenn du deinen Papierkorb leeren willst, wäre heute ein guter Tag dafür." Ich habe solche Termine innerlich "auf dem Radarschirm" - die anderen haben da andere Dinge und sehen einfach nicht, was dran ist. Das haben mir die letzten Wochen wieder einmal sehr deutlich gezeigt.

Und es ist nicht "Nichts" was ich tue, wenn hier alles klappt.

Selbst dann nicht, wenn ich "nur" organisiere, delegiere und "mein Team" motiviere, das zu tun, was gerade dran ist.

Das können die anderen drei nicht alleine. Das war mir gar nicht klar, bevor ich wegen dieser hartnäckigen Erkältung so lange hier herumlag.

Im Job war mir immer klar, dass meine Fähigkeit, Prozesse zu analysieren, Aufgaben in sinnvolle Teilschritte zu zerlegen, Prioritäten richtig zu setzen und für jede Teilaufgabe zur passenden Zeit den passenden Mann bzw. die passende Frau zu finden, der bzw. die gut und gerne und vor allem rechtzeitig das schaffen kann, was gerade am wichtigsten ist, eine Gabe ist, die nicht jeder hat.

Es war mein Verantwortungsbewusstsein, mein Organisationstalent und meine Fähigkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, die mir lange Jahre ein gutes bis sehr gutes Einkommen beschert hat. Die Fachkenntnisse und die körperliche Kraft hatten viele andere auch. Aber die Gabe, Arbeitsabläufe sinnvoll zu strukturieren und Menschen so anzusprechen, dass am Ende alle zufrieden sind: Die Kunden, die Kollegen und die Vorgesetzten, diese Gabe haben nur wenige.

Dass ich mit dieser Kompetenz "das bischen Haushalt" (inklusive verteilter Kinderbetreuung in Tgaeseinrichtungen und bei Verwandten - auch im Krankheitsfall oder während Dienstreisen) jahrelang nebenbei mit organisiert habe, während ich im Job ganz andere Aufgaben bewältigt habe, heißt ja nicht, dass diese Organisation "Nichts" war. Nur weil es nicht extra bezahlt wird. Diese Einsicht hat mir mein langes Krankenlager am Ende des Jahres 2008 beschert. Mal sehen, was sich daraus im Jahr 2009 noch alles ergibt.

Im Moment bin ich sehr zufrieden mit meiner Leistung, wenn ich ernsthaft in unserem Haushalt arbeite und ich genieße ebenso den Feierabend und die Sonn- und Feiertage, wenn nur wenig zutun ist und ich das bischen so verteile, dass es für keinen zuviel wird. Jetzt z. B. werde ich an einen gedeckten Frühstückstisch mit Kaffee, frischen Brötchen und weichgekochten Eiern gerufen - und habe dafür selbst keinen Finger gerührt. Weil heute Sonntag ist, und weil ich das letzte Woche mit "meinem Team" so verhandelt habe. Dieses Frühstück kann ich guten Gewissens genießen und das BB anschließend kann ich auch organisieren.

Uns allen einen schönen, erholsamen, sonnigen Sonntag wünscht

[image] Schlumpfine


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