Re: Messie-Umzug - die Fortsetzung (Angehörige)

Ursel, Donnerstag, 01.02.2007, 00:31 (vor 6306 Tagen) @ Jenny

Liebe Jenny,

danke dir. Ich habe auch die Vermutung, dass man das nicht mit Krankheit abtun kann. Das scheint mir ein bißchen zu einfach zu sein. Eine sehr bequeme Möglichkeit, an seiner Situation nichts zu verändern. Was soll's auch - sollen Messies doch glücklich werden mit ihrem Krempel. Sobald es andere betrifft, finde ich es allerdings nicht mehr tolerierbar. Ich war sehr beeindruckt von der Leidensgeschichte, die meine Freundin mit ihrer Messie-Mutter durchlebt hat (davon hat sie zuvor niemals erzählt - merkwürdig, oder?). Dass jemand aus einer solchen Kindheit und Jugend unbeschadet herauskommt, finde ich ziemlich ertaunlich. Kein Platz zum Hausaufgaben machen, niemals Freunde einladen können, kein Platz zum Spielen und Toben, ein inzwischen völlig gebrochener Vater. Völlige Freiheitsbeschränkung für die Familie, auch im übertragenen, sozialen Sinn. Totale Egomanie auf der anderen Seite.

Soweit ich das mitgekriegt habe, verändert auch eine Trennung die Situation in den seltensten Fällen (bei Alkoholikern oft ein heilsamer Schock).

Und offenbar ist die Sammeln-und-Horten-Variante gar nicht so selten. Meine Mutter nannte mir aus dem Stegreif drei ähnliche Fälle (Zeitschriftenstapel bis unter die Decke, alles vollgestellt, kein Platz zum Sitzen).

Bin jedenfalls um eine Erkenntnis reicher. Mir tun die Angehörigen leid, sie sind die eigentlich Betroffenen. Kann mich schlecht in eine solche Situation reindenken, aber ich glaube, ich würde davonlaufen.

Ich bin jedenfalls sehr erleichtert, dass ich da rausgekommen bin. Betrachte vergnügt die Unordnung in meiner eigenen Wohnung, lass es für heute wie es ist, denn es gibt viel, viel Schlimmeres . . .

Liebe Grüße
Ursel


Hallo Ursel,
meinen Glückwunsch, dass du das hinter dich gebracht und so lange durchgehalten hast. Ich vermute, dass durch den Hausmeister und die Betreuung so einiges ins Rollen kommt, was diese Wohnsituation verändert. Hoffen wir, dass dein Freund das verkraften kann und ihm geholfen wird in seiner Lebenssituation.
Du schreibst von dem Krempel und den Personen. Das erinnert mich an etwas, was mir vor ein paar Tagen durch den Kopf gegangen ist. Kontakt zu anderen und das Pflegen von Beziehungen erfordert immer einen gewissen Aufwand, Kontakte und Freundschaften müssen gepflegt werden und fordern mich dadurch. Krempel und Dinge um mich herum fordern nichts und es ist bequem, alles in der Nähe zu haben. Offenbar entgeht es einem Messie, dass er Zeit verbraucht, wenn er suchen muss. Oder es ist ihm das geringere Übel. Vielleicht auch ungefährlicher, denn die Sachen können einen nicht enttäuschen? Vielleicht lieg ich da mit meiner Vermutung aber auch voll daneben. In letzter Zeit habe ich mich auch etwas über Persönlichkeitsstörungen informiert und ich glaube nun, es ist uns kaum möglich, zu unterscheiden, ob jemand nur sammelt oder ob eine Störung auch in anderen Bereichen vorliegt. Dazu muss man auf jeden Fall längeren Kontakt haben, um auch nur eine Vermutung zu bekommen.
Erhol dich gut von dem Alptraum,
alles Liebe
Jenny


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