Messie sind egoistisch? (Angehörige)

Xandria, Sonntag, 12.07.2009, 19:00 (vor 5425 Tagen)

Hallo ihr Lieben,

"Messies sind Egoisten." Das ist etwas was ich hier immer wieder lesen und möchte euch mal meine Sicht als Messie zeigen:

Meine Wohnung ist momentan in einem moderaten Zustand ich kann als Besuch reinlassen, weil mich das vorhandene Chaos momentan nicht so stört. Ist mehr wie in einer Junggesellenwohnung.

Vor ca. 3-4 Jahren sah das noch anders - und ganz anders sogar noch vor 7 Jahren!

Vor 7 Jahren: Mein Vater lag im Sterben, meine Mutter war aufgrund dieser Situation mehr oder weniger in die Magersucht abgerutscht und ich habe ein neues Aufgabengebiet in einer neuen Abteilung in meiner Firma übernommen. Ich musst eine Schwangerschaftsvertretung dort machen und die andere Kollegin musste wegen einer Operation ins Krankenhaus. Da war ich also: Familär an vorderster Front und in der Firma musste ich die Arbeit von dreien alleine machen.

Mein Alltag sah so aus: Entweder ich machte Überstunden oder ich kümmerte mich um meine Mutter oder meinen Vater. Um eine Person habe ich mich allerding nicht gekümmert: Um mich selbst!

Ist das egoistisch?

Ich ließ Sachen einfach stehen und liegen wo sie waren. Ich packte Einkäufe nicht mehr weg. Kochen ging gar nicht mehr. Also bestellte ich meistens bei irgenwelchen China- oder Pizza-Lieferservicen.Und behielt die Kartons

Der Grund: Ich war einfach viel zu eschöpft und zu depressiv um noch irgendetwas als das zuvor Beschriebene (Überstunden/Mutter/Vater) zu kümmern. Mit der Situation um meinem Vater war ich eigentlich viel zu überfordert. Aber außer mir machte keiner diese Sachen. Und es ist echt nicht einfach einen Menschen, der vorher der Halt in deinem Leben war - sterben zu sehen.

Alle erwarteten, dass ich funktioniere, alle habe mich mit der Verantwortung allein gelassen.

Und ich funktionierte - nur nicht da, wo es keiner sah! Bei mir zu Hause.

Mit wachsendem Chaos wuchs auch die Angst. Angst entdeckt zu werden. Ich war den Müllbergen einfach nicht gewachsen.

Warum ich nicht einfach eins nach dem anderen entsorgt habe?

Wenn ich mit einer Mülltüte runter zu den Mülleimern wollte, kamen Gedanken wie: Alle werden die Türen aufreißen und mit dem Finger auf mich zeigen, weil sie wissen, was für ein furchtbarer Mensch ich bin. Was für eine Versagerin! Was für ein Schmutzfink!

Es kam soweit, dass ich gar nicht mehr nach Hause wollte - ich blieb meistens in der Stadt oder im Internetcafe bis tief in die Nacht. Ich stand dann lange vor meinem Haus und wartete bis alle Fenster dunkel waren, erst dann schlich ich mich im Dunkeln leise nach oben. Ich verbrachte Tage in meiner Wohnung ohne Licht ohne Fernsehen oder Radio stillsitzend und mich nicht bewegend, damit mich niemand hört und mich niemand mehr findet.

Während der ganzen Zeit habe ich mich aber um meine Arbeit, meine Mutter oder meinen Vater gekümmert - ICH war immer da, wie schlecht es mir auch ging.

Das ist egoistisch?

Gruß Xandria


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