Re: Messie sind egoistisch? - die Erfahrungen mit einer Messiemutter (Angehörige)

Xandria, Montag, 28.12.2009, 16:17 (vor 5256 Tagen) @ pirella

Hallo Pirella,

Ich habe meine Geschichte hier gepostet, weil ich euch mal einen Einblick geben wollte, wie es zum Mess kommen kann und warum man nicht aufräumen kann. Die Betonung liegt hier auf dem Wort kann. Es ist meine Geschichte und mein Umgang mit dem Mess und erhebt keinen Anspruch auf Alleingültigkeit, soll heißen, dass hinter jedem Mess eine andere Geschichte, ein anderer Grund steckt. Und schon gar nicht ist sie als Entschuldigung gedacht.

Das ihr Angehörigen unter unserer Unordnung leidet, kann ich durchaus nachvollziehen! Schließlich ist mein Mess der Hauptgrund dafür, warum ich alleine lebe.

Für mich ist mein Mess immer seelischer Druckausgleich gewesen. Sagt dir der Ausdruck Borderline-Störung etwas? Das sind Menschen, die sich verletzen, weil sie mit sich selbst und ihrem Umfeld nicht klarkommen. Die spüren einen inneren Druck und versuchen sich durchs Schneiden usw. Erleichterung zu verschaffen. So ähnlich verhält es sich mit mir und meinem Mess.

Sagt man ..

zu einem Borderliner „hör einfach auf, dich selbst zu verletzen“?
zu einem Alkoholiker „hör einfach auf zu trinken“?
zu einem Drogenabhängigen „hör einfach auf, Drogen zu nehmen“?
zu einem Depressiven „sei einfach mal gut drauf“?
zu einem Menschen mit Angstneurosen „hab einfach keine Angst mehr“?

wohl kaum. Weil es nichts bringt. Und genauso wenig bringt es etwas, einem Messie zu sagen „räum einfach auf“.

Hinter dem von euch angenommen „Nichtwollen“, „Nicht-einsichtig-sein“ steckt oft ein „Nicht-Können“. Auch wenn es dir wie eine Ausrede vorkommt.

Du schreibst, dass du das Opfer deiner Messie-Mutter bist (warst). Weißt du ich bin/war auch ein „Opfer“ meiner Mutter, obwohl die kein Messie ist/war. Aber einige Dinge, die du erzählst kommen mir bekannt vor. Soll ich mal loslegen?

Ich hatte bis kurz vor meinem Auszug kein eigenes Zimmer – lebte also quasi auf dem Präsentierteller. Da war nix mit Privat- oder Itimsphäre. Als vollständig entwickelte 16jährige schlief ich im Wonhzimmer. Aus diesem Grund musste ich meine Geburtstage und dergleichen auch woanders abwickeln.

Vorausgesetzt ich durfte mal unter Leute! Denn von Schule und Ausbildung mal abgesehen, war es bei meiner Mutter und Großmutter (sie lebte bei uns) gar nicht gern gesehen, dass ich wegging. Ich hatte immer vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein (auch im Winter). Und wenn ich dann mal später nach Hause kam, stand meine Mutter entweder kurz vor dem Zuckerschock oder meine Oma kurz vor dem Herzinfarkt oder beides. Was natürlich alles meine Schuld war.

Du hast mit 4 Jahren deiner Mutter beim Aufräumen geholfen? Ich habe das nie gut oder schnell genug geschafft. Das konnte meine Mutter alleine immer besser. Allerdings war sie dadurch so erschöpft, dass sie oft wie ein Häufchen Elend mit mir allein im Esszimmer ( ja, wir hatten ein Esszimmer) saß und mir vorheulte, sich entweder umzubringen oder die Familie zu verlassen. Einer Vierjährigen! Wenn andere Familienmitglieder hereinkamen, war schwuppdiwupp wieder alles in Ordnung!

Und dann war dar noch die Geschichte als ich 11 Jahre alt war, da hat meine Mutter Telefon-/Psychoterror gegen die eigene Familie betrieben. Weiter sag ich dazu nix, würde den Rahmen hier sprengen.

Ich liebe meine Mutter trotzdem und kümmere mich heute um sie, weil ich einfach gesehen habe, dass sie nicht anders handeln konnte. Sie hat eben keinen anderen Weg gesehen, als den Druck der auf ihr lastete, so weiterzugeben.

Genauso, wie auch ich keinen anderen Druckausgleich gefunden habe als meinen Mess.

Vielleicht denkst du ja nochmal drüber nach.

Liebe Grüße Xandria


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