Re: Ernährungsumstellung ./. Wunschgewicht? ((M)Essies)

Schlumpfine, Montag, 24.01.2005, 12:47 (vor 7041 Tagen) @ Micha

>Was für mich nun noch offen ist :
[quote]Eine Diät kann / solte ich nicht mein Leben lang machen (müssen)
Eine Ernährungsumstellung ... ist mein Ziel .
Aber muss ich dazu nicht erst mal auf "mein Gewicht" kommen ?
Also ich hätte gerne eine Kombination : Lernen was darf ich wieviel / wieoft essen
UND eine Vorgabe was tu ich ( was eß ich ) , bis ich das "Startgewicht" habe .
Beim Schreiben fällt mir auf , das kann ich nicht auf einmal bekommen , oder ?
[/quote]

Ich denke schon, liebe Micha.

Hinter Deiner Vermutung steckt die (von Frauenzeitschriften und ähnlichen "Experten" geschürte Vorstellung, bei einer bestimmten Energiezufuhr (z. B. 800 kCal pro Tag) nähme jedeR ab, unabhängig von der aktuellen Konstitution und Aktivität. Bei einer anderen - ebenfalls für alle identischen - Energiezufuhr (z. B. 2000 kCal) hielte JedeR sein Gewicht. Und bei einer Zufuhr von mehr als 2500 cKal täglich nähme jedeR zu.

Das ist Unsinn.

Es geht damit los, dass es fast nicht messbar, wieviel der chemisch gebundenen Energie in unserer Nahrung der Körper tatsächlich aufnimmt. Besonders im Bereich der komplexen Nährstoffe, hat der Körper je nach Bedarf die Möglichkeit sehr gründlich oder nur oberflächlich die verfügbare Nahrungsenergie aufzunehmen. Die Verdauung von Fett, Eiweiß und langkettigen Kohlenhydraten kann der Körper je nach Bedarfseinschätzung sehr unterschiedlich handhaben.

Nur wasserlösliche Stoffe wie Salz und Einfachzucker, oder Sustanzen die die Körpergrenzen (Schleimhäute, Blutgefäßwände in darm und Lunge) aktiv durchdringen wie z. B. Nikotin oder Alkohol gehen "wie von selbst" in die Blutbahn, wo der Körper mehr oder weniger alarmiert bzw. routiniert versucht, damit fertig zu werden.

Wo es dem Nichtraucher beim ersten Lungenzug fast die Lunge auf links dreht, weil sein Körper weder die Kondensate in den Bronchien noch das Nikotin an den roten Blutkörperchen (das sich dort um ein Vielfaches schneller als Sauerstoff anlagert) kennt, reagiert der Kettenraucherorganismus auf denselben Vorgang mit großer Toleranz und völlig schmerzfrei.

Ein Körper, der daran gewöhnt ist, permanent mit Glukose überflutet zu werden, hat eine andere Insulinreaktion, als ein Körper, der daran gewöhnt ist, lebensnotwendige Glukose aus der Nahrung aktiv zu gewinnen, weil sie in gelöster Form (als Kristallzucker) der Nahrung selten zugeführt wird.

Ein Körper der daran gewöhnt ist, sich ständig aktiv zu bewegen, wird einen anderen Bedarf sehen, als ein Körper der überwiegend sitzend oder liegend den Tag verbringt.

Einen großen, schweren Körper zu am Leben zu halten und zu bewegen verbraucht mehr Energie als in einem leichten Körper Nährstoffe, Wasser und Sauerstoff in jede und Stoffwechselendprodukte aus jeder Zelle zu transportieren und das Eigengewicht zu tragen und fortzubewegen.

Je größer der Muskelanteil und je geringer der Fettanteil eines Körpers ist, desto größer ist der Energieverbrauch in jeder Lebenslage - besonders in Bewegung und bei Kälte.

Wenn das Nahrungsangebot und die Bewegung in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, fühlt der Körper sich wohl.

Das kann bei wenig Bewegung und wenig Nahrung der Fall sein und auch bei viel Bewegung und viel Nahrung - und zwar in jeder nur denkbaren Kombination:

Nahrung - Bewegung
wenig - wenig
wenig - viel
viel - wenig
viel - viel

Alles kann "vernünftig" seinu nd sich gut anfühlen, da der Körper eine andere "Vernunft" hat, als die Frauenzeitschriften uns glauben machen.


Wenn ein gewohnheitsmäßig unbeweglicher Mensch sich kugelrund futtert, spürt er keine körperlichen Nachteile. Ihm geht's subjektiv gut - solange wir den sozialen Druck der "lieben" Mitmenschen außer Acht lassen.

Wenn ein magerer Mensch sich viel bewegt und dabei wenig zu isst, verwandelt sein Körper sich in ein Effizienzwunderwerk: Sogar Erde, Gras, Blätter oder eine Boullion aus gekochten Lederfetzen stillt seinen Hunger und hält ihn am Leben. Diese Fähigkeit wurde in der Menschheitsgeschichte inuseren Genen fest verankert - wer sie nicht hatte, hatte in vergangegen Zeiten selten Gelegenheit, das fortpflanzungsfähige Alter zu erreichen.

Wenn ein Mensch, der infolge seiner bewegungsarmen Gewohnheiten wenig Muskeln hat, sich viel bewegt, passiert etwas anderes: Jedes Gramm Körpergewicht - dazu gehört eventuell auch ein zuvor "unschädlicher" Fettvorrat und sei er noch so klein - wird als Belastung wahrgenommen. Wenn die körperliche Bewegung regelmäßig wiederholt wird, braucht der Körper umso mehr Muskeln, je schwerer er ist. Das hat erstmal nichts mit dem Fettgehalt des Körpers zu tun.

Aufgrund der genetischen Ausstattung - alle Menschen, die heute leben, stammen von Vorfahren ab, die unzählige Eiszeiten, Missernten, Kriege, Belagerungszustände und andere Notzeiten überlebt und sich anschließend oder während dessen fortgepflanzt haben - wird der Körper, der in diesen "Notfallmodus" schaltet, seine Fettreserven eisern verteidigen: Mit der Bewegung wächst der Hunger. Mit dem Hunger wächst das Bestreben sich reglos unter eine warme DEcke oder in eine geschützte Ecke zu legen und energiesparend und muskelabbauend sich so wenig wie möglich zu bewegen. "Faulheit", Lethargie - nur unterbrochen von der wachen Aufmerksamkeit für jede vorstellbare Nahrungsquelle - gehört mit zu diesem Überlebensprogramm. JedeR diäterprobte HungerkünstlerIn wird diesen Zustand aus eigener Erfahrung kennen. Was wir für den "iS" hielten, war der Überlebensinstinkt unserer Vorfahren.

Wenn wir uns regelmäßig bewegen und regelmäßig satt essen, wird der Körper sich nicht an überflüssige Pfunde klammern, denn jedes Gramm, jede Körperzelle zuviel belastet die Gelenke, den Kreislauf, das Herz, den Stoffwechsel. Das spürt der Körper besser als jedes medizinische Hightech Gerät. Der Trick ist, den Körper nicht in den Notfallmodus der Unterernährung fallen zu lassen. Eine regelmäßige Ernährung, in der alle notwendigen Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente enthalten sind, ohne Angst, ohne Ungewissheit (wann man sich das nächste mal satt essen kann), wiegt den Körper in Sicherheit und veranlasst ihn, die überflüssigen Pfunde loszulassen.
Je mehr ein Mensch sich bewegt, desto geringer wird das Wohlfühlgewicht sein. Je stärker und muskulöser ein Mensch ist, desto höher kann sein Wohlfühlgewicht sein. Das klingt jetzt vielleicht paradox - ist es aber nicht.

Von einer gesundheitlichen Bedrohung durch Untergewicht kann bei Menschen, die genug essenund sich ausreichend bewegen, erst gesprochen werden, wenn der Körperfettanteil 6% bei Männern und 12% bei Frauen unterschreitet.

Davon sind die meisten von uns hier weit entfernt. Dennoch ist es eine wichtige Information für eine Ernährungsumstellung:

Eine Frau im fortpflanzungsfähigen Alter braucht mehr Fettreserven, als ein Mann oder ein Kind - denn weder Männer noch Kinder können schwanger werden. Deshalb werden Mädchen zu Beginn der Pubertät etwas rundlicher, als sie es als Kinder waren. Genau hier, an der psychologisch und hormonell so labilen Grenzen zwischen "nicht mehr Kind und noch nicht Frau" war bei mir der Einstieg in den Diätwahn und später in die Essucht. Der soziale Druck schlank = schön = erfolgreich artete in einen Psychoterror aus, dem ich mit 11 Jahren nicht gewachsen war. Mit Hungerkuren beamte ich meinen gesunden robusten Kinderkörper in den Notfallmodus - das Ergebnis waren unkontrollierbare Essanfälle (die gesunde Reaktion eines gesunden Körpers auf ungesunde Verhaltensweisen), für die ich mich unsagbar schämte. Diese Scham verstärkte den Suchtdruck usw. usw.

>Es ist doch ähnlich , wie mit dem Jojo-Effekt in der Whg ... also :
[quote]Einerseits müssen die Altlasten weg und anderseits muss ich lernen keine mehr anzusammeln .
[/quote]

Sattessen, nicht zuwenig (!), genug Wasser trinken und Bewegung (keine Überanstrengung). dann sucht und findet der Körper Wege zu einem gesunden Geleichgewicht aus Kraft, Beweglichkeit und Notfallreserven. Was für Dich oder fürm ich oder für wen auch immer "gesund" ist, hängt von unseren Genen, unserem Lebenswandel und unserer inneren Haltung ab. Gegen Angst und Sorgen abzunehmen ist meiner Erfahrung nach fast unmöglich. Und im Kampf gegen King Chaos habe ich ganz ähnliche Erfahrungen gemacht.
>
[quote]Und wie es im Messabbau die 2 Fraktionen gibt , so wohl auch hier .>Endweder es geht radikal , schnell das Mess / Fett weg und dann lernen es zu halten ,
oder es geht Schritt für Schritt / Gramm für Gramm .
[/quote]

Und hier wie dort haben die Vertreter der ersten Gruppen selten oder nie Langzeiterfolge. Was hilft, sind Verhaltensweisen, die Nicht-Messies (bzw. natürlich Schlanke) "von selbst" anwenden, und die (M)Essies erst mühsam als Erwachsene lernen müssen.

Gegen Chaos hilft

1. BB - jederzeit, regelmäßig. Nicht ausnahmsweise und schubweise.
2. eine individuell passende Ordnung (z. B. bei uns ans HL angelehnt, aber nicht 1:1 übernommen).
3. Hilfreiche Gewohnheiten und Routinen.

Gegen Übergewicht hilft
1. Bewegung
2. eine individuell passende Ernährung (z. B. bei mir an MM angelehnt, aber nicht 1:1 übernommen).
3. Hilfreiche Gewohnheiten und Routinen.

>So wie die Wohnung nur ein bestimmtes Mass an Platz hat
[quote]so ist das auch mit der Energie , die ich meinem Körper zuführen "darf" .
Der Körper hat einen Grundumsatz an Energiebedarf .
Wenn ich ihm mehr zuführe als er verbrauchen kann , legt er "Speicher" an .
Ich kann ihm weniger zum "Verbrennen" geben ... = leichter Weg ?
Oder ich kann ihm Muskeln antrainieren , dann (ver)braucht er mehr "Material" .
Also weniger essen = Ziel ?
Neee , das funktioniert auf Dauer leider nicht ,
den da geht der Körper gegen an , in dem er den "Grundumsatz" senkt .
*arg* ... denke ... ich muss akzeptieren :
ich kann nicht an 2 Fronten "gleichzeitig" kämpfen .
[/quote]

Warum nicht? Seitdem ich weniger wiege, fällt mir die Hausarbeit leichter. Seitdem ich mit dem Haushalt einigermaßen angstfrei (nicht perfekt!) klarkomme, fällt es mir leichter, mir Zeit für Bewegung im Freien und gesunde Ernährung zu gönnen.

Es liegt oft wirklich an so trivialen Dingen wie einer (nicht) ausgeräumten Spül- oder Waschmaschine oder einer (nicht) freigeräumten Arbeitsfäche oder Tischplatte, ob ich Lust auf Waldspaziergang und Gemüsesuppe oder Betäubungsfernsehen und Pizzabringdienst habe.

Meine Erfahrung ist: Wenn ich zuerst meinen "Tank" mit Sauerstoff (=Bewegung) und Vitaminen (=Obst und Gemüse) aufgetankt habe, läuft auch der Motor bei Hausarbeit und Außer-Haus- Erledigungen besser.

Und jedes Kilo weniger bringt mir neue Beweglichkeit und Kraft.

>Also klinke ich mich hier wieder aus .

Schade. [image] [image] Ich lese Deine Beiträge gerne.

>mein Ziel wird bis auf weiteres erst mal sein : Gewicht halten !
[quote]Das ist schwierig genug .
[image] ~ Micha
[/quote]

Liebe Grüße

[image] Schlumpfine (heute wieder mit BMI 41,8)


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