Re: ... DIE STEINZEIT-DIÄT ... etwas konfuse gwg-Antwort ((M)Essies)

Schlumpfine, Freitag, 18.06.2004, 10:04 (vor 7258 Tagen) @ Micha

Hallo Micha,

den Fernseh-Beitrag im SWR habe ich auch nicht gesehen, aber gelesen habe ich zu dieser These (Dass es so etwas wie die "artgerechte Nahrung und Haltung" für Homo Sapiens gäbe) schon einiges ... irgendwie leuchtet mir viels davon auch ein ... aber zu meinen angeborenen menschlichen Bedürfnissen gehört auch sehr stark das Bedürfnis, "es so zu machen, wie die anderen meiner 'Horde'".

Deshalb leide ich an dem Chaos in meiner Umgebung. Das Leid kommt in erster Linie und sehr stark von der Vorstellung anders auf eine sozial nicht akzeptierte Weise zu sein und erst in zweiter Linie und wesentlich schwächer von den ebenfalls vorhandenen, nicht wegzuleugnenden realen Unbequemlicheiten und Einschränkungen.

Ebenso erlebe ich mein Übergewicht. Auch hier kommt vor dem Leid, das durch die realen Schwierigkeiten, mit einem dicken Körper den Alltag zu bewältigen, entsteht, das Leid anders zu sein. Meine Phantasie macht aus dem anders sein als (M)Essie: abartig, irgendwie krank, auf beschämende Weise nicht gut genug zu sein.

Die Vorstellung, mich durch eine wie auch immer geartete <a href=http://www.urkostmitbrigitte.de/>Urkost[/link], <a href=http://home.nikocity.de/mp/instinkt.htm>Instinktive Ernährung[/link] oder <a href=http://www.buecher.de/verteiler.asp?Publica_ID=KNO-16281939431487175002&zz=8798&artikelnummer=000001370732&site=artikel.asp>Steinzeit-Diät[/link] noch weiter vom Mainstream zu entfernen, macht mir Angst.

Vielleicht ist diese Angst unberechtigt, aber zum giftigen Kern meiner Essstörung gehört auch die Phantasie, dass ich es mit Hilfe der richtigen Ernährung schaffen kann, <a href=http://www.buecher.de/verteiler.asp?Publica_ID=KNO-16281939431487175002&zz=8798&artikelnummer=000001370732&site=artikel.asp>...für immer glücklich ... leichter durchs Leben[/link] zu kommen.

Meine Wahrheit liegt derzeit irgendwo in der Mitte:

JA, mein Leben wäre in vielerlei Hinsicht leichter, ohne ÜPF, ohne Mess, mit einer vitalstoffreichen Ernährung, erfreulichen Sozialkontakten und wohltuender Bewegung
und

NEIN, auch dann wird das Leben nicht zu einer mühelosen Abfolge von glücklichen Stunden und unbeschwerten Tagen.

und

JA, ich bin liebenswert, gut genug und berechtigt, mein Leben zu genießen, Fehler zu machen und gut für mich zu sorgen. IMMER! Jetzt und Hier!!! Im Chaos oder im HL, während ich zunehmen ebenso, wie wenn ich abnehme. Solange ich lebe.

und

NEIN, ich werde damit nicht warten, bis ich es schaffe, mein Verhalten, meine äußere Erscheinung und meine häusliche Umgebung in Einklang mit meinen Idealvorstellungen zu bringen.

und

JA, Überessen und Chaos sind selbstschädigende, süchtige Verhaltensweisen.

und

NEIN, die Erfahrungen mit diesen Verhaltensweisen und die innere Bereitschaft, in Krisenzeiten darauf zurückzugreifen, wird nicht spurlos aus meinem Leben verschwinden. Nie wieder. Und das ist auch gut so.

Zur Zeit geht es mir gut. Meine Therapie neigt sich dem Ende zu, und obwohl ich zwischendurch daran gezweifelt habe, dass die ganze Mühe, die Schmerzen, die emotionale Arbeit, die Verhaltensänderungen, die Rückschläge und der Aufwand sich lohnen, fühle ich mich jetzt doch wesentlich mutiger, als noch vor drei Monaten.

Ich bin nicht ganz gesund. Ich habe starkes Übergewicht. Meine Knie, meine Füsse und andere Gelenke spüren das deutlich - und mit zunehmendem Alter stärker und schmerzhafter. Meine Phantasie: "Nach der Therapie sind alle Probleme, die mich jetzt noch in die Essucht oder ins Chaos treiben, gelöst und ich kann rank und schlank, wie als Jugendliche oder Kind mein Leben unbeschwert in jeder nur denkbaren Hinsicht genießen." kann ich immer öfter und immer länger loslassen.

Das Leben selbst ist ein Probleme und Konflikte produzierender Prozess.

Ich habe jeden Tag die Wahl, ob ich meine Stärken, meine Fähigkeiten und mein Potenzial nutzen will, um mich diesem Leben mit allen schweren und leichten Herausforderungen zu stellen, meine Erfolge zu feiern und meine Verluste zu verarbeiten oder ob ich in die Sucht flüchte - was die Probleme nicht leichter macht und die Konflikte nicht löst.

Ich bin bisher einen Weg gegangen, der mich durch Höhen und Tiefen geführt hat. Und ich werde in Zukunft leichtere und schwerere Lebensphasen haben.

Es wird weitere Rückschläge geben, Irrtümer, Fallen, Härten und weitere Erfolge, Fortschritte, Genüsse und neue Ziele. Ich werde neue Wege finden und alte Wege ausbauen oder verlassen.

Und ich freue mich, dass ich hier und IRL BegleiterInnen habe, die mich gerne eine längere oder kürzere Strecke mit Interesse und Wohlwollen auf meinem Weg begleiten, ohne dabei von ihrem eigenen Weg abzuweichen. Das tut mir gut. Ich brauche dieses Interesse und Wohlwollen und gebe es gerne zurück.

[image] Schlumpfine


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