Re: Hilfe!!! meine Mutter ist ein Messie (Angehörige)

Violine, Donnerstag, 28.04.2011, 11:19 (vor 4759 Tagen) @ Wolfram

Hallo,

Wolfram, als ich Deinen Kommentar las, dachte ich bei mir "typische Messie-Antwort".
Es ist einfach menschlich, dass man sich mit anderen Betroffenen austauschen will. Schließlich wird man von Menschen, die mit der ganzen Problematik noch nie in Berührung gekommen sind, nicht auch nur ansatzweise verstanden. Jeder "normale" Mensch denkt sich, entrümpeln, aufräumen, putzen, diesen Zustand dann halten - und gut ist.Schwer zu verstehen, dass es Menschen gibt, für die das "Normale" eine schier unüberwindliche Hürde ist.
Und vergesst die unsäglichen TV Reportagen, das ist kein Maßstab.

Die Suche nach den Ursachen kann jeder für sich selbst herausfinden, wenn er sich gestattet, einen Blick auf den eigenen Schatten zu werfen und sich nicht vor sich selbst zu verstecken oder sich selbst in die eigene Tasche zu lügen. Das kann man für sich alleine tun oder mit Hilfe eines Coaches oder Therapeuten usw. Aber auf der Suche nach Ursachen kann man alt und grau werden und die Lösung des Problems immerzu weiter vertagen. Es mag vielleicht nützlich sein, die Ursachen zu kennen, aber getan ist damit noch gar nichts. Das Verstehen ist ein Punkt. Aber für sich den richtigen Schluss daraus zu ziehen und entsprechend zu handeln, ist nochmal ein ganz anderes Ding. Es geht auch den umgekehrten Weg. Man kann beschließen, auf eine bestimmte Art zu handeln. Das seelisch Tieferliegende kann dann dabei mit zutage kommen. Man muss nur anfangen, an irgendeiner Ecke, ohne groß darüber nachzudenken.

"Aber was setzt sich ein Angehöriger für ein Ziel? Dass andere ihre Sachen wegwerfen? wie soll das funktionieren?"

Das ist Messie-Logik. Wenn zwei Menschen sich verlieben, ist das nicht für beide von vorneherein klar, dass einer evtl. ein Messie sein könnte. Das begreift man erst mit dem Zusammensein und mit der Zeit. Denn nicht jeder, der ein wenig chaotisch oder unordentlich ist, ist deshalb gleich ein Messie. Wie soll man sowas also von der ersten Sekunde an wissen? Ein Anghöriger hat insofern erst mal gar kein Ziel. Er spürt nur mit der Zeit, dass er sich im Messie Universum nicht wohl fühlt und dass der Platz zum Leben/sich bewegen fehlt und immer weniger wird. Es fühlt sich an, als würde man langsam auch so ein gesammeltes Inventar-Ding, das langsam unter den Millionen anderen Dingen lebendig begraben wird.
"Eine Antwort habe ich mal bekommen: wenn es später wieder gebraucht wird, dann wird es neu gekauft. Mir fällt es schwer, Verpackungen in der gerade passenden Größe zu finden, die ich kaufen könnte. Da suche ich lieber auf dem Dachboden nach einem passenden Karton aus meiner Sammlung."
Man muss nicht alles neu kaufen, es geht auch gebraucht. Und: Es gibt viele Sammler von allem Möglichen. Trotzdem sind viele von Ihnen keine Messies. Denk mal darüber nach. Was unterscheidet einen Sammler von einem Messie und Du bist der Antwort einen Schritt näher.
Und zu dem Karton-Beispiel: Auch das empfinde ich als typisches Messie-Argument. Auch auf unserem Dachboden sind Kartons aller Größen...Was ich als "Normale" tun würde: Bräuchte ich einen leeren Karton, ginge ich in das nächste Lebensmittel-Geschäft, dort gibt es leere Kartons aller Größen umsonst. Deshalb brauche ich sie nicht bei mir zu Hause horten..
Und noch einige Bemerkungen zum Ursprungsbeitrag von VeroStar:
Du kannst nicht viel tun. Du könntest das Jugendamt einschalten. Was aber zur Folge haben könnte, dass ihr als Familie auseinandergerissen werdet. Egal um was es geht: Man kann einen anderen Menschen nicht ändern. Das kann jeder nur für sich alleine beschießen. Das ist bitter aber wahr. Es gibt da nur wenige Handlungsoptionen: Zum einen die Situation aushalten, zum anderen räumliche Distanz suchen, d.h. eine eigene Wohnung beziehen und den Messie in seinem Reich "glücklich" werden lassen. Du bist in einem Dilemma zumal ja auch noch der kleine Bruder mit im Spiel ist.
Da die Verwandtschaft auch keine Möglichkeit zur Hilfe sieht, ist es noch schwieriger. Denn manchmal hilft es, wenn eine Person, die vom Messie sehr respektiert wird, eingreift, bzw. das Gespräche sucht.
Könntet ihr (der Bruder und Du) denn nicht bei jemand anderem wohnen? Aber ich fürchte, das würde die Mutter sehr zornig machen. Dass sie so aggressiv ist, ist reine Hilflosigkeit und Überforderung. Doch es nützt nichts, das zu wissen, die jeweilige Situation ist hässlich.

Leider weiss ich Dir keinen klugen Rat, der auf eine friedliche, einvernehmliche Lösung zielen könnte.
Der Stress ist da - so oder so. Es ist halt die Frage, wie weit zu gehen Du bereit sein würdest..
LG


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