Re: Bin froh um jede Antwort!! (Angehörige)

Mimi, Sonntag, 11.05.2014, 16:40 (vor 3650 Tagen) @ ChaosQueen

Hallo Mimi,
bei Deiner Arbeit helfe ich Dir gerne, wünsche mir jedoch im Gegenzug, dass Du Dir differenzierte Gedanken zum Thema machst und nicht mit populärwissenschaftlichen Platitüden abhandelst.
Ein kurzes Prelude zu mir: Ich selbst bin seit einigen Jahren "trockener Messie", lebe mit meinem Liebsten und unserem Hund zusammen in einer wunderschönen Altbauwohnung. Manchmal habe ich Rückfälle, in denen es hier chaotisch aussieht, es ist jedoch eine "normale Unordnung", meist hat unsere Wohnung eine Möbelkatalog-ähnliche Ordnung, die immer leichter von der Hand geht.

1.) Fühlt ihr euch oft nicht verstanden von euren Angehörigen? (+Begründung)
Nein, da ich mein Messietum seinerzeit immer geheim hielt. Da niemand davon wusste, konnte sich auch niemand darüber urteilen. Erst später, als ich mich aus dem Chaos befreit hatte, redete ich mit ein paar Freunden darüber, die liebevoll darauf reagierten.
2.) Seit wann habt ihr dieses Messie-Syndrom?
Vermutlich seit meiner Teenagerzeit. Mein Zimmer hatte immer nur einer oberflächliche Ordnung, keine tiefe Struktur. Z.B. sahen Schubladen u Kleiderschränke immer chaotisch aus, auch wenn mein Zimmer augenscheinlich aufgeräumt war.
3.)Würdest du sagen, die Tatsache dass du Messie bist:
a.) erschwert deinen Alltag? (+Begründung)
Ja. Es machte mich weniger spontan. Ich konnte keine Freunde einladen und auch das Klingeln des Postboten ließ mich erschaudern, denn ich musste ihm ja die Tür öffnen. Ich investierte in der Zeit viel Energie in kreative Vermeidungsstrategien, um mein im wahrsten Sinne des Wortes "schmutziges Geheimnis" zu wahren. Ich erinnere mich auch daran, dass ich oft nach Kleidungsstücken suchte, da sie ja nicht ordentlich im Schrank hingen, manchmal sogar eine Stunde lang.
b.)erschwert dein gesammtes Leben? (+Begründung)
Ja, ich fühlte mich wie gesagt weniger spontan und dadurch gehemmter, mein Leben so zu leben, wie ich es leben wollte. Viele Bereiche meines Lebens blieben damals auf der Strecke, weil das Chaos meine gesamte Energie verschlang. Obwohl ich fast nie aufräumte, war ich damals viel öfter mit Gedanken zum Aufräumen beschäftigt als heute.
c.)macht deinen Mitmenschen mühe?(+Begründung)
Ja, da ich oft zu spät kam und Verabredungen absagte.
4.) Wie gehst du selber damit um? Inwiefern ist es normal für dich, Messie zu sein?
Damals war es keineswegs normal, sondern mit Schuldgefühlen verbunden. Auch mit der Panik, was passieren könnte, wenn ich plötzlich einen Unfall habe oder versterbe und meine Angehörigen dieses Chaos als letzen Eindruck von mir haben.
Es gab jedoch auch immer wieder Momente, in denen mir bewusst wurde, dass mir dieses Chaos auch etwas Positives gab, was genau das war, konnte ich nie herausfinden. Es fühlte sich jedoch sicher und geborgen an.
5.) Würdest du lieber kein Messie sein? Wenn ja warum?
Ja, deswegen hatte ich mich auch damals am eigenen Schopf aus meinem Messie-Sumpf gezogen. Warum? Weil ich Ordnung liebe (wie witzigerweise viele Messies) und Ordnung mir das Gefühl von Freiheit und Kontrolle über mein Leben gibt.
6.)Musst du dir viel Kritik Anhören von Angehörigen?
Als Kind ja, als Erwachsene hielt ich es ja geheim.
7.) Würdest du bestätigen, was man viel über Messies liest?
a.) Messies neigen dazu sich zu isolieren und soziale Kontakte eher knapp zu halten.
Jein. Das kommt auf den Menschen an. Ich sehe hier keine Parallele. Es gibt Messies, die sich zu Hause verbarrikadieren und verwahrlosen und es gibt Messies, die fast nie zu Hause sind und einen riesigen Freundeskreis haben. Einige der witzigsten, intelligentesten Menschen, die ich kennenlernen durfte, sind Messies.
b.) Messies leiden darunter, ein Messie zu sein.
Jein. Die Behinderungen im Alltag (z.B. Couch ist vollgepackt und kann nicht verwendet werden), waren für mich damals Teil des Leidensdrucks. Aber es war irgendwie auch spannend, wie eine Schatzsuche. Als der Leidensdruck Überhand nahm, schuf ich Ordnung.
c.) Messies sehen es als zum Teil sogar Lebensbedrohlich, wenn man ihre gehorteten Dinge wegwirft.
Ja, das gibt es. Wobei es für diese Menschen halt nicht nur "Dinge" sind.
d.) Meist wollen sich Messies nicht helfen lassen. (Falls du da einverstanden bist, was wäre deine Begründung?)
Jein. Auch wenn diese Hilfe gut gemeint ist, empfinden sie viele Messies als oktruiert und nicht zu ihnen passsend. Für mich war es damals wichtig und Teil des Heilungsprozesses, meinen eigenen, ganz individuellen Weg zu finden und den Wunsch zu haben, diesen Weg auch zu gehen.
8.) Was würdet ihr ändern an eurer Situation, wenn ihr könntet?
An meiner jetzigen Situation will ich kaum etwas ändern, denn ich habe mir diese Ordnung selbst hart erarbeitet. Es gibt noch ein paar Verbesserungsmöglichkeiten, zum Beispiel könnte ich meine Ablage regelmäßiger abheften, doch im Großen und Ganzen bin ich zufrieden.
Hoffe, ich konnte Dir helfen! Wünsche mir, dass wir das Ergebnis Deiner Arbeit zu lesen bekommen.
Viele Grüße
ChaosQueen
Liebe ChaosQueen
Ich danke dir für deine vielen Antworten! Natürlch hilft mir alles weiter!!!:)
Wenn meine Arbeit fertig ist, würdi ich sie dir natürlich auch gerne zukommen lassen!!

Deine Anfangsbemerkung/-wunsch, musst du mir aber nochmals erklären...das habe ich nicht ganz verstanden (...differenzierte Gedanken zum Thema machst und nicht mit populärwissenschaftlichen Platitüden abhandelst....).
Trotzdem schonmal vielen Dank:)

Liebe Grüsse Mimi


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