Re: Meine Mutter ist ein Messie (Angehörige)

Ulla, Donnerstag, 20.02.2003, 18:22 (vor 7736 Tagen) @ Mario

Hallo Mario,

mir ging es wie Dir, als ich zum ersten Mal auf diese Seiten kam, es tat mir gut zu merken, dass es auch andere Betroffene gibt.

Ich kann mir Deinen Ärger, Deine Wut und Deine Hilflosigkeit als Kind und auch jetzt gut vorstellen. Wir Angehörigen fühlen uns den Verhaltensweisen eines Messie gegenüber oft ohnmächtig. Bitten, Appelle, Forderungen, Streit ändern am Verhalten des Messie nicht wirklich etwas, das musste ich im Laufe der Jahre mit meinem Mann feststellen. Die Probleme haben ihre Ursache in der Seele, und die erreichen wir mit unseren Appellen nicht, im Gegenteil.

Aber mir drängte sich sofort die Frage auf: Wie konnte Dein Vater all die Jahre in dieser Umgebung leben? Wollte er sich nie von Deiner Mutter trennen?

"Als Kind wurde mir manchmal von meiner Mutter gesagt daß ich das alles schuld bin, weil ich als Baby sehr oft krank war und meine Mutter für nichts mehr Zeit hatte."

Das ist natürlich Quatsch. Messies neigen oft dazu, anderen die Schuld für ihre Probleme zu geben, sie wollen ihren eigenen Anteil einfach nicht sehen. Für Angehörige ist das schon ein starkes Stück...Erst recht für ein Kind. Sicher warst Du als Kind hin- hergerissen zwischen Liebe zu Deiner Mutter und Verzweiflung über die Umgebung, die sie Euch zumutete. Du musstest alles aushalten, um die Familie nicht kaputt zu machen.

Es ist schlimm, wenn man sich seines Elternhauses oder seiner Wohnung schämen muss. Aber mit einem gewissen Abstand, den Du ja jetzt hast, wird es Dir immer leichter fallen, mit Außenstehenden über das Problem Deiner Mutter zu sprechen. Ihr Verhalten ist ja nicht "Schlamperei" oder "Faulheit", sondern eine Krankheit, für die sie ja erst mal nichts kann. Wenn Du Deiner Partnerin oder auch anderen Freunden erklärst, dass Deine Mutter eine Krankheit hat, unter der Du als Kind sehr gelitten hast, für die Du aber nicht mehr zuständig bist, werden sie sicher Verständnis haben. Je mehr Du selbst über diese Krankheit weißt, umso besser kannst Du andere informieren.

Unter www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/SUCHT/Messie.shtml und www.femmessies.de findest Du Informationen über diese Krankheit. Mir haben diese Seiten sehr geholfen. Ich habe sie auch meinem Mann zu lesen gegeben (auch er wollte lange nicht wahrhaben, dass etwas nicht stimmt, er habe nur zu wenig Zeit aufzuräumen etc, etc) und er erkannte sich in vielen beschriebenen Merkmalen wieder. Der erste Schritt war getan. Das Problem in den Griff zu kriegen, braucht allerdings einen langen Atem
Vielleicht reagiert Deine Mutter doch nicht so ablehnend, wenn Du sie auf die Möglichkeit einer Therapie ansprichst. ("Stell Dir vor, wie schön Ihr es haben könntet...") Und wenn sie doch ablehnt, darf Dich das nicht zu sehr belasten. Natürlich sollst Du ihr helfen, aber sie selbst ist zuständig für ihr Leben und außerdem noch Dein Vater, aber nicht die Kinder. Das machte mir mal ein Familientherapeut klar. Er meinte, natürlich seien unsere Kinder vom Messie-Problem ihres Vaters betroffen (beide sehen es mittlerweile auch sehr kritisch), für die Lösung können und dürfen sie aber keine Verantwortung tragen. Die kommt nur den Eltern zu. Also - Du kannst Deine Hilfe anbieten, vielleicht hat Dein Vater nur auf so einen Anstoß gewartet - aber verantwortlich bist Du nicht. So sehe ich das jedenfalls.

Ich hoffe, Du kommst für Dich und auch für Deine Eltern einen Schritt weiter!

Herzliche Grüße Ulla


gesamter Thread:

 

powered by my little forum