Re: Komme mit dem Messie-Syndrom meines Freundes nicht klar (Angehörige)

Christoph, Dienstag, 17.06.2008, 17:23 (vor 5816 Tagen) @ gabi

Sehr geehrte Angehörige!
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Hallo, ich schreibe Euch, weil ich mittlerweile total am Verzweifeln bin. Ich bin seit 7 Monaten mit meinem Freund zusammen, der ganz offensichtlich ein Messie ist. Ich durfte bisher noch nicht in die Wohnung, habe lediglich ein Foto gesehen. Da ich zunächst versuchen wollte, ihm zu helfen, habe ich immer wieder mit ihm zusammen Termine gesetzt, zu denen ich ihn besuchen wollte. Mit etwas positivem besetzt, bringe Kuchen mit, bleibe nur kurz, etc. Meist 2 Wochen Zeit zwischendrin. Es hat nie geklappt. Ich habe immer einen Tag vorher selbst nachfragen müssen, ob das denn nun klappt, dann meinte er nein. Meine extreme Enttäuschung, die ich dann jedes Mal hab, bezieht sich nicht darauf, dass er es nicht 'schafft', sondern dass er mich auch nicht vorher mal einbezieht, sich mir anvertraut. Wohl auch nicht genug Vertrauen hat. Er selbst geht bei mir ein und aus, hat einen Schlüssel, darf in mein Leben also quasi eintreten. Er möchte bei mir einziehen, redet auch viel und oft davon, Kinder zu bekommen, aber.. so kann man ja nun nicht mal die Wohnung kündigen. Das ist übrigens auch ein grosses Problem. Dass er mich emotional sehr intensiv aufputscht und sehr starke Nähe herstellt und dann eben diese Grenze, die nicht zu überwinden ist. Ich komme mir vor wie ein emotionaler Spielball, wobei mir klar ist, dass das keine Absicht ist. Nur, es macht mich völlig fertig. Er wühlt mich auf, weint öfter mal, beteuert immer extrem, wie intensiv er jetzt fühlt etc. Dadurch und durch Verlustängste, die er bei mir wiederum schürt, durch die übertriebene Nähe wahrscheinlich. gerate ich immer mehr in ein Helfer-Syndrom, das aber glaub ich gar nicht gewünscht ist. Er kann aber seinerseits jederzeit die Gefühle abstellen. Ob das Sex ist oder eine nahe Situation, aus der er raus muss wegen einem Termin - zack, ist bei ihm das Gefühl auf 'neutrales Handeln' gestellt.
Ich weiss eigentlich gar nicht genau, wo ich jetzt anfangen soll. Ich kann bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen, was los sein könnte. Es gibt viele Menschen in seinem Umfeld, die seine (nicht vorhandenen?) Grenzen überschreiten, die Familie missbraucht ihn für jede Tätigkeit, die zu verrichten ist, rufen ihm ständig hinterher, tragen ihm Aufgaben auf, und verstecken das ganze unter einem Mantel von extremer 'glücklicher Familienzusammengehörigkeit'. Worüber ich schon ein paar Mal Bemerkungen machte, aber da macht man sich ja recht schnell unbeliebt. DAss ich die einzige bin, die weiss, oder halbwegs weiss, wie es ihm wirklich geht, wissen die nicht. Ich bin ein Eindringling. Übrigens.. es hat noch nie jemand aus der glücklichen Familie in JAHREN versucht, ihn zu besuchen. Ich sehe diese Situation, und sehe andere Leute, die alles mögliche von ihm erwarten. Was er auch immer macht. Ich selbst muss aufpassen, ihn nicht zu überfordern mit meiner Hilfe. Und mich erst recht. Ich versuche ständig, ihn zu fördern, dass er eine eigene Meinung haben 'darf'/soll. Bedanke mich, wenn er was für mich tut. Er ist auch hypersensibel, was meine Gefühlslage angeht. Nur... GESUND ist das alles nicht. Und gut tut mir das glaub ich auch nciht, wobei wir wie Kletten aneinanderhängen gefühlstechnisch. Ich selbst habe Missbrauchserfahrung und bin auch nicht einfach. Und für zu viel Nähe leider empfänglich. Nur arbeite ich an Dingen, die ich verbessern will. Er kann das irgendwie gar nicht. Es ist irgendwie so, dass er KEINE Ansprüche stellt, typischerweise keine Grenzen setzt oder hat, keine wirklichen Wünsche,.. nichts. Er ist nicht eifersüchtig, er stellt nichts in Frage, er würde nie von sich aus einen Streit oder eine Diskussion anfangen, er widerspricht kaum, er entschuldigt sich auf fast schon unangenehme Weise, wenn er etwas 'falsch' gemacht hat. Das tut mir alles unheimlich weh. Für IHN! Und dann fange ich an, ebenfalls zu leiden darunter. Auch, weil die Frage ist.. ist er ein PARTNER? Hat das eine Zukunft? Wäre es vernünftiger, sich zu trennen? Ich bekomme jetzt langsam schon Aggressionen, a) wegen meiner Hilflosigkeit, b) weil ich selbst sehr verletzt werde, c) weil ich 'heimliche Komplizin' bin und die Last allein mittrage. Jedenfalls sit er sich nicht wichtig genug, etwas für SICH zu tun. Eher würde er es wahrscheinlich für mich tun.
Ich habe ihm gesagt, dass ER etwas tun muss. ICH kann es nicht für ihn lösen. Aber er möchte oder kann sich glaub ich nicht bewusst machen, was HINTER der eigentlich kleineren Problematik mit der unaufgeräumten Wohnung steckt. Und jetzt habe ich ihn gestern heim geschickt, weil ich nicht mehr konnte in dem Moment. Diese Diskussion nicht weiterführen konnte, wieder mal. Ich wollte ihn nicht unter Druck setzen, habe es aber durch meine Enttäuschung getan. Ich wollte einfach dann meine Ruhe haben. Ich denke dass er jetzt unheimlich verletzt ist und Verlassens-Angst hat. Aber was ist mit mir??
Was soll ich nur machen????
Traurige Grüsse, Gabi


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