Re: Mein Mann, ein Messie, ist plötzlich verstorben (Angehörige)

topas, Sonntag, 05.09.2010, 13:24 (vor 4994 Tagen) @ Robbie

Hallo Robbie,

zuerst einmal möchte ich dir mein herzliches Beileid aussprechen.
Ich weiß wie es ist, wenn man von Heute auf Morgen mit allem alleingelassen wird. Auch mein Schicksal ging in diese Richtung. Jedoch ist mein Mann nicht gestorben, sondern nach einer sehr langen Ehe von einem Tag auf den anderen ausgezogen. Er hatte plötzlich die Liebe seines Lebens gefunden und war weg. Er nahm nur seine Kleidung, ein paar Bücher und ein paar CD´s mit - das wars. Er ließ auch mir seinen kompletten Kram zurück. Es war zwar nicht so, wie du es beschreibst, doch für mich hat das schon gereicht, mit all seinen Sachen zurückgelassen zu werden. Und zu wissen, dass er sich jetzt ein neues Leben mit einer anderen Frau aufbaut. Für seine Sachen hatte er sich nicht mehr interessiert, alles was er angeschleppt hatte, hatte plötzlich seinen Wert für ihn verloren. Er hatte jetzt etwas neues, etwas spannendes, einen neuen Menschen, der ihm all das ersetzte.

Ich hatte damals auch darüber nachgedacht, ob es für mich nicht besser gewesen wäre, wenn er gestorben wäre. Ihn mit einer anderen Frau zusammen zu wissen, war noch mal eine Spur härter. Bis ich endlich die Sachen wegschmeißen konnte, vergingen einige Jahre. Erst als ich die gemeinsame Wohnung auflöste und auszog, war ich dazu in der Lage, mich um all das zu kümmern. Was dann alles von ihm an die Oberfläche kam, lässt mich heute erkennen, dass auch er ein Messie Thema hatte, ohne dass ich mir das damals bewusst gemacht hätte. Ich kannte den Begriff Messie überhaupt nicht. Er trank auch Alkohol, ohne dass ich ihn als Alkoholiker bezeichnet hätte. Es hielt sich alles noch in Grenzen. Und so war das auch mit den Sachen die von ihm gekauft wurden - Kaufen und Haben müssen - um die emotionalen Löcher zu stopfen, egal ob die Sachen gebraucht wurden oder nicht.

Nachdem ich meine Co-Abhängigkeit in allen Bereichen was die Partnerschaft betraf, akzeptiert hatte, (was im anderen ist, das ist auch mir, ansonsten wären wir uns nicht begegnet) und ich mit der Selbstreflektion begonnen hatte, habe ich dann auch den Begriff Messie gefunden, und mich selbst im Messie Thema erkannt. Zum einen, dass ich Dinge, die ich habe, nicht weggeben kann, Kleidung, Bücher und Sachgegenstände, die im Keller gelagert sind, und von denen ich weiß, dass ich sie nie wieder anziehen, lesen, oder gebrauchen werde, und das andere Messie Thema, dass ich in meinem Alleinleben entdeckt habe, dass ich für mich keine Lust habe aufzuräumen und zu putzen. Ich kann nur für andere aufräumen und putzen, doch nicht für mich. Ich habe erkannt, dass ich dazu neige, wenn ich alleine bin, zu verschlumpfen.

Seit ich mich selbst mit meinem Messie Thema auseinandersetze, mich selbst immer wieder reflektiere, und mit Hilfe von Selbsthilfegruppen kennenlerne, klappt es für mich jetzt auch mit dem Ordnung halten und Putzen viel besser. Ich bin aus der Selbstverleugnung rausgegangen, kümmere mich jetzt weniger um die Verhaltensweisen von anderen, sondern sehe mir meine eigenen Abgründe an.

Ich bin nach der Trennung angefangen, mir Hilfe zu suchen, einmal in Form von Therapie, und anfangs noch mit Antidepressiva, und bin dann gleichzeitig in Anonyme Selbsthilfegruppen für Co - Abhängige gegangen, die mir auch heute immer noch die Möglichkeit geben, über all das zu sprechen, was mir in meinem Leben so weh tut und was geklärt werden muß.

Ich wünsche dir viel Kraft und Mut für deine Zukunft. Das du hier im Angehörigen Forum geschrieben hast ist ein erster guter Schritt.

LG


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