Re: Schlumpfines Essplan für den 26.11.03 - und was daraus geworden ist ((M)Essies)

Schlumpfine, Donnerstag, 27.11.2003, 22:57 (vor 7478 Tagen) @ Schlumpfine

Hallo liebe Mit-(M)Essies [image],

Bewegung:
Ein ausgiebiger Spaziergang in meinem Tempo, anschließend geduscht und gefrühstückt. [image]

Meine geplante Ernährung heute, 26.11.2003:
Frühstück (wie immer, aber ohne Familie,erst nach dem Spaziergang) 8:30 bis 9:00 Uhr: [image]

Zwischendurch
1 Cappucino [image] mit entrahmter Milch [image]
3 Gläser Wasser [image]

Mittagessen 13:30 bis 14:10 Uhr: [image]
2 Vollkornbrötchen mit Rührei [image]
dazu eine Tomate, ½ gelbe Paprika und ein paar Blätter Eisbergsalat als Garnierung [image]
und 2 Gläser Wasser [image]

Zwischendurch
<strike>2 Gläser Tee (=½ Liter)</strike>
2 Gläser Wasser [image]

Abendessen (eine halbe Stunde zwischen 18 und 20 Uhr):
Überraschung: der GöGa kocht. Noch größere Überraschung: Mein Herzliebster kennt immer noch nicht den Unterschied zwischen einer entbehrungsreichen, zeitlich befristeten Hungerkur einerseits und einer Lebensstiländerung mit dem Ziel, sich dauerhaft gesund und schmackhaft zu ernähren, dabei Muskeln aufzubauen, überzählige Fettzählen und übermäßiges Gewicht dauerhaft abzubauen und die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.

Als sog. Abendessen gab es für mich gestern viel zu spät (nach 19 Uhr):

eine kleine Schüssel Eisbergsalat, liebevoll garniert mit Tomaten, fettarmem Käse und einem in hauchdünne Streifen gefitzelten, winzigen Stück gebratener Putenbrust. [image]
Dazu fettarmes Dressing in homöopathischer Menge und [image]
2 kleine Scheiben Vollkorntoast ohne Belag. [image]
3 Gläser Wasser [image]

Mein rücksichtsvoller Herr Gemahl hatte zuvor (damit mir beim Zusehen das Herz nicht blutet) schonmal zwei Scheiben herzhaft belegtes Graubrot gegessen und pickte nun (aufs Sattsein) aus Sympathie mit mir in einem ähnlich frugalen Mahl herum. Als er anfing, den Tisch abzuräumen, hatte ich ernsthaft Hunger, denn so ein Salätchen schätze ich sehr als Vorspeise - anschließend erwarte ich etwas zum Sattessen. Das gab's aber nicht und die Zeit reichte auch nicht mehr, denn ich wollte um 20 Uhr pünktlich beim Elternabend in der Schule sein.

Dort fiel ich prompt in den Teller mit den köstlichen Butterspekulatius, deren Duft meinen anfangs diskret grummelnden Magen zu lautem Röhren veranlassten. Nachdem ich den Teller geleert hatte, war aus meinem sanft knurrenden Magen ein gefährlicher Tiger geworden, der kurz davor stand, mich dazu zu bringen, die eine oder andere appetitlich gerundete Mitschülermutter oder ein ganzes Schwein auf Toast, die Pfötchen nach oben und mit Käse überbacken, zu verschlingen. Beides konnte ich mir knapp verkneifen, dafür lockte mich daheim mit Macht der Brotschrank.

Um 22:30 Uhr (völlig außerhalb jeden Plans):
1 Scheiben Graubrot, eine mit Putenbrust, die andere mit fettarmem Käse belegt. [image]

Danach habe ich mit einer unmenschlichen Willensanstrengung aufgehört zu essen und darauf gewartet, dass sich das Sättigungsgefühl einstellt. Ich habe weder in Ruhe gekaut (dafür war ich viiieeel zu hungrig), noch das Mahl genossen (denn dafür war es viiieeel zu spät) und ich hatte viiieeel zu schnell geschlungen. Logischerweise hatte ich anschließend Sodbrennen und Aufstoßen von den grob zerkleinerten Klumpen im Magen und ärgerte mich über mich selbst, dass ich mit Rücksicht auf meinen hilfsbereiten Mann hungrig vom Abendbrottisch aufgestanden war.

Ich freute mich aber auch, weil ich den Ausrutscher (zu schnell, zu spät, außerhalb der Mahlzeiten mit Heißhunger das Fehlende nachgeholt) nicht als Vorwand genommen habe, mich bis zur Besinnungslosigkeit vollzustopfen. Ich möchte lernen, mich in einer Beziehung gegen "lieb gemeinte" Übergriffe zu schützen.

Zu erwarten, dass ich von der Hungerration satt werde, war so ein Übergriff, der eindeutig darauf hinwies, dass mein Mann von den sinnvollen Strategien zur Genesung von morbider Adipositas nochnichts angenommen hat.

Eine Hungerkur, bei der ich X kg abnehmen kann mit der unausweichlichen Folge, dass mein Körper bei Rückkehr zur Normalkost unweigerlich 1½ X als Reserve für die nächste Hungersnot anlegt ist für stark übergewichtige, essgestörte Menschen nicht nur nutzlos, sondern sogar gefährlich, weil jedes Kilo mehr den Kreislauf und die Gelenke stärker belastet.

Während so einer Hungerkur werden logischerweise zuerst die energiefressenden Muskelzellen abgebaut und die energiesparenden Fettzellen mit den eisernen Reserven möglichst lange geschont. Die Kraft dieser Muskeln fehlt anschließend, um den massigen Körper zu bewegen. So treiben Hungerkuren sehr dicke Menschen immer tiefer in den Teufelskreis aus zu wenig Bewegung, falscher Ernährung und Gewichtszunahme.

Auf dem Weg der Genesung von der Esssucht und vom krankhaften Übergewicht empfehlen erfahrene und seriöse Adipositastherapeuten das Einhalten von drei (höchstens vier, wenn ein Tag außergewöhnlich lang ist) Mahlzeiten am Tag. Bei jeder Mahlzeit sollte der Patient sich in aller Ruhe und mit Genuss sattessen. Nicht gut ist es, aufzuhören, weil der Kopf (das schlechte Gewissen, die innere Stimme mit der Erfahrung der letzten 33333 Diätversuche) denkt "Das ist doch viel zu viel!", sondern wenn der Körper das Signal gibt: "Es ist genug." Zwischen den Mahlzeiten sollten tagsüber miindestens vier und höchstens sechs Stunden liegen, in denen sich der genesende Esssüchtige ganz bewusst mit etwas anderem beschäftigt. der Blick auf die Uhr zeigt dann: "Es ist Zeit, etwas zu essen und das ist auch gut so." oder "Jetzt bin ich frei, mich mit etwas anderem zu beschätigen, das Essen kommt wieder in 2(3, 4) Stunden dran. Kein Esssüchtiger sollte mehr als 24 Stunden und weniger als sechst Stunden seine Mahlzeiten planen. Improvisation ist für Esssüchtige ebenso gefährlich wie das zwanghafte Grübeln über den perfekten Essplan.

Sehr wichtig bei dieser dauerhaften Änderung des Lebensstils ist auch die tägliche, mäßige Bewegung, die allmählich - so wie die Kraft und Ausdauer zunehmen - gesteigert werden kann und richtig Spass machen sollte.

Mein GöGa hat nichts davon verstanden: Er glaubt immer noch, dass niedrigkalorische Diäten und dauerhafter Gewichtsverlust vereinbar sind. Das macht mich traurig, denn es zeigt mir auch, dass er nichts von dem angenommen hat, was ich ihm seit April wiederholt erklärt und einige Wochen vorgelebt habe. Wenn ich so eine Erfahrung wie gestern mit dem Abendessen mache, bekomme ich den Eindruck, ihn interessiert gar nicht, was ich brauche, um gesund zu werden. Diese Vorstellung finde ich sehr enttäuschend.

Natürlich kann mein Mann (wie alle anderen Menschen auch) denken, sagen und tun was er für richtig hält - ich kann nur enttäuscht werden, wenn ich erwarte, seine Gedanken, Gefühle, Interessen oder sein Verhalten ändern zu können. Aber ich vergleiche es mit meiner Reaktion auf seine Grunderkrankung: Er hatte als Kind Asthma und verträgt bis heute viele Dinge (Tierhaare, Zigarettenrauch, bestimmte Reinigungs- und Duftstoffe) nicht. Ich kenne fast alle diese Dinge (außer denen,die er selbst nicht kennt) und achte aktiv beim Einkaufen und bei unseren Besuchern darauf, dass diese Auslöser nicht in unser Haus kommen bzw. es wieder verlassen, bevor mein Schatz heimkommt. Ich finde dieses Interesse und diese Rücksichtnahme in einer liebevollen Beziehung völlig normal und angemessen und es schmerzt mich, dass mein Mann mein starkes Übergewicht als lebensgefährliches Risiko nicht ebenso ernst nimmt, wie ich seine Atemprobleme.

Mein Gefühl ist: Ob ich gesund bin oder krank stört ihn nicht, solange er in seiner Lebensqualität nicht beeinträchtigt wird. Wo er sich gestört fühlt, sagt er es und schafft selbst Abhilfe, soweit das möglich ist oder erwartet, dass ich Abhilfe schaffe. Er interessiert sich nicht dafür, wie ich abgenommen habe, er will nicht sehen, warum ich wieder rückfällig geworden bin und er hat kein Interesse daran, etwas darüber zu lernen, was ich für meine Genesung und mein Wohlbefinden brauche. [image] Diese Vermutung ist für mich sehr schmerzhaft - aber sie deckt sich mit meinen Erfahrungen der letzten Monate. Was ist nur aus unserer Liebe geworden? [image]


Sehr nachdenkliche Grüße von
[image] Schlumpfine (heute nco nicht auf der Waage gewesen.)


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