Re: Glykämischer Index - Schlumpfine! ((M)Essies)

krimhild, Freitag, 17.12.2004, 11:21 (vor 7080 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Schlumpfine,

ich glaube, wir sollten hier nicht zwei unterschiedliche Aspekte vermengen, nämlich auf der einen Seite nahrungsabhängige Süchte, die, wie Du ja auch erwähntest, bei Menschen mit einer bestimmten körperchemischen "Geneigtheit" beim Konsum bestimmter Speisen entstehen, und andererseits die physiologisch erstmal völlig unschädliche Aufnahme von Zucker an sich.

Daß ein extremer Konsum von Fastfood, dessen Problematik nicht allein im hohen glykämischen Index liegt, Abhängigkeitsgefühle heraufbeschwören kann, ist allgemein bekannt. Aber hier ging es nicht hauptsächlich um Fastfood und die Kombination von viiiiel Zucker, totverarbeiteten Fetten, Geschmacksstoffen als Lock- und Abhängigkeits"drogen" der Fastfood-Industrie [image]. All das zusammen eine schwierige Kombination, die sicher, da die Nahrung extrem gewürzt (Zucker, Salz) und ohne Ballaststoffe verzehrt wird, suchterzeugend sein kann.

Nur: deshalb jetzt alle schnellverfügbaren Kohlenhydrate in jedwelcher Verbindung als unausweichlichen direkten Weg in die Sucht zu verteufeln, ist physiologischer Humbug. Und dagegen wehre ich mich!

Daß für die Entstehung von Eßsucht, Bulimie, Magersucht inzwischen wesentlich eine körperliche Prädiposition in Form eines veränderten Dopamin-Serotonin-Haushalts in Hirn erachtet wird, bestärkt mich in meiner Ansicht, insoweit erheblich diffenrenzierter denken zu müssen. Einfach die Kohlenhydrate als generell suchterzeugend darzustellen, bringt jedenfalls keinen Vorteil. Übrigens ist die gleiche Imbalance auch für die Entstehung von ADS im Gespräch.

Mit Willenskraft kann ich nicht konzentrierte, leichtlösliche Kohlenhydrate kontrolliert und maßvoll essen. Ich kann nur auf Grund eigener Erfahrung zu dem Punkt gelangen, an dem ich den ersten Bissen davon liegen lasse. Nur dann bin ich frei vom krankhaften Suchtdruck, der mir einen genußvollen und verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln unmöglich macht.

Da kann ich Dir nur zustimmen, DU für Dich weißt, dass DU es (zur Zeit) nicht kannst. Und für Dich gilt dann natürlich, die Finger vom Suchtstoff zu lassen. Aber: es ist DEIN Suchtstoff, diese Nahrungsmittel sind für Dich (ob aufgrund fortgesetzten hohen Komsums und/oder Prädisposition) zum Suchtstoff geworden.

Diesen Aspekt in der Diskussion um die physiologischen Auswirkungen leichtlöslicher Kohlenhydrate völlig außen vor zu lassen, ist für mich eine ebenso schlimme Lüge, wie die Behauptung, das Rauchen von Zigaretten mache nicht körperlich abhängig.

Um Gotteswillen, hab´ich nie gemacht! [image] Für mich ging es nur darum, der entgegengesetzten Halbwahrheit entgegenzuwirken. Wenn ich hier manche im Forum lese, habe ich kaum noch eine Wahl, wenn ich meine Eßprobleme bearbeiten will. Entweder ich esse "so" oder bin selbst schuld, wenn ich mein Problem behalte. Und so einfach ist es eben nicht. Auch das ist nur die halbe Wahrheit!

Wenn ich postings sehe, mit der Frage, was man jetzt noch essen können, werde ich sauer, weil hier einfach auch Ideologien ungekennzeichnet vertreten werden (z.B. Kohlenhydrate seien schuld an schweren Krankheiten (!!)). So einfach, und da gebe ich Dir Recht, funktioniert es eben nicht.

Ich rege mich jedesmal maßlos auf, wenn die ganze Diskussion um "richtige" und "falsche" Kohlenhydrate nur auf die Insulinreaktion und die Energiebilanz beschränkt bleibt. Bestimmte Menschen vertragen bestimmte Substanzen nicht. Dass "zuviel essen" und "zuwenig Bewegung" zur Gewichtszunahme führt und die einzig wirksame Strategie "weniger essen" und "mehr Bewegung" ist, ist so trivial, dass es keiner weiteren Begründung bedarf. Dass es intelligente, aufmerksame, beruflich erfolgreiche, psychisch gesunde, verantwortungsbewusste Menschen gibt, die mit bestimmten Lebensmitteln einfach nicht umgegehen können, weil bestimmte Substanzen (z. B. Schokolade und/oder Käse und/oder Zucker und/oder Koffein) in ihnen körperliche Reaktionen auslösen, die einen maßvollen, gesundheitlich unbedenklichen Konsum dieser Speisen nicht zulassen, wird in denmeisten debatten vollkommen ignoriert.

Sehe ich ganz genauso! [image]Aber, wie gesagt, das sind eben zwei Paar Schuhe!

Auch dass durch Hungerkuren psychische Probleme im Umgang mit Nahrung ausgelöst werden können, ist seit <a href=http://www-x.nzz.ch/folio/archiv/2004/03/articles/experiment.html>1945[/link] in Fachkreisen unbestritten. Deshalb finde ich es unverantwortlich, wenn schon pubertierende Jugendliche und junge Menschen von Medizinern, Sporttrainern und den Medien dazu ermutig werden, den Energiegehalt ihrer Nahrung zu beschränken.

Hab´ich nie angezweifelt!

>Bei allem Verständnis für den GI im Rahmen einer kohlenhydratbewussten Ernährung beim metabolischen Syndrom - wer die Ursache des Übergewichts nur in den "falschen" Kohlenhydraten sieht, verkennt die Realität.

... solange veröffentlichte Diskussionen sämtlicher "Fachleute" nur die Insulinreaktion des Körpers oder die messbaren Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel und das Körpergewicht zum Inhalt haben und nicht die Auswirkungen auf die <a href=http://217.160.111.99:8080/cgi-bin/wwwthreads/showflat.pl?Cat=&Board=allgemein&Number=1559&page=18&view=collapsed&sb=3>Endorphinrezeptoren [/link] und entsprechende Suchtmechanismen beschrieben werden.

Schlumpfine, Du vermengst schon wieder die Unschädlichkeit der Aufnahme dieser Kohlenhydrate in Maßen bei einem nichtabhängigen Menschen mit einem extremen Konsum, zu dem ich bei keinem Lebensmittelbestandteil, sei es Fett, KH oder Eiweiß raten würde! Wenn Du mal "Atkins" gemacht hast, weißt Du, was ich meine! Bei besthender Abhängigkeit gilt natürlich "Finger weg", aber das ist bei allen euphorisierenden Stoffen so, ob Kaffee [image], Kakao, Nikotin oder Alkohol. Dennoch macht der Konsum nicht regelmäßig abhängig, sondern dafür bedarf es noch zusätzlicher persönlicher Voraussetzungen.

Dich persönlich - die Du diesen Artikel ja nicht verfasst, sondern nur hierher kopiert hast - heiße ich hier herzlich willkommen undwürde mich freuen, etwas mehr von Dir selbst und Deinen (M)Ess-Problemen zu erfahren, die Dich hier auf diese Seite geführt haben.

Ich bin Mitte 30, eßsüchtig, aber (ja, das gibt´s!) nicht KH-geschädigt und kriege hier jedesmal Anfälle, wenn die Dominanzschreiberlinge lediglich ihre eigene Heilsbotschaft [image] verkünden: nie wieder raffinierte KH! Denn so einfach ist es eben nicht!

Krimhild


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