Re: Wohngemeinschaft mit Kids (lang)@Schlumpfine (Allgemein)

Schlumpfine, Mittwoch, 24.09.2008, 13:41 (vor 5716 Tagen) @ Sakem

Liebe Sakem,

danke für deine ausführliche Rückmeldung.

>Von wem sollen sie Regeln und Ordnung lernen,
[quote]wenn nicht von ihren Eltern?
[/quote]

Nun, ich denke schon, dass Kinder von ihren Eltern lernen - sehr intensiv sogar. Teils als Vorbilder, teils als abschreckende Beispiele prägen wir das Wertesystem, das verhalten und die sogar die Wahrnehmung unserer Kinder jeden Tag. Es ist den Kindern kaum möglich, sich diesem Einfluss zu entziehen. Leider kopieren die Kleinen auch Verhaltensweisen, die die Großen an sich selbst nicht mögen.

>Gern wird die Kindererziehung an die Institutionen delegiert (Kita,
[quote]Hort, Schule...).
.
[/quote]

Deren Einfluss wird bei weitem überschätzt, finde ich.

>Ich räume nicht die Sachen meiner Kinder auf.
[quote]Auch nicht, wenn es mich stört.
Aber ich fordere mit Nachdruck deren Beseitigung durch meine Kids.
Es liegt in ihrem Verantwortungsbereich!
Notfalls auch mit Erpressung oder Strafe.
.
[/quote]

Dann ist das eben dein Weg, zur Selbsthilfe zu schreiten. Ich weiß von mir, dass ich mit Erpressung, Strafen etc. sehr schlecht klarkomme und eher trotze als bei mir und meinen Bedürfnissen zu bleiben.

"Wenn ich der Großen sage: Mir ist wichtig, dass du dich in deinem Zimmer wohlfühlen kannst." und "Ich möchte nicht, dass deine Freunde schlecht über dich reden, nachdem sie dein Zimmer gesehen haben." und "Ich wünsche dir, dass du deine Freunde einladen kannst, sooft es dir gefällt." führt das eher zu spontanen Aufräumaktionen als die Sanktionen meines GöGa: "Wenn das KiZi bis zum Wochenende nicht aufgeräumt ist, darfst du nicht ausgehen." oder "Solange das KiZi so aussieht, bekommst du kein Taschengeld."

Neulich sagte sie mir ganz traurig: "Eigentlich wollte ich schon lange wieder aufgeräumt haben. Aber dann denkt 'der Alte', dass er mit seinen Scheiß-Erpresser-Methoden Erfolg gehabt hätte. Und das will ich auf gar keinen Fall!!! Dabei finde ich es viel schöner, wenn es aufgeräumt ist." Darin habe ich mich sehr erkannt. Dieser kindische Trotz ist sozusagen der giftige Kern meiner selbstzerstörerischen Verhaltensweisen. Meinen Einwand "Ich will nicht, dass du so abfällig über Papa redest." tat sie mit einem traurigen "Ich wünschte, er würde sich nicht wie ein Arschloch benehmen, dann könnte ich ihm zeigen, dass ich ihn noch lieb habe. Im Moment kann ich das nicht." ab.


>Natürlich hat man(ich/wir), als sie noch kleiner waren das Aufräumen
[quote]spielerisch eingeübt.
[/quote]

Ja?!?! Hast du das wirklich konsequent getan? Ich nicht.

>Und Teenager sind nicht überfordert ihr Leergut
[quote]wegzubringen, wenn sie es schaffen sich ihre Getränke im Supermarkt auch zu besorgen.
[/quote]

Ich bin auch mit kaum einer Aktion im Haushalt tatsächlich überfordert. Nur damit, mich aufzuraffen, und es einfach zu tun.

>Vielleicht erziehen hier einen die eigenen Kinder zur Ordnung?

Das hat bei uns nicht funktioniert.

>Dann wird es höchste Zeit, selbst erwachsen zu werden
[quote]und Verantwortung für sein häusliches Umfeld zu übernehmen.
Deshalb sind wir hier!
[/quote]

Klingt total logisch und folgerichtig. Und ist fürmich gerade ebensoweit außerhalb meiner realen handlungsoptionen wie die Aufforderung "Einfach wie eine Fliege unter der Decke entlangzuwandern". Fliegen können das. Ich kann es nicht.


>>Mir persönlich ist die Be-Ziehung zu meinen Kindern wichtiger als deren Er-Ziehung.
>Erziehung schließt eine positive Beziehung zu den Kindern nicht aus.
[quote]Ich finde: ganz im Gegenteil.
[/quote]

Das hängt eventuell auch von der persönlichkeit ab. Da ich selbst in hohem Maße allergisch auf Erziehungsversuche reagiere und stets reagiert habe, kann ich mir nicht vorstellen, meine Mitmenschen vorsätzlich zu er-ziehen. Und wenn ich es dennoch versucht habe, ging das immer auf Kosten der Be-ziehung.

>Du bist mir wichtig, deshalb gebe ich mir Mühe dich zu erziehen.
[quote]Auch mit meinen eigenen Unzulänglichkeiten,
die ich nicht schönrede oder vertusche.
Oder hinter denen ich mich bequem zurück lehnen kann.
"Ich bin halt Messie..."
[/quote]

Sehe ich nicht so. Ich ringe darum, meine eigenen unzulänglichen Verhaltensweisen zzu ändern und weiß, dass in diesem Ringen ebensosehr ein Rollenmodell bin, wie in allen anderen Dingen. Allerdings kann ich nicht beeinflussen, in welchen Bereichen ich als positves Vorbild oder als abschreckendes Beispiel von meinen Kindern genutzt werde.

>Ansonsten ist es mir egal, ob meine Tochter ihr Bett macht
[quote]Wenn sie etwas sucht ist das auch IHR Problem.
Aber wenn ich mal wieder das Haustelefon in ihrem Zimmer suchen muss,
weil sie es nicht zurückgestellt hat, dann...[image] [image]
.
[/quote]

Wenn mein Kind etwas verzweifelt sucht, helfe ich ihm gerne, es zu finden. Vor allem deshalb, weil auch ich in dieser Hinsicht sehr oft Hilfe brauche. Und weil Mitgefühl und Hilfsbereitschaft Werte sind, die mir persönlich wichtiger als Sauberkeit und Ordnung sind. Wenn das Telefon wieder mal im Teenie-Zimmer verschwunden ist, übertrete ich die "Betreten-Verboten!"-Grenze und hole es mir. Und zwar sobald mir sein Fehlen auffällt, nicht erst,wenn ich telefonieren will und dann u. U, feststelle, dass der Akku wieder mal leer ist. Solche Expeditionen in ihr Reich erlebt meine Tochter als übergriffig - und ich sage ihr in aller Freundlichkeit, dass sie sich leicht vor solchen Übergriffen schützen kann, wenn sie selbst das Telefon zurück in die Ladestation bringt. Das ist für mich keine Sanktion, sondern eine logische Konsequenz, wenn mehr als eine person das Telefon nutzen wollen. Wenn sie alleine lebte, wäre die - ebenso logische - Konsequenz, dass das Telefon tiefentladen den Dienst verweigert. Ich finde den Unterschied zwischen Konsequenzen und Strafen sehr wichtig.

Wenn mein Messie-Kind seine Monatskarte verbummelt und an den hiesigen ÖPNV-Betrieb 10 € für die Ausstellung einer neuen Karte zahlen muss, hat es eben 10 € weniger Taschengeld. das ist eine logische Konsequenz. wenn mein Mann ihr androht: "Kein Taschengeld, solange das KiZi nicht aufgeräumt ist!" ist das eine willkürliche Strafe.

Wenn mein Messie-Kind nichts anzuziehen hat, weil die Kleidung sich im KiZi türmt, statt in den Wäschekreislauf eingliedert, ist das eine logische Konsequenz. Wenn es erst wieder raus darf, wenn der Fußboden frei und die Wäsche im Korb ist, ist das eine Strafe.

>Ideal wäre es GEMEINSAM ein wohnliches zu Hause zu schaffen.
[quote]Jeder in Eigenverantwortung und Rücksichtnahme, Respekt für den anderen.
[/quote]

Ja, manchmal denke ich, das fände ich auch sehr schön. Tatsächlich bin ich selbst dabei das größte Hindernis. Siehe dort: <a href=6408.htm>6408.htm[/link]

>Manchmal gelingt uns das in gemeinsamen Putzaktionen [image],
[quote]Festvorbereitungen>Sakem
[/quote]

Ja, das kenne ich hier auch. Aber eher als Ausnahme, denn als Regel. Und nur dann, wenn mir die Gäste ebenfalls willkommen sind.

nachdenkliche Grüße von Schlumpfine


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