Wenn Du nur Recht hättest, Helga-Maria! ((M)Essies)

krimhild, Donnerstag, 30.12.2004, 19:01 (vor 7066 Tagen) @ Helga-Maria

Hallo Helga-Maria,

ein paar kurze Anmerkungen, weil ich das Gefühl nicht los werde, dass noch immer vieles in einen Topf geworfen wird, was nicht zusammen gehört:

"Wer allerdings aus welchem Grund auch immer regelmäßig davon verzehrt, wird meiner Erfahrung nach auf jeden Fall süchtig."

Regelmäßiger Verzehr allein hat mit Sucht nicht viel zu tun, sonst wären wir z.B. nach jeglicher Nahrung "süchtig", die wir mehr als nur gelegentlich (Deinem posting nach nur 1x im Monat!) verzehren. Hm, da ich täglich Obst und viel Gemüse esse, müßte ich mich nach Deiner Definition wohl zum Veggieaddict erklären?! Und wäre auch noch süchtig nach Joghurt, Käse, Fisch, Reis, Getreide....usw, denn all´das esse ich fast täglich. Nenn´mir den Ausweg aus all´den Süchten! Verhungern?

"Mit dem Zucker ist das noch schwieriger: ich möchte behaupten, 99,99% der Bundesdeutschen sind zuckerabhängig."
Mutige Hypothese - die zu beweisen wäre!

"Sucht bemerkst Du erst, wenn Du versuchst, damit aufzuhören."
Ach??

"Bitte, versuch's doch mal, liebe Krimhild! Ab morgen lebe bitte für 4 Wochen ohne Zucker!" "Klar doch, Duuuu bist ja nicht süchtig, Duuuu bist ja nicht "suchtgeneigt", bitte, warum tust Du es dann nicht? Weil Du nicht willst? Glaub mir, Du tust Deinem Körper nichts Schädliches an, wenn Du ab morgen für 4 Wochen auf Zucker und Zuckerstoffe verzichtest. Also warum willst Du dann nicht? Ich fordere Dich heraus! Ich mache dieses Experiment seit 5 Wochen. Also, bist Du etwa willensschwächer als ich? Doch wohl kaum, oder? Tu es und Du wirst feststellen, daß es nichts, aber auch gar nichts mit Durchhaltevermögen und Willensstärke zu tun hat, sondern rein körperlich ist.

Ooooch, Helga-Maria, hab´ich doch alles schon gemacht. Meinst Du, ich rede wie eine Blinde von der Farbe? Natürlich habe ich schon mal längere Zeit konsequent ohne Zucker gelebt, nachdem mich Menschen genau davon überzeugen wollten: Zucker als das personifizierte Böse, als suchterzeugend per se, als Ursache von Candidainfektionen (letzteres ist nachweislich kompletter Blödsinn, aber ich werde mich hüten, hier noch eine Meinung zum Thema candida-Diät zu schreiben!). Bei mir war es jedenfalls nicht besonders "körperlich", sondern eine Angewohnheit, die sich verfestigt hatte. Es ging auch ohne, nach ein paar Tagen hatte man den Dreh raus und die Nahrungsmitteletiketten fest im Blick. Abgenommen habe ich auch, was nett war. [image]

Trotzdem esse ich jetzt wieder Zucker, denn manche Nahrungsmittel erhalten dadurch für mich ihren Reiz, beispielsweise liebe ich eingelegte Gürkchen, die ohne Zucker eben nur nach Essig (brr)und Gewürzen schmecken würden. Oder auch Rhabarberkompott, Stachelbeerenmarmelade usw.

Daher kann ich nur sagen, dass meine Form der Eßsucht wohl nicht in der Hauptsache durch den Zuckerkonsum bedingt war. Wenn ich auf´m Trip war, war es fast egal, was es war, ob süß, salzig oder würzig, nur schön weich und gut zu schlucken mußte es sein, d.h. am besten mit ausreichend Fett und/oder Feuchtigkeit. Die Menschen sind auch da offenbar unterschiedlich, aber was red´ich hier gegen Wände [image].

"Glaubst Du Schlumfine nicht? Nimmst Du sie nicht ernst? Ersetz doch bitte mal den Begriff "Zucker" durch "Alkohol", würdest Du dasselbe einem Alkoholiker sagen, der gerade nach langer Abstinenz ein "Mon chérie" gegessen hat?"

Und wieder: ich trenne sehr genau zwischen Menschen, für die Zucker ein Suchtstoff geworden ist und denen, bei denen das nicht so ist. Schlumpfine gehört nach ihren Schilderungen zu letzteren, daher käme mir nicht im Traum in den Kopf, ihre Abhängigkeit NICHT ernst zu nehmen. Und: ja, genau das würde ich auch zu einem Alkoholiker sagen! Auch er hat die Wahl. Immer wieder, in jedem Augenblick. Dass diese Wahl immer leicht fällt, habe ich nie behauptet. Nur, dass die Möglichkeit, zu wählen, immer da ist.
Ich kenne viele Alkoholiker, die genau so argumentieren wie Du. Die aus einem Rückfall einen heftigen Absturz "bauen", in der Vorstellung "jetzt hab´ich eh´versagt, jetzt kann ich auch nochmal meine positiven Suchtaspekte genießen, denn den Absprung schaff´ich sowieso erst wieder in X Monaten, so ist das eben!" Und so ist das eben ganz und gar nicht! Denn es gibt auch andere Beispiele, oh ja. Aber es ist einfach leichter, für längeres Rückfälle allein die Biochemie verantwortlich zu machen. So einfach ist das zum Glück auch wieder nicht! Disposition allein bewirkt nicht viel, sie unterstützt aber das "positive Suchtempfinden", macht, dass sich Sucht in dem Moment gut anfühlt.
Und das ist halt das Fatale: es gibt ein winziges Eckchen, in dem (Eß-)Sucht auch trotz tiefster Verzweiflung noch positive Gefühle vermittelt.
Und die wollte ich selbst lange nicht aufgeben, aber sicher ist das wieder nur bei mir allein so - ihr könnt Eurer Abhängigkeit sicher überhaupt nichts Positives abgewinnen, stimmt´s?
Mal die ernsthafte Frage: meint Ihr, wenn Ihr nie wieder Nahrungsmittel mit Zucker/Weißmehl verzehren würdet, wäre Eure Eßsucht beendet?

Gruß,
die sich wie häufig unverstanden fühlende
krimhild


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