Re: Sucht ((M)Essies)

eselchen, Donnerstag, 30.12.2004, 20:14 (vor 7066 Tagen) @ krimhild

Hallo Krimhild,

das Thema "Sucht" reizt mich sehr. Ich war nikotinsüchtig, bin immer noch alkoholsüchtig (ich will da nix beschönigen, 1/2 Flasche Wein jeden(!) Abend...) und verspüre immer wieder Heißhunger auf so manch Essbares (und stehe dann vorm Kühlschrank und habe doch keinen Appetit mehr).

Diese "ich muss mich bis oben hin vollfüllen, damit ich nichts mehr spüre"-Manie begleitet mich in zeitweisen Anfällen immer wieder seit ich 12 bin.

Ich habe mich immer dafür geschämt, weil ich mich nicht im Griff hatte. Aber diese Entscheidungsfreiheit, von der Du sprichst oder damals meine Schwester sprach, hatte ich eigentlich nie. Ich fühlte mich wie von einer dunklen Macht getrieben. Das hat sich inzwischen ein wenig verändert; ich könnte aber nicht sagen, warum.

Der Mensch hat - wenn man ein wenig in der Geschichte wühlt - schon immer das Bedürfnis gehabt, sich zu berauschen. Und dieser Rausch war notwendig, um gesund zu bleiben. Davon bin ich überzeugt. Im 18. Jahrhundert wurde Schokolade zu medizinischen Zwecken gereicht und wenn man genau hinschaut, hat jedes Suchtmittel etwas "medizinisches" an sich.

Vielleicht ist es ein guter Schritt nach vorn, wenn man sich selbst ein Suchtmittel zugesteht, in welcher Form auch immer. Im letzten Jahrhundert war eine zeitlang Kokain oder Nikotin eine gesellschaftlich akzeptierte Droge. Das ist nun alles vorbei. Aber irgendeine Droge braucht der Mensch
Ach ja, ich habe ja ganz den Sport vergessen, diese Endorphine mobilisierende Tätigkeit, die noch anerkannt und sogar allgemein geschätzt wird. Ich bin skeptisch, ob das eine Lösung sein kann. Wer nur noch läuft, hat bald nichts anderes mehr im Kopf (bei Mäusen funktioniert nach einer Weile Dauerlauf das Kurzzeitgedächtnis nicht mehr richtig) und übernimmt eventuell keine familiären oder gesellschaftlichen Pflichten mehr.

Fliegenpilz, Stechapfel usw. verursachen auch Hirnschäden, ganz genau wie so viele andere Suchtmittel. Tja, und Zucker oder andere "schnelle" Kohlehydrate hinterlassen eben auch ihre Spuren.

Jedes Suchtmittel ist gefährlich und ich mag trotzdem nicht auf die "meinen" ganz verzichten. Ich denke nicht, das hinter jeder Sucht der Wunsch steckt, sich zu vernichten. Viel eher sehe ich bei mir oder anderen Süchtigen den Wunsch zu leben. Wo da die Zusammenhänge sind, bleibt mir verborgen, aber vielleicht hat ja irgendjemand eine Idee dazu?

Gruß,
eselchen (90 kg [image])


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