Re: Rückfall - Danke@all ((M)Essies)

Schlumpfine, Donnerstag, 30.12.2004, 23:14 (vor 7066 Tagen) @ Schlumpfine

Liebe Mit-(M)Essies,

vielen Dank für Eure warmherzigen, mitfühlenden, mutmachenden, aufbauenden Worte.

Liebe Krimhild, neulich hast Du in einem anderen <a href=http://f50.parsimony.net/forum202819/messages/2519.htm>Beitrag[/link] an Janna etwas Wichtiges über das nicht-wollen-können im Zusammenhang mit ADS geschrieben. Du hast weiter geschrieben, dass die Erkenntnis als erwachsene Frau an diesem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom zu leiden, Dir geholfen habe, Dinge die Du - warum auch immer - tust oder lässt, anders wahrzunehmen und zu bewerten.

<font color="blue">"Habe meine Grenzen als solche akzeptiert [image] und halte sie nicht mehr für "Charakterschwäche". Ich erwarte jetzt nicht mehr, dass ich einfach stärker wollen muss, um so planvoll leben zu können, wie andere. Und dadurch war es mir möglich, neue Strategien zu entwickeln, um meine Möglichkeiten besser zu verwirklichen. Und das früher allein greifbare Problem Eßsucht verlor´an Stärke, der Zwang ließ nach. Je mehr ich meine Reaktionen als ADS-lerin verstand, umso besser konnte ich die Eßsucht loslassen, denn es gab immer weniger zu kompensieren. Klingt etwas konfus, aber klarer kann ich es noch immer nicht fassen.

Unterm Strich war die Diagnose eine Art Befreiung für mich. Schade, dass man nicht eher mehr darüber wußte, hätte mir wahrscheinlich einiges Leid in Ausbildung und Studium erspart..."</font>

Jetzt schreibst Du - und da stimme ich Dir zu - dass ich mit dem süchtigen Essen wieder aufhören kann, sobald ich es will. Da stimme ich Dir insoweit zu, dass es nach dem ersten Schock im Sommer tatsächlich meine Willenskraft war, die es mir ermöglicht hat, den körperlich quälenden Entzug durchzustehen. Nach meinem ersten Rückfall im Herbst fehlte mir dafür der Mut und ich bekam Gottseidank eine Magen-Darm-Infektion, die mit ihren Symptomen den körperlichen Entzug einerseits begünstigte und anderseits die Entzugssymptome mit den krankheitsspezifischen Beschwerden quasi überdeckte.

Was mir im Moment fehlt, ist die Fähigkeit des Wollen-Könnens. Hast Du als ADS-Frau auf dem Weg der Genesung und Selbstakzeptanz diesbezüglich Erfahrungen gemacht, die mir aus dieser Zwickmühle helfen können?

Liebe Kao, in dem, was Du über Fast-Food und andere Fressexzesse schreibst, habe ich mich deutlich wieder erkannt.

Einerseits erinnere ich mich an die wunderbare Leichtigkeit des Lebens mit genug (d. h. weder zuviel noch zuwenig) hochwertigen Lebensmitteln. Essen war kein Problem, sondern war eine Quelle von Kraft, Freude und Lebensqualität. Jetzt macht mir jede Mahlzeit, jeder Weg durch die Stadt, jeder Einkauf, jedes Alleinsein mit dem Kühlschrank Angst. Ich kämpfe um sauberes Essen - und verliere diesen Kampf wieder und wieder.

Anderseits sehe ich mich völlig außerstande, den körperlichen Entzug bis zu Ende durchzustehen. Heute mittag war es wieder so weit: Vor lauter Kopfschmerzen wusste ich nicht mehr ein noch aus. Mir war schwindelig und übel, ich war hochgradig licht-, lärm- und geruchsempfindlich und konnte kaum aus den Augen gucken. Weder Autogenes Training, noch Spazierengehen im Freien, noch Kaffee, noch starke Medikamente oder Bettruhe hatten geholfen - eine Currywurst mit Pommes und Mayo half sofort. Zwei Cheeseburger eine Stunde später beseitigten die letzten Nachwehen. Nur zwei Stunden danach hatte ich schon wieder quälenden Hunger. Ich beeilte mich, ihn mit Brötchen und Wurst zu stillen. Die Zeit vom Mittagessen gestern um 12 Uhr bis zur Currywurst heute mittag um 13 Uhr war mein dritter Anlauf zum Entzug in den letzten fünf Tagen - spätestens nach 36 Stunden bin ich jedesmal wieder eingeknickt - zuletzt nach 25 Stunden.

Ich fühle mich wie die allerletzte Versagerin, weil ich so dumm war, sehenden Auges in dieses Elend wieder hineinzulaufen und weil ich jetzt nicht den Mumm habe, den Entzug einfach durchzuhalten. Ich habe weder die Kraft noch die Ruhe und derzeit auch keineN UnterstützerIn IRL greifbar.

Liebe Janna, liebe Helga-Maria, danke für Eure Angebote zu chatten bzw. zu telefonieren. Leider ist es heute schon zu spät dafür. Wir drei sind soeben erst von einer Familienfeier zurück nach Hause gekommen. Morgen (Sylvester) ist hier wieder die Bude voll. Wie schon gesagt - so geht das fast pausenlos vom 22.12. bis zum 10.1.. Danach sind sechs Wochen Pause vor der nächsten Feier im Verwandten- und Freundeskreis. Ich halte es momentan für aussichtslos, unter solchen Bedingungen meinen Entzug zu machen. und versuche nur, bis zum 10. Januar nicht völlig die Kontrolle zu verlieren.

Liebe Emja, Zitrusfrüchte haben wir reichlich im Haus. Morgen früh werde ich damit den Tag beginnen. Das ist eine gute Idee, danke dafür.

Danke Euch allen, dass Ihr mir zutraut, aus diesem Sumpf wieder aufzutauchen. Was mir wirklich Mut macht, ist die Tatsache, dass seit letzter Woche die Tage wieder länger und die Nächte kürzer werden. Aus meinem langen Leben wei0 ich, dass in dieser Jahreszeit (erstes Halbjahr, etwa bis zur Sommersonnwende) meine körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte ständig zunehmen - als sei ich von Solarzellen angetrieben. Ich brauche keine Affenhitze (da werde ich eher träge), noch nicht einmal strahlenden Sonnenschein - aber natürliches Tageslicht, das brauche ich. Das Licht tut mir gut, es stärkt mich innerlich und äußerlich. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass ich nach der letzten Familienfeier schon wieder genug Sonne getankt haben werde, um den Entzug durchzustehen.

Möglicherweise ist Fasten ja eine hilfreiche Maßnahme - als ich im Herbst die Magen-Darm-Infektion hatte, haben meine Tochter und ich auch keine feste Nahrung zu uns genommen - sie wäre sowieso postwendend zurückgekehrt. Flüssige Nahrung wie Tee, Saftschorle, Wasser war beim "Rückwärtsessen" einfach weniger schmerzhaft. Appetit hatten wir sowieso nicht. Ja, ich glaube Fasten ist eine gute Idee - weniger zum Abnehmen, als zum zügigen Entgiften.

Ich werde versuchen, mich weiterhin regelmäßig hier zu melden. Eure Unterstützung tut mir sehr gut.

Gute Nacht - und die besten Wünsche für Eure eigenen Vorhaben von

Schlumpfine

die alle angebotenen [image] Umarmungen derzeit gerne annimmt und erwidert.


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